Die Eckernförder Förde
Die Natur hat in der Eiszeit den Einschnitt, durch den unsere Förde entstanden ist, in einen besonderen Zustand gebracht – wie mit einer Schablone in Trichterform. Kein weiterer Einschnitt entlang unserer Ostseeküste wurde in einer solchen Form geschaffen, auch nicht in Bezug auf die Wassertiefe.
Betrachtet man die Ausläufer unserer Außenförde, so findet man auf der südlichen Seite bei Dänisch-Nienhof eine Steilküste, die sich nach Südosten bis „Bülk“ erstreckt. Von dort setzt sich der Einschnitt nach Westen als Strander Bucht fort und bildet somit die nördliche Begrenzung der Kieler Förde.
An der Nordseite unserer Außenförde verläuft der Ausläufer von Boknis ab nach Norden bis zur Schleimündung. Unsere Förde erstreckt sich von der Mitte aus gesehen von innen nach außen auf einem Ostnordost-Kurs.
In der Mitte der Außenförde liegt der Mittelgrund – die steinige Hauptfläche – mit einer Tiefe von 8–9 m. Er misst in Länge und Breite jeweils etwa eine Seemeile. Die Länge des Mittelgrunds mit seinen steinigen Ausläufern nach Nordosten, wo die Wassertiefe bis an die 20 m reicht, beträgt nahezu 2 Seemeilen. Der Ausläufer vom Kern des flachen Mittelgrunds nach Westen misst etwa eine halbe Seemeile.
Nach einem flachen, kurzen Abfall erreicht die Wassertiefe bereits 23–25 m. Auf der Nordseite liegt der steinige Grund bei 16–17 m Tiefe und fällt dann rasch auf 25–26 m ab. Auf der Südseite reicht der steinige Grund bis an die 20 m-Grenze und geht dort ebenfalls rasch auf 22–23 m über.
Von der Grenze der Außenförde in westlicher Richtung verringert sich der Abstand beider Küsten allmählich. Die Außenförde hat eine Breite von 10 km (5,5 sm) und verengt sich zur Innenförde hin auf 3 km (1,8 sm).
Die Länge der Förde beträgt auf der Nordseite von „Bokniseck“ bis zur heutigen Stadtküste 15,6 km (8,35 sm), auf der Südseite 19,0 km – gute 10 sm. Die Wassertiefe reicht von der Schaarkante an der Stadtküste bis zur Ansteuerungsbake „Ringelnatter“ von 4 m bis zu 20 m. Weiter draußen, querab von „Bratberg“ und „Kronsorter-Huk“, beträgt sie 23 m. Von dort aus zur Außenförde steigt die Tiefe auf der Nordseite auf bis zu 29 m. Auf der Südseite hält sie sich im Durchschnitt bei 23–24 m.
Diese Wassertiefen der Förde beginnen meist schon in einem Abstand von 100–150 m von der Schaarkante, an einigen Stellen auf der Nordseite sogar deutlich darunter.
Der Meeresgrund unserer Förde besteht von Schaarkante zu Schaarkante aus einem steinfreien, weichen Mudgrund. In der Innenförde, unterhalb des sogenannten „Hemmelberg“ – eine alte Fischerbezeichnung – befindet sich ein kleiner, mit Steinen bedeckter Grund, ebenso auf der Südseite unterhalb der „Mövenberge“. Diese kleinen Steingebiete reichen allerdings nur an einzelnen Stellen bis zu 400–500 m von der Küste hinaus. Sie waren Gebiete der Kleinfischerei, auf der Nordseite auch mit einem Bundgarnplatz versehen.
Die von mir erwähnte Schaarkante ist jener Bereich, wo der flache Sandgrund vom Ufer aus schräg in tieferes Wasser abfällt. An beiden Küsten unserer Förde liegen diese Schaarkanten an mehreren Stellen weit unter 100 m vom Ufer entfernt. Dadurch konnte sich (und hat sich auch) die Küstenfischerei seit Alters her stark ausbreiten. Die Wadenfischerei wurde an beiden Küsten unserer Förde als Fangmethode genutzt.
Auch in anderen Einschnitten wurde diese Fischerei betrieben, allerdings mit nur wenigen derartigen Fangplätzen an verschiedenen Küstenabschnitten.
Unsere Förde war von früher her ein fischreiches Gewässer mit vielfältigem Fischbestand. Zu den Hauptarten zählten die Blankfische, Heringe, Sprotten und dazu Plattfische, wobei der Goldbutt den größten Anteil hatte, dazu kamen weitere Fischarten.
Dieser Fischreichtum führte im Laufe der Jahre dazu, dass sich die Fischerei stetig ausweitete. Anfangs lagen die Fangplätze in der Innenförde und im Noor, als unser Noor noch eine offene Verbindung zur Innenförde hatte.
Mit der Ausweitung der Fischerei steigerten sich die Anlandung aller Fischarten, der Handel damit sowie deren Verarbeitung zu einer Hauptnahrungsquelle der Bevölkerung. Die Fischerei in Eckernförde ist so alt wie die Stadt selbst. Mitte des 18. Jahrhunderts gab es – auf Grundlage von Privilegien des Bürgermeisters und des dänischen Stadtvogts – im Jahr 1743 neun namentlich aufgeführte Räuchereien in der Stadt. Für die Fischer wurden vor der Stadtküste sieben namentlich festgelegte Fangplätze bestimmt, um Streitigkeiten untereinander zu vermeiden.
Damals lagen die gesamte Fischerei, die Räucherei und der Handel mit ihren Erzeugnissen in den Händen des Bürgermeisters und des dänischen Stadtvogts. Von dort aus wurden die Preise sowohl für frische als auch für geräucherte Ware festgelegt. Der Haupthandel erfolgte mit Hamburg und anderen Städten. Dennoch blieb es nicht aus, dass es bereits damals schwarze Schafe gab, die sich dem geheimen Handel widmeten – obwohl „Aus-der-Reihe-Tanzen“ mit harten Strafen geahndet wurde. Noch ein Jahrhundert später war der Stadtbürgermeister der Präsist der Fischerei.
Eckernförde war bereits im 15. Jahrhundert – gemessen an den damaligen Verhältnissen – ein bedeutender Umschlaghafen, was der Förde zu verdanken war. Da die Handelsschifffahrt ausschließlich auf Windkraft angewiesen war, bot die Förde ein tiefes und breites Fahrwasser für die Segelschiffe.
Mitte des 16. Jahrhunderts gerieten Eckernförde und die Stadt Rendsburg in einen heftigen Streit über Lagerbauten. Die Rendsburger beabsichtigten, den Eckernförder Hafen gewissermaßen zu ihrem Handelsvorort auszubauen – was die Eckernförder jedoch ablehnten. 1545 musste Herzog Adolf VIII. von Schleswig den Eckernförder Bürgern das Privileg bestätigen, dass sich keine ausländischen Kaufleute hier niederlassen dürften.
Die Schifffahrt nahm immer weiter zu, sodass im 17. und 18. Jahrhundert erstmals zahlreiche Segelschiffe für den Handel gebaut wurden. In Eckernförde waren 36 Handelsschiffe beheimatet, die große Fahrten entlang der gesamten Ostseeküste bis nach Bergen sowie zu weiteren Häfen in Norwegen, Frankreich, Portugal, Spanien und bis ins Mittelmeer nach Italien und Venedig unternahmen. Allerdings gingen auch mehrere dieser Schiffe auf See verloren.
Als der Krieg zwischen England und Dänemark ausbrach, brach auch der gesamte Handel zusammen. Viele Schiffe wurden von den Engländern gekapert – und damit stürzte der Handel ins Bodenlose. Für Eckernförde begann eine schlechte Zeit – Krieg, Krieg, Krieg.
Es soll in den 1860er Jahren gewesen sein, dass sich eine schottische mechanische Netzfabrik anbot, Netze aller Art aus Baumwolle in unterschiedlichen Stärken und Maschenweiten herzustellen. In den 1870er Jahren wurde auch in Itzehoe eine mechanische Netzfabrik in Betrieb genommen.
Ich glaube, dass mehrere Seeleute aus Eckernförde, die brotlos geworden waren, zur Fischerei übergingen. Denn im Jahr 1833 wurde der erste Fischereiverein in Eckernförde gegründet – maßgeblich initiiert durch den Stadtbürgermeister.
Die Fischerei war ein schwerer Beruf, da die Fischer ihre Netze für den Fang selbst knüpfen mussten. Es gab alte Fischer, die selbst nicht mehr aufs Wasser gingen, sich aber weiterhin mit dem Knüpfen von Netzen beschäftigten – oft zusammen mit ihrer Frau, die ebenfalls diese Fertigkeit beherrschte.
Bei der Herstellung größerer Netze schlossen sich mehrere Fischer zusammen, um gemeinsam ein solches Netz zu knüpfen. Der Aufschwung der Wadenfischerei begann, als eine schottische mechanische Netzfabrik sich anbot, Netze aller Art aus Baumwolle in verschiedener Stärke und Maschenweite herzustellen.
Mit der wachsenden und sich entwickelnden Fischerei – insbesondere der Wadenfischerei – mussten auch mehr Fangplätze geschaffen werden. Dafür boten sich die Küsten unserer Förde geradezu an: die sogenannte Schaarkante – jener Bereich, wo das flache Wasser auf dem Sandgrund vom Ufer aus schräg in tieferes Wasser übergeht – schließt direkt an einen Mudgrund an, der sich quer durch die Förde bis zur südlichen Schaarkante zieht und von der Stadtküste weit über die Außenförde hinausreicht. Daher konnte die Wadenfischerei entlang der Küsten der Förde betrieben werden.
Bis auf einige kleinere Stellen in der Innenförde mit steinigem Grund – etwa 400–500 m von der Küste entfernt, auf der Nordseite unterhalb von Hemmelberg und auf der Südseite unterhalb der „Gelben Berge“ – befanden sich dort keine geeigneten Fangplätze für die Wadenfischerei. Diese Bereiche waren den Kleinfischern vorbehalten; auf der Nordseite befand sich dort zudem ein Platz für ein Bundgarn.
Jetzt kommt eine Auflistung der Wadenzüge
Die 146 gesetzlichen Waadenzüge standen der Wadenfischerei vom 1. September bis zum 30. April eines jeden Jahres zur Verfügung. Alle Züge hatten von der Schaarkante aus eine nach See hin reichende Begrenzung von 240 Faden (450 m), und in der Breite war so viel Platz vorgesehen, dass jede Waade vollständig ausgesetzt werden konnte.
Die Anzahl der Waaden in Eckernförde hatte sich von den 1870er Jahren bis zur Jahrhundertwende von etwa 30 auf 72 erhöht. Nach dem Ersten Weltkrieg 1914–18 verringerte sich diese Zahl wieder auf einen Bereich um die 50. Das lag zum Teil daran, dass zwischen 1905 und 1907 mehrere Fischerfamilien nach Sonderburg, Apenrade, Langballigau und Laboe auswanderten, aber auch daran, dass sich einige Fischer einen Motor in eines ihrer Waadboote einbauen ließen.
Die Auswanderung war eine Folge der Überbevölkerung im Fischereiwesen, wodurch die Grundlage für die Sicherheit des Lebensunterhalts nicht mehr gegeben war. Der Höhepunkt der Eckernförder Wadenfischerei lag um die Jahrhundertwende, wie bereits erwähnt. Zu 72 Waaden gehörten 144 Waadboote, die jeweils 9 m lang und 2,8–3,0 m breit waren. Alle Boote verfügten im hinteren Drittel über eine Winde aus Eichenholz mit 15 cm Stärke und zwei Speichen aus Eschenholz. Diese Winde war von Dollbord zu Dollbord befestigt. Auf ihr war eine 14 mm starke Hanfleine von viermal 110 m Länge aufgerollt.
Bei jedem Abschnitt von 110 m (60 Faden) war eine Markierung angebracht. Beim Aussetzen der Waade bedeutete das Abrollen der Leine bis zum letzten Ende auf der Winde „Tamp-aff“. Die nächste Markierung hieß „erster Knopp“, die folgende „zweiter Knopp“, und die letzte Marke bedeutete „nie Lien“. Das waren die letzten 60 Faden. Die Leinenlänge von 240 Faden (440 m) entsprach der gesetzlichen Vorgabe für die Wadenfischerei. Bei Überschreitungen war der Vorstand des Wadenvereins verpflichtet, eine Strafe zu verhängen. Das galt auch bei Störungen oder anderen Schwierigkeiten beim Aussetzen der Waade – in solchen Fällen konnten Klagen eingereicht werden.
Die älteren Waaden vor der Jahrhundertwende hatten eine Flügellänge von 16 Längen. Eine „Länge“ entsprach 7,33 m (4 Faden). Hinter den beiden Flügeln – in der Fischersprache als „Arme“ bezeichnet – befand sich der große „Hamen“, der ein Fangvolumen von bis zu 100.000 Pfund aufwies.
Die Tiefe der Waaden an der Kehle – dort, wo die Flügel mit dem Hamen vernäht waren – betrug 750–800 Maschen bei einer Maschenweite von 13 mm. Die erste Hälfte der Flügel hatte ebenfalls diese Maschenanzahl, die sich zum Ende hin auf 400 Maschen verringerte. Nach der Jahrhundertwende begannen einige Fischer, die Flügel auf 12–13 Längen zu verkürzen und sie mit leichterem Netzgarn auszurüsten.
Die Besatzung der 16-Längen-Waaden bestand aus 8 Mann. Bei den verkürzten 12–13 Längen waren es 6–7 Mann. Die Oberdelle der Flügel war mit Flottholz aus Kork versehen, um Auftrieb zu gewährleisten. Die Unterdelle war mit Granitsteinen an Steinbändern beschwert – auf jeder Länge wurden zwei Steine befestigt. Die Granitsteine waren sorgfältig ausgewählte, glatte, flächenmäßige Steine mit einem Gewicht von 5–18 Pfund. Der Kehlstein wog über 20 Pfund. Alle Steine waren mit einem 15 mm großen Loch durchbohrt, das mit einem Steinmeißel eingearbeitet wurde – eine schwere Arbeit.
Diese Steine wurden von vorne nach hinten – von den leichteren zu den schwereren – an der Unterdelle mit Steinbändern befestigt. So waren bei einem 16-Längen-Flügel 32 Steine vorhanden, bei 12–13 Längen 24–26 Steine, zuzüglich des schweren Kehlsteins. Die Stauhöhe der Flügel von der Kehle bis zur Hälfte der Flügel lag zwischen 13 und 19 m.
Die Waadboote waren mit einem Vormast und einem Großmast ausgestattet, dazu kamen ein kleines und ein großes Spriet-Segel, um zu den Fangplätzen zu gelangen und zurück in den Hafen zu segeln.
Waren die Waaden an ihren Fangplätzen angekommen, musste die gesamte Segeltakelage aus den Duchten herausgehoben und über dem Vorboot bis zum Mittelducht so verstaut werden, dass sie beim Rudern nicht störte.
Die Waaden bestanden damals noch aus zwei Teilen, da die Boote ja einzeln zu ihren Fangplätzen segeln mussten. Ein Boot hatte einen Flügel mit dem Hamen an Bord, das andere Boot den anderen Flügel, der eine Länge kürzer war. Die fehlende Länge war am Hamen ausgeglichen. Wenn beide Boote am Fangplatz waren, mussten die Waadenflügel erst einmal zusammen geriegelt werden. Dann war die Waade zum Aussetzen fertig.
Wurde die Waade wieder eingeholt in die Boote, so musste – je nach Windrichtung und Stärke – die Waade wieder auseinandergenommen werden, damit die Boote einzeln zurück in den Hafen segeln konnten.
Die ganze Fischerei mit der Waade war eine schwere, mühsame Arbeit – das Wühlen mit der Takelage, das Riegeln der Waade und dann bei dunkler Nacht, wenn über 100 Boote unterwegs waren zu den Fangplätzen, besonders bei viel Wind, Schnee, Regen und Nebel – sozusagen ohne Licht. Die Boote, die zusammengehörten, mussten stets dicht beieinander bleiben.
Hauptsächlich, wenn die Boote zum Fangplatz kreuzen mussten, kamen sich manche Boote zu nahe. Dann nahmen sie ihre Fledermaus-Laterne in die Hand. Man muss sich wundern, dass bei all diesen Booten, die bei Nacht unterwegs waren, niemals eine Kollision geschah – eben weil die Besatzungen auf allen Booten stets sehr wachsam gewesen sind.
Diese Schinderei bei der Wadenfischerei veränderte sich, als im Herbst 1909 die 6-Mann-Waade – die sich 1908 eine Waade von einem alten Fischer, H. Ramm, kauften, der aus der Fischerei ausgeschieden war und sich einen Nagelboden zur Herstellung von Fischkisten für die Räuchereien hinter seinem Haus anbaute – eine bahnbrechende Neuerung einführte.
Otto Großkreuz, als Meister bei Carl Lorenzen – der die Vertretung für die Viertakt-Dan-Motoren aus Kopenhagen innehatte – baute aus zwei verbrauchten dänischen Motoren (einer von „Dan“ und der andere von „Rudköping“) aus noch brauchbaren Teilen einen betriebsfähigen Motor zusammen. Er bot diesen Motor unter Garantie dem Macker meines Vaters, Franz Zett, an, um ihn in eines ihrer Waadboote einzubauen. Alle vier Kameraden der Waade waren einverstanden.
Der Motor, der bereits auf dem Prüfstand erfolgreich gelaufen war, wurde in der Mitte hinter der Mittelducht auf ein Eichenholzfundament eingebaut. Der Achtersteven des Waadbootes wurde mit Eichenholz verstärkt, um das Stevenohr aufzunehmen. Alles klappte: in Kiage wurde der Motor ins Boot eingebaut, das Boot ins Wasser gelassen und sofort für eine Probefahrt klargemacht.
Mehrere der Wadenfischer erklärten sie für verrückt – was sie machten, sei gegen die alte Wadentradition. Doch vier Männer, selbst alte Wadenbesitzer, beobachteten den Einbau Tag für Tag. Sie glaubten alle daran, dass dies ein großer Fortschritt für die ganze Wadenfischerei sei – allein schon für das Hin- und Herfahren zu den Fangplätzen und zurück zum Hafen.
Bei der Probefahrt durfte ich auch mit. Die vier Wadenbesitzer – Detlef Marquardt, Peter Mahrt, Joh. Möller und Heinr. Föh – waren mit an Bord. Otto Großkreuz bediente den Motor. Die Probefahrt war ein großes Ereignis. Das Wetter war windstill. Eben außerhalb vom Ringelnatter lag eine mit Holz beladene finnische Dreimastbark mit dem Lotsen Karl Robert an Bord. Er rief der Probefahrtsbesatzung zu, ob sie das Schiff nicht einschleppen könnten.
So kam es, dass sie eine Schleppleine übernahmen und am Mittelducht neben dem Motor befestigten. Als das Schleppen losging, wurde ganz langsam angefahren, bis die Schleppleine steif war. Dann gab Großkreuz dem Motor langsam mehr Brennstoff. Die Dreimastbark kam in Fahrt, die sich stetig steigerte. Ein ganzes Stück vor der Hafeneinfahrt wurde die Schleppleine gelöst und vom Schiff eingeholt.
Das Schiff hatte so viel Fahrt, dass der Lotse es zum Anlegeplatz im Hafen steuerte. Mit dem Waadboot liefen sie zum Heck und übernahmen dort eine Schleppleine, um das Schiff in der Fahrt abzubremsen. Das ganze Anlegemanöver klappte wie am Schnürchen. Der Lotse und der Kapitän bedankten sich. Die vier Wadenbesitzer waren erstaunt und zufrieden – sie wollten sich sofort einen 4-PS-Dan-Motor bestellen. Zwei wollten den Motor in der Mitte haben, zwei sprachen mit Großkreuz, ob es möglich sei, den Motor im Achterteil des Bootes einzubauen. Er sagte: „Ich baue den Motor dorthin, wo Sie ihn haben wollen.“
Als im Oktober die Waade eingebracht war, befand sich keine Takelasche mehr in den Booten. Am Nachmittag sollte die erste Tour zum Waadenzug Eekholz 15 gehen, wo die Waade mit dem Motor im Boot ausgesetzt werden sollte. Viele Wadenfischer waren gespannt, wie das wohl ausgehen würde. Das ganze Geschehen klappte wie am Schnürchen. Am meisten bewunderten es die Besatzungen der Waaden, die auf den Zügen Eekholz 14 und 16 ihre Waaden aussetzten.
Noch vor Weihnachten wurden drei weitere Motoren in Waadboote eingebaut. Im Januar klappte das Aussetzen der Waade auch bei diesen Booten sofort. Auch bei diesen Waaden kam die Takelasche aus den Booten heraus.
Der Einbau eines Motors in ein Waadboot war ein großer Bruch mit der alten Tradition der Wadenfischerei – erstens die Takelaschen aus den Booten, ebenso wie die Riegelei bei der Waade, und dann die Seglerei zum Fangplatz bei Wind und Wetter und zurück zum Hafen. Allein die Zeit zum Fangplatz hin verringerte sich auf zwei Stunden.
Dies alles war für die Wadenfischerei eine große Erleichterung, und die vier alten Wadenbesitzer lobten die sechs Mann der Waadeigentümer, dass sie mit dem Einbau eines Motors im Waadboot als Erste zu dieser Erleichterung beigetragen hatten. So kam es, dass ein Boot nach dem anderen sich ebenfalls einen Motor bestellte.
Vier Dan-Motoren aus Kopenhagen, vier Motoren von Calessen aus Apenrade – es waren 5-PS-Benzolmotoren mit Magnetzündung. Die Dan-Motoren hatten Glühköpfe, die erst mit einer Anwärmlampe vorgeheizt werden mussten. Zwei Motoren kamen aus Randers, Jütland – auch Viertakter mit Glühkopf.
1910 zur Herbstsaison der Wadenfischerei waren es bereits 15 Waaden mit Motor. Die Zahl der motorisierten Boote stieg weiter an. Verschiedene Fabriken, die sich auf Motoren für Fischerboote an der ganzen Ostküste Schleswig-Holsteins spezialisiert hatten, statteten nun auch die Boote in Eckernförde aus.
Dennoch hielten einige Fischer noch an der alten Tradition fest. Im Frühjahr 1914 jedoch waren alle Waaden mit einem Motor ausgerüstet.
Es hatten sich damals einige Waadenfischer zusammengetan, um sich einen Motor in eines ihrer Boote einzubauen, und im Herbst 1914 mussten es noch mehrere tun, weil ein großer Teil der Fischer beim Militär eingezogen war. Alle Fischarten wurden früher nach „Wall“ (80 Stück) – wie Heringe, Sielen, Sprotten – bei den Plattfischen wie Goldbutt, Struffbutt, Steinbutt und Platen, ebenso Aale, Makrelen – nach „Stieg“ (20 Stück) gekauft und verkauft. Bei den Fischarten wie Goldbutt gab es Große-, Mittel- und Kleinebutt, die entsprechend bezahlt wurden. Dieses System von Alters her wurde im Herbst 1914 aufgelöst, als die Schleswig-Holsteinische Fischhandels-Gesellschaft mit der Zwangsabgabe der angelandeten Fische aller Arten nach Pfundweise einführte. Für jede Fischart wurde ein festgelegter Preis gezahlt.
An allen Fischerei-Arten wurden überall Abnahmestellen eingerichtet. Die Hauptzentrale für die gesamte Schleswig-Holsteinische Fischhandels-Gesellschaft war in Eckernförde, der größten Fischerei- und Fischindustriestadt. Ein Privatverkauf der Anlandungen wurde hart bestraft. Im Herbst 1914 wurden von den Waadbooten ein großer Anteil vom Militär beschlagnahmt und musste nach Arnis an der Schlei gebracht werden, als Unterlage für eine Übergangsbrücke.
Die Boote wurden aber bald wieder freigegeben. Doch aus unserem Hafen wurde ein kleiner Kriegshafen gemacht. Es kamen Schiffe der Marine, die meist bei uns auf der Reede vor Anker lagen, wie das große U-Boot-Hebeschiff „Vulkan“, die Torpedoboote „110“, „105“ und „T2“, die immer als Begleitschiffe bei U-Boot-Übungen und sonstigen Versuchen eingesetzt wurden – alle lagen im Hafen, mit mehreren Booten längsseits. Dann kam ein großer Bagger, der die sogenannte Grasbank – die von jeher eine große Schutzbank bei schweren Oststürmen und starkem Seegang war – ausbaggerte. Die Stadtverwaltung wie auch die Fischerei wehrten sich bis aufs Äußerste dagegen, aber es war ja Krieg. Der Hafen wurde auf der Nordseite bis auf 7–8 Meter Tiefe ausgebaggert und dann der eiserne Dükersteg dort hingebaut. Als die Brücke fertig war, bekam die „Aviso Meteor“ als Schulschiff ihren festen Anlegeplatz, mit mehreren U-Booten verschiedener Art längsseits. Die Einfahrt zum Hafen wurde mit einer aus großen Holzbalken bestehenden Oberflächensperre für ein Stahlnetz abgesperrt. Ein Teil war fest verankert, aber für die Einfahrt war ein Teil von wohl 30–40 Meter Breite offen und konnte geschleppt werden. Doch diese Sperre war ein großes Hindernis für die Ein- und Ausfahrt zum Hafen. Es wurde vom Kommando eingesehen, dass keine Gefahr für die Marineschiffe im Hafen bestand. Die Sperre wurde im Rehtwisch-Gebiet ohne Balken versenkt.
Im Hafen, unterhalb von K. Lorensen seiner Wirtschaft wie auch unter dem Zollamt, wurde der Hulk „Waltraute“ als Wohn- und „Schulschiff“ festgelegt. An der Ostseite vom Aufgang zur Holzbrücke wurde eine Holzbaracke aufgestellt als Unterkunft für den Wachposten. Unterhalb vom „Katsund“ nach Borby rüber, wo Fritz Berg seinen Kiosk hatte, wurde eine Stahldraht-Sperre angebracht. Innerhalb dieser Sperre konnten die Fischer ihre Boote wie auch im Binnenhafen ihre Anlegeplätze nehmen. Auf der Stadtseite wurde dicht am Bollwerk eine Holzwinde aufgestellt, wo die Stahlleine steif gehalten wurde. Wollte ein Fischerboot nach außen oder innen, musste der Wachmann den Stahldraht der Sperre freigeben – ein Blödsinn erster Ordnung. Aber es war ja Krieg. Welchen Feind sie hier bei uns erwarteten, wussten sie wohl selbst nicht. In den letzten Kriegsjahren war diese Sperre mit einem Mal verschwunden. Es wurde auch freigegeben, dass die Fischer mit ihren Booten ihre Fänge zum Löschen anlegen konnten, wo im Hafen ein Platz war. Die anhaltenden Kriegsjahre entwickelten sich immer mehr zu Hungerjahren. Die Rüben und der getrocknete Kohl aller Sorten wurden zur Hauptnahrung. Hier bei uns in Eckernförde ging es noch, indem viele Bürger immer mal versuchten, eine gute Mahlzeit an Fischen zu bekommen – was ihnen auch gelang, obwohl es den Fischern verboten war, Fische abzugeben, wenn hungrige Leute darum baten.
Jeder Fischer nahm Rücksicht auf die Leute. Es durfte nur keiner von der Fischhandels-Gesellschaft sehen. Doch diese Herrschaften brauchten nicht zu betteln oder zu fragen. Für diese Leute war immer genug Fisch von den Anlandungen über – auch noch für ihre Freunde und Bekannten. Diese Herren, die im Büro saßen und frontfrei waren wie so viele.
Das Geschehen mit dem Verbot, Fische abzugeben, habe ich in der ersten Woche vom Januar 1918 persönlich miterlebt, als ich mit meinem Großvater und Andreas Oppenheim mit Buttnetzen fischte. Wir hatten außerhalb vom Heuler und der Leuchtonne – die seit Anfang des Krieges an der Stelle ausgelegt war, wo sonst der Ringelnatter stand – einen seltenen Großfang an Goldbutt und dazu auch noch viele große Dorsche.
Wir legten uns mit dem Boot an der Westseite vom „Schütstall“ fest, ungefähr hinter dem Heck der „Waltraute“. Mein Großvater und Oppenheim waren dabei, die Butt aus den Netzen zu machen – eine gelernte Arbeit. Ich musste, wenn ein Korb voll war, auf dem Brückengelände, wo die Waage stand, den Korb mit 50 Pfund Butt abwiegen und in Kisten füllen. Einige alte Leute, die mich kannten, kamen vorbei und fragten nach ein paar Fischen. Mit Erlaubnis meines Großvaters gab ich jedem, der fragte, Fische.
Ich sagte zu allen: „Ihr müsst sie verstecken, und geht gleich bei 4. Lorenzen rauf zum Jungfernstieg.“ Alle wussten, was das Pfund Butt kostete. Ich gab viele Butt so ab. Diejenigen, die zahlen konnten, steckten mir das Geld in meine Jackentasche. Alte Bekannte bekamen sie einfach so. Es kam mir nicht auf einen Butt an. Es kamen auch mehrere Mariner von den Schiffen, die im Hafen lagen. Als wir unsere Netze auf dem Fangplatz einholten, kamen Fischdampfer – die als Vorpostenboote bei der Marine dienten – wohl 200 Meter von uns entfernt. Als wir gerade die großen Dorsche auf unseren Netzen hatten und anlegten, fragten sie gleich nach Kabeljau und „Pomukeln“. Ich sagte, sie müssten noch etwas warten, bis ich welche abwöge, aber ob sie vielleicht Arbeitszeug, Brot, Marmelade oder Maschinenöl hätten.
Die ganze Brücke, an der wir mit dem Boot lagen, war voller Leute. Auch standen dort zusammen die Fischer Fiete Leckband, Thera Lohmann und Chrischan Blender und sprachen wohl über unseren Großfang. Mit einmal brach ein Lärm aus – der Räucherer Fr. Hinrichsen hatte wohl Leute gesehen, die mit Butt von der Brücke kamen. Er brüllte: „Die Fische müssen abgeliefert werden und dürfen nicht hier verkauft oder verschenkt werden!“ Da sagten einige Fischer, die dort mitstanden, er solle seinen Maul halten. Er schrie bloß: „Ich gehe sofort zu Jochim Elsner rauf!“
Ich gab aber immer wieder einige Butt ab. Da hörte ich, wie einige von den Fischern sagten: „Kiek bloß mal, dor kümmt ‚Jochen‘ anrönn, un de ‚Dick‘ achternaa.“ Jochen Elsner stand wie verwildert auf dem Brückenpodest und rief zu den beiden Alten im Boot: „Euer Fang wird beschlagnahmt, und die Fischerei ist für euch sofort verboten! Und dann melde ich euch sofort an die Front!“
Da hörte ich, wie Lohmann sagte: „Mensch Jochen, besinn dich! De beiden dor ünnen solln an de Front? De sünd tosam 144 Johr old! Denn wer dat wull beder – mit die un de Dick naa de Front to gahn?“ Und da hör ich, wie Thera Lohmann seggt: „Dat is een Stück för de Chronik.“
Der ganze Kram weer mien Großvater wohl to veel wesen. Vun wegen naa der Front gahn – he harr de Roorpinn in de Hand un sprung mit de grood Waadsteveln an dat Podest hoch und leb achter de beiden rann. All de Lüüd schreen: „Hau de Aastüch över de Knak’n!“ Sogar von de Mariners op Achterdeck schreen mit, dat so wat liekers to dull weer. Dat weer ja een Larm an de Brüch!
Mien Grodvadder harr beed bald naa de Fischerstraat achter se rann loppen. Als er zurückkam, sagte er zu mir: „Wenn dor een kümmt un frog naa een paar Bütt oder een Dösch, verkopp dor ruhig wieder.“
Dat duur nie lang, do keem de ol Korl Pries un sien Jung'n Karl, un frog'n de Fischers, un de Lüüd, wat dor los wähn weer. Do deen se een vertell'n, wat sick dor afspeelt harr mit Jochim Elsner, von weg'n de Fang mit Beschlag nehm, de Fischerie wor er verbon, un dat se sofort an de Front meld warn sull'n. Dat weern natürlie de beiden oln der ünner, hee seeg bloß: „Jochen iss jo wull verrück worn, hee kann sick man frein, dat sun ole Lüüd noch fischen dot.“
As de junge K. Pries dat hört harr, weer hee naa Jochen Elsner hinn gah'n, un hett en wull beed to Vernunf bröch över dat, wat hee dor för all de Lüüd sick de beiden Öllüüd geg'n över utlaad'n heev. De ol Korl Pries steeg naa mien Grodvadder daal un de em beruhigen, den hee harr, aß he noch bie de Fischerie, mit mien Grodvadder tosam fischt. De nächst Dag weer J. Elner bie Oppenhein ind Huus kam un harr sick entschuldigt un harr to em segg't, de Dick harr em so up hetzt, dat hee so in de Fohrt kam weer. Elsner weer ock bie mien Grodvadder kaam sick to entschuldigen, över hee wull de Kerl nie in sien Huus sehn. Mien Groodmudder harr een, över doch beruhigt, so kunn Jochen Elner sick doch entschuldigen, un mien Grodvadder een, vun de Hunger, wo de Bevölkerung ünner lieden deen, keem dat wull nie op een paar Fisch an.
Über die Eckernförder Waadenfischerei habe ich das wirkliche Dasein von der alten und neuen Entwicklung dieser Fischerei beschrieben, ebenso über unsere Förde, die ein Stück Natürliches darstellt, als wenn sie für diese große Waadenfischerei an den Küsten geboren wäre.
In der großen Waadenfischerei, die nur saisonweise in Betracht kommt, gab es bei uns in Eckernförde auch eine bedeutende Stellnetzfischerei mit Buttnetzen, Heringsnetzen, Sprottennetzen, Makreln und Lachsen, wie mit Triezen, Aaleusen und ehemals auch mit Reusen für die Ostseekrappen und die Fischerei mit Angeln – weil eben unsre Förde ein fischreiches Gewässer für alle Fischarten gewesen ist.
Die Buttnetzfischerei nach Goldbutt war früher ebenfalls eine bedeutende Fischerei. Hierfür waren besondere Boote mit einem Bünn als Quase gebaut. So waren hiervon vor der Jahrhundertwende über 40 Boote in Betrieb, meistens von Mai bis September. Doch viele waren das ganze Jahr über bei der Goldbuttfischerei. Von diesen Quasen mit Bünn waren in den Sommermonaten Einmaster mit einer Länge von 8–8½ Metern im Einsatz, ausgerüstet mit Gaffelsegel als Großsegel mit vierkantigem Toppsegel, Fock und Klüver. Die Quasen sind als Schwerboote gebaut.
Die Besatzung der Quasen bestand aus drei Mann, die meistens auch gemeinsam Eigner waren. Die Einmaster hatten ihre Fangplätze bei der Goldbuttfischerei in der Außenförde und weiter längs der Küsten außerhalb – in den Mai- und Junimonaten zuerst auf dem steinigen Grund vom flachen bis zum tieferen Wasser. In den folgenden Monaten wurde die Goldbuttfischerei auf dem tieferen Mudgrund betrieben, bis zum nächsten Jahr, wenn der Monat Mai wiederkam.
Die Buttnetzfischerei wurde mit Schichten gefischt – eine Schicht im Wasser, eine an Land – mit einem Wechsel der Schichten. Die Buttnetze, wenn sie ausgesetzt wurden, standen zwei Nächte im Wasser. Wurde diese Schicht eingezogen mit einem normalen Fang von 20 Stieg (ein Stieg = 20 Stück), so wurde die eingesteinte Schicht auf dem Fangplatz wieder ausgesetzt. Hatte der Fang sich nicht gelohnt, wurden die Segel gesetzt und ein anderer Fangplatz angesteuert.
Die Goldbuttfischerei mit den 1½-Mastern, die im Durchschnitt eine Länge bis zu 10 Metern hatten, war mit größerer Takelage und einem Besansegel mit Toppsegel ausgestattet. Aber eine große Rolle spielten hier – wie bei der Waadenfischerei – die 24 Fuß langen Riemen. Ohne die ging es bei der Fischerei nicht zu der Zeit, als es noch keine Motoren gab und man auf Segel und Riemen angewiesen war. Die Goldbuttfischerei bei den 1½-Mastern wurde genauso ausgeführt wie bei den Einmastern.
Die Besatzung war ebenso, die Handhabe der Buttnetze war dieselbe. Nur die Fangplätze unterschieden sich, denn die 1½-Master befischten weite Flächen des westlichen Ostseegebiets zwischen Alsen und Fehmarn. Dort fischten sie auf verschiedenen Fangplätzen nach großen Goldbutt und erzielten stellenweise größere Fänge. Diese Fischerei wurde auf diesen Fangplätzen nur in den Monaten Mai bis September ausgeführt. Denn die Tage wurden kürzer, wie auch die Witterung mit stürmischen Winden sich verstärkte. So näherten sie sich mehr und mehr der Ostküste.
Zum September verringerte sich auch die Goldbutt-Fischerflotte, weil mehrere davon Besitzer einer Waade waren und im September die Waadensaison begann. Es kam aber auch vor, dass sich einige Waadenbesitzer erst nochmal zusammentaten – eine Partie blieb bei der Goldbuttfischerei, die andere fischte mit der Waade.
Ein Großteil der Goldbuttfischer fischte das ganze Jahr mit ihren Netzen. Schon im Herbst – bei stürmischen Westwinden – begannen sich die Goldbutt Mitte November zu sammeln und setzten sich im Dezember in Bewegung, um zu ihren Laichplätzen zu wandern. Bei Weststürmen sogar bis tief ins Innere unsrer Förde. Aber auch viele Goldbutt lagerten sich auf dem tieferen Mudgrund ab, der mit großen Steingründen unterhalb der 20-Meter-Grenze umrandet ist – dort in großen Mengen.
Dies stellte sich aber erst heraus, als sich nach der Jahrhundertwende die Schleppnetzfischerei entwickelte – zuerst noch mit einigen 1½-Mastern. Als aber bei Fritz Glasau die großen Que mit 12–13,8 Metern Länge, voll eingedeckt und mit einem 6–8 PS Dan-Motor aus Kopenhagen eingebaut sowie mit großer Takelage ausgerüstet wurden, verbreitete sich die Schleppnetzfischerei. Bei dieser Fischerei wurden große Erfolge an Goldbuttfängen erzielt.
Solange es in den Wintermonaten bei westlichen Winden blieb, wurden bei uns in der Förde zur Mitte hin auf den Buttnetzen gute Fänge erzielt – ja, sogar schon im Dezember größere und im Januar ganz große Fänge gemacht, bis hinein in die Innenförde, eben außerhalb vom Ringelnatter. Hier hatte sich, gegenüber der sonstigen Tiefe, die Förde etwas abgeflacht, und es stauten sich mitunter die Laichbutt, so dass mit den Buttnetzen gelegentlich ganz große Fänge an Goldbutt gemacht wurden. Kam aber in dieser Zeit östlicher Wind oder auch Stürme, verschwanden die Goldbuttschwärme sofort aus der Förde hinaus – eine merkwürdige Naturerscheinung, unglaublich, aber wahr.
In den Wintermonaten wurde mit sechs Mollen – 18 Stück der Netz und Mann – gefischt, die in drei Holzmulden eingesteint wurden und somit zum Aussetzen klar waren. Es war bei Ein- und Anderthalbmastern dasselbe. So waren es zusammen 54 Netze in einer Schicht. Die Buttnetze hatten eine Maschenweite von 70–78 mm.
Bei der Sommerfischerei mit den Buttnetzen waren es pro Mann sieben Mollen – also 21 Netze – mit drei Mann. In jeder Holzmulde waren sieben Netze eingesteint und klar zum Aussetzen. Es waren 63 Netze in einer Schicht bei den Einmastern. Bei den Anderthalbmastern auf großer Tour waren es vier Holzmulden mit je sechs Netzen. Einige hatten auch sieben Netze in einer Mulde pro Mann. So waren es einmal 24 Netze pro Mann und insgesamt 72 Netze in einer Schicht – es gab auch einige mit 84 Netzen, die zum Aussetzen klar waren. Es gab aber auch Männer, die mit ihrer Jolle in der Innenförde mit Buttnetzen fischten – mit zwölf Netzen, die gewöhnlich eine Maschenweite von 68 mm hatten.
War die Waadenfischerei eine große Glücksfischerei, so war die Goldbuttfischerei eine sichere, legale Fischerei. Mit ihren Fängen konnten sie dreimal in der Woche ihre Netze einholen mit einem Fang von 20 Stieg – einmal etwas mehr, aber bei schlechtem Wetter, mit viel Schiet in den Netzen, auch mal weniger. So kam doch meistens ein stabiler Wochenlohn dabei heraus. Die Preise für Goldbutt lagen damals im Winter bis Mai bei 3 Mark pro Stieg (20 Stück), dann stieg der Preis auf 3,50 und 4 Mark an. Zu jener Zeit wurden die großen Goldbutt – über ¾ Pfund schwer – als Räucherbutt verkauft. Es wurden viele Butt in der Sommerzeit geräuchert, von allen Räuchereien. Es war eben der Hauptfisch in dieser Periode.
Die größte Goldbutt-Anlandung war im Jahr 1894 – da sollen, nach Pfund umgerechnet, 1.900.000 Pfund bei und in Eckernförde angelandet worden sein.
Wenn es einen harten Winter gab, so dass die Förde – wie oftmals die ganze Ostsee – eine Eisfläche war, dann bedeutete das für die Fischer eine schwere Zeit. Und so mussten einige Familien mit mehreren Kindern und auch sonstige Fischer, wenn die Eisperiode über Monate ging und ihr Erspartes zu Ende war, beim Häcker, Schlachter und Bäcker das Nötige für ihre Nahrung anschreiben lassen. Es war von den Geschäften eine Selbstverständlichkeit, dass sie den Leuten gaben, was sie zum Leben brauchten. Sie kannten ihre Kunden und wussten, sobald der Eiswinter vorbei war, konnte die Fischerei wieder betrieben werden. Wenn dann die Fänge zufriedenstellend waren und wieder etwas verdient wurde, war das Erste, dass ihre Schulden – wenn auch in Raten – abgezahlt wurden.
Sobald die Goldbuttfischerei wieder in Gang war, hieß ein altes Sprichwort der Fischer: „Wenn de Büttgarn in’d Boot, iss ock weer in’d Kökenschapp dat Brot.“
Die Anzahl der neuen großen Quasen mit Motor steigerte sich. Es kam auch vor, dass sich noch nicht so alte Anderthalbmaster einen Motor einbauen ließen. Denn die Fahrten zu den weiten Fangplätzen der Buttnetzfischerei waren manchmal mehr als bloß Strapazen – es war die reine Quälerei.
Wenn sie die Fangplätze erreichten, an denen sie ihre Buttnetze ausgesetzt hatten, war es oft bereits zwischen halb acht und neun Uhr abends – je nach Witterung und Wind. Besonders schlimm wurden die Touren bei Windstille und Flaute. Dann segelten sie mit voller Segellasche dicht unter der Küste entlang, weil hier in den Abendstunden gewöhnlich ein wenig Landflier in die Segel kam. Trotzdem wurden die 24 Fuß langen Riemen in Betrieb genommen, damit sie zum Sonnenaufgang bei oder zumindest in der Nähe ihrer Netze waren. Zwei Mann ruderten, einer steuerte, und jede Stunde wurde am Ruder gewechselt.
Bei einer guten Brise aus westlicher Richtung schafften es die 1½-Master leicht – sie waren schnelle Segler. Mussten sie jedoch zu ihren Fangplätzen auch noch kreuzen, wurde es schon schwierig. Aber bei der Heimfahrt vorm Wind ging die Segelei wieder flott voran. Am schlimmsten war es, wenn sie sich nach einem schlechten Fang erst einen neuen Fangplatz suchen mussten. Dann kam es manchmal an Bord zu unterschiedlichen Meinungen darüber, wohin sie mit ihren Netzen wollten. Diese Diskussionen gab es auch bei den Einmastern, wenn die Segelquasen der 1½-Master sechs bis sieben Stunden unterwegs waren – mitunter auch länger, je nach Wetterlage und bei Nebel und Diesigkeit.
Bei den Motorquasen, die ebenfalls mit Buttnetzen fischten, verlief die Fahrt zum Fangplatz direkter. Passierten sie Boknis, ging es auf direktem Kurs weiter – drei bis fünf Stunden, bis zu den weitesten Fanggründen. Vor allem, wenn sie zusätzlich ihre große Takelage gesetzt hatten, machten sie eine Fahrt von sechs bis sieben Seemeilen die Stunde. Nur mit dem Motor liefen sie bei ruhiger See etwa fünf Seemeilen die Stunde.
Zur Buttnetzfischerei gehörten an Land viele Netztrockenplätze. Diese befanden sich überall am Hafen, wo freie Flächen waren – auf der Nordseite des Binnenhafens westlich der damaligen Bootswerft von Fritz Glasau, schon im 17. Jahrhundert eine Boots- und Schiffswerft, nach Osten von der Holzbrücke bis zur Kalkkuhle, dem Aufschleppplatz für die großen Motorquasen, und weiter bis zu dem Bereich, wo Fr. Berg seinen Anlegesteg und seinen Kiosk hatte. Auf der Südseite des Binnenhafens lagen Trockenplätze auf dem Stegplatz. Dann kam ein größerer Trockenplatz vor den Häusern von Kielmanns Haus bis zum unteren Gang des Kattsunds, sowie auf dem Hafengelände an der Ostseite der Häuser beim Niedergang des heutigen Jungfernstiegs – früher Schiffbrücke – bis zum zweiten Niedergang zum Hafen, wo sich einst Linaus große Sägerei befand. Diese brannte 1912 im Juli ab, ebenso wie die beiden großen Steinkohlenschuppen und alle Holzschuppen der Räuchereien bis über den dritten Niedergang zum Hafen von Jungfernstieg hinaus.
Weiterhin gab es Trockenplätze östlich der massiv gebauten Kohlenschuppen bis zur Tranbrennerei, wo der Signalmast steht – auch dort mehrere Trockenplätze. Der größte Trockenplatz für Buttnetze lag östlich der Lindenbäume am Jungfernstieg, in der Breite vom Pastorengang bis zum Töpfergang, südlich vom großen Haus des Fischers Fr. Haß, mit einem weitläufigen Garten nach Norden bis zur Grenze von Timms Holzlager. Fritz Haß’ Haus wurde „Jägersburg“ genannt. Zwischen diesem Haus und dem großen Trockenplatz führte ein zehn Meter breiter Weg zur Küste hinunter. Nach alten Gesetzen durfte dieser Weg nie bebaut werden – es war ein Feuer- und Rettungsweg für Schiffbrüchige bei Strandungen. Insgesamt gab es fünf solcher Feuerwege, die vom Jungfernstieg und der Strandstraße zur Küste führten.
Auf dem großen Trockenplatz am Jungfernstieg hatten 20 Berufsfischer ihre Plätze. Jeder hatte vier Reihen Stützen (auf Platt: „Stötten“) mit je 25 Meter Länge und 3,5 Meter Breite. In der Länge standen zehn Stützen in einem Abstand von je 2½ Metern, in der Breite lagen die Stützen 1,20 Meter auseinander. Die Trockenplätze verliefen alle parallel zum Jungfernstieg. Zwischen den einzelnen Plätzen führte ein 1½ Meter breiter Weg von West nach Ost. Es standen rund 800 Stützen auf dem Platz. An der Südseite befand sich die Teerbude des Reepschlägers Scheller vom Jungfernstieg, in der seine aus Hanf gefertigten Leinen und Taue in echtem schwedischen Holzteer gekocht wurden – für Haltbarkeit und Widerstandskraft.
Östlich und südlich der Teerbude hatte Joh. Klemsen einen großen Stall für sein Räucherholz und zwei weitere Holzschuppen. Hinter diesen wieder Trockenplätze für Buttnetze, ebenso weiter in Richtung Süden, wo heute das Reetdachhaus steht. Auch dort befanden sich einige Trockenplätze hinter den hohen Ulmen an der Ostseite der östlichen Allee. Auf der Ostseite des Exerzierplatzes waren von September bis Ende April drei Trockenplätze für die Waaden. Ansonsten lagen die Trockenplätze für die Waaden außerhalb des Stadtgebiets – so war es auch ab 1921 mit den Trockenplätzen für die Ringwaaden, die eine Länge von 350–380 Metern hatten. Dafür mussten Zäune zwischen den Koppeln entfernt werden.
Vom 15. Mai bis zum 15. August wurden am Strand unterhalb des Exerzierplatzes 50–60 Waadboote aufgeholt, überholt, geteert und gestrichen. Dort, wo sich heute die Schlosserei Jürgen befindet, war bis 1910 eine Bootswerft. Ab 1910 endete dort das Aufslippen der Boote, da inzwischen mehrere von ihnen mit Motoren ausgerüstet worden waren.
Im Monat August, wenn die großen Quasen mit Heringsnetzen fischten, brachten sie ihre Fischware zum Hafen. Nachdem sie gelöscht hatten, fuhren sie mit den Quasen und ihrem kleinen Kahn, der im Binnenhafen lag, zum Vorstrand und ankerten dort. Sie luden ihre Netze in den Kahn und ruderten am Strand entlang, um die Netze zum Trocknen über dem hohen Strandhafer auszubreiten. Am Nachmittag wurden die Netze wieder eingeholt, mit dem Kahn zur Quase gebracht und dort an Deck wieder klar zum Aussetzen gemacht. Der Kahn wurde anschließend zum Hafen zurückgebracht, dann ging die Fahrt zum Fangplatz. Diese Fischerei dauerte gewöhnlich nur 14 Tage bei guter Witterung. Kam vorher schlechtes Wetter mit Weststürmen auf, war die Heringsfischerei schon eher zu Ende.
Es waren große, fette Heringe, die sehr gut bezahlt wurden. Die Heringe wurden wallweise verkauft (1 Wall waren 80 Stück). Diese mühsame Arbeit – mit der Quase vor dem Strand zu ankern, besonders bei Ostwind – wurde meinem Vater bald überdrüssig. Er holte sich 24 Fuß lange finnische Latten – junge Kiefernbäume, entrindet und auf zwei Seiten flach geschnitten, wie man sie auch als Dachlatten benutzte – und besorgte sich bei James Schuch 20 Meter, 4–5 mm starken, verzinkten Telefondraht. Er ließ den Draht auf 12 cm Länge zuschneiden. Diese Stifte schlug er hochkant in die Latte. Als beide Latten fertig waren, ging er zu seinem Trockenplatz am Jungfernstieg und befestigte die Latten an den äußersten Stützen in Längsrichtung.
Es war an einem Sonnabend, als er das machte. Sein Vater und Fiete Hansen sahen zu, was mein Vater da tat. Sie gingen gleich los, holten sich ebenfalls Latten und Draht und machten es ihm nach. Nachmittags holten sie ihre Heringsnetze vom Strand. Ich musste meinem Vater helfen. Die Heringsnetze waren trocken, doch er hing zunächst die Hanken der Oberdelle an die eine Latte, dann die Unterdelle an die gegenüberliegende Latte – die Netze hingen maßgerecht zwischen den Latten. Sein Vater wie auch Fiete Mumm hatten ihre Trockenvorrichtungen am Sonntagvormittag ebenfalls fertig. Keine Woche verging, da hatten alle Fischer, die mit Heringsnetzen fischten, sich eine solche Trockenmethode eingerichtet. Der Kahn meines Vaters wurde verkauft – er wurde ja nicht mehr gebraucht.
Die Heringsfischerei mit guten Fängen wurde durch einen Sturm aus Nordwest beendet, und die Motorquasen gingen meist wieder auf Goldbuttfang mit dem Schleppnetz über. Im November begann gewöhnlich die Stellnetzfischerei mit den Sprottennetzen außerhalb der Förde, um einwandernde Sprottenschwärme aufzuspüren. Die Sprottennetze wurden von den Fischern als „Breedelgorn“ bezeichnet. Diese Fischerei brachte oft sehr gute, mitunter auch außerordentlich große Fänge. Ob mit Waaden oder Sprottennetzen – die Sprotten brachten dem Fischer stets den besten Verdienst ein. Auch sie wurden wallweise verkauft – ein Wall (80 Stück) wurde bei den Sprotten mit 2½ Pfund berechnet, 20 Wall kamen auf 50 Pfund und wurden in Kisten verpackt.
So wurden die Sprotten auch kistenweise an die Räuchereien verkauft. Die Preise für eine Kiste mit Sprotten (Breedeln) hingen von den Fängen und Anlandungen ab. Schlechte Preise lagen bei 5–7 Reichsmark pro Kiste, gute Preise bei 10–12 Reichsmark. Diese stiegen deutlich, wenn die Anlandung knapp war oder die Fischerei durch Verhältnisse in der Förde behindert wurde. Sobald sich die Förde wieder freigab und die Fischer in den ersten Tagen gute Fänge machten, wollten manche Räucherer gleich größere Mengen an Kisten haben – so boten sie sich gegenseitig bei der Auktion auf dem Fischmarkt hoch, denn die Sprotte war zu einem Delikatessenfisch geworden.
Ein echter Schlagerfang war es, wenn eine Waade 1000 Kisten – und noch viel mehr, bis zu 1700 – anlandete. Es kam auch vor, dass einige Waaden bei Südostwind auf der Südseite das Risiko eingingen, zu ihrem Zug zu fahren – mitunter hatten sie das Glück eines solchen Fangs und bekamen dafür auch noch einen guten Preis auf der Auktion. Es ist vorgekommen, dass eine solche Glückswaade mit ihrem Fang bis 16.000 Reichsmark einbrachte.
In unsrer Innenförde wurde von Mai bis September viel Kleinfischerei betrieben – mit Stellnetzen aller Art, mit Triezen und Reusen – womit man sich gut ernähren konnte.
Bis 1912, als die Marine im südlichen Teil der Förde ein großes Gelände erwarb, um dort eine Anlage als Versuchsanstalt für Torpedos zu errichten. Das war die erste große Störung in unserer Förde – mit möglichen Auswirkungen auch auf die Großfischerei. Als 1913 die sogenannte TVA in Dienst gestellt und erprobt wurde, zeigten sich erste Störungen für die Kleinfischerei. Besonders, wenn die Fischerboote über die Schussbahn fahren mussten, um zu ihren Fangplätzen längs der Südküste der Förde zu gelangen, hatten sie ihre Netze im Bereich der Schussbahn ausgesetzt. Denn die ganze Länge – über 1900 Meter – war zum Sperrgebiet erklärt, und somit wurde ein großes Fanggebiet der Fischerei entzogen. Ob die Fischerei dafür entschädigt wurde, ist mir nicht bekannt – ich habe nur davon gehört.
Doch unsere Förde wurde im Laufe der Jahre zu einem bedeutenden Übungsgebiet für die Marine. In den 1930er Jahren gab es bereits drei Torpedo-Versuchsanstalten in unserer Förde. Ab Mitte der 1920er Jahre begannen sich die Fischbestände Jahr für Jahr zu verringern – und so brach die große Waadenfischerei zusammen, ebenso die gesamte Goldbuttfischerei, zunächst mit Stellnetzen, später auch mit Schleppnetzen. Diese traurige Entwicklung betraf das gesamte Gewässer zwischen Alsen und dem Fehmarnsund und setzte sich in der westlichen Ostsee fort – insbesondere die Plattfischfischerei auf Goldbutt. Im Jahr 1929 fiel sogar die große Herbst-Treibnetzfischerei auf Heringe vor dem Großen Belt aus.