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Erinnerungen an meine Vorstandstätigkeit im IF Eckernförde

Bereits Mitte 1946 gab es einen Kreis von Jugendlichen, die sich im Rahmen des SSF wöchentlich im Schifferhaus (Gaststätte W. Kock) trafen, um über dänisch orientierte Jugendarbeit zu diskutieren. Die Veranstaltungen wurden m. W. von einem Erwachsenen geleitet, ich meine, er hieß Zellmer. Er hatte große Pläne in Bezug auf die Jugendarbeit (Volkstanz, Gymnastik, Sport, Theater, Leseabende usw.). Zum Teil wurde damals auch versucht, die dänische Sprache zu erlernen. Da Z. sich nach meiner Erinnerung mit dem Vorstand des SSF (besonders mit Dr. Vogt) über irgendwelche Grundsatzfragen überwarf, schlief diese Gruppe etwa Ende 1946 ein.

Im Jahr 1947 erfuhr ich dann von meiner damaligen Kollegin E. Maas, dass sich ein dänischer Jugendverein (UF Eckernförde) gebildet hatte, und zwar damals unter dem Vorsitz von Dr. Vogt. Ich bin dann irgendwann im Jahr 1947 Mitglied geworden. Nach kurzer allgemeiner Mitarbeit in diesem Verein kristallisierte sich heraus, dass Interesse an einer Fußballabteilung bestand und dadurch auch neue Mitglieder geworben werden konnten. Da nach meinem Wissen die direkte Mitgliedschaft bzw. die der Eltern für eine Aufnahme im UF Voraussetzung war, bestand auch die Fußballabteilung ausschließlich aus dänisch orientierten Mitgliedern. Diese Voraussetzungen bestanden nach meiner Erinnerung satzungsmäßig bis zum Zeitpunkt der Aufnahme von IF im deutschen Fußballverband. Ich habe damals innerhalb des UF administrative Aufgaben für die Fußballabteilung übernommen, obwohl ich nicht Mitglied des Vorstandes war. Die technische Leitung der Fußballabteilung hatte Detlef (Detj) Rönnau übernommen.

Im Jahr 1948 wurde UF dann auf Anraten des Dansk Ungdomssekretariat in je einen Verein für kulturelle und sportliche Aufgaben innerhalb der dänisch orientierten Arbeit geteilt. Zu dieser Zeit bestand in Flensburg bereits der DGF, und es wurden der Handballverein Stjernen Flensborg (Handball) sowie in Tönning und Schleswig die Vereine Tönninger IF (IFT) und Schleswig IF (SIF) gegründet. Die Gründung eines eigenen Vereins wurde auch deswegen vorgenommen, um sportlich aktiven Senioren, die dänisch orientiert waren, eine Möglichkeit zu geben, unter Gleichgesinnten Sport und besonders Fußball zu betreiben. Da diese Sportler sich teilweise für den Begriff „Ungdomsforeningen“ als zu alt betrachteten, erschien es nur möglich zu sein, dieses unter einem rein dänisch ausgerichteten Sportverein durchzuführen. Bekanntlich hatten die bestehenden deutschen Sportvereine zu der Zeit eine große Anzahl von Mitgliedern aus den Reihen der Vertriebenen bzw. Geflüchteten und wurden auch von diesen mitgeleitet.

Für den IF Eckernförde wurde ich damals zum Vorsitzenden gewählt. Diesen Posten habe ich bis 1960 (Aufgabe aus beruflichen Gründen) innegehabt. Während meiner Vorstandstätigkeit hat es viele schöne, aber auch schlechtere Zeiten gegeben. Dass der IF mal sein 50. Bestehen feiern würde, hat damals, so glaube ich, niemand geglaubt. Die ersten Jahre von IF waren im Wesentlichen geprägt vom Mangel: Mangel an finanziellen Mitteln, Mangel an Materialen und Mängeln in den äußeren Umständen (Sportanlagen etc.).

Diese „Mangeljahre“ wurden in erster Linie mit großer Unterstützung von dänischer Seite, die über das Ungdomssekretariat in Flensburg lief, überwunden. Besonders der Leiter des Sekretariats, Frantz Wingender, aber auch der damalige Verbandsvorsitzende Fr. Thygesen waren tatkräftig daran interessiert, dass der IF über die Runden kam. Man war zwar manches Mal mit der Handhabung durch Detj Rönnau nicht einverstanden, und es hat manche Gespräche auch mit mir darüber gegeben. Aber irgendwie verstand Detj R. beide für sich einzunehmen und war unermüdlich in der Beschaffung von Mitteln und Materialen. Unterstützung gab es auch seitens der Sleswig-Liga unter Lehrer Kragelund.

Ich bin heute noch der Auffassung, dass es nur „Detj“ und seinen oftmals trickreichen Bemühungen zu verdanken ist, dass IF über die Runden kam. Er selbst hat in den ersten Jahren neben seinen Vereinstätigkeiten auch noch selbst in der ersten und später, nach Aufbau einer zweiten Mannschaft, auch in dieser aktiv gespielt und war bekannt für seine schnellen Antritte über die Außenseiten. Aber auch die anderen Spieler der ersten Stunden haben zumeist, solange sie in der Lage waren, Fußball zu spielen, dem Verein die Treue gehalten und damit zum Erhalt von IF ihr Scherflein beigetragen.

An Namen fallen mir ein: Jonny Bothmann, Peter Hilker, Otto/Otzu Frank, Walter Rieken, Walter Litzenroth, Adolf Klos (ging später wieder zum VfR) von den Älteren. Von den Jüngeren möchte ich Werner Peetz, Kalli Roßacker, Günter Timm, Walter Hinrichsen (Hinze), Rudi Neumann, Willi und Heinrich Petersen, Kurt Rönnau, Heine Zabel als einige von den Spielern der ersten Jahre benennen. Sie alle, Jung und Alt, waren damals die Stützen von IF. Hinzu kam, dass durch die Eigenständigkeit des Vereins auch ältere passive Mitglieder aus dem SSF dem Verein durch die passive Mitgliedschaft den notwendigen Rückhalt im Vereinsleben und als treue „Schlachtenbummler“ den Verein unterstützten.

Da die meisten Mitglieder noch bis Anfang der fünfziger Jahre zum großen Teil arbeitslos waren, war das eigene Aufkommen an finanziellen Mitteln sehr gering, und manch einer von den wenigen Leuten, die über ein eigenes Einkommen verfügten, hat durch zusätzliche Übernahme von z. B. Fahrtkosten mit dazu beigetragen, dass IF in Gang kam.

Zu Beginn der ersten Fußballspiele, die innerhalb der dänischen Organisation (DGF, SIF, TIF und EIF) ausgetragen wurden, fehlte es an allem, besonders an Fußballstiefeln, Trikots, Bällen etc. Die erste Kluft bestand m. W. aus roten Trikots und weißen Hosen und unterschiedlichen Stutzen. Manch einer musste sich mit in Dänemark gespendeten Fußballstiefeln abgeben, auch wenn sie nicht immer passten. Dennoch herrschte sehr viel Kameradschaft innerhalb der zu Beginn bestehenden Fußballelf, zu der etwa 15 bis 16 Spieler gehörten. Später war die Tracht grün-weiß, bis in den Fünfzigern die blau-gelben Farben von Südschleswig übernommen wurden.

Die Fahrten zu den Auswärtsspielen wurden damals mit der „Blauen Linie“, dem dänischen Transport- und Fahrdienst aus Flensburg, durchgeführt. Die Wagen waren Laster mit einer überspannten Zeltplane und Holzbänken. Für jede Fahrt (unabhängig von der Entfernung) musste ein Betrag von zwanzig DM (vor der Währungsreform im Juni 1948 fünfzig RM) entrichtet werden. Dieses aufzubringen war in der ersten Zeit nach der Währungsreform für die meisten fast unmöglich, so dass, wie bereits oben angeführt, andere Mitglieder hier einsprangen, und wir auch einen treuen Stamm von Schlachtenbummlern hatten, die für die Fahrt nach eigenem Ermessen bezahlten. So gelang es jedes Mal, die Fahrten zu finanzieren. Der Fahrdienst war aber sehr zuverlässig, und bei den damaligen Straßenverhältnissen fuhren die Fahrer nicht gerade langsam, und man wurde ordentlich durchgerüttelt. Heute hätte es wohl manchen Strafpunkt in Flensburg für diese Fahrerei gegeben. Wir waren aber froh, dass wir durch diesen Fahrdienst in der Lage waren, auswärtige Spiele auszutragen, und trotz der für heutige Verhältnisse abenteuerlichen Verhältnisse hatten wir viel Spaß, und die Kameradschaft war sehr ausgeprägt.

Zu diesen Gegebenheiten möchte ich nachstehend (nicht chronologisch) einige Ausführungen machen.

Ich glaube, dass durch die Errichtung der Sportplatzanlage eine der wichtigsten Voraussetzungen für den Zusammenhalt von IF Eckernförde geschaffen wurde und diese Anlage einen wesentlichen Anteil am 50-jährigen Bestehen von IF hat. Da zudem durch diesen Bau zahlreiche der arbeitslosen Mitglieder die Möglichkeit fanden, sich als Vollkräfte bzw. als Teilzeitkräfte mit Genehmigung des Arbeitsamtes Geld zu verdienen, war dieser Bau besonders geeignet für den Zusammenhalt von IF. Es wurde aber auch ein großer Teil freiwillige Arbeit ohne Entgelt von den IF-Mitgliedern in diese Maßnahme investiert. Ich weiß, dass viele unserer „Sympathisanten“ aus den „deutschen“ Vereinen uns damals belächelt haben und der Meinung waren, dass wir mit dem Sportplatzbau auf diesem damals teilweise sumpfigen Gelände elendig untergehen (im wahrsten Sinne des Wortes) würden. Allen Unkenrufen zum Trotz wurde der Platz mit den finanziellen Mitteln aus dänischer Seite, einem kleinen Zuschuss der „deutschen öffentlichen Hand“ und dem Einsatz durch bezahlte und nicht bezahlte Arbeit der Mitglieder fertiggestellt, sodass IF nach den vielen Gastspielen auf dem Exer endlich eine eigene Heimstatt fand.

Wie bereits erwähnt, fanden vorher die Spiele auf dem Exer statt. Hierzu musste vor dem Spiel erst mal der Platz hergestellt werden. Das hieß, dass die Tore, die im Keller der Willers-Jessen-Schule lagerten, aufgestellt wurden und das Spielfeld mit Kreide und Fahnen gekennzeichnet wurde. Dies geschah durch die spielende IF-Mannschaft. Nach dem Spiel musste erstmal alles wieder abgebaut werden, bevor die Spieler die Duschen in der Schule benutzen konnten. Die Dusche war auch notwendig, da alle Spieler bei gutem Wetter vom schwarzen Sand des Exers eingenebelt wurden und bei Regen sich der Platz teilweise in ein Matschfeld verwandelte. Trotzdem hat IF hier mit seinen Mannschaften schöne Spiele durchgeführt und manchen Erfolg, auch später im Rahmen des Fußballverbandes, hier erkämpft.

Ich denke hierbei an die Stadtmeisterschaften, die teilweise von über tausend begeisterten Zuschauern begleitet wurden. IF schnitt hierbei sportlich immer gut ab und fand auch erheblichen Rückhalt in den Zuschauern. Sofern IF Heimrecht hatte, wurde mit dem Hut in der Hand bei den Zuschauern kassiert. Hier war es besonders Karl Wiese (Schlupper) aus dem Taterberg, der wusste, wie man die Zuschauer dazu bringen konnte, ihren Obulus zu entrichten. Einen Zwang zum Bezahlen gab es nicht, und es durfte auch keine Eintrittskasse eingerichtet werden, da der Exer als öffentlicher Platz galt. Nur bei zwei großen Spielen wurde es gestattet, den Exer abzusperren und direkten Eintritt zu verlangen. Dies waren im Frühjahr 1949 ein Spiel gegen die Mannschaft der britischen Rheinarmee, welche z. T. aus englischen Profispielern bestand, und ein Spiel gegen die norwegische Armeemannschaft. Beide Spiele wurden von ca. 1000 Zuschauern besucht, und nach meiner Erinnerung bezog IF, die sich damals durch einige Spieler vom ESV verstärkt hatte, nur knappe Niederlagen.

Auf dem eigenen Platz, dem IF-Platz, waren die Verhältnisse enorm besser, was den Spielen und auch der IF-Kasse (besonders bei Aufstiegsspielen) gut tat. Es bestanden nach der Aufnahme in den DFB noch Jahre hindurch gewisse Spannungen zwischen den „Deutschen“ und uns. Man versuchte z. T. mit Tricks zu verhindern, dass IF um die ersten Plätze und damit um den Aufstieg mitspielte. Dies geschah durch äußerst penible Behandlung von Spielerfreigaben bei einem Vereinswechsel bzw. wurde teilweise auch durch die Spielansetzungen gesteuert. Einen Beweis hierfür war jedoch nicht zu erbringen, aber man wurde das Gefühl einer gewissen Unbeliebtheit nicht los.

Ob ein Spiel in der Kreisliga, das letzte Spiel der Runde, gemauschelt wurde, ist nie bewiesen, aber auch auf der „anderen“ Seite war man etwas unbehaglich. IF stand damals an erster Stelle und konnte nur durch den zweiten, Gettofer SC, von der Spitze und damit vom direkten Aufstieg abgehalten werden, wenn Gettorf mit sechzehn Toren Unterschied gegen den Fleckebyer SV gewinnen würde. IF hatte am Wochenende vorher gegen Fleckeby unentschieden gespielt und sich damit den entscheidenden Punkt nicht holen können. Bei dem Spiel Gettorf/Fleckeby handelte es sich um ein Nachholspiel, welches normal vier Wochen früher stattfinden sollte und verlegt wurde. Das Spiel selbst stellte alles auf den Kopf, da Gettorf mit 17:0 dieses Spiel gewann, und Beobachter der Meinung waren, dass z. T. beide Mannschaften auf das Fleckebyer Tor spielten. Ein damals eingereichter Protest wurde von dem Kreisgericht, dem ein Vorstandsmitglied vom Fleckebyer SV vorstand, als unbegründet abgewiesen, so dass IF an der Aufstiegsrunde teilnehmen musste, die nur knapp verpasst wurde.

In den Jahren meiner Vorstandstätigkeit wurde der Kontakt zu den dänischen Sportlern im Königreich so gut wie es die Mittel zuließen gepflegt. Es gab in jedem Jahr Begegnungen mit reichsdänischen Mannschaften in Dänemark und zu Hause in Eckernförde. Die Kontakte wurden teilweise über das Ungdomssekretariat geknüpft oder aus Eigeninitiative hergestellt. Ich weiß aus der Erinnerung nicht mehr genau, wann und wo bzw. aus welchem Anlass diese Begegnungen stattfanden, aber vielleicht kann dieses durch frühere Mitglieder oder aus Unterlagen genauer ermittelt werden.

Soweit ich weiß, waren wir Gast in Dänemark bei folgenden Vereinen bzw. Veranstaltungen:

  • 1948 – Augustenborg/Als – Turnier mit Augustenborg IF, Schleswig-IF und DGF Flensborg
  • 1949 – Besuch von Haarby-Boldclub (Fünen) in Eckernförde
  • 1950 – Gegenbesuch in Haarby (persönliche Kontakte zu den dänischen Freunden bestanden noch bis 1960)
  • 1951 – Besuch in Kopenhagen beim BK Kopenhagen (damals Zweitdivisionär)
  • 1952 – Teilnahme am Sportturnier in Korsør zusammen mit DGF-Mannschaften
  • 1953 – Teilnahme am Sportturnier in Vordingborg (zusammen mit IF Tönning)
  • 1954 – Besuch von Haarby BK in Eckernförde
  • 1955 – Zweiter Besuch in Kopenhagen beim BK Kopenhagen
  • 1956 – Besuch in Odder (Nordjütland) beim BK Odder (3. Division). Hier bezogen wir die höchste Niederlage gegen eine dänische Mannschaft mit 11 oder 12:0
  • 1957 – Besuch in Skærbæk bei Tønder – IF Skærbæk und Gegenbesuch
  • 1958 – Besuch in Eysrup/Fünen – IF-Eystrup (neuer Wohnort von V. Thierup)

Mit Ausnahme der Turniere in Korsør und Vordingborg erfolgte die Unterbringung in Dänemark privat bei Vereinsmitgliedern, und auch wenn die Freunde in Eckernförde waren, wurden sie privat untergebracht. Die Fahrtkosten für die Dänemarkfahrten mussten von den Teilnehmern selbst beglichen werden. Nur bei den Turnieren gab es einen Kilometerzuschuss aus Flensburg. Alle Treffen, ob hier in Eckernförde oder in Dänemark, waren tolle Erlebnisse und fanden in kameradschaftlicher und freundlicher Atmosphäre statt. Ab 1955 nahmen z. T. auch die Ehefrauen an den Reisen nach Dänemark teil.

Die erste Kontaktaufnahme mit dänischen Freunden war die Fahrt von IF nach Augustenborg auf Als zu einem Turnier, an welchem sich nach meiner Erinnerung auch DGF Flensborg und Schleswig-IF beteiligten. Wegen der besonderen Umstände dieser ersten Tour möchte ich hierzu einiges berichten.

Es war, glaube ich, im September 1948, als die Fußballmannschaft von IF Eckernförde das erste Mal in Dänemark zu einem Fußballwettkampf im Rahmen eines Turnieres eingeladen wurde. Der gastgebende Verein war Augustenborg-IF auf der Insel Alsen. Diese Fahrt brachte schon Wochen bevor sie stattfand einige Aufregung in den damals gut ein Jahr alten IF Eckernförde.

Allein schon die Erledigung der Passangelegenheiten brachte viel Neues und war mit allerhand Arbeit und Laufereien verbunden. Für die Einreise nach Dänemark wurde derzeit noch ein Visum und ein Reisepass benötigt, welches vom Dansk Konsulat in Flensburg ausgestellt werden musste. Die Beantragung des Visums musste mindestens vier Wochen vor der Reise erfolgen. Da es zu der Zeit für den Einzelnen sehr schwierig und auch teuer war, sich einen Pass zu besorgen, gab es damals die Möglichkeit für Gemeinschaftsreisen ins Ausland einen Sammelpass zu beantragen.

Da es 1948 noch die Einteilung der Besatzungszonen gab und ein souveräner deutscher Staat nicht vorhanden war, mussten zudem alle Passangelegenheiten von der Besatzungsbehörde genehmigt werden. Besonders schwierig war es, dass alle im Sammel-Reisepass aufgeführten Personen auch wirklich mitfahren mussten. Sollte bei der Einreise jemand fehlen (wegen Krankheit oder aus anderen Gründen), konnte es passieren, dass die ganze Reisegruppe an der Grenze zurückgewiesen wurde.

Die Beantragung des Sammelpasses musste über das Meldeamt der Stadt erfolgen. Hierzu mussten für jeden Einzelnen umfangreiche Angaben in einem Fragebogen gemacht werden und jeweils drei Passbilder beigefügt werden. Für Teilnehmer, die bei Beendigung des Krieges im Mai 1945 über 18 Jahre alt waren, musste zudem ein Nachweis über die Entnazifizierung oder ein sogenannter Freistellungsbescheid mit eingereicht werden.

Nachdem feststand, wer alles mit wollte und konnte, waren es nach meiner Erinnerung 22 Teilnehmer für diese Fahrt. Während sich damals Detj Rönnau für die Formalitäten zum Sammelpass bemühte, bin ich ein paar Mal mit dem Zug nach Flensburg zum Ungdomssekretariat gefahren, um mit deren Hilfe die Formalitäten für das Visum zu erledigen. Das Sekretariat war meines Wissens in der Straße „Unterenden“ in der Nähe vom heutigen ZOB. Das Sekretariat wurde damals von Franz Wingender geleitet, welcher viel für Eckernförde übrig hatte.

Nachdem einige Tage vor Reisebeginn die Formalitäten bezüglich Pass und Visum erledigt waren, bin ich zwei Tage vorher zum Konsulat in Flensburg gefahren, um den Visumsvermerk im Sammelpass eintragen zu lassen. Danach konnte es losgehen. Zum Glück fiel keiner von den Teilnehmern aus, so dass an einem Sonnabend gegen Mittag sich alle beim Schifferhaus einfanden. Die Fahrt wurde mit der Blauen Linie durchgeführt.

An der Grenze standen neben deutschen Zöllnern auch britische MP zum Kontrollieren der Aus- und Einreisenden. Hierzu musste der im Reisepass genannte Reiseleiter, dies war Detj Rönnau, zunächst aussteigen und im Grenzbüro den Sammelpass vorlegen. Wir anderen mussten solange auf der Pritsche des LKWs warten. Nach gut einer halben Stunde durften wir aussteigen und mussten in Reihenfolge des Sammelpasses durch die Kontrolle gehen. Hierzu hatte jeder eine persönliche Begleiturkunde mit Lichtbild erhalten. Es war alles in Ordnung, und wir bekamen Bescheid, dass wir am nächsten Tag (Sonntag) bis spätestens 21 Uhr die Grenze nach Deutschland wieder passieren mussten.

Auf der dänischen Seite spielte sich die gleiche Prozedur ab, wir hatten aber den Eindruck, dass es lässiger geschah, obwohl wir es anders erwartet hatten. Damals gab es an der Grenze auf dänischer Seite bereits einen Kiosk mit „røde Pølser“ und Eis. Da jeder Teilnehmer maximal pro Tag 20 DM oder den Gegenwert in Kronen (ich glaube, das waren damals 30 DKR) mitnehmen durfte, wurde die kurze Pause genutzt, um zum ersten Mal die roten Pølser und ein echtes dänisches Flødeis zu genießen. Ich meine, dass beides jeweils zwei Kronen kostete.

Für die meisten war es das erste Mal, dass sie das dänische Hoheitsgebiet betraten. Nach gut einstündiger Fahrt über Sønderborg erreichten wir Augustenborg. Wir wurden hier sehr freundlich empfangen, obwohl man uns auch mit einer gewissen Skepsis betrachtete. Wir wurden sogleich auf die Privatquartiere verteilt. Ich wurde zusammen mit Peter Hilker bei einem Ehepaar untergebracht, die einen Lebensmittelladen führten. Sie hatten einen Sohn, der etwa in meinem Alter (19) war, und eine 12-jährige Tochter. Wir bekamen ein Zimmer, welches voll mit englischen und amerikanischen Flugzeugmodellen ausgestattet war.

Da ich zu der Zeit noch nicht so gut in der dänischen Sprache war, erzählte mir der Sohn im gemischten Deutsch und Dänisch (wir verstanden uns gegenseitig gut), dass dieses Zimmer seinem Bruder gehört hatte, welcher Anfang 1945 als Pilot auf englischer Seite gefallen war. Das war für mich doch etwas beklemmend, und ich hatte große Hochachtung für meine Wirte, dass sie mir dieses Zimmer gegeben hatten, da ich doch zunächst mal für sie Deutscher war.

Da es Nachmittag war, wurden wir anschließend zum Kaffee eingeladen. Hierzu hatten sich auch einige Freunde und Nachbarn versammelt. Es gab herrliche Sahnekuchen, und ich wurde immer wieder zum Essen aufgefordert. Da die Eltern und auch die Bekannten z. T. Deutsch sprachen und ich mit meinem Dänisch auch etwas zur Unterhaltung beitragen konnte, verlief mein erster Besuch bei einer dänischen Familie sehr harmonisch. Ich hatte zwar den Eindruck, dass es manchem schwer fiel, die deutsche Sprache zu benutzen. Sie ließen sich dieses aber nicht anmerken.

Am Abend fand ein gemeinsames Treffen aller Turnierteilnehmer im Forsamlingshus statt. Nach einigen gemeinsamen „Øls“ lockerte die Stimmung merklich auf, und es wurde ein vergnüglicher und für manchen ein feucht-fröhlicher Abend. Als ich gegen 23 Uhr mit meinen Gastgebern nach Hause kam, fiel mir auf, dass die Haustür nicht verschlossen war, obwohl alle einschließlich der Tochter bei der Veranstaltung waren. Auf meine Frage hierzu sagte man mir, dass das Verschließen von Haustüren in Augustenborg nicht üblich und auch nicht nötig war, da jeder jedem vertraute. Hiervon war ich sehr beeindruckt.

Zu Hause gab es dann nochmal Kaffee und Kuchen, so dass ich doch sehr froh war, als wir zu Bett gehen konnten. Solche „Völlerei“ waren wir zu der Zeit noch nicht gewohnt.

Da das Turnier am Sonntag bereits um 9 Uhr losging, sind wir früh aufgestanden, und ich habe die Gelegenheit zu einem kleinen Morgenspaziergang genutzt. Mein Weg führte u. a. zum Schloss, in dem Behinderte und psychisch gestörte Personen wohnten und gepflegt wurden. Die Bewohner wurden auch dazu angehalten, den Schlosspark und das gesamte Gelände zu pflegen und zu gestalten.

Im Park traf ich einen älteren Mann, der nach einem „god morgen“ mich auf Deutsch ansprach. Offensichtlich wusste er, dass ich einer von den Besuchern war. Er erzählte mir, dass er zu den deutschen Nordschleswigern gehörte und trotz der schlechten Erfahrungen der Dänen während der Besatzungszeit im Schloss eine Wohnung bekommen hatte und gepflegt wurde und man keine Ressentiments gegen ihn hatte. Hiervon war ich sehr beeindruckt, und diese Geschichte und der gesamte erste Aufenthalt in Dänemark haben mich damals sehr gestärkt im Glauben an die dänische Sache.

Nach meiner Rückkehr war der Kaffeetisch bereits gedeckt, und es gab ein sehr umfangreiches Frühstück. Wir wurden immer wieder angehalten, noch etwas zu essen. Ich glaube, unsere Gastgeber waren der Meinung, dass wir immer noch Hungersnot in Deutschland hatten. Ich muss aber sagen, dass zu der Zeit hier bei uns es nicht sehr üppig zuging und vieles noch nicht zu haben war oder für normale Familien einfach zu teuer war.

Bei dem anschließenden Fußballturnier belegten wir nach meiner Meinung den letzten Platz, aber das war auch nicht so wichtig. Die meisten von uns hatten wohl auch etwas zu viel genossen, während unsere Freunde aus Schleswig und Flensburg offensichtlich bereits mehrmals in Dänemark gewesen waren und wohl nicht ganz so hingelangt hatten.

Die Mittagspause im Turnier wurde zudem von den Wirten genutzt, um uns nochmals mit gutem Essen zu versorgen. Bei uns gab es Schweinekamm mit einer harten Speckkruste und Gemüse. Damals fielen mir bereits die Erbsen (Ærter) auf, die – da sie nur leicht in Butter gedünstet waren – über den Teller rollten. Da ich diese Erbsen später oft in Dänemark zum Essen serviert bekam, habe ich mich oft an Augustenborg erinnert.

Nach Turnierende gegen 17 Uhr gab es dann nochmal gemeinsam Kaffee im Forsamlingshus. Danach nutzten wir die Gelegenheit, unsere paar Kronen in einigen Extras für zu Hause umzutauschen. Hierzu hatte mein Wirt seinen Laden geöffnet. Günstig waren damals Tabakwaren, Butter und Konserven mit Schinken und Leberpølse sowie Kekse. Jedenfalls hatten wir keine Mühe, unser Geld umzusetzen.

Bei der Abreise bekamen wir noch jeder ein umfangreiches Smørrebrød-Paket für unterwegs mit auf die Reise. Gegen 20 Uhr waren wir wieder an der Grenze und gegen 22 Uhr wieder in Eckernförde.

Es war für alle Teilnehmer ein aufregendes Erlebnis, und alle waren überrascht über die Gastfreundschaft und die viel lässigere Umgangsweise der Dänen gegenüber dem Bürokratismus hier bei uns. Ich hatte mir fest vorgenommen, meine Gastfamilie nochmal zu besuchen. Da aber zu der Zeit es noch nicht üblich war, dass man einen PKW fuhr, scheiterte dies an den Fahrtmöglichkeiten. Später war es dann wohl auch zu spät.

Ich denke aber immer gerne wieder an diese erste „Dänemarktour“ zurück.

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