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Heringsnetzfischerei

Für uns war durch das Geschehen, das durch den Bootsverkauf eingeleitet wurde, erstmal die Fischerei nach Goldbutt für wahrscheinlich ein Jahr beendet. Wir haben uns aber bei unseren Kameraden, die weiterhin danach fischten, immer wieder nach Fängen und Fangplätzen erkundigt.

Nach ihren Aussagen waren die Goldbuttfänge mittelmäßig von 30-40 Stieg als Tagesfänge. Oftmals auch weniger, aber vereinzelt auch mehr. Doch die Fischerei nach dem Winterbutt (Laichzeit) war sehr ergiebig von 10-12 Zentnern als Tagesfänge.

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Da wir unsere Hauptfischerei, die Schleppnetzfischerei nach Goldbutt, nicht mehr ausführen konnten bis wir unser neu bestelltes Boot indienststellen konnten. Ich machte mir allerlei Sorgen, wie es werden sollte, aber die Überbrückung dieser Zeit gestaltete sich besser als ich gedacht hatte. Nachdem wir unseren Fehlschlag mit der Buttnetzfischerei überwunden und das, was an Netzen noch brauchbar war, getrocknet zu Boden gebracht hatten, waren wir mir 6 Mann uns einig, erst einmal mit Heringsnetzen zu fischen, jedenfalls, solang die Handwaadenfischerei noch keine guten Fänge brachte. Die Heringsnetze unserer Mackers Zett, Kolls und Dankwardt hatten eine Maschenweite von 22 mm 60/60 mm. Sie machten sich zwei Schichten klar mit 9 Stücken pro Schicht. Mein Vater hatte seine Netze von 21½ mm Maschenweite, die ihm Wilhelm Wiggert, der in Schottland viele Jahre in der Heringsfischerei tätig gewesen war, mitgebracht hatte. Es waren Netze aus Mako. Fiete Mumm hatte auch 22 mm Maschenweite, aber 80/6 Garn. Beide machten umschiftig ? mit ihren Netzen 2 Schichten à 6 Netze, meine Netze waren mit 19 mm Maschenweite aus 30/9 Garn im Linksdrall, die mir Wilhelm Dibbert besorgt hatte. Es waren Netze, die vor dem Krieg für Holland hergestellt und durch den Beginn des Krieges 14-18 nicht mehr abgeliefert und somit irgendwo in der Fabrik eingelagert wurden, weil keine Nachfrage für diese Netze mehr bestand. Erst als Dibbert

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nach solchen Netzen fragte, er sie dann auch bekam und ohne Marken beziehen konnte. Auf diese Art und Weise erhielt ich diese Netze und hatte sie mit meinem Vater zusammen eingestellt. Die Ober- und Unterdellen hatte ich mir ja 1918 von Fehmarn mitgebracht. Als ich mit meinen Netzen an Bord kam, wurden sie von meinen Mackers begutachtet. Peter Kolls und Jörn Dankward fragten auch, was ich mit solchen Netzen fangen wollte, Sielen und Juchers - aber sicher keine Heringe! Ich war durch diese Äußerung meiner beiden Mackers wie vor den Kopf gestoßen, bis Franz Zett hinzukam und sagte, Peter und Jörn, ich habe Eure Bemerkungen über die Netze von Fiete mit angehört. Nach meiner Auffassung sind diese Netze gerade die richtigen für die augenblickliche Heringsnetzfischerei und nicht unsere altmodischen Netze. Wartet ab, das werden wir morgen früh schon erleben, denn solche Netze müssen wir uns noch alle anschaffen. Peter Kolls antwortete gleich mit den Worten „Ümm Himmels Willen, blots dat ni ok noch!” Franz Zett und Fiete Mumm sagten: „Abwarten. Diese Netze haben noch kein Wasser gesehen - also kann man noch kein Urteil darüber fällen.” So wurde aus meinen sechs Netzen eine Schicht für sich alleine gebildet. Peter Kolls spottete auch noch mit den Worten „Un he wüll wull ok noch sölbst bestimm, wo wi se utsetten doht.” „Dat is doch wull sölbstverständli, Peter”, dee Fiete Mumm seggen, „denn ji seggt jo ok, wo ji juch Netten hin hemm wüllt!”

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So gab es Streit an Bord um meine neuen Netze.

Unsere Mackers Zett, Kolls und Dankwardt wollten ihre Netze inmitten der Förde unterm Hegenwohld aussetzen. Wir drei, mein Vater, Mumm und ich wollten unsere Netze auf der Nordseite, aber außerhalb der Waadenzüge innerhalb der Langhöft-Tonne aussetzen. Da meine obenauf lagen, weil sie zuletzt eingesteint worden sind, kamen sie vob Steinwall 5-6 ab ins Wasser. Anschließend die Schichten von meinem Vater und Mumm, von denen die letzten Netze ein Stück innerhalb der Langhöft-Tonne zu stehen kamen. Dann liefen wir ein.

Am nächsten Morgen war das Wetter gut. Laue Luft und Südwest 2-3. Ich hatte die ganze Nacht unruhig geschlafen vor Aufregung, ob meine Netze etwas brachten. Ich hatte mich doch durch die Verächtlichmachung meiner Netze durch Kolls und Dankwardt sehr betroffen gefühlt.

Wir liefen zuerst zu den Netzen unser Mackers. Auf ihren Netzen saßen im Ganzen auf beiden Schichten an die 100 Pfund. Dann liefen wir zu der Langhöft-Tonne, zu den Netzen von meinem Vater und Mumm zu. Auf diesen beiden Schichten saßen 100-170 Pfund. Dann kam meine Schicht. Alle waren gespannt. Als das erste Stück beim Einziehen in Sicht kam, sagte Fiete Mumm, der die Oberdelle der Netze einholte: „Mann in de Tünn, dor sitt aver een Barg Heern op!” Auf dem ersten Stück saßen 7 Wall, auf den nächsten Stücken 8-9 Wall. Gewiss waren die Heringe etwas kleiner insgesamt, aber dennoch

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saßen auf meinen Netzen dreimal so viel auf als auf den Netzen meiner Mackers. Franz Zett sagte: „Peter und Jörn, nu könt ji dat seihn, wat de Jung sien Sielngaarn, as ji gestern seggten, bringen deiht!” Auf meinen 6 Netzen saßen 580 Pfund drauf. Für denselben Preis, den meine Macker mit ihren 100 Pfund auf 18 Netze bekamen.

Ich sagte kein Wort, freute mich aber im Stillen wie ein König. Und hörte mir das Gespräch an, was über meine Netze geführt wurde. Dass meine Netze mitten in einen große Schar Heringe ausgesetzt worden waren, es sei ein einmaliger Glücksfall gewesen usw. Bloß Franz Zett sagte: „ick glöv an keen Glücksfall, ick glöv ehr, dat wie mit de Jung sien Netten noch een Barg Överaschung beleben doht.” Die Netze wurden wieder ausgesetzt, da meine obenauf lagen, mussten die zuerst ausgesetzt werden. Fiete fragte, wo ich meine Netze aussetzen wollte. Ich sagte, weiter rein und etwas südlicher. Es wurde so gemacht. Anschließend kamen die beiden Schichten von meinem Vater und Mumm. Unsere Mackers setzten ihre Netze dort aus, wo meine gestanden hatten, dann liefen wir ein und löschten 892 Pfund. Ein guter Fang, aber Pro Mann waren es doch man knapp 150 Pfund.

Am nächsten Morgen war es dasselbe. Meine Schicht wurde zuerst eingezogen. Wir hatten 30 Kisten an Bord genommen, um die Heringe gleich in sie einzuwiegen.

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Meine Schicht brachte 17 Kisten à 40 Pfund. Ich sagte: „Sollen wir meine Schicht gleich wieder aussetzen? Dann haben wir doch mehr Platz.” Alle waren damit einverstanden. Sie fragten, wohin. Ich sagte: eine Schicht weiter rein. Dort wurden sie dann auch ausgesetzt. Dann liefen wir zu den Schichten unser Macker. Als wir ihre Netze einholten, machten sie ein Gesicht, ich weiß nicht wie. Franz Zett sagte zu seinen Mackers: „Meent ji, dat dat hüüt weer een Glücksfall weer?” Ihre beiden Schichten brachten 3½ Kisten voll. 142 Pfund. Wir liefen mit beiden Schichten weiter rein und setzten bei 80-100 Metern nördlich von meiner Schicht ihre Netze aus. Dann liefen wir zu den Schichten von meinem Vater und Fiete Mumm. Hier saßen 6 Kisten à 40 Pfund drauf. Diese Schichten brachten wir innerhalb von meiner Schicht hin. Dann liefen wir ein mit einem Fang von 26 Kisten mit 1.063 Pfund. Wieder hatten sich meine Netze großartig bewährt gegenüber meiner Mackers Netze. So war es Tag für Tag. Durschschnittlich brachten meine sechs Netze das doppelte von den 30 Netzen meiner Mackers. Unser größter Fang war an einem Tag innerhalb und außerhalb der Langhöfter Tonne, auf meine 6 Stücke saßen 600 Pfund auf den anderen 30 Stücken auch viel mehr als sonst, nämlich gut 800 Pfund. Es war ein Fang von gut 1.400 Pfund. Franz Zett machte den Vorschlag, unsere Waade vorzubereiten, denn es sind große Mengen an Blankfischen in der Förde und eines Tages machen die Handwaaden größere Fänge. Alle waren wir einverstanden.

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Von Tag zu Tag konnten wir an unseren Netzen bemerken, dass die Heringe, die wir die letzten Tage bei der Langhöfter Tonne hatten, immer weiter nach drinnen wanderten. So hatten wir einen Tag noch gut 900 Pfund, den nächsten Tag weiter rein gut 1.200 Pfund. Am Freitag den 25.11. hatten die Handwaaden die ersten größeren Fänge auf den Waadenzügen von Mitte Eeekholt bis zu den innersten Steinwallzügen. Fänge von 3.000-8.000 Pfund. So brachten wir an Sonnabend und Sonntag unsere Waade ein und machten in der ersten Woche vier ganz gute Fänge von 2-5½ tausend Pfund. Bis zum Jahresende und weit in den März hinein 1920 fischten wir mit der Handwaade und hatten zufriedenstellende Fänge. Gewiss gab es einige Perioden, in denen wir weniger gefangen hatten, vielfach durch Wetterbedingungen, aber wir waren zufrieden mit den von uns angelandeten Fängen.

So kamen wir doch eine ganze Zeit klar, auch ohne ein größeres Fahrzeug. Als die Fischerei durch den Kapp-Putsch stillgelegt war, wanderten die Fischschwärme, die in der Förde waren längst der Nordseite unserer Förde heraus. Die Bundgarnfischer Peter und Christian Mahrt, dessen Bundgarn unterhalb „Solterbek” stand, hörten von Wilhelm Haar, der in dem Haus Solterbek wohnte, dass ihr Bundgarn voller Heringe sei, so mussten sie hin und sie dicht binden, bis die Freigabe der Fischanlandung nach Beendigung des Generalstreiks bekannt gemacht wurde.

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