Schlagerfänge im Fehmarnsund
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Von Mittwoch 17.7.-28.7. 1918
In dieser Zeit war für uns viel zu tun, um das Boot meines Vaters wieder für den Fischfang herzurichten. Es wurde aufgeslippt, damit das Unterwasserschiff von Muscheln und sonstigem Bewuchs gereinigt werden konnte. Es war ein Vierteljahr vergangen, seit es gereinigt und mit Patentfarbe versehen worden war. In dieser Zeit hatte es verdammt viele Muscheln, Türkentüten und sonstiges angesetzt.
Das Boot hatte sechs Tage auf Slipp gestanden, bis alles gut durchgetrocknet war. Der ganze Bootskörper wurde Außernbords frisch geteert und mit Farbe gestrichen, denn Farbe hatte mein Vater genügend. Am letzten Tag auf Slip wurden Bünn und alles unter Wasser mit Patentfarbe gestrichen.
Als unser Boot wieder im Wasser war, ging es auch bald wieder zum Fischfang los. Unser Schleppgeschirr wurde überholt, wo nötig ausgebessert, am 28.7. war alles in Ordnung und klar für die Fahrt nach Fehmarn.
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Auf den Fanggründen südlich von Fehmarn wurde nach meines Vaters Kenntnis noch niemals mit Schleppgeschirr nach Goldbutt gefischt. Mit unseren Lebensmittelkarten, hauptsächlich den Fettmarken, war alles klar. Wir nahmen Proviant für acht Tage mit. Mein Vater war der Meinung, wenn wir dort erst gefischt und Butt in der Bünn hätten, so würden wir leicht durchkommen ohne zu hungern. Wir wollen uns heute erst mal ausruhen, denn Montag um 8:00 Uhr morgens wollten wir mobil am Hafen sein. Mein Vater hatte mehreren Kameraden angeraten, mit nach Fehmarn zu kommen, da dort gute Fänge an Butt gewährleistet sei, aber keiner war darüber erbaut. Sie sagten, die Buttfänge hätten sich die letzten acht Tage wieder gebessert, und vor allem waren sie zu Hause und brauchten sich keine Sorge um Proviant und sonstiges zu machen.
Einige hatten Fiete Mumm gefragt, ob wir auf Abenteuerei aus wollten. Er hatte nur geantwortet, dass sie sich um uns keine Sorgen zu machen brauchten von wegen Abenteuerei.
Montag, der 29.7.1918
Um 8:00 Uhr am Hafen, machten klar zum Auslaufen. Mein Vater wärmte den Motor an, Mumm und ich setzten unser Großsegel. Der Wind kam aus Südwest 2-3, also gute Gelegenheit nach Fehmarn hin. Um 8:30 Uhr legten wir ab. Kein weiteres Boot wollte mit. Alle scheuten sich vor einem Abenteuer und auf gut Glück und totem Dunst ?. Es war ein herrliches Wetter. Um eben 16:30 Uhr machten wir in Heiligenhafen fest, wollten am nächsten Tag dort bleiben. Mein Vater hatte beim Kommando vom Küstenschutz noch allerlei Sachen zu regeln und zu erledigen, mit der Abwicklung für Überholung und Instandsetzung des Fahrzeuges zu Fischereizwecken, sowie den Ablauf der Charterzeit. Er konnte auf diese Weise alles persönlich und mündlich klären, wie die ganze Angelegenheit zu regeln sei, Es kamen am Abend noch mehrere Heiligenhafener Fischer bei uns an Bord und sprachen über dies und jenes mit meinem Vater. Es wurde spät, als wir zur Koje kamen.
Dienstag, der 30.7.1918
Morgens um 9:00 Uhr ging mein Vater zum Kommando. Er wollte rechtzeitig mit allem fertig sein, dass wir nachmittags nach Burgstaaken laufen konnten, um sich nach den Fischabnahmezeiten zu erkundigen. Er kam nicht zum Mittagessen, erst um 15:00 Uhr war er an Bord. Beim Kommando hatte er Mittag bekommen, er hatte dort alles soweit erledigt.
Mein Vater sagte, dass für die letzten 14 Tage des Monats noch Proviant und sonstiges Material und Brennstoff zur Verfügung standen. Um 16:00 Uhr sollen wir Proviant, Materialien und Brennstoff übernehmen.
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Mumm sagte: unsere Tanks sind doch ungefähr noch voll. Ja, sagte Vater, das sei alles geregelt. Er bekäme ein 500-Liter-Fass reinen Petroleums als Ausgleich, auf irgendeine Weise müssten wir sehen, dass wir das Fass auf dem Dammdeck untergebracht bekämen. Auf der Gegenseite packen wir die 5 Zentner Feuerung hin, die ihm auch noch zustanden. Wir verholten unser Boot bis dicht am Lager der Kommandostelle, machten Klaufall, Schotentalje und einen starken Stahlstropp klar. Das Fass wurde über Bohlen zum Boot gerollt, dann schäkelten wir die Taljen in die Fasshaken ein. Wir brauchten das Fass nun nur ein wenig über den Lukensüll zu heben und fierten es dann langsam auf dem Dammdeck auf Backbordseite. Anschließend kamen die 5 Zentner Feuerung auf die Steuerbordseite hin als Ausgleich. Auch bekamen wir zwei Kannen Schmieröl, Putzwolle, mehrere Dosen mit grauer und weißer farbe, Patentfarbe und Firnisöl an Bord, an Proviant Brote und eine Dauerwurst. Auf Weiteres verzichtete mein Vater. Als wir alles an Bord hatten, sagte Fiete Mumm: „Die ersten 14 Tage werden wir nicht verhungern, und auch an Betriebsstoff nicht zu kurz kommen. In der Zeit wird sich auf Fehmarn wohl Gelegenheit bieten, dass wir weiter durchkommen.” Mein Vater sprach noch mit mehreren Fischern, von denen einige auch beim Küstenschutz gewesen waren. Sie sprachen über ihre guten Goldbuttfänge auf 17-20 Meter mit den Takeln unter Singersbusch und Sagersbank.
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Wir sollten außerhalb der Steine auf dem weichen Grund man mal versuchen. Mein Vater hatte sich noch verschiedene Seekarten und Pläne von Spezialkarten der westlichen Ostsee, Lübecker Bucht, Großer Belt, Kleiner Belt und vor allem die Spezialkarten um Fehmarn mitgebracht. Mein Vater war zum Abendbrot bei der Fischerfamilie Kruse eingeladen. Er sagte zu Fiete Mumm, dass er spätestens um 21:30 Uhr wieder an Bord sein würde, weil wir rechtzeitig zum Fang auslaufen würden. Der alte Kruse habe ihm noch einige wichtige Landmarken erklärt, wo der weiche Grund sei, dicht an dem Gebiet, wo sie jetzt mit ihren Takels fischten.
Mittwoch, der 31.7.1918
Um 2:30 Uhr morgens liefen wir von Heiligenhafen Richtung Fangplatz aus. Um 3:45 Uhr setzten wir nach Südosten aus, das Wetter war sehr gut. Klare Luft und sichtig. Wir benutzten gleich die Angaben einer Spezialkarte, mit der wir den steinigen Grund vom weichen Grund auseinanderhalten konnten. Auch waren Ein- und Ausbuchtungen vor der Fehrmarn-Ansteuerung genau vermessen. Der erste Drift brachte 10½ Stieg gute Goldbutt. Der zweite Drift, den wir nach den Landmarken des alten Kruses auf 20 Metern aussetzten, brachte 15 Stieg Butt, einen Dornhai, zwei Steinbutt, 4 und 5 Pfund und bei 25 Pfund Platen. Einige Boote der Heiligenhafener Buttnetzfischer waren nun eine halbe bis Seemeile im Südwesten und Westen von uns entfernt.
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Wir fischen bis Nachmittag. Um 15:00 Uhr hatten einen Fang von 105 Stieg Goldbutt, 8 Steinbutt, 4 Dornhaie und gut 200 Pfund Platen. Dornhaie hatte ich noch nie zuvor gesehen. Es war für uns ein guter Anfang. Wir schieden so rechtzeitig aus, um uns erstmal in Burgstaaken mit Schwemm über Anlandezeit und Sortierung zu erkunden. Der Lotse Friedrich Schwemm kannte meinen Vater und Mumm von vor dem Krieg, wo sie mehrere Jahre in den Sommermonaten mit Heringsnetzen unterhalb Kathrinenhof mit 6-7 Booten aus Eckernförde gefischt hatten und Schwemm die Fischabnahme hatte.
Von unserem Fangplatz aus hatten wir weit im Osten 5 Boote mit Segeln ausmache können. Wir wunderten uns, dass so wenig Fischerboote, die mit Schleppnetz fischten, in diesem großen Fischereigebiet zu sehen waren.
Als wir in Burgstaaken einliefen, sahen wir, dass der ganze Hafen voller Fischerboote lag. Wie wir von Schwemm erfuhren, waren es alles Segelboote aus Pommern, die für die einzelnen Marinekommandos in Kiel fischten. Da es heute windstill gewesen war, waren sie nicht ausgelaufen. Friedrich Schwemm hatte die Fischabnahmestelle für Burgstaaken von der Schleswig-Holsteinischen Fischhandelsgesellschaft. Er freute sich über die alte Bekanntschaft, und dass er uns betreuen konnte. Er fragte gleich nach den einzelnen Fischern, die ihm aus Eckernförde bekannt waren. Vor allem nach Fiete Mumms Vater, mit dem er zusammen bei der Marine gedient hatte.
Schwemm schickte gleich seinen Arbeitsmann mit Gewicht und Kisten zu uns runter. Wir fischten insgesammt 1.450 Pfund Goldbutt, davon 1.000 Pfund I. Sorte, 350 Pfund II. Sorte und 100 Pfund III. Sorte, 38 Pfund Steinbutt und 216 Platen. Die vier Haie wollte Schwemm für uns miträuchern. Es war ein sehr guter Fang für den Anfang. Schwemm sagte, dass wir zu jeder Zeit anliefern könnten. Er erklärte uns, die angelandeten Fische würden morgens um 6:30 Uhr und abends um 18:00 Uhr mit der Bahn zum Festland und von da aus nach den Bestimmungsorten und Märkten verfrachtet werden. Hierzu sagten wir gleich, dass wir es so einrichten würden, dass wir, wenn möglich, um 17:00 Uhr im Hafen seien, damit um 18:00 Uhr die Fische mit der Bahn zum Festland kämen. So wären sie doch am nächsten Morgen frisch am Markt. Schwemm war gleich damit einverstanden. Er sagte uns auch, dass er 1-2 mal die Woche alle Sorten von Fisch räuchere, er bot uns an, dass wir alles, was wir wollten, miträuchern lassen könnten. „Ihr sollt mal sehen, wie die Haie als Leckerbissen euch schmecken werden.” Ich war da etwas skeptisch, dass diese Haie mit ihrem Sandpapierfell schmecken sollten. Schwemm sagte zu uns, dass er von allen Schleppnetzfischern, die hier bei ihm angelandet hatten, noch nie solche gute Ware mit der Sortierung, wie wir sie abgeliefert hätten, bekommen habe. Wir sagten, so sei die bei uns in Eckernförde bestimmte
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Sortierung vorgesehen und würden diese auch hier weiter so machen und nicht anders. Wir wurden alle drei von Schwemm zum Abendessen eingeladen. Ich ging nicht mit, denn der Hafen mit all den Segelquatschen und die Umgebung lockte mich mehr als die Einladung, denn alles war für meine Person etwas Neues.
Es liefen nach und nach noch vier Boote im Hafen ein. Es waren Travemünder Fischer, die auch über 1.000 Pfund Butt gefangen hatten, aber nur kleine Ware im Vergleich zu unserer. Sie stellten sie in Kisten abgewogen an Land. Alle Booten stellten nebenbei noch 4-5 Zentner in Körben voll kleiner, weit untermaßige Butt mit Platen vermischt an Land, welche sie als Schweinefutter für 10 Mark den Korbinhalt an die Bauern verkauften. Das war für mich ein Schock, dass diese Fischer solche Ware mit an Land brachten, wo vor drei Wochen, als ich noch bei Thies war, die Apenrader Fischer es auch taten, die kleinen Goldbutt als Schweinefutter an Land brachten und verkauften, sonst hätten diese Fischer sie ja nicht an Land gebracht, genau wie ich es hier in Burgstaaken auch sah. Was haben damals Thies und Lietz über diese Übeltäter geschimpft, und jetzt sehe ich hier dasselbe bei den Travemünder Fischern. Unglaublich, aber wahr. Diese Schweinerei hätte sich bei uns in Eckernförde mal einer erlauben sollen, ich weiß nicht, was dann geschehen wäre, denn bei allen Schleppnetzfischern in Eckernförde, die nach Goldbutt fischten, wurde der Beifang an untermaßigen Butt so sorgfältig wie möglich wieder ihrem Element lebend übergeben.
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„Jo een Barg Butt vun Sort een mang ein Barg Butt Sort dree verköpen un he kreeg so veel Geld as wat wi vör uns Sorteerung kreegen dot”, sagte der alte Hellmann aus Travemünde, „Du hest man Recht, Fritz Schwemm! De Waar, de mien Kollegen ut Eckernföör hier aflepert iss irstklassige Sorteerung. Ick heff mi Kist för Kist anseihn, een as de anner, over segg mol een Wor över de Saak wat ick ok mehrmals bi und to Spraak brögt heff to de junge Lüüd: Viellicht ward se später dor mol över nodenken.”
„Jo”, seggt min Vadder, „wenn dat denn man ni all to laat is!” „Dat is ok mien Meinung!”, sä de ol Hellmann, „over irstmol hefft se dat to verdaun, wat Fritz Schwemm, em to seggen hett!”
Donnerstag, der 1.8.1918
Am Morgen liefen wir um 5:00 Uhr aus, mit 10 Booten von den Marinefischers auf Schlepp. Sie hatten uns gefragt, weil der Wind südlich war, und es für die Segelboote keine Möglichkeit gab, aus Burgstaaken herauszukommen. Draußen, vor dem Loch, warf einer nach dem anderen die Leinen los, segelte mit seinen großen ockerfarbenen Segeln auf Südostkurs zu ihrem Fangplatz. Die Travemünder waren schon etwas früher ausgelaufen auf demselben Kurs.
Wir liefen Südsüdost ab. Nach einer halben Stunde loteten wir 20 Meter und setzten aus, auf Südkurs. Nach einer Stunde Fischzeit holten wir auf, mit einem
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Fang von 20 Stieg Goldbutt, einem Steinbutt, einem Hai und 17 Pfund Platen. Mit einem solchen Fang hatten wir nicht gerechnet. Trotz des guten Drifts setzten wir über demselben Bug auf Süd-Südwest-kurs nach der Steinkante zu aus. Dieser Drift brachte 22 Stieg Butt, 2 Steinbutt, 3 u. 5 Pfund und 26 Pfund Platen. Die Goldbutt waren größer als vom 1. Drift. So stellten wir fest, dass über der ganzen Fläche viele Butt lagen. Die Traveboote und Marinefischer standen weit ab von uns im Osten mit ihren Segeln auf. Wir fischten ohne Segel. Wir machten auf unserem Revier noch fünf Drifts mit Fängen. Wie die ersten beiden Drifts. Um 15:30 Uhr liefen wir nach Burgstaaken mit 135 Stieg Butt in der Bünn. Wir hatten gestern Abend 20 große 80-Pfund-Kisten an Bord genommen, damit wir unterwegs beim Einlaufen den Fang gleich einwiegen konnten. Das sparte viel Arbeit. Unser Fang belief sich insgesamt auf 1.800 Pfund Butt (1400 I, 300 II, 100 III), 21 Pfund Steinbutt, 3 Haie und 197 Pfund Platen. Der Preis für die Goldbutt war derselbe wie in Eckernförde und überall längs der Küste: 55 Pfennig für I. Sorte, 35 Pf. für II. Sorte und 20 Pf. für III. Sorte. Für Platen 15-20 Pf. und für Steinbutt 75 Pf. Für große Steinbutt wollte Schwemm uns sogar 1 Mark zahlen und versuchen, dafür etwas Gutes für uns zu Essen zu besorgen.
Der Arbeitsmann von Schwemm hatte uns einlaufen sehen. Darum standen Wagen und Kisten schon bereit, als wir anlegten. Da wir unseren Fang bereits in Kisten eingewogen hatten, ging das Löschen flott von statten. Schwemm freute sich über die große Ware.
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Er sagte, dass er einen Anruf erhalten habe über die gute Qualität und der besten Sortierung, die er je erhalten habe. „Euer Fang soll gleich zum Bahnhof, um 18:00 Uhr mit der Bahn zum Festland an denselben Abnehmer.” Schwemm brachte uns die vier geräucherten Haie. Er selbst wie auch sein Arbeitsmann bekamen jeder eines von diesen Viechern. Ich war sehr skeptisch. Als wir dann Abendbrot aßen, teilte Mumm einen Hai auf in 10 cm lange Stücke. Das Fett lief nur so raus. Beide sagten: fett wie ein Aal und schmeckt auch so. Da bekam ich Appetit und probierte. Sie schmeckten tatsächlich sehr gut! Die drei Haie, die wir heute mithatten, schlachtete Mumm, zog das Fell ab, schnitt sie in Stücke und kochte die Viecher in Essig mit Zwiebeln und etwas Salz. Als sie abgekühlt waren, waren es Aale in Gelee, die uns mehrere Tage gut schmeckten.
Mein Vater ging heute Abend nach Schwemm, Fiete Mumm und ich gingen nach „Café Ehlers”, welches uns von Schwemm empfohlen war. Es gebe dort Kaffe und Torten und Gebäck, sagte er - alles wie in Friedenszeit. Wir wurden von Ehlers selbst begrüßt. Er erzählte, dass er vor kurzem krankheitshalber von der Marine entlassen wurde. Friedrich Schwemm habe mit ihm gesprochen und ihm erzählt, dass er uns dieses Café empfohlen hatte. Wir waren beide begeistert und zufrieden, was uns an Leckerbissen geboten wurde! Wir versicherten, bald wiederzukommen. Um 22:00 Uhr gingen wir an Bord.
Freitag, der 2.8.1918
Morgens um 5:00 Uhr liefen wir aus zu unserem Fanggebiet, machten 8 Drifts mit einem Ergebnis wie am Tag zuvor. Um 17:00 Uhr waren wir wieder im Hafen, 7 Tage nacheinander war jeden Tag gutes Wetter und der Fang belief sich auf 100-130 Stieg Goldbutt und jeden Tag gut 20 Pfund Steinbutt, einige Haie und etwa 200 Pfund Platen. Die Qualität war stets dieselbe. Es war hier von Burgstaaken aus ein gutes Fischen, was vor allem auch etwas einbrachte.
Donnerstag, der 8.8.1918
Diesen Tag und den danach lagen wir vor einem steifen Südost im Hafen, was wir ausnützten, um Tauschgeschäfte zu machen. Butt gegen Lebensmittel. Wir bekamen so viel, dass wir Mühe hatten, unsere eingehandelten Sachen den Weg von Burg bis Burgstaaken an Bord zu bekommen. Es war gut, dass wir meines Vaters Seesack mithatten, wo wir die Brote drin hatten. Dann unsre Spoonkörbe vollgepackt, jeder einen in der Hand, den Seesack in der Mitte, den wir beide trugen. Zwischendurch mussten wir vor Erschöpfung eine Pause einlegen, eher wir mit der ganzen Packelage an Bord waren. Fett und Fleisch war auch jede Menge dabei - wir brauchten wirklich nicht zu hungern. An Bord gab es jeden Tag, wenn wir auf See waren, gekochten Butt. Gleich vom ersten Drift die besten 12 Stück ausgesucht, zurechtgemacht und gekocht, mit Soße vom Fischwasser mit Zwiebeln und Porree durchgekocht, mit Mehl sämig gemacht und mit viel krauser Petersilie drübergestreut. Vier Stück pro Mann wurden jeden Mittag verzehrt. Kartoffeln hatten wir auch genug. Es gab auch mal Fischsuppe mit viel Gemüse drin und faustgroßen Klößen dazu. Schwarzbrot wurde morgens für den ganzen Tag in Scheiben geschnitten und auf unserer blanken Herdplatte geröstet. Brotaufstrich machte Fiete Mumm aus abgerahmter Milch mit Zwiebeln aufgekocht, mit Salz und Pfeffer abgeschmeckt und mit Mehl angedickt. Dieser Butterersatz, wenn er kalt war, schmeckte herrlich auf geröstetem Schwarzbrot. Abends gab es geräucherte oder saure Fische dazu. Mal Butt, mal Hai, aber auch mal Heringe, die wir uns von Schwemm holten. Die Tage, die wir wegen Schlechtwetter im Hafen verbringen mussten, gab es zur Abwechslung mal Gemüsesuppe mit Wurzeln, Sellerie, Porree, Weißkohl und Petersilienwurzel. Dazu Kartoffeln, aber kein Fleisch. Es schmeckte uns wunderbar. So wurden wir jeden Tag satt, das war für uns die Hauptsache. Gingen wir abends mal an Land, gab es einen Nachtisch von Kaffe und Torte dazu.
Der Südost flaute am 9. des Nachmittags mehr und mehr ab.
Sonnabend, der 10.8.1918 (mein Geburtstag)
Bei gutem Wetter liefen wir um 5:00 Uhr morgens auf unserem alten Kurs, bis unsere Landmarken übereinstimmten. Eben vor 6:00 Uhr setzten wir auf 21 Metern aus. Wir waren gespannt auf den Fang, da auf den Fangplätzen bei uns zu Hause die ersten Tage nach Ostwind der Fang an Butt meistens sehr schlecht ausfiel.
Der erste Drift brachte 14 Stieg Butt, einen Steinbutt und 12 Pfund Platen. Es waren 6 Stieg weniger als bei unserem ersten Drift vor dem Ostwind. Wir setzten nochmals über denselben Bug auf Süd-Südwest aus, nach unserem Weedt zu. Dieser Drift brachte 15½ Stieg Butt, 2 Steinbutt zu 4 und 6 Pfund und 19 Pfund Platen. Der 3. Drift lief nach Westen an der Steinkante entlang ins Loch hinein, bis die Landmarken übereinstimmten. Nach 1¼ Stunden holten wir auf 20 Metern auf mit einem Fang von 19 Stieg Butt, 2 Steinbutt von 4 Pfund und 27 Pfund Platen. Auf dieser Strecke längs dem Steingrund machten wir noch 4 Drifts hin und her mit Drifts von 17-19 Stieg, 4 Steinbutt und 24-27 Pfund Platen. Wir liefen um 15:30 Uhr nach Burgstaaken zu. Im Osten von uns hatten wir vier Boote mit Segeln soeben ausmachen können. Wir waren kurz vor 17:00 Uhr im Hafen. Unser Fang war sortiert und in Kisten eingewogen. Es waren 1.610 Pfund Butt (1.305 I, 230 II, 75 III). Dazu 28 Pfund Steinbutt und 179 Pfund Platen.
Das Löschen ging schnell vonstatten, es halfen uns ein paar von den Marinefischers. Sie hatten gefragt, ob sie die Kiste mit den kleinen Butt bekommen könnten. Wir gaben ihnen die Kiste mit Sorte III. Seitdem haben einige der Marinefischers, wenn sie im Hafen waren, stets beim Löschen geholfen. Es war für uns eine Erleichterung, denn die Kisten mit 80 Pfund waren doch ziemlich schwer. Unser Fang wurde gleich zur Bahnhaltestelle befördert. Fiete Mumm und ich gingen rechtzeitig nach „Café Ehlers”, um eine Geburtstagstorte zu vernaschen. Frau Ehlers fragte, ob sie sich bei uns mal gute Steinbutt bestellen könnte zu Mittwochabend, denn Donnerstagabend habe sie jede Woche einmal mit den verschiedenen Gästen aus Burg und Umgebung
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eine Veranstaltung mit warmem Essen. Auch gute Goldbutt für sich selbst zum Braten seien ihr willkommen. Wir sagten, sie könne nur bestellen, dann würden die Butt frisch vom Fang des Abends raufgebracht. Sie bestellte zu Mittwoch vier Steinbutt zu vier Pfund das Stück.
So fischten wir Tag für Tag, bis auf die fünf Tage, als schlechtes Wetter war. Immer mit ungefähr den gleichen Tagesfängen auf demselben Fanggebiet, bis zum Montag, den 26. August. Wir hatten in dieser Zeit 21 Fangtage gemacht, mit einem Gesamtertrag an Goldbutt von 28.000 Pfund, die wir bei Schwemm abgeliefert hatten. Dazu bei 450 Pfund Steinbutt und gut 4.000 Pfund Platen sowie 25 Haie.
Dienstag, der 27.8.1918
Morgens um 5:00 Uhr liefen wir aus. Wir hatten mit Schwemm besprochen, dass wir vom Fangplatz gleich nach Eckernförde zurückliefen, und den 2. oder 3. September wiederkommen würden. Wir wollten vor allem reine Wäsche sowie unsere Fettmarken für September holen, aber auch unseren Bestand an Lebensmitteln, welchen wir uns zusammengehandelt hatten, zu Hause abliefern: Brot, Brotmarken, Weizen- und Roggenmehl, Gersten und Hafergrütze, drei große Kisten voll Kohl, Wurzeln, Sellerie, Petersilienwurzeln und Porree, 30 Pfund geräucherte Goldbutt und sechs geräucherte Haie hatten wir an Bord.
Um kurz vor 6:00 Uhr setzten wir auf dem Fangplatz aus, machten sieben Drifts bis 18:00 Uhr, liefen dann durch den Fehmarnsund nach Eckernförde zu, mit einem Fang von rund 100 Stieg Goldbutt in der Bünn. Eben nach Mitternacht waren wir im Hafen. Wir löschten gleich 1.000 Pfund in Kisten abgewogenen Goldbutt, um den Rest am nächsten Morgen zu löschen, denn mit dem gesamten Fang in der Bünn bis zum Morgen, hätten es die Goldbutt nicht lebend überstanden. Was noch in der Bünn war, verteilten wir gleichmäßig.
Um 1:30 Uhr ging mein Vater nach Hause, Mumm und ich legten uns in die Koje.
Mittwoch, der 28.8.1918
Um 5:00 Uhr waren wir aufgestanden. Nachdem wir Kaffe getrunken hatten, fingen wir an, unseren restlichen Fang zu löschen, von dem wir 1½ Stieg pro Mann als Essbutt aussortierten. Wir lieferten noch 440 Pfund Butt in Kisten ab, 50 Pfund verkauften wir an private Frühaufsteher, die uns um eine Mahlzeit baten. 23 Pfund Steinbutt und 176 Pfund Platen lieferten wir mit ab.
Es kamen mittlerweile einige neugierige Kollegen zum Hafen. Der eine wollte dies, der andere wollte das von uns wissen. Einer meinte sogar, verhungert sähen wir ja nicht gerade aus. „Nein”, sagte Fiete Mumm, „im Gegenteil! Wir haben jeder 10 Pfund zugenommen!”
„Gab es denn da etwas zu kaufen an Lebensmitteln?”
„Nein, genauso wenig wie hier. Alles auf Marken.”
„Wovon habt ihr denn bloß gelebt?”
„Wenn schlechtes Wetter war, sind wir mit Butt und Petroleum zum Handeln gewesen nach Burg, da haben wir so viel zusammengehandelt, dass wir Mühe hatten, es von dort an Bord zu schleppen. Bloß Fleisch und Fett war dort nicht zu bekommen.”
Sie schüttelten mit dem Kopf und meinten, unter solchen Verhältnissen würden sie doch lieber zu Hause bleiben wollen. Die Kernfrage war, was wir dort denn eigentlich gefangen hätten. Als mein Vater und Mumm erzählten, dass sie keinen Tag unter 100 Stieg Butt gefangen hätten und zwar von der Klasse, die wir heute abgeliefert hätten, da meinten doch einige Kollegen, wir spinnten und würden ihnen etwas vormachen wollen. Sie würden sich nicht von uns nach Fehmarn locken lassen und zweifelten, dass wir überhaupt wieder hinführen.
Wir brachten erst mal unsere Essbutt nach Hause, wollten anschließend mit unserm Blockwagen unsere Sachen, die wir mitgebracht hatten, nach Hause bringen. Als wir wieder am Hafen waren, ging die Fragerei von vorne los. Einige stiegen an Bord, sie fragten nach Abrechnungen. Fiete Mumm sagte: „Was habt ihr mit unseren Belegen zu tun? Aber gut, ich will euch mal ein paar zeigen, dass ihr beruhigt seid und uns in Ruhe lasst.” Als Fiete Mumm den ganzen Stapel von 21 Stück zur Hand nahm, zeigte er aus dem Dutt heraus drei oder vier der Abrechnungen, die von Hand zu Hand gereicht wurden. Keiner sagte mehr ein Wort
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Nachdem wir die Sachen aufgeteilt hatten, brachten wir sie nach Haus. Wir wollten gegen 17:00 Uhr wieder mit dem Blockwagen am Boot sein, um unser Gemüse nach Hause zu holen.
Wir gönnten uns erst mal vier Tage Ruhe. So rüsteten wir, als es mit unseren Fettmarken für September in Ordnung ging, uns wieder für die Reise am 3. September. Einige Kollegen konnten es nicht begreifen, dass wir tatsächlich wieder nach Fehmarn wollten. Ich habe hier mit dem Bericht für den Monat August einen Beleg dafür abgeben, wie sich unsere Fischerei nach Goldbutt dort gestaltet hat: mit sehr großem Erfolg.
Wir fischten auf diesem Fanggebiet südlich von Fehmarn bis zum Dezember 1918, mit Unterbrechungen für jeden Monat, in welchen wir nach Eckernförde fuhren, um frische Wäsche zu holen, die Lebensmittelmarken abzuholen und um Lebensmittel nach Hause zu bringen.
In meinen Tagebüchern habe ich jeden Tag, den wir vor Fehmarn mit der Goldbuttfischerei verbrachten, im Beisein meines Vaters und unserem Macker Fiete Mumm des Abends niedergeschrieben.
Ich werde hier besondere Tagesereignisse, wie auch unsere monatlichen Fangergebnisse, berichten.
Ich möchte hier nur vorbemerken, dass sich unsere Goldbuttfischerei in den folgenden Monaten noch weit vergrößert hatte.
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Dienstag, der 3.9.1918
Um 21:00 Uhr liefen wir wieder aus nach Fehmarn mit Nordwest 2-3. Eine gute Gelegenheit, aber von den Kollegen hatte keiner den Mut, mitzufahren.
Mittwoch, der 4.9.1918
Um 5:00 Uhr waren wir auf unserem Fangplatz und setzten aus. Im ersten Drift hatten wir 8 Stieg Butt, 1 Steinbutt und 18 Pfund Platen. Wir wunderten uns, denn den letzten Drift, kurz bevor wir nach Hause fuhren, hatten wir noch 15 Stieg. Wir setzten noch mal über denselben Bug aus und hatten 12 Stieg Butt, 2 Steinbutt, 1 Hai und 33 Pfund Platen. So setzten wir nochmal auf demselben Kurs aus, wurden nach einer ¾stunde fest an der Steinkante, die sich nach unserer Karte wie eine Zunge vom Sagers-Bank ab weit nach Osten ausstreckte. Der Drift brachte wieder 12 Stieg, aber große Butt, 3 große Steinbutt zu 7 Pfund das Stück und 23 Pfund Platen. Wir setzten hier an der Steinkante auf 20½ Meter aus, mit unserem Weedt als Anhaltspunkt.
Von hier setzten wir auf Westkurs längst der Steinkante nach Karte und Lot und einigen Landmarken aus, bis wir in eine größere Einbuchtung, 21½ und 22 Metern Wassertiefe uns hineinfischten. Es gelang uns, ins Loch hereinzukommen und ließen den Drift so lange gehen, bis wir an der Westseite den Steingrund erreichten. Nach 1½ Stunden loteten wir 19½ Meter mit steinigem Grund und holten auf. Dieser Drift brachte 21 Stieg der großen Goldbutt von 17 Pfund Stieggewicht, 6 Steinbutt von 5-7 Pfund und 28 Pfund große Platen. Wir mussten drei große Quäste übernehmen.
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Nachdem der Fang an Bord war, setzten wir auf Gegenkurs wieder aus, nach anderthalb Stunden passierten wir unseren Weedt 100 Meter ab an Steuerbord. Wir holten gleich danach auf, mit einem Fang von 4 Quästen. Es waren 24 Stieg der großen Butt. 4 Steinbutt von 5-7 Pfund und einer von 9 Pfund, 3 Haie, 4 große Knurrhähne und 30 Pfund Platen. Es war ein sehr guter Drift. Auf diesem Gebiet machten wir noch drei Drifts mit 22, 14 und 23½ Stieg Butt. Die drei Drifts brachten noch 8 Steinbutt, 4 Haie, 5 Knurrhähne und 86 Pfund Platen. So hatten wir trotz des miesen Anfangs 116 Stieg große Butt, 21 Steinbutt 7 Haie, 9 Knurrhähne und 192 Pfund Platen. Andere Schleppnetzfischer hatten wir nicht gesehen, nur einige Buttnetzfischer im Nordwesten in 1½-2 Seemeilen Abstand. Da wir keine Kisten an Bord hatten, mussten wir den Fang im Hafen sortieren und in Kisten einwiegen. Schwemms Arbeitsmann hatte uns einlaufen sehen und Kisten und Waage bereitgestellt. Es waren viele Zuschauer dort, die es sich ansahen. Es war unser bisher größter Fang. An Butt 1.900 Pfund (1.050 I, 200 II, 50 III). Die Steinbutt ließen wir lebendig im Bünnnetz, wie auch Haie und Knurrhähne, denn Schwemm wollte sie im Ort verkaufen. Er freute sich, dass wir wieder da waren - und gleich mit einem Fang von allerbester Qualität!
Nachdem wir den Fang gelöscht hatten, kamen mehrere von den Marinefischers bei uns an Bord und fragten, wo wir gefischt hatten. Mein Vater erklärte, dass wir scharf an der Steinkante gefischt hätten, aber ohne Motor dort keiner fischen könne. Mein Vater zeigte es auf der Seekarte, dass sie Südost ab, ruhig auch mit Segeln fischen konnten, da dort reiner Grund war. Er sagte noch einige markante Landmarken, wo wir die letzte Woche, ehe wir nach Hause fuhren, noch 100 Stieg sehr gute Ware gefangen hatten.
Abends brachte ich noch drei ausgesuchte Steinbutt zu Frau Ehlers, sie freute sich. Wir legten uns alle drei rechtzeitig zur Koje.
Donnerstag, der 5.9.1918
Morgens 5:00 Uhr liefen wir mit 12 Booten der Marinefischers im Schlepp aus, bei Süd-Südwest 2-3. Als wir mit allen Booten aus dem Fahrwasser raus waren, machten sich die Boote eines nach dem anderen los und setzten Segel. Und liefen nach Südosten ab. Vier Boote liefen weiter auf unserem Kurs, wie auch ein Travemünder. Zwei Traveboote gingen auf Südostkurs. Die 4 Boote der Marinefischers setzten ihr Geschirr aus, als sie die Landmarken von Fehmarn und vom Festland hin hatten, wir liefen noch weiter ab, bis wir ungefähr einen Drift von unserem Weedt ab waren, setzten dann nach dem Weedt zu aus. Der Travemünder hatte schon lange vorher ausgesetzt. Ihm war wohl die Zeit zu lang geworden. Nachdem wir eine halbe Stunde gefischt hatten, sichteten wir unseren Weedt. Nach 25 Minuten holten wir beim Weedt auf, mit 12 Stieg Butt, 1 Steinbutt, 2 Haien und 22 Platen. Wir setzten dann wieder längst der Steinkante aus, wieder ins Loch nach den Landmarken zu, bis wir an der Westkante vom Steingrund waren. Nach anderthalb Stunden holten wir auf. Der Drift brachte uns einen großen Fang, wir mussten 5 Quäste übernehmen. Es war ein Drift mit 27 Stieg der großen Goldbutt, 5 Steinbutt von 5-8 Pfund, 1 Hai, 6 große Knurrhähne und 1 Zentner große Platen. So viel Platen hatten wir noch nie mitgefangen. Mein Vater meinte, wenn die Platen in großen Mengen auftreten, ist es mit der Goldbuttfischerei bald vorbei. Denn nach alter Erfahrung ist es auf allen Fangplätzen so gewesen (später wussten wir, er sollte recht behalten). Wir machten noch drei Drifts mit 24-26 Stieg der großen Goldbutt und 3-4 Steinbutt im Drift. Doch die Platen wurden immer etwas mehr, den letzten Drift hatten wir nur noch 11 Stieg Butt, aber 1½ Zentner Platen. Für heute war es noch ein großer Fang von 125 Stieg Goldbutt und 16 Steinbutt und über 600 Pfund Platen. Von den Marinefischers, wie auch der von Travemünde, hatten sich zu uns herangefischt.
Um 5:00 Uhr morgens waren wir im Hafen und löschten einen Fang von 2.125 Pfund Butt(1.750 I, 300 II, 85 III) und 104 Pfund Steinbutt, 6 Haie, 32 Pfund Knurrhähne und 642 Pfund Platen. Wir hatten gar nicht genug Kisten an Bord, mussten für die Platen noch welche zuholen. Es war ein noch größerer Fang als gestern.
Der ganze Fang wurde gleich zur Haltestelle verfrachtet, bis auf einen Teil der Steinbutt, die Schwemm behalten wollte. Von den Travemündern war nur der mit eingelaufen, der mit uns ausgelaufen war, wie auch die vier Marinefischer, die hier im Hafen um 20:00 Uhr einliefen. Die acht weiteren Boote der Marinefischer hatten sich auf die Reise nach Kiel gemacht, wie auch die beiden Travemünder nach Hause gelaufen waren. Die vier Marinefischer hatten jeder 12 Zentner Butt und der Travemünder 14 Zentner Butt bei Schwemm abgeliefert.
Wir blieben beim Löschen unseres Fanges unentdeckt.
Nachts um 23:30 Uhr gab es ein fürchterliches Gewitter mit viel Wind und Regen. Es dauerte über 1½ Stunden. Aber der Wind blieb.
Freitag, der 6.9.1918
Es wehte ein harter Wind aus West mit 6-7. Wir blieben im Hafen. Ich machte eine Hafentour über Land und kam um halb vier mit einem Packen mit allem, was wir brauchten, wieder an Bord. Ich hatte Glück: Ein Bauer mit seinem Fuhrwerk wollte nach Köllns-Mühle in Burgstaaken. Er nahm mich auf dem Rückweg von Niendorf mit. So brauchte ich nur von der Mühle 40 Meter bis zu unserem Boot zu gehen. Unterwegs hatte ich noch mit dem Bauern ein gutes Geschäft gemacht. Ich hatte ihm von einem acht Pfund schweren Steinbutt erzählt und von reinem Petroleum gesprochen. Da fragte er mit einmal, was dann sowas kosten würde, ich sagte: Für einen Zentner Weizen bekäme er 20 Liter Pretroleum und einen großen Steinbutt. Er meinte, das wäre nicht recht genug. ich erklärte ihm: Mehr sei da nicht zu machen, bei den Preisen, die man derzeit für Petroleum erzielen konnte. Nach längerer Überlegung sagte er dann zu.
Ich sagte ihm, wenn er eine halbe Stunde warten könne, würde ich ihm den Steinbutt gleich bringen, aber für das Petroleum müsse er sich eine Karre besorgen. Das wollte er dann auch sogleich tun, wenn er den Steinbutt gleich mitbekam. So brachte er am Abend den Weizen und auch eine Kanne für das Petroleum mit. Die konnte ich dann ja voll machen. Dann kommt alles in Ordnung, sagte ich zu ihm. Ich brachte den Steinbutt und ein Stieg mittlere Goldbutt zum Wagen. Ich sah wie er sich freute über die lebenden Fische. „Ich bin in zwei Stunden wieder hier.” Ich zeigte ihm, wo wir lagen. So sprachen wir mit Schwemm über den Weizen. Er stellte uns seinen Boden zur Verfügung, denn wir konnten den Weizen doch nicht an Bord haben, bis wir wieder nach Hause fuhren.
Der Bauer hielt sein Wort, er kam mit dem Weizen, brachte es selbst bei Schwemm auf den Boden. Ich füllte in der Zeit seine Kanne mit Petroleum. Er freute sich, denn Petroleum war sehr knapp, und im Winter für Wohnung und Ställe würde viel gebraucht. Er meinte, dass wir vielleicht ja noch mal ein Geschäft machen könnten. Ich sagte ja, das sei möglich.
Der Nordwest hielt auch den nächsten Tag noch an. Es lagen auch sechs Traveboote im Hafen. Diese Tage hatte ich Gelegenheit, mich bei den Marinefischern umzuhören, ob sie Tauwerk zu verkaufen hatten. Aus Hanf oder Manilla. Ich wollte es für Heringsnetze als Unter- und Oberdelle benutzen.
Es war mir einerlei, ob geteert oder ungeteert, oder auch Tauwerk, was ich mir umschlagen lassen konnte. Ich hatte viel Glück. Ich konnte mir allerlei Tauwerk für Oberdellen ankaufen. Mein Vater schimpfte, was ich mit all dem Tauwerk wolle. Des Abends kam noch einer von den Marinefischern zu mir und wollte mir eine Rolle von 200 Metern und 4 Zentimetern Durchmesser geteerte Manillatrosse verkaufen. Er sagte, die hätte er nicht an Bord, sondern beim alten Reepschläger Schimmelpfennig in Burg gelagert. Er sollte die Trosse für ihn verkaufen. Wenn ich Interesse hätte, könnte ich nach Burg gehen und mir die Trosse ansehen. Ich fragte, was die Trosse denn kosten solle. Er meinte, wenn ich sie gebrauchen könne, solle ich ihm man Bescheid sagen, dann würden sich wohl alle einig.
Sonnabend, der 7.9.1918
Heute morgen wehte ein stürmischer Südwest mit Regen. Am Nachmittag klarte es auf, da ich Fiete Mumm vom Trossenhandel unterrichtet hatte, war er bereit, mit mir zum Reepschläger zu gehen. Da wir schon ein paar Mal bei ihm eingekauft hatten und er uns kannte, war er gleich bereit, uns die Trosse zu zeigen. Er erklärte uns, dass die Trosse aus sehr gutem Friedensmaterial bestehe, da sie mit echtem Schwedenteer eingekocht sei, was es den ganzen Krieg nicht mehr gegeben habe. Er meinte, wenn wir es gebrauchen könnten, sollten wir es ruhig kaufen.
Die Trosse gefiel uns. Fiete Mumm fragte Schimmelpfennig, ob er uns die Trosse umschlagen könne zur Ober- und Unterdelle für Heringsnetze. Er sagte, das könne er machen, so zeigte er uns anschließend die verschiedenen Tauwerkmuster. Wir zeigten, welche für uns brauchbar und richtig seien, so fragten wir ihm nach den Wert der Trosse. Er sagte, der Fischer, für den er die Trosse verkaufen solle, wolle 120 Mark dafür haben. Die Trosse habe schon 3-4 Monate hier bei ihm gelagert. Er habe für die Bauern Strengen und Seile daraus machen wollen, sie aber nichts davon haben wollen, weil sie geteert sei. Wir fragten noch wie teuer das Umschlagen käme, er meinte, es käme nicht so teuer. Das könne er erst berechnen, wenn er damit fertig sei, und da müsse er 10-12 Tage gebrauchen. Wir waren einverstanden und sagten, er könne ruhig anfangen, denn die Trosse würden wir auf jeden Fall kaufen. So gingen wir nach Burgstaaken zurück. Ich ging gleich zum Marinefischer hin, um mit ihm über den Preis zu sprechen. Es klappte gut. Wenn ich sie gebrauchen könne, solle ich die Trosse für 100 Mark haben. Die bezahlte ich ihm gleich. Er fragte noch, was ich mit der Trosse wolle und vorhatte. Ich erklärte, dass sie zu Oberdellen für Heringsnetze umgeschlagen würde. Er meinte, da habe er nicht einmal dran gedacht.
Sonntag, der 8.9.1918
Es wehte noch ein starker Westnordwest 6-7. Zum Fischen war es keine Witterung.
Montag, der 9.9.1918
Heute Nacht hatte sich das Wetter gebessert. Der Wind hatte abgeflaut auf 3-4. So liefen wir um 5:00 Uhr zum Fang aus, mit uns noch drei Traveboote. Die Marinefischers blieben alle im Hafen. Sie trauten dem Wetter noch nicht. Die Traveboote liefen Südost ab und wir Süd-Südost. Gleich, nachdem wir den steinigen Landgrund passiert hatten, setzten wir auf Südkurs aus, dem Fangplatz zu, auf dem wir vor dem Sturm so gut gefangen hatten.
Im ersten Drift hatten wir 5 Stieg Butt und 1 Zentner Platen. Wir setzten nochmal über denselben Bug aus. Dieser Drift brachte 4½ Stieg Butt und wieder 1 Zentner Platen. Da sich die Luft aufklarte und das Wetter besserte, suchten wir nun nach unserem Weedt. Nach kürzester Zeit fanden wir es, setzten von dort aus auf Westkurs längs der Steinkannte aus. Hier erlebten wir wieder eine Enttäuschung. Der Drift brachte nur 1½ Stieg Butt und 1½ Zentner Platen. Die Butt waren auch bedeutend kleiner als die Butt, die wir vor dem Sturm gefangen hatten. So entschlossen wir uns, nach einem neuen Fangplatz zu suchen.
Die drei Traveboote konnten wir an ihren Segeln ausmachen. Sie standen wohl 3 Drifts östlich von uns. Wir wollten erst dort hinlaufen, hatten aber auch schon immer davon gesprochen, dass man auch auf der anderen Seite von dem weit nach Osten sich hinstreckenden Steingrund fischen könnte, liefen dort hin und setzten auf 22 Metern auf West-Südwest aus. Dieser Drift brachte wider unser Erwarten 14 Stieg der großen Goldbutt, von der Sorte, die wir die letzte Zeit gefangen hatten. An Platen waren es nur 14 Pfund. So setzten wir den nächsten Drift auf Westkurs direkt auf Dahmeshöft zu aus, hatten diesen Drift 15 Stieg der großen Butt, setzten auf Gegenkurs zurück und hatten wieder 15 Stieg. Wir machten noch einen Drift auf Dahmeshöft zu, da es nach Burgstaaken abzulaufen zu spät war, beschlossen wir, unter Land von Dahme vor Anker zu gehen und morgen früh hier wieder auszusetzen. Deshalb setzten wir unser Weedt an die Aufholstelle vom letzten Drift, um morgen einen Anhaltspunkt zu haben. Der allerletzte Drift brachte uns 19 Stieg der großen Goldbutt, nachdem wir anderthalb Stunden gefischt hatten. Nach Burgstaaken wären es zwei Stunden und nach Land zu eine halbe Stunde. Wo wir dann auch vor Anker gingen.
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Dienstag, der 10.9.1918
Wir liefen morgens rechtzeitig zum Fangplatz ab. Es war sehr gutes Wetter. Dann liefen wir direkt auf unseren Weedt zu, setzten von dort nach Osten zu aus, machten einen Drift von anderthalb Stunden und hatten gute 20 Stieg der großen Butt. Wir machten auf diesem Fangplatz noch vier Drifts. Jeder brachte bei 20 Stieg. Dann schieden wir aus und liefen mit unserem Fang von 160 Stieg Butt in der Bünn mach Burgstaaken, wo wir um 16:30 Uhr ankamen. Wir löschten 2.700 Pfund Goldbutt (2300 I, 350 II, 50 III), 5 Zentner Platen vom Tag vorher und auch 42 Pfund Steinbutt. Es war ein ganz großer Fang, wenn auch in zwei Tagen. Diesmal waren wir aber nicht unentdeckt geblieben. Ein Traveboot hatte uns gesehen, als es von zu Hause nach Burgstaaken lief. Wir hatten das Boot auch gesehen. Es war ein kleineres Fahrzeug mit gesetzten Segeln. Es war, wie sich herausstellte, Hans Kelling gewesen. Er sah sich auch beim Löschen unseren Fang an und sagte, dass hätten wir sein müssen da querab von Dahme. Wir sagten ja, wir seien dort gewesen. Schwemm war natürlich des Lobes voll über unseren großen Fang und diese Güte.
Mittwoch, der 11.9.1918
Um 3:30 Uhr liefen wir mit 5 Travebooten gemeinsam aus. Als wir dem Fangplatz näherkamen, sahen wir noch vier Boote von Travemünde kommend, die dem Fangplatz zuliefen. Die Travemünder hatten höchstwahrscheinlich nach Hause telefoniert. So waren wir mit 10 Booten auf dem Fangplatz. Nachmittags machte es sich schon am Fang bemerkbar, weil alle Boote in einem Strich fischten, da die meisten Butt an der Steinkante zu fangen waren. Bis zum Mittag hatten wir noch immer 18-20 Stieg im Drift, nachmittags ließ der Fang bis auf 14 Stieg im Drift nach. Wir fischten bis 15:00 Uhr und liefen dann mit gut 100 Stieg der großen Butt nach Burgstaaken. Die Traveboote fischten noch weiter und alle waren mit ihren Fängen nach Travemünde gelaufen. Wir löschten unseren Fang von 1.800 Pfund Butt (1474 I, 250 II, 34 III), 34 Pfund Steinbutt und 76 Pfund Platen. Es war ein guter Fang für uns gewesen.
Donnerstag, der 12.9.1918
Morgens um halb vier liefen wir schon wieder aus. Wir fingen schon einen Drift früher an, und das war gut so, denn hier hatte gestern keiner gefischt. Wir hatten den 1. Drift 21 Stieg Butt, setzten gleich auf Gegenkurs wieder aus. Den ganzen Tag haben wir nirgendwo ein Boot ausmachen können. Wir fischten auf dieser Strecke 5 Drifts hin und her und liefen um eben nach 15:00 Uhr mit 105 Stieg Butt nach Burgstaaken und löschten 1.540 I, 300 II, 50 III, 45 Pfund Steinbutt und 32 Pfund Platen. Des Nachts kam ein Gewitter über Fehmarn hinweg von Nordosten her mit einem Kuhsturm aus dieser Ecke.
Freitag, der 13.9.1918
Es wehte steif aus Nordost 6-7, das Wasser war über 3 Meter aufgelaufen. So blieben wir im Hafen und wollten einkaufen gehen, natürlich Ware gegen Ware. Eben nach Mittag war ich mit einem guten Packen wieder an Bord. Der Wind war plötzlich wieder abgeflaut. Wir wollten erst noch auslaufen, wurden uns aber einig, dass es keinen Zweck mehr hatte und blieben im Hafen.
Sonnabend, der 14.9.1918
Rechtzeitig ging es wieder los zum Fangplatz querab von Dahme, von weitem sahen wir, dass die Boote, es waren sechs aus Travemünde kommend, anscheinend schon weiter südwestlich ausgesetzt hatten. Unsererseits setzten wir dort aus, wo wir die letzte Tour gefischt hatten. Im ersten Drift hatten wir 6 Stieg. Den 2. Drift setzten wir auf Westkurs längst der Steinkante und fischten 1½ Stunden, bis wir bei unserem Weedt waren, den wir gleich aufnahmen. Der Drift brachte 8 Stieg Butt und einen großen Steinbutt von 3 Pfund. Anscheinend war bei den Travebooten der erste Drift auch nicht ergiebig gewesen, denn sie hatten alle noch mal über demselben Bug ausgesetzt. Wir fischten auf Ostkurs. Der zweite Drift der Traveboote hatte sich anscheinend auch nicht gelohnt. Zwei Boote kamen auf uns zu und die anderen vier Boote liefen auf Nordostkurs an uns vorbei. Die beiden Travemünder, die mit uns sprachen, hatten 4 und 5 Stieg in den ersten beiden Drifts gehabt. Wir sagten, dass wir es auch so gehabt hatten. Wir fragten, was sie den Tag, als sie mit uns hier zusammen waren, gefangen hätten. Sie sagten die hätten 90-100 Stieg aufs Boot gehabt. Wir sagten, dass wir den nächsten Tag bis 15:00 Uhr noch 105 Stieg gehabt hatten, die Travemünder waren der Meinung, dass der Nordost die Butt verjagt hätte. Wir fragten, wo ihre Kameraden denn hinwollten. Sie sagten, Ost-Südost von Staaken ab, hätten sie die letzte Zeit ganz gut gefangen. Doch die Butt seien klein, wögen 10-11 Pfund das Stieg. Denn solche Ware wie sie die letzte Reise hier gehabt hätten, hätten sie den ganzen Sommser nicht gefangen. Sie fragten, wo wir denn hinwollen würden, wir sagten, dass wir uns längst der Steinkante allmälich wieder nach Fehmarn zufischen würden. Die beiden Traveboote verabschiedeten sich und liefen ihren Kameraden hinterher.
Als wir anderthalb Stunden gefischt hatten, holten wir auf. Der Drift brachte 6½ Stieg Butt, 2 Steinbutt von 4 und 5 Pfund. Wir besprachen uns, was wir sollten, denn es waren ja immer noch 1 Zentner der großen Butt im Drift, womöglich nach ein paar Tagen würde es hier wieder besser werden. Wir liefen aber doch über den Steingrund nach Norden zu, bis unsere Landmarken nördlich der Steine stimmten. Dann setzten wir nach Norden zu aus. So fischten wir anderthalb Stunden und hatten 12 Stieg Butt, die aber nicht so groß waren wie die letzten Fänge. Wir sezten auf Gegenkurs etwas mehr nach den Steinen zu aus, wurden bei einer Stunde fest. Diesen Drift hatten wir 10 Stieg, aber das war das Merkwürdige, dass wie auch beim ersten Drift vorher keine Platen mehr da waren. Dafür aber zwei Haie, die wir schon lange nicht mehr gefangen hatten. Wir liefen etwas von den Steinen ab, setzten dann nach Nordosten zu aus, um etwas später auf Nordkurs zu fischen. Diesen Drift hatten wir 11 Stieg Butt, 2 Steinbutt zu 3 und 5 Pfund. Den nächsten Drift setzten wir nach Nordosten zu aus. Dies brachte 10 Stieg Butt, 2 Steinbutt zu 5 und 7 Pfund und 3 Haie. So setzten wir noch mal über denselben Bug aus, wollten bis an den Steingrund von Fehmarn uns heranfischen, nach anderthalb Stunden hatten wir fest. Beim Aufholen sprang die Leine wieder los. Dieser Drift brachte uns 16 Stieg Butt, 4 Steinbutt zu 4-5 Pfund, einer zu 8 Pfund. Es war, als wenn die Goldbutt nach dem Nordost mehr zur Fehmarn-Küste gewandert waren, denn es war dieselbe Rasse, wie wir sie vor acht Tagen nördlich des Steingrund gefangen hatten. Auch die Steinbutt waren im selben Verhältnis. Unser Fang heute war der kümmerlichste an einem Tag. Es waren gut 1.300 Pfund (945 I, 250 II, 95 III), 53 Pfund Steinbutt und 37 Pfund Platen.
Sonntag, der 15.9.1918
Morgens um halb 6 liefen wir aus. Von den Travebooten war gestern keines im Hafen eingelaufen, nur 2 Marinefischerboote, die einen Motor hatten und aus Stolpmünde stammten. Sie waren Vorgesternnacht erst von Kiel gekommen und hatten gestern Abend bei Schwemm 10-12 Zentner Butt abgeliefert. Diese beiden Boote waren heute morgen schon vor 5:00 Uhr mit zehn Segelbooten im Schlepp zum Fangplatz ausgelaufen. Wir nahmen auch noch 4 Boote in Schlepp mit raus. Das Wetter war gut mit 2-3 aus Westen, somit auch gute Gelegenheit für die Segelfischer. Als wir frei vom steinigen Landgrund waren, setzten wir auf 20½ Metern auf Südkurs aus und fischten dort 7-8 Stieg im Drift. Das war bedeutend weniger als gestern. Am Nachmittag machten wir einen Drift auf Ost-Nordost-Kurs. Da sahen wir zwei Boote von Staberhuk herkommen. Ungefähr eine Seemeile von Land ab, mit Kurs auf die Einfahrt nach Burgstaaken ganz langsam zulaufen. Beide Boote blieben 300-400 Meter querab voneinander. Es schien uns, als ob das erste Boot etwas hinter sich herschleppte. Die beiden Boote standen ungefähr zwei Seemeilen von uns ab - da erfolgte eine ungeheure Explosion mit einer hohen Wassersäule über der Stelle, die wohl ein paar hundert Meter hinter dem innersten Boot lag. Mein Vater sagte gleich: da ist eine Mine hochgegangen. Wir sahen, wie das südlich stehende Boot zum anderen Boot hinlief. Wir stoppten unseren Drift ab, steckten eine Boje und einen Weedt auf unser Geschirr und liefen mit voller Fahrt zur Unfallstelle. Das eine Boot ging bei dem andern Boot längsseits, also musste etwas passiert sein. Als wir ankamen, gingen wir ebenfalls gleich längsseits. Es war höchste Zeit, da das Boot von Fiete Beek aus Burgstaaken schon ziemlich viel Wasser zu sich genommen hatte und es Zeit war, es zu unterfangen. Es gelang uns, da kein Seegang war, mit unserer Ankerkette das Boot vorne und achtern aufzufangen und versuchten, mit dem Boot zur Einfahrt von Burgstaaken zu kommen. Mit fünf Mann waren wir dabei, das eindringende Wasser auszuschöpfen. Es gelang uns, das Wasser langsam zu lenzen. So stoppten wir mehrmals ab, um die Ankerkette mehr und mehr durchzuholen und das Boot so weit zu lenzen, bis zwei Mann genügten, das Wasser konstant zu halten. Bei der Explosion der Mine waren viele Nieten in den Planken gesprungen, was zur Folge hatte, dass das Wasser
S. 155
durch die Lannings ? eindrang. Wäre nicht gleich das Boot von Beeks Vetter, der ihm den ganzen Weg vom Fangplatz unterhalb von Kathrinhof begleitet hatte, längsseits gegangen und wir bei knapp 20 Minuten später dazu gekommen, um das Boot aufzufangen, dann wäre es gesunken, denn am Achtersteven waren auf beiden Seiten zwei Planken vom Steven abgerissen. Als wir mit den drei Booten im Fahrwasser von Burgstaaken einliefen, kam der Lotse Schwemm mit seinem Motorboot uns entgegen. Es bestand aber keine Gefahr mehr.
Nachdem das Boot im Aufslipp lag, liefen wir wieder aus zum Fangplatz, um unser Geschirr einzuholen. Obgleich wir diesen Drift man knapp eine ¾stunde geschleppt hatten, waren doch noch 8 Stieg Butt im Netz. So liefen wir gleich wieder nach Staaken ein. Wir löschten 562 Pfund Butt (396 I, 120 II, 65 III), 18 Pfund Steinbutt und 42 Pfund Platen.
Nach dem Aufslippen des Bootes stellte sich doch heraus, dass das Boot doch mehr Schäden genommen hatte, als erst zu übersehen war. Vom Motor waren 3 Fundamentbolzen abgerissen, der Zylinder des Motors war quer durch gesprungen, ebenso am Achtersteven waren 3 Planken über und eine unter der Wasserlinie abgesprungen. Auch vom anderen Boot, das doch mindestens 300-400 Meter von der Explosionsstelle entfernt gewesen war, sind 3 Planken über Wasser vom Achtersteven abgesprungen. Es war ein großes Glück, dass kein Mensch dabei zu Mallör gekommen und das Boot nicht gesunken war. Fiete Beek bedankte sich immer wieder bei uns für unsere Hilfe, obgleich es doch für uns eine Selbstverständlichkeit war zu helfen, da hier doch ein Seenotfall vorlag.
Montag, der 16.9.1918
Eben nach 5:00 Uhr liefen wir aus, setzten um 6:00 Uhr nach Osten zu aus. Als wir querab von Staberhuk waren, holten wir auf. Der Drift brachte nur 5 Stieg gute Butt. Es war nicht viel - so überlegten wir, auf Gegenkurs oder weiter nach Osten zu fischen. Im Südosten von uns sahen wir 10-12 Boote mit ihren Segeln auf. Es mussten Traveboote sein, denn von den Marinefischers war aus Burgstaaken keiner ausgelaufen.
Die Fänge von gestern hatten die in einzelnen Gruppen fischenden Boote an je einen zur Gruppe gehörigen Boot überladen, um die gemeinsamen Fänge zu ihrem Kommando nach Kiel zu bringen. Wenn die Witterung es zuließ, mussten sie doch einmal in der Woche an ihre Kommandos liefern, aber sonst nahmen sie es nicht so genau mit dem Ausfahren zum Fang. Ab und zu sind sie doch von ihren Kommandos aus unter Druck gesetzt. Es mussten einige Gruppen, die ganz säumig waren, nach Kiel geschleppt werden, aber die Pommerschen Fischerjungs waren sehr clever und wussten sich immer zu rechtfertigen, mit schlechtem Wetter, mit verlorenem Geschirr, zerrissenen Netzen und so weiter. So waren sie dann auch wieder nach einer Woche wieder voll und neu ausgerüstet in Burgstaaken.
Wir setzten den nächsten Drift nach Südosten aus, dorthin, wo die Traveboote fischten, der Drift brachte auch nur 8 Stieg Butt, die aber bedeutend kleiner waren als die vom Drift zuvor, so setzten wir nochmals über denselben Bug aus und kamen mit diesem Drift in die Nähe der Traveboote. Der Drift brachte 15 Stieg mit einem Stieggewicht bei 12 Pfund. Wir liefen noch eine Viertelstunde nach Südosten zu und setzten dann auf nordwestlichen Kurs aus. Diesen Drift machten wir 23 Stieg Butt von derselben Rasse wie den Drift vorher. Wir machten auf der Strecke noch zwei Drifts mit je gut 20 Stieg Butt, liefen dann nach Burgstaaken zu mit 25 Stieg der kleinen Buttrasse. Es war unsere erste Anlandung von überwiegend kleinen Butt, in der gesamten Zeit, während der wir hier fischten. Wir löschten gut 1.100 Pfund Butt (200 I, 400 II, 500 III). Diese Sorte Butt hatten die Travemünder wie auch die Marinefischers die ganze Zeit gefangen und abgeliefert. Und immer auf diesem Fanggebiet gefischt. Wenn man bedenkt, dass auf diesem Gebiet bald Tag für Tag und monatelang mit zehn Booten oder mehr mit Tagesfängen von 100 Stieg im Schnitt gefischt wurde, dazu noch etliche Zentner an untermaßiger Ware, die zentnerweise als Viehfutter angelandet und verkauft wurde für 10 Mark pro Zentner, so mussten ungeheure Mengen an Butt auf diesem großen Fanggebiet vorhanden sein. Wir hatten immer wieder in Gesprächen mit den Travemündern wie auch mit den Marinefischern auf diese untermaßigen Butt für Viehfutter hingewiesen, dass sich so etwas einmal bitter rächen würde. Wenn einige ältere Fischer es auch einsahen, so waren viele aber der Ansicht, so lange noch genug da sei, müsse auch geerntet werden. Eine böse Ansicht. Wir hatten immer darauf hingewiesen, nicht unter 45 mm Maschenweite für Schleppnetze zu nehmen, da das Mindestmaß für Goldbutt bei 23 cm zwischen Kopf und Schwanz gesetzlich war. So hatten wir, wie auch Schwemm, auf den Unterschied zwischen ihrer und unserer angelandeten Ware, wo wir mit 48mm aber meistens mit 50mm Maschenweite unserer Zeesen fischten, auf die Unterschiede hingewiesen. Bei der Ablieferung, als wir zum ersten Mal kleinere Ware angelandet hatten, wies Schwemm wieder auf die unterschiedliche Sortierung hin, zwischen unserer Ware und die von den Travemündern angelandete. Er sagte es den Travemündern direkt auf den Kopf zu: Ein Unterschied wie Tag und Nacht bestehe. Seht her, sagte er, hier ist eine Kiste der Ware III und hier eine Kiste III von euch - seht ihr den Unterschied, oder wollt ihr es nicht sehen?
Als Schwemm danach eine Kiste von unserer Sorte III auf der Zementdiele ausschüttete und noch auseinander ragte ?, da waren doch einige der Travemünder, die sagten, unsere Ware sei sehr gut sortiert gegenüber ihrer Ware. Da sagte Schwemm, das wollte ich bloß wissen. Und dennoch, denkt mal nach: Die Fänge von meinem Freund aus Eckernförde mit der 50-Milimeter-Maschenweite der Zeesen und Eure Fänge mit der weit engeren Maschenweite. Anscheinend waren sie doch ziemlich betroffen, als sie einer nach dem anderen ohne irgendetwas zu sagen den Fischraum von Schwemm verließen.
Dienstag, der 17.9.1918
Um 5:00 Uhr liefen wir heute morgen aus, wollten wieder Ost-Südost ab, der Tag brachte uns 140 Stieg Butt. An Gewicht lieferten wir 1.570 Pfund 320 I, 550 II, 700 III), 18 Pfund Steinbutt und 76 Pfund Platen. Wenn der Fang an Zentnern auch nicht schlecht war, so brachte die Ware im Ort man nur die Hälfte von dem, was wir sonst bekommen hätten.
Als wir in Burgstaaken einliefen, erlebten wir eine große Überraschung. Es lag nämlich Jonni Thies im Hafen. Sie kamen gleich alle drei Mann zu uns an Bord. Sie staunten über unseren Fang, aber Thies sagte gleich, ihr hättet doch immer von großer Ware gesprochen. Wir antworteten, dass es bis auf gestern und heute auch immer so gewesen sei, aber Thies meinte, es sei trotzdem ein beachtlicher Fang. Ich fragte ihn, weshalb Lietz nicht mit sei, ob er krank sei. Ja, sagte er, es wolle immer noch nicht so recht mit seinem Rücken, aber er wäre sowieso nicht mitgekommen, es sei ihm alles zu unsicher und dann die Sorge mit dem Proviant. Ich sagte zu Thies, wir hätten hier noch keine Sorge mit dem Proviant gehabt, bloß Fett und Fleisch gebe es hier auch nicht. Sonst aber fehle es uns an nichts. Vorige Woche hätten wir Fänge von über 35 Zentnern großen Butt am Tag abgeliefert, es wären Butt von 17-18 Pfund das Stieg gewesen. Nach dem Tag, als der Nordost wehte, wären diese aber plötzlich verschwunden gewesen.
Nachdem wir gelöscht hatten, holte ich von Schwemm eine Kiste mit Räucherbutt und einen Hai, den Schwemm für uns mitgeräuchert hatte. Alle 3 sollten bei uns mit zum Abendbrot essen. Es gab allerlei zu fragen und zu antworten. So fragten wir, ob keiner mehr mit hierher wolle zum Fischen. Thies sagte, das die halten uns für verrückt halten würden, dass wir hier durchhungerten. Alle seien der Meinung, auf Fehmarn sei nicht mehr zu fangen als bei uns. Fiete Mumm gab Thies sämtliche Abrechnungen des Septembers zur Einsicht. Thies sagte kein Wort, bis er alle Abrechnungen durchgesehen hatte. Dann meinte er, es sei ja nicht zu glauben, wenn er es nicht schwarz auf weiß sehen würde.
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„Ihr seid ja bald jeden Tag auf Fang gewesen!“ „Bis auf ein paar Tage, ja!”, sagte Fiete Mumm, „Und diese Tage brauchen wir zum Einkaufen und um unsere Kunden zu besuchen, denn wenn wir Ende der nächsten Woche nach Hause fahren, müssen wir ja auch etwas mitbringen an Lebensmitteln, denn zu Hause können sie es brauchen.” Die geräucherten Butt und vor allem der geräucherte Hai hatte allen drei Mann sehr gut geschmeckt. Thies sagte, dass sie morgen früh mit uns auslaufen sollten, denn sie müssten sich ja erst an diese Fischerei hier gewöhnen.
Mittwoch der 18.9.1918
Um 5:00 Uhr gingen wir mit Thies zusammen in See. Wir hatten noch vier Marinefischers im Schlepp, das Wetter war sehr gut. Südwest 2-3, um 6:00 Uhr setzten wir auf Ostkurs aus. Beim Drift, als Thies längsseits fischte, hatten wir 12 Stieg. Thies zeigte 11 Stieg an. Wir setzten den zweiten Drift nach Ost-Südosten aus. Dort fischten sieben Traveboote. Dieser Drift brachte 18 Stieg, Thies hatte 19 Stieg. Von hier aus setzten wir nach Nordwesten zu aus, machten einen Drift mit 23 Stieg. Thies winkte 22 Stieg rüber. Hier auf dieser Strecke machten wir mit Thies noch 4 Drifts von 22-26 Stieg. Insgesamt bekamen wir heute 1.550 Pfund Butt gefangen (350 I, 500 II, 700 III), 21 Pfund Steinbutt und 84 Pfund Platen. Thies hatte gut 1.400 Pfund (360 I, 550 II, 500 III), 16 Pfund Steinbutt und 72 Pfund Platen. Bei Thies war die Sortierung anders als bei uns ausgefallen.
Um 5:00 Uhr morgens liefen wir mit Thies zusammen aus. Die Traveboote waren alle nach Hause gelaufen und von den Marinefischers lief sowieso keiner aus, wenn es still war. Wir liefen Ost-Südost ab und setzten auch auf diesem Kurs aus. Wir ließen den Drift anderthalb Stunden gehen und hatten 28 Stieg. Thies winkte 25 Stieg. Heute machten wir sechs Drifts und hatten gut 150 Stieg. es waren 1.700 Pfund (381 I, 570 II, 750 III), 21 Pfund Steinbutt und 71 Pfund Platen. Thies hatte denselben Fang. Abends saßen wir alle bei uns zusammen in der Kajüte, es wurde über dies und jenes gesprochen. Thies meinte, die Fischerei sei hier ja so weit ganz gut. Bei Tag raus und bei Tag wieder im Hafen. Bloß sein Bett zu Hause und das mit dem Proviant, das fehle ihm. Da würde er sich wohl nicht dran gewöhnen, denn ihr Brot ginge jetzt schon zur Neige. „Mit Brot können wir aushelfen”, sagte mein Vater und Fiete Mumm gab Thies zwei Schwarzbrote zu 2 Pfund das Stück, „aber Fett und sowas haben wir auch nicht.” Er fragte, ob sie sich kein Mittag machten. „Ja”, sagte Thies, „3 Butt pro Mann mit ein paar Kartoffeln, denn Kartoffeln haben wir auch nicht viele mit.” Wir halfen Thies noch mit zwei Eimern Kartoffeln aus und 2 Pfund Gerstengrütze, 2 Pfund Mehl und einer Flasche Saft. So konnten sie sich ja auch mal Suppe kochen.
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Freitag, der 20.9.1918
Um 5:00 Uhr morgens liefen wir zum Fang aus zum Fangplatz Ost-Südost ab. Wir setzten auch wieder über diesen Kurs aus, machten fünf Drifts mit je gut 20 Stieg. Um Mittag frischte der Südwest immer mehr auf. Um 15:00 Uhr mussten wir abbrechen, da der Südwest auf 5-6 zugenommen hatte. Es regnete Bindfäden, eine ungemütliche Witterung. Wir löschten 1.280 Pfund (240 I, 420 II, 540 III), 12 Pfund Steinbutt, 65 Pfund Platen. Thies hatte anderthalb Zentner weniger. Abends kam Schwemm zu uns an Bord. Er war in Heiligenhafen gewesen, er hatte mit Wilhelm Heisler und Johannes Meß gesprochen. Sie hatten die letzten Tage sehr gute Fänge an großen Butt und Steinbutt auf 8-9 Faden Wassertiefe nördlich von „Sagersbank” gemacht. Er hatte gleich an uns gedacht, wo wir doch eine ganze Zeit solche Ware gefangen hätten. Demnach mussten die Butt vom weichen auf den harten Grund übergewechselt haben. Schwemm war der Meinung, dass wir gelegentlich man mal wieder dort versuchen sollten, wo wir die großen Butt gefangen hatten, denn die letzte Tour hatten sie schon ihre Netze auf 10 Faden ausgesetzt. Mein Vater sagte: „Ist gut, Fritz, dass Du uns gleich berichtet hast. Bei der nächsten Gelegenheit werden wir es wieder versuchen!”
Wir haben noch eine ganze Zeit über die Sache gesprochen, dass wir es hier schon ein paar Mal erlebt hatten, dass die großen Butt, die wir meistens an der Steinkante gefangen, plötzlich wieder verschwunden waren und sich dann nach unserer Meinung wieder auf den Steingrund zurückgezogen hatten, dann aber auch unverhofft wieder auf dem weichen Grund zu fangen waren.
Sonnabend, der 21.9.1918
Es wehte noch ein steifer Südwest mit Regen. Wir wollten erst mal abwarten. Um 8:00 Uhr klarte es auf, der Wind hatte auf Nordwest gedreht und frischte noch mehr auf. Wir sagten uns, dass es keinen Zweck habe, auszulaufen. So machte ich nur klar und wollte mit einem Korb voll Butt und einer Achtliterkanne voll Petroleum auf Tour gehen. Es waren noch allerlei Butt in der Bünn, so entschloss Fiete Mumm sich, mitzugehen, mit noch einem Korb voll Butt. Wir stiefelten dann los nach Burg, um unsere Kunden zu besuchen. Die Tour war wie immer ein großer Erfolg. 12 Brote, davon 6 zu 2 Pfund, einen Zentner Kartoffeln, die der Mann mit seinem Blockwagen für uns zu Schwemm bringen wollte, er brachte auch noch 10 Pfund Wurzeln mit. Wir hatten unsere Mühe, es zum Hafen zu schleppen. Als wir an Bord kamen, waren wir rechtschaffen müde. Thies und seine Mackers wunderten sich über das, was wir mitbrachten.
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Sonntag, der 22.9.1918
Der Wind hatte auf Süd gedreht, hatte auch ziemlich abgeflaut. Wir gingen mit beiden Booten um 5:30 Uhr in See und liefen Süd-Südost ab, nach einer ¾stunde setzten wir nach Südosten aus, fischten anderthalb Stunden und hatten 10 Stieg Butt. Ganz gute Ware von 13-14 Pfund Stieggewicht. Wir wollten erst noch einen Drift über denselben Bug machen, aber der Wind aus Süden frischte immer mehr auf. So setzten wir auf Gegenkurs aus. Dieser Drift brachte 11 Stieg Butt. Wind und See hatten im letzten Drift stark zugenommen. Thies hatte schon vordem aufgeholt und lief nach Staaken ab. So schieden wir auch aus. Es war einfach kein Wetter mehr zum Fischen. Wir liefen auch nach Staaken. Vor der Einfahrt hatten wir schon unser Großsegel an Deck gefiert. Es regnete wie mit Eimers und vorn stand eine schwere See. Beim Passieren von einem an Steuerbord liegendem Fahrzeug am Kai wurden wir angesprochen, ob wir eine Säge an Bord hätten. Ich rief ja, die wäre aber etwas rostig. Einer der Besatzung winkte, wir sollten längsseits kommen. So musste mein Vater den Motor auf rückwärts stellen, bis wir beim Boot festmachten. An Bord des Fahrzeugs war Otto Neumann. Ein Eckernförder, der von Beruf Taucher war, aber jetzt an Bord eines aus Apenrade stammenden Fischers war, der mit seinem Boot für das Marinekommando fischte. Der dritte Mann war ein Fehmarner aus Strukkamp. Sie waren gestern Abend um 20:00 Uhr in Burgstaaken eingelaufen.
Ich holte die Säge aus dem Motorraum und machte sie sauber mit Twist und Rohöl. Ich wusste ja nicht, wozu die Säge gebraucht werden soll. Aber mir war doch beim Übergeben der Säge aufgefallen, dass auf dem Boot unterm Segel etwas verborgen lag. Als Otto Neumann mir die Säge abnahm und sagte, „De is in Ordnung, dat beed Rohöl speelt keen Rull, de Hauptsaak is, se seegt.” Seine beiden Kameraden hoben ihr Segel etwas an, und da sah ich, dass an Deck eine ausgewachsene schwarz-weiße Kuh Lag und alles voller Blut war. Neumann ging mit der Säge unterm Segel zu Werke und sägte ein ganzes Hinterbein ab. Einfach so durch Fell, Fleisch und Knochen hindurch. Es sah furchtbar aus, als er das Bein abhatte und er es zu uns an Bord warf und sagte: „Giff Jonnie Thies wat aff un lod di dat god smecken. De Saag bring ick naaher trüch.” Wir liefen zu der anderen Seite, wo Thies lag, hinüber. Wir hatten das Kuhbein bei uns unter Deck auf unsere Bünndeckel gelegt. Wir wollten erst mal das Fell abhäuten und das Fleisch vom sägeschnitt reinigen durch abwaschen. Über eine Stunde hatten wir dann damit verbracht. Als es vorbei war, sah das Fleisch schon recht appetitlich aus und wir beratschlagten, was wir alles davon kochen wollten. Ich war zum Bootsbauer gegangen und mir eine Fuchsschwanz-Säge geliehen, um das Unterste vom Bein, wo noch die Hufe dran war, abzusägen. Hufe und Fell banden wir mit einem Ziegel zusammen und fierten es sutje über Bord. Thies lamentierte dabei immer herum: „Ick wüll dorvun nix hemm! Wer weed, wat dat Tier fehlt hatt.” Fiete segg: „Jonni, de Koh hett beed hüüt morgen noch leevt, dor hebbt se dat Tier erst dodslaan un mit Klau un Fockfall an Bord fiert. De Koh hebbt se no Meernacht irst von de Koppel holt un weer dat nie so'n slecht Wetter ween, denn ward keen Minsch wat dorvun weeten un se weer all lang op See ween. As bald de Wind afflaut, verswinn se.” „So is dat”, meen Jonni, „Wi fischt no Butt för de Ernährung und de anner fischt no Kööh un Swien. Ok blots för de Ernährung.”
Nachdem das reine Fleisch abgeschnitten war, wurden die Knochen in 10cm große Stücke zersägt. Es war unser große eiserner Topf voll. Die Knochen wurden mehrmals ausgespült, dann der große Topf aufs Feuer gestellt. Es waren bis auf die Gelenkknochen ja alles Markknochen. Die drei Stunden lang ausgekocht wurden. Die Brühe haben wir dann aufgeteilt, wie ebenso das Fleisch. So konnte jedes Boot damit machen, was es wollte. Am späten Nachmittag ging ich nach unserem „Garten”. Eine große, unübersehbare Koppel mit Kohl und Gemüse aller Arten. Ich holte 4 große Weißkohl, 10 Stangen Porree, 2 Sellerieknollen und einige Petersilienwurzeln. Gelbe Wurzeln hatten wir noch an Bord. Der Besitzer, ein großer Bauer aus Burg, ist aber von all den Miterntern nicht arm geworden. Ich glaube, er hat es bei der Ernte gar nicht bemerkt,
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obgleich bald jeden Tag von den einzelnen Fahrzeugen, die im Hafen lagen, in diesem Garten geerntet wurde.
Am Abend drehte sich der Wind auf West und flaute etwas ab. Sogleich machten sich die drei Fleischer auf die Socken und liefen zum Fehrmarnsund. Wir haben sie in Burgstaaken nie wieder gesehen - aber wir hatten mehrere Tage ein kräftiges Essen. Weißkohl, frische Suppe mit Klößen und Fleisch. Es war doch einmal etwas anderes als jeden Tag gekochte oder geräucherte Fische.
Thies hatte nicht viel von dem gegessen, was sein Macker Pries da zusammengekocht hatte. Thies sagte, es sei ihm, als sei das Essen mit Sand gewürzt.
Montag, der 23.9.1918
Es wehte ein steifer Nordwest 5-6. Heute aß Thies bei uns zu Mittag. Es gab Weißkohl, der ihm wunderbar geschmeckt hatte. Er sagte, unser Essen sei ja wenigstens nicht mit Sand gewürzt und er könne es mit Appetit essen. Tatsächlich war zwischen den Kohl, von Pries gekocht, eine tüchtige Prise Sand dazwischen. Mumm hatte es probiert. Es kam davon, dass sie den Kohlkopp, die sie bekommen hatten, gleich so in den Topf ohne abzuwaschen geschnitten hatten. Nachmittags holte Mumm Thies' Rechnungen und Geld von Schwemm. Des Abends ging Thies mit uns nach Café Ehlers. Als wir um 18:00 Uhr an Bord gingen, hatte der Wind ziemlich abgeflaut.
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Dienstag, der 24.9.1918
Wir liefen bei klarer Luft und flauem Westwind um 5:00 Uhr aus. Die sechs Traveboote, die gestern Nachmittag von zu Hause kamen, liefen auch auf dem Kurs Ost-Südost. Wir wunderten uns, dass Thies nicht dabei war. Er lief eben hinter uns aus dem Hafen. Ich stand am Ruder und hatte da nicht drauf geachtet. Mein Vater und Fiete Mumm saßen vorne und tranken Kaffe. Als sie an Deck kamen, fragte mich mein Vater, wo Thies abgeblieben sei. Er machte mir den Vorwurf, dass ich da nicht drauf geachtet hätte. Ich nahm das Fernglas und sah ein Boot mit Segeln zum Sund laufen und sagte: das dies Thies sei. Ich erkannte es am breiten und hochpiekenden Segel. Beide nahmen anscheinend das Glas und meinten auch, dass Thies es sei. Wir waren doch verwundert, dass er ohne jede Andeutung und etwas zu sagen abgehauen war.
Wir fischten den Tag 100 Stieg Butt. Es waren 120 Pfund (250 I, 420 II, 530 III), 16 Pfund Steinbutt und 710 Pfund Platen. Schwemm wunderte sich auch, dass Thies, ohne davon zu sprechen, nach Hause gefahren war.
Mittwoch, der 25.9.1918
Die größeren Steinbutt wie auch die Haie hatten wir in 8 Tagen nicht mehr gehabt. Die Butt waren bedeutend größer als das, was wir die letzte Zeit gefangen hatten. Wir machten auf diesen Fangreisen noch fünf Drifts hin und her. Die Drifts hatten sich noch verbessert, denn unser Fang belief sich auf 105 Stieg Butt von besserer Qualität gegenüber der letzten Woche. Es waren 1.540 Pfund (1.000 I, 380 II, 160 III), 20 Steinbutt und 143 Pfund Platen, so wie 9 Haie. Von den Travebooten ist keiner eingelaufen, wie auch keiner von den Marinefischers.
Donnerstag, der 26.9.1918
Heute morgen um 5:00 Uhr, es war dichter Nebel, machten wir uns doch seeklar und fummelten uns langsam raus. Als wir die Anseglungstonne passierten, liefen wir eine ¾stunde auf Süd-Südost-Kurs ab, setzten nach Ost-Nordost-Kurs längs des steinigen Landgrunds von Fehmarn aus. Auf 20-21 Metern Wassertiefe fischten wir anderthalb Stunden. Nach dem Nebelsignal mussten wir querab von Staberhuk sein und holten auf mit 20 Stieg Butt, 2 Steinbutt und 17 Pfund Platen. Wir setzten auf Gegenkurs aus und fischten bald zwei Stunden und loteten 19½ Meter. Wir holten sofort auf mit 28 Stieg Butt, 7 großen Steinbutt 5-8 Pfund, 2 großen Margaretenbutt, 2 Haie, 3 großen Dorsch und 32 Pfund Platen. Wir setzten gleich auf Gegenkurs aus. Nach 20 Minuten passierten wir an Backbord unseren Weedt, welchen wir gestern beim letzten Drift ausgesetzt hatten. Er war ja jetzt ein Anhaltspunkt. Wo wir waren loteten wir uns den ganzen Drift von 20 bis 21 Metern längst, ohne dass wir den steinigen Grund berührten. Der Drift brachte 31 Stieg Butt, 4 Steinbutt 5-7 Pfund, 3 Margaretenbutt 2-4 Pfund, 4 Haie, 12 große Dorsch 5-6 Pfund und 33 Pfund Platen.
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Wir setzten unseren zweiten Weedt aus, setzten dann auf Gegenkurs wieder aus, wurden bei einer Stunde auf 19½ Metern fest. Als wir die Leine endlich wieder frei bekamen, war sie dort, wo sie fest war, ganz rostig. Also keine Steine. Hiernach stellten wir fest, dass die Butt weiter nach Westen zu lagen, weil wir in diesem Drift, wo wir bei einer Stunde fest wurden, 12 Stieg im Netz hatten. So setzten wir nochmals über denselben Bug nach Westen aus und loteten auf demselben Wasserstand anderthalb Stunden, bis wir merkten, dass der harte Grund kam, obgleich es etwas heller geworden war, hatten wir unsere Weedts nicht gesichtet. Der Drift brachte 28½ Stieg Butt, 5 Steinbutt von 5-7 Pfund, 3 Haie, 2 Margaretenbutt, 2 Knurrhähne, 11 große Dorsch und 27 Pfund Platen. Als wir noch beim Einzählen der Butt waren, kam die Sonne durch. Gleich danach wurde es plötzlich hell. Die ganze Küste von Fehmarn kam in Sicht. Wir sahen, dass der Burger Kirchturm ein ganzes Stück westlich von Glambek war. Dass hier auf dieser Wassertiefe mit Schleppnetz gefischt werden konnte, damit hatten wir nicht gerechnet. Wir wollten erst nochmals aussetzen, besannen uns und liefen zum Hafen, denn hier hatte uns bis jetzt noch keiner fischen sehen. Unser Fang von 120 Stieg waren 1.800 Pfund Butt (1.230 I, 460 II, 110 III), 35 Margaretenbutt, 148 Pfund Steinbutt, 10 Haie, 170 Pfund große Dorsche, 141 Pfund Platen. Ein großer Fang. Von unseren Steinbutt von gestern hatte ich 3 Stück von 5½ Pfund nach Ehlers gebracht. Den zu 9½ Pfund hatte Schwemm für uns verkauft und 123 Pfund Steinbutt hatte er sich heute morgen, ehe wir ausliefen, raufgeholt. So hatten wir in den letzten beiden Tagen 300 Pfund Steinbutt gefangen.
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Schwemm freute sich über die Qualität und dass wir ihn zwei Tage als einzige beliefert hatten. Sonst wäre keine Ware von ihm zum Markt gekommen. Er sagte, seitdem wir hier fischten, habe er noch nie so regelmäßig liefern können. Wir sagten, morgen liefern wir nach, dann noch einen Tag fischen und den Fang mit nach Hause nehmen, wenn es Wetter ist. Wir wollten Fiete Beek sein Boot in Schlepp mit nach Eckernförde nehmen. Er wollte selbst auch mit, denn sein Motor soll bei Carl Lorenzen in Eckernförde seinen neuen Zylinder bekommen und grundüberholt werden. Schwemm meinte, dann nützt bloß noch die gute Wetterlage aus. Mein Vater sagte: „Fritz, morgen noch hier, den nächsten Tag, wenn gutes Wetter ist, fischen wir bis Mittag, laufen ein und nehmen Fiete Beek mit seinem Boot auf den Haken.”
Ich sprach noch mit Schwemms Arbeitsmann, ober er uns für morgen Abend 1 Zentner Weißkohl besorgen könne. Wir mussten dann auch noch den Sack mit Weizen an Bord nehmen.
Wenn wir übermorgen noch mal auslaufen um bis Mittag zu fischen, so fahren mein Vater und Mumm alleine raus. Ich wollte noch einmal Einkaufen gehen nach Vitzdorf, wo ich immer gut gehandelt hatte. So war es bei uns abgemacht. Es würde ja alles vom Wetter abhängen.
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Freitag, der 27.9.1918
Wir liefen wieder im dichten Nebel aus. Von der Ansegelungstonne eine ¾stunde S.S.O. ab, loteten wir sich uns die 20 Meter Wassertiefe ab, und setzten Ost-Nordost aus. Nach einer Viertelstunde kam an Steuerbord unser Weedt 30-40 Meter von uns ab in Sicht. Wir hielten noch etwas nach Backbord ab, um vom Weedt freizukommen. Wir fischten diesen Drift nach dem Loten auf den verschiedenen Wassertiefen, obgleich wir unseren Kurs steuerten, so fischten wir zwei Stunden mit einem Fang von 30 Stieg Butt, 4 Steinbutt 5-7 Pfund, 1 Margaretenbutt zu 4 Pfund, 2 Haie, 9 große Dorsch und 21 Pfund Platen. Unser zweites Weedt, welchen wir gestern hier ausgesetzt hatten, bekamen wir nicht in Sicht, obgleich der Nebel sich lichtete. Nach einer halben Stunde, als wir auf Gegenkurs ausgesetzt hatten, kam die Sonne durch bei Flaute von Süden. Den Drift ließen wir zwei Stunden gehen und passierten unseren Weedt in 200 Metern Abstand an Backbord, Ich lotete 18 Meter. Wir stoppten ab und holten gleich auf, ehe wir fest wurden. Der Drift brachte 34 Stieg Butt, 3 große Steinbutt 7-8 Pfund, 1 Hai, 2 Knurrhähne, 18 große Dorsch und 28 Pfund Platen. Der Nebel hatte sich aufgelöst, es war überall klare Sicht. Wir liefen unseren Weedt an, loteten 20 Meter und setzten auf Ost und Nord wieder aus. Wir sahen westlich von uns zwei Boote in 1½-2 Meilen Abstand. Es waren Buttnetzfischers. Sonst war nirgends ein Fahrzeug auszumachen. Nach 1¾ Stunden Fischen stand rechts voraus unser Weedt. Wir ließen den Drift weiter gehen bis wir unseren Weedt passiert hatten. Wir nahmen genaue Landmarken. Die beste Landmarke war genau querab: Marienleuchte war eben frei vom Kathrinhofer-Över, bei einer Wassertiefe von 21 Metern. Die Burger Kirche schnitt sich gerade an der Westkante von Staberdorfer-Över. Der Drift brachte 32 Stieg Butt, 1 Steinbutt 5 Pfund, 13 Dorsch und 25 Pfund Platen. Wir nahmen unseren Weedt auf, denn wenn wir nach Hause fuhren, wussten wir ja nicht, wann wir wiederkamen. So setzten wir nach Westen zu aus, wo wir nach gut 1¾ Stunden unser westliches Weedt ansteuerten und es auch aufnahmen. Der Drift brachte 29 Stieg Butt, 2 Steinbutt, 1 Margaretenbutt von 5 Pfund, 15 große Dorsch und 23 Pfund Platen. Wir hatten schon den Drift vorher unseren Fang in Kisten eingewogen. Es war für uns besser, so waren wir meistens doch mit allem fertig, wenn wir im Hafen einliefen. Unser Fang heute war 125 Stieg Butt, 1.875 Pfund (1.200 I, 580 II, 65 III), 10 Steinbutt, 270 Pfund Dorsch und 97 Pfund Platen. Es war wieder ein großer Fang in vier Drifts von je zwei Stunden Fischzeit.
August, Schwemms Arbeitsmann, hatte uns mit Gemüse gut versorgt. Zwei Kisten mit Weiß- und Wirsingkohl, eine Kiste mit Suppenkraut, Sellerie, Porree, Wurzeln, Zwiebeln, Petersilienwurzeln und einen Beutel voll großer Zwiebeln. Er brachte uns den Sack mit Weizen an Bord, den wir, wie das Gemüse, auf trockene Kisten auf unserem Dammdeck verstauten und mit einem Persenning abdeckten, er brachte uns 3 Kisten mit geräuchertem Goldbutt an Bord. Sämtliche Räucherware war sorgfältig mit Pergamentpapier abgedeckt.
Schwemm brachte uns selbst noch 3 Pfund Butter und eine Mettwurst. Es war für den 9½ Pfund schweren Steinbutt. August bekam jede Tour 1 Stieg Butt, 1 oder 2 Steinbutt und von den Haien, wenn wir welche hatten, auch seinen Teil. So hatten wir auch wieder viel Gutes durch ihn, er half uns, wo er konnte, machte uns mit guten Tauschleuten bekannt, was für uns sehr wichtig war. Fiete Mumm und ich gingen nach dem Abendbrot nach Burg zum Reepschläger Schimmelpfennig wegen unserer Heringsnetzdellen. Er hatte sie alle fertig. Es waren zusammen 21 Ober- und 25 Unterdellen mit erstklassiger Verarbeitung daraus entstanden. Wir fragten nach dem Preis fürs Umschlagen. Er meinte 80 Mark müsse er wohl nehmen, es wäre doch allerhand Arbeit gewesen. Er bekam sein Geld und wir luden unser Tauwerk auf den Handwagen von Fiete Beek, der direkt bei dem Reepschläger wohnte. So hatten wir auf den Mann 7 Ober- und 8 Unterdellen für 60 Mark. Das war billig. Wir hatten soweit alles an Bord, was mit nach Hause sollte. Beek war noch bei uns an Bord und besprach noch alles mit meinem Vater, dass wir um Mittag einliefen und alles klar war und wir gleich mit seinem Boot im Schlepp wieder in See stechen konnten.
Sonnabend, der 28.9.1918
Um 5:00 Uhr waren wir klar zum Auslaufen. Meine Sachen, die ich mit zum Tauschen nehmen wollte, waren bei Schwemm abgestellt. Ein Korb mit geräuchertem Butt und Haien, ein Korb mit lebenden Butt und die 8-Liter-Kanne mit Petroleum. Ich hatte mir vorgenommen, mit solchen Packen nach Vitzdorf zu gehen. Als ich von Schwemms Schuppen wegging, legte ein Traveboot auf der Westseite des Hafens an. Es war der alte Peter Jordan mit seinem Sohn. Ich war gerade eben an der Sauerkrautfabrik vorbei, da kam der Travemünder aus dem Waldweg auf die Straße raus. Es war Fiete Jordan. Er sagte: „Hallo, wiss du ok to Hamstern?” Ich segg: „Gewiß doch.” So kamen wir ins Gespräch. Er sagte: „Wi sünd mit söss Böö utlopen, naa de Fangplatz Südost vun Staberhuk aff, sünd dann ober mol no Staaken lopen, üm wat to futtern to besörg'n. Nu wüll ick no Sahrensdörp un Meeschendörp hen, dor heff ick gode Kunn!” Ich sagte: „Denn hefft wie jo beid een lange Weg tosaam, denn ick wüll no Vitzdörp.” „Minsch, wat wiss du naa Vitzdörp, dat is doch dat knickerigste Dörp wat up Fehmarn geven deiht, dor jag die Buern de jo mit de Hunn von't Hoff daal.” „Jo, dat is aver bi de meisten Buern so, eenerlee in wat Dörp, aver dat gifft ok frünnliche Lüüd, wo man mit snacken kann un de leed ok mit sick hanneln.”
Ich fragte ihn, was sie denn die letzten Reisen gefangen hätten. In den Nebeltagen seien sie alle zu Hause gewesen, aber den Tag, als der Nebel einsetzte, hätten sie 13-16 Zentnern je Boot. Das seien überhaupt so ihre Tagesfänge.
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Er sagte, in der nächsten Woche würden noch mehr Boote von Travemünde nach Staaken kommen, denn mehrere Neubauten würden diese Tage in Dienst gestellt. Er fragte, was wird denn so am Tag fischen würden, wir würden ja immer schon so früh ausscheiden. Ich sagte, dass wir früh ausscheiden liege daran, dass der Fang noch mit dem 6-Uhr-Zug aufs Festland kommt. Unser Tagesfang sei ungefähr so wie euer, mal mehr, mal weniger, aber gute Ware. Ich wollte mich hüten zu erzählen, was und wo wir die letzten Tage gefischt hatten. Von den Marinefischern seien keine auf See gewesen in den Nebeltagen. Die Zeit war uns beiden schnell vergangen mit dem Gespräch, so dass wir miteinander am Kreuzweg waren, wo jeder nach seinem Dorf abbiegen musste. Für mich waren es knappe anderthalb Kilometer zu gehen, dann war ich auf der linken Seite bei der ersten Kate, wo ich zuerst immer handelte. Als ich dort ankam, sah ich, dass ein Mann mit einem großen Vollbart beim Holzsägen war. Sonst, wenn ich einkehrte, war die Frau mit ihren vier Kindern im Haus. Ihr Mann war in Frankreich an der Front und über ein Jahr nicht auf Urlaub gewesen, so hatte sie mir das letzte Mal, als ich dort gewesen war, erzählt. Ich wagte mich gar nicht rein, denn ich dachte gleich, dass es ihr Mann war. Als ich bei der Pforte war, riefen die beiden ältesten Kinder ihren Vater. Er stellte die Säge hin und kam mir entgegen mit den Kindern. Er sagte: gestern hatte seine Frau noch davon gesprochen, dass ein junger Fischer aus Eckernförde mehrmals mit Butt kam und sie umtauschte gegen Lebensmittel. Die Kinder fragten gleich: kriegen wir auch Butt? Seine Frau kam aus der Tür und begrüßte mich und erzählte, dass ihr Mann vorgestern auf 3 Wochen Urlaub gekommen sei. Gestern habe sie mit ihrem Mann darüber gesprochen und gesagt, es wäre schön, wenn ich, wenn ihr Mann auf Urlaub käme, mit Fischen käme. Und jetzt sie ich wirklich da! Kommen Sie erst mal rein ins Haus, da können wir weitersprechen. Ihr Mann meinte, ich könnte ja mit zu Mittag essen. Ich sagte, dass das nicht ginge, ich hätte wenig Zeit und müsste um 12:00 Uhr wieder in Staaken am Hafen sein, da wir nach Eckernförde wollten. Ja, sagte der Mann, dann eben ein andermal. Ich sagte, wenn wir von Eckernförde zurück kämen und ich auf Tour ginge, käme ich wieder vorbei, oder sie kämen mal nach Staaken - ab 17:00 Uhr seien wir immer im Hafen, wenn wir auf Fang gewesen seien. Der Mann erzählte, dass er Eckernförde gut kenne. Er habe jahrelang im Herbst und Winter bei dem alten Moll mit den roten Haaren auf seiner Waade gefischt. Das war vor dem Krieg. Bei Johannes Flüh in der Ostseehalle habe er logiert. Er fragte noch dieses und jenes aus Eckernförde. Die Frau sagte, dass sie allerlei für mich habe. Ich sagte, sie solle erst mal eine Schüssel für die Butt bringen. Sie bekam 12 gute Goldbutt, 1 Steinbutt zu 5 Pfund, 6 geräucherte Butt und drei Stücke vom dem geräucherten Hai. Dazu sollte sie sich 4 Liter Petroleum abfüllen. Ich sagte, dass ich noch weiter und rechtzeitig am Hafen sein müsse. Sie fragte, ob ich dort und da noch hinwolle. Ich antwortete, dass ich das gleich noch machen wolle. „Alles in Ordnung”, sagte sie, „bleiben Sie man bei meinem Mann und unterhaltet Euch, ich gehe eben los und hole, was sie gebrauchen können.” Ich würde nicht zu kurz kommen.
Es dauerte keine halbe Stunde, da war die Frau zurück. Sie meinte, ich sollte man erst mal mit ihrem Mann frühstücken. In der Zeit würden die Nachbarn mit den Sachen kommen. Sie wollte denn auch gleich ihre Sachen einpacken. Ich aß mit ihrem Mann zusammen Frühstück. Frische Milch, selbstgebackenes Schwarzbrot mit Mettwurst und fettem geräucherten Speck, es schmeckte wirklich sehr gut. Er nötigte mich zu immer mehr, bis ich nicht mehr konnte. Inzwischen kamen auch die beiden Nachbarn mit ihren Sachen und begrüßten mich und ich dankte für all die Gegengaben, die sie sich doch auch absparen mussten. Die Frau sagte, das sei wohl so, aber so knapp hätten sie es nun auch nicht, denn für ihre Arbeit die sie mal hier mal dort machen würden, bekämen sie doch allerlei so nebenbei. Bei dieser Gelegenheit fiel mir etwas ein. Ich hatte mit Schwemms Arbeitsmann August über den Milchmann gesprochen, der doch jeden Tag nach Staaken kam,
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dass er, wenn wir im Hafen lagen, ihm allerlei an Fischen mitgeben könne, wenn dieser das wolle, um sie hier an einer Stelle abzugeben, und die Gegengabe könne er ja morgens bei der Frau von August abgeben. Wenn wir dann abends in den Hafen kämen, wir uns die Sachen dort abholen könnten.
Ich erzählte von dieser Idee und alle waren damit einverstanden und Frau Hansen wollte dafür sorgen, dass alles in Ordnung käme. Es wurde für mich Zeit, dass ich mich auf die Socken machte. Ich hatte 30 Eier, 2 große Schwarzbrote à 9 Pfund, 2 große Weizenbrote à 4 Pfund, 5 Pfund Weizenmehl, 5 Pfund Roggenmehl, 4 Pfund Gerstengrütze, 2 Pfund Buchweizengrütze, 1 Pfund Ziegenbutter, 2 gräucherte Lungenwürste, 1 Mettwurst und ein ziemliches Stück geräucherten Speck. Ich wusste gar nicht, wie ich das alles mitkriegen sollte, aber ihr Mann wusste Rat. Er machte mir einen Packen so zurecht, dass man ihn mir auf den Rücken schnüren konnte. So hatte ich nur Korb und Kanne in den Händen zu tragen. Den einen Korb ließ ich dort. Den konnte der Milchmann mal mitbringen.
Hansen begleitet mich noch bis dorthin, wo der Weg von Sahrensdorf einmündete. Er klopfte mir noch auf die Schulter und meinte, ich solle mal wiederkommen. Dann solle es Hühnersuppe geben. Er sagte, der verdammte Krieg ginge dem Ende entgegen, er glaube nicht, dass er noch wieder an die Front käme. Solange ich in Staaken läge, solle ich ruhig mal wiederkommen. Er bedankte sich noch mal für die Fische, ich sagte: „Lasst euch die man gut schmecken!”
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So stiefelte ich wieder über Burg nach Burgstaaken zu. Als ich in Burg ankam, war die Uhr 11:15 Uhr, also musste ich gut marschieren, dass ich rechtzeitig ankam. Es war heute noch recht warm. Ich schwitzte, dass mein Unterzeug am Körper klebte. In einer halben Stunde war ich am Hafen. Meine Mackers waren noch nicht da, Fiete Beek sagte noch „Jung, dor hest die ok een düchtige Packen oplood, wo kümmst denn dormit her?”
„Vun Vitzdörp”
„Na denn hest jo ok een Strapaaz achter di. Wenn ji weer hier sünd, ward ick di paar gode Tips geven, wo du hier mol hingahn kannst.”
„Se komt all in't Lock rin” dee Beek mitmol segg'n. Schwemm un sien Arbeetsmann keem ok de Kai daal.
In Haab’n güng’n se glieks bi Beek sien Boot langsied, Schwemm dee se fraagn, ob sick dat lohnt harr, miev Vadder see: „Jo Fritz, in twee Drifts 57 Stieg.” „Denn man gode Reis. Wann kann ick weer mit di reeken?” „In veer beed fiev Daag”, de Fiete Mumm seggen. Üm Klock een leggten wi aff un lepen över Gröne-Grund un schneed dormit 1½ Seemieln aff, as wenn wir naa de Ansegelungstonn vun de Sund lopen weern. Dat Wetter weer god.
Es wehte ein flauer Südwest. Als wir Strukkamp querab hatten, fierten wir Beeks Boot achterraus. Beek blieb bei uns an Bord. Um 21:30 Uhr machten wir bei uns im Hafen fest. Es dauerte noch eine Weile, ehe wir mit der Anmeldung beim Hafenkommando fertig waren. Beek schlief bei sich an Bord, er hatte sich Kojenzeug mitgenommen. Wir gingen gegen 22:30 Uhr nach Hause.
Sonntag, der 29.9.1918
Um 9:00 Uhr am Hafen mit unserem Blockwagen. Zuerst verholten wir Beeks Boot zum Binnenhafen an den Steg. Von hier aus war es der kürzere Weg zu Carl Lorenzens Werkstatt. Beek wollte gleich anfangen, einzelne Teile vom Motor abzumontieren. Mein Vater sagte: „Heute ist Sonntag, komm mal mit mir nach Hause zum Essen. Danach siehst Du Dir erst mal Eckernförde an. Morgen früh gehen wir nach Lorenzen und besprechen alles, und wenn er da gleich bei anfangen will, bist Du ja selbst dabei. Mittagessen tust Du bei mir, ich werde mein Möglichstes tun bei Carl Lorenzen, dass er gleich dabei geht, weil du doch mit uns wieder zurück willst.”
Fiete Mumm und ich hatten erst mal unsere Sachen, was wir an Bord hatten, aufgeteilt, es war für jeden eine ganze Menge, wollten zuerst unser Gemüse raufholen, wie auch unsere Räucherware. Es kamen immer noch welche an Bord, die etwas wissen wollten, wie es uns diesmal ergangen sei, oder ob wir mittlerweile die Nase voll von Fehmarn hätten. So blieb es mit der Fragerei, ob wir gehungert hätten und
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ob wir wieder etwas mitgebracht hätten. Mein Macker wurde zornig und sagte: „Das könnt ihr gleich sehen, wenn wir unseren Fang von 2 Drifts löschen!” Wir holten uns Kisten ran, machten uns fertig zum Ausketschern. 2 Haie, 1 Kurrhahn, 78 Pfund Dorsch und 60 Pfund Platen hatten wir von den beiden Drifts in Burgstaaken an Land gestellt. 7 Steinbutt hatten wir noch im Bünnnetz laufen. Insgesamt löschten wir von den beiden Drifts 810 Pfund Goldbutt (540 I, 250 II 30 III) und teilten uns jeder noch 1 Stieg Essbutt. Ich brachte meinen Anteil nach Hause. Es soll gebratene Butt zu Mittag geben. Mein Vater und Mumms Anteil setzten wir ins Bünnnetz. Mit 7-8 Mann standen sie bei unseren ausgeladenen Butt, befühlten und begutachteten sie, bezweifelten aber, dass wir die Butt in 2 Drifts gefangen hätten.
Als ich von zu Haus zurück kam, hatten mein Vater und Fiete Mumm unser Gemüse wie unsere Räucherware schon auf den Blockwagen geladen. So brachten wir erst diese Sachen nach Hause, wollten anschließend aber gleich wieder unten sein, um unsere anderen Sachen hochzuholen. Ich nahm eine Wolldecke mit, um sie im Wagen auszulegen, wo wir die Sachen drauflegen konnten. Unser Macker hatte dasselbe gemacht. Wir hatten jeder 4 große Schwarzbrote à 9 Pfund jeder ein Weizenbrot zu 4 Pfund, 5 Pfund Weizenmehl, 5 Pfund Roggenmehl, 5 Pfund Gerstengrütze, 2 Pfund Buchweizengrütze, 15 Eier, 1 Pfund Butter, jeder 1½ Pfund geräucherten Speck und jeder für 10 Brote die Marken. Die Lungenwürste, 1 Stück Speck, 5 Eier und 2 Pfund Mehl und Grütze behielten wir an Bord für die nächste Tour. Alle, die es sahen, was wir mitgebracht hatten, vor allem die uns als „Hungerleider” für verrückt erklärt hatten, ließen ihre Schnauze baumeln. Keiner sagte ein Wort, bloß Jonni Thies, der gerade darauf zukam, sagte zu den Nörglern: „Na, wat meent ji denn, schalln de Lüüd, die all dat an Lebensmittel noch bitbrögt hemm ut Fehmarn wull verhungern?” Keiner von der Gesellschaft gab ihm eine Antwort.
Wir brachten unsere Sachen nach Haus, machten uns gleich ab, um 17:00 Uhr mit Blockwagen wieder am Hafen zu sein.
Um 17:00 Uhr waren wir unten. Mein Vater war mit Beek durch die Stadt gegangen. Wir beide besprachen, wie wir es machten, den Sack mit Weizen aus dem Boot auf den Blockwagen zu bekommen. Ich sagte zu Fiete Mumm: Der Kleidersack von Vater liegt zu Hause gewaschen im Kleiderschrank. Ich hole ihn runter und wir teilen den Weizen gleich hier auf. Er war gleich damit einverstanden. Ich holte den Kleidersack, machte die Teilung ohne viel aufsehen, stellte die aufgeteilte Menge in den Säcken aufs Deck. Mumm stieg zum Bollwerk rauf. Ich hob von unten den Kleidersack mit 60 Pfund nach oben, er nahm den Sack an und legte ihn auf den Blockwagen. Mit dem nächsten Sack ging es auch so vor sich.
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Wir deckten unser Kojenzeug darüber und kein Mensch hatte etwas davon bemerkt. Jeder brachte seinen Teil nach Hause. Anschließend wollten wir unser Tauwerk heraufholen. Als wir wieder am Hafen waren, standen schon wieder einzelne Gruppen, um zu diskutieren. Wir gingen an Bord, ich stieg in den Motorraum und langte Fiete Mumm die Rollen Tauwerk zu, die wir im Achterpiek ? in einer wasserdichter Persenning verstaut hatten.
Vom Bullwark aus wurde beobachtet, was wir alles an Deck gepackt hatten. Peter Kolls war der erste, der an Deck kam. Er fing gleich an zu fragen, ob wir tatsächlich den abgelieferten Fang in 2 Drifts gemacht hätten. Fiete antwortete ihm: „Jo, Peter, in twee Drifts vun je eendreeveertel Stünn.”
„Dor liggt de Hund begroben”, sagte Peter Kalls, „dat sünn in Wirklikeet över veer Drifts!”
Unser Macker war ärgerlich und sagte: „Peter, du kannst mienwegen dor 10 Drifts ut maaken, vör uns weern dat twee Drifts, denn wi hebbt tweemol opholt, denn könt dat jo wull keen veer Drifts sien. Töv mol'n Ogenblick …” Unser Macker stieg die zur Kajüte runter und kam mit den Abrechnungen der letzen Tage zurück und sagte:
„Hier, Peter, hest een paar Affreckens, kiek di genau die Datums an. Blots dat eene geiht dorut nich hervör, wie veel Drifts wie mokt hemm. Aver dat lot di seggt sin: över veer Drifts up de Tag is dor ni mang. Un een Deel wüll ick di noch seggen: Laad uns in Roh, wi brukt di keen Reekenschap affgeven för wat wi op Fehmarn maken doht. Fohr sülben hen un övertüg di, un frog Jonni Thies, de weed genau Bescheed wie dat dor utseihn deiht, obglieks he dor een slechte Daag androben hett!”
„Jo”, de Peter Kolls seggen, „he hett de Näs gau full kreegen un ji kreegt se ok noch full, lod di man Tied!”
Gleich danach kamen Franz Zett und Johannes Mumm, Fietes Bruder, bei uns an Bord und fragten: „Wat is blots jümmer bi ji an Bord?”
„Jo”, seggt Fiete, „dat is so. Irst kümmt se an un frogt un frogt un wenn man se denn seggt wat los is, dann ward wi as Lögner un Prahler henstellt, un dat liggt un pass uns ni. Dat steiht doch wull jedeenen fri, mol daal naa Fehmarn to forhn un dat sölber to maken wat wie maakt. Wi kömt keen Minsch to neeg, so laad se uns in Roh lood'n”
„Jo”, seggt Franz Zett, „ick heff mit Jonni Thies snackt, he hett mi vertellt, wat dor to fang'n is un wat ji de heele Tied dor fungen un afflevert hefft, un ok hett he mi seggt, dat ji dree ‚Fiete Mumm Lüdd’ mit Kuraasch un Mot sünd, wo wi hier uns alltOst-Südostm een Stück vun affsnieden könt, un för ji hett juch Mot un Kuraasch sick ok betohlt maakt. Wenn't naa min Willn gahn weer, weern wi ok dor ween, wenn dat ni mit de Futteroosch so weer!”
Fiete sagte: „Franz, wi hefft nu 8 Weken dor fischt un ick mutt leegen, wenn ick seggen de, wie harr dor wat entbehrt.” Johannes Mumm sagte auch: „Ick weed gor ni, dat de Lüüd sick doröver opholt, dat jo to Fehmarn fischt nur juch Brot verdeent. Wat geiht se dat överhaupt an? Ick geev Jonni Thies recht, dat dor een ganz deel Kuraasch tohört, de hier all fehl'n deiht. Nur ju dree will ick blots seggen, makt wieder so, un quäl ju ni ümm dütt Gequassel.” „Du hest ganz recht, Johann”, de Franz Zett segg'n, „as Johann Mumm beton dee, dat vun Höruphaff, dat iss een Parallele dorto.”
Dann bewunderten sie beide unser Tauwerk. Markwardt fragte Fiete Mumm, ob er etwas davon beim nächsten Mal mitbringen könne.
„Dat is nie mögli, Franz.”, sagte Fiete Mumm, „De Tross hebbt wi uns dor köfft, un is bi de ol Reepschläger Schimmelpfennig in Burg ümschlagen worn. He dee to uns seggen, de Tross is noch reine Freedenswaar, wo de Manilla-Tross in reine Swedische Teer inkook weer. Dat weer in de heele Kriegstied ni mehr maakt worn.”
Danach packten wir unsere Leinen auf unseren Wagen und fuhren nach Haus. Damit war endlich Feierabend und ein turbulenter Tag für uns zu Ende.
Der Fangbericht für September 1918
Unser Gesamtfang an Goldbutt betrug in 18 Fangtagen vom 3.9. bis 28.9. mit 7 Schlechtwettertagen, als nicht gefischt wurde, 1.868 Stieg, mit einem durchschnittlichen Stieggewicht von 14,36 Pfund und Gesamtgewicht von 26.715 Pfund Goldbutt (15.600 I, 6.560 II, 4.600 III). Es war ein durchschnittlicher Tagesfang von 1.484 Pfund. Dazu kommen 747 Pfund Steinbutt (ohne unsere Privatverkäufe) 60 Dornhaie à 4-5 Pfund das Stück, 2.500 Pfund Platen und 680 Pfund Dorsch der Klasse I, die wir nur die letzten Tage mit hatten. Außer Goldbutt hatten wir 4.300 Pfund Steinbutt, Platen, Haie, Margaretenbutt und Dorsch abgeliefert. Es sind 31.000 Pfund Fische abgeliefert worden. Ein Tagesfang von 1.720 Pfund.
Donnerstag, der 3.10.1918
Die Tage zu Hause waren im Nu verstrichen. Alles, was nötig war, hatten wir an Boot und Motor überholen und reparieren lassen, so dass wir wieder klar zum Auslaufen waren. Beek hatte seine Sachen, die er mit nach Hause nehmen wollte, bei uns an Bord gebracht. Die sonstigen Angelegenheiten wegen Boot und Motor waren geregelt.
Abends um 8 liefen wir wieder nach Fehmarn aus. Die Witterung war gut, Südwest 2-3 und klare Luft, am Freitagmorgen um 5:00 Uhr passierten wir Fehmarn und es wollte anfangen zu tagen. So liefen wir über den Grünen Grund nach Burgstaaken ein, um Beek abzusetzen. Seine Sachen hatte er gebündelt und geschnürt, die Kleinigkeiten wollte er sich des Abends abholen.
Schwemm und sein Arbeitsmann hatten uns einlaufen sehen und leere Kisten für uns bereitgestellt, die wir gleich an Bord nahmen.
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Danach liefen wir zum Fangplatz aus. Schwemm hatte uns erzählt, dass die Travemünder dreimal 12-14 Zentner der gewöhnlichen Rasse und 7 Marinefischers 7-8 Zentner kümmerliche Ware abgeliefert hatten, mit Ausnahme der Buttnetzfischers, die auf 17-18 Meter Wassertiefe Süd-Südwesten von hier ab nach Singersbusch ? zu gute Fänge an großer Ware abgeliefert hatten.
Wir wussten jetzt Bescheid, dass auf unserem Fangrevier keiner gefischt hatte. Wir liefen nach den Landmarken zu, wo unser westliches Weedt gestanden hatte und setzten auf Ost zu Nord-Kurs aus. Zwei Traveboote und zwei Marinefischers mit Motor waren von 5:00 Uhr schon ausgelaufen, wie Schwemm uns gesagt hatte. Wir konnten sie aber nirgends ausmachen. Sie mussten danach weit von uns ab stehen. Den ersten Drift ließen wir zwei Stunden gehen, bis wir die Landmarken von Marienleuchte am Ufer von Kathrinenhof in Deckung hatten und 21 Meter Wasser loteten. Der Drift brachte 18 Stieg Butt, 2 Steinbutt zu 6 Pfund, 1 Hai, 6 Dorsch und 17 Pfund Platen. Wir setzten auf Gegenkurs wieder aus, fischten zwei Stunden und hatten 26 Stieg Butt, 3 Steinbutt 5-6 Pfund, drei Dorsche und 21 Platen. Nach dem Wasserstand des letzten Drifts lagen die Butt anscheinend etwas weiter von der Steinkante, wo wir den ersten Drift gemacht hatten. Wir setzten wieder nach Osten aus, fischten anderthalb Stunden mit einem Fang von 26 Stieg Butt, 3 Steinbutt 4-6 Pfund, keine Dorsch aber 70 Pfund Platen. So stand fest, dass die Butt weiter ab und westlicher lagen.
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Wir setzten so aus, dass wir 21-22 Meter Wasser hielten, fischten zwei Stunden und hatten diesen Drift 29 Stieg Butt, 2 Steinbutt von 6-7 Pfund, einen Margaretenbutt, 2 Dorsche und 63 Pfund Platen. Von hier aus liefen wir nach Staaken zu. Wir hatten 98 Stieg Butt un 4 Drifts. Es war für den ersten Tag schon wieder ein guter Anfang. Unser Fang belief sich auf 1.450 Pfund (200 I, 450 II, 100 III), 56 Pfund Steinbutt, 50 Pfund Dorsche und 182 Pfund Platen. Die Platen hatten wieder zugenommen. Schwemm freute sich über die Anlandung von der guten Ware. Beek war auch noch am Hafen, um seine restlichen Sachen zu holen und lud uns ein, mit ihm nach Hause zu kommen, seine Frau habe sich darauf vorbeireitet. So mussten wir ja mit, die leeren Kisten sollte August uns an Deck stellen. Um 19:00 Uhr ging es dann mit Beek zu seinem Haus. Es gab ein reiches Essen mit einem guten Schnaps dazu. Um 23:00 Uhr gingen wir zum Hafen zurück. Waren auch rechtschaffen müde.
Sonnabend, d. 5.10.
Um halb sechs liefen wir aus, setzten auf 20½ Metern nach Osten aus, fischten zwei Stunden mit 26 Sieg Butt, 1 Steinbutt zu 5 Pfund, 3 Dorsch und 64 Pfund Platen. Der Drift auf Gegenkurs brachte 22 Stieg Butt, 1 Steinbutt und 58 Pfund Platen. Wir hatten schon mehrfach davon gesprochen, ob wir einen Drift mal riskierten, mal in einer der Einbuchtungen (Löcher) zu fischen, die weit in den Steingrund reinschnitten, weil wir da schon mehrmals große und viele Goldbutt angetroffen hatten. Wir sagten uns aber auch, dass die Fänge, die wir hier machten, nicht zu verachten sind.
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Aber es juckte uns doch in den Fingern, es zu riskieren, weil die Buttnetzfischer auf dem angrenzenden Steingrund gute Fänge erzielten. So setzten wir nach Süd-Südwesten auf 21 Metern aus. Wir ließen diesen Drift so lange gehen, bis wir die Kante vom steinigen Grund im Südwesten erreicht hatten. Der Seekarte nach mussten wir bei gut anderthalb Stunden dort sein. Wir loteten 21, 21, 21½, 22 Meter, dann plötzlich 19½ Meter und harten Grund. So holten wir gleich auf. Beim Aufholen merkten wir, dass es schwer ging. Wir hatten wahrscheinlich einen Stein ins Netz bekommen. Als wir aber die Zeese an die Bordkante bekamen, sahen wir eine Menge Butt in den Ecken der Edies sitzen, was meistens ein Zeichen von einem guten Fang ist. Und tatsächlich, es war diesmal ein ganz großer Fang in der Zeese. Wir mussten 6 große Quäste übernehmen.
Unser Fang betrug sich auf 38 Stieg große Butt, 7 Steinbutt v. 5-8 Pfund, 1 Hai, 4 Dorsch und 28 Pfund Platen. Wir setzten sofort unseren Weedt aus, gingen beim Aussetzen gleich auf Gegenkurs, den Fang wogen wir und sortierten ihn gleich in Kisten. Es waren 670 Pfund (500 I, 140 II, 30 III). Die Steinbutt kamen ins Bünnnetz, so wogen wir auch gleich die Fänge der ersten beiden Drifts mit in den Kisten, 400 I, 200 II, 50 III. Die Steinbutt dieser Drifts ließen wir im Bünnnetz. Den Drift auf Gegenkurs ließen wir zwei Stunden gehen, bemerkten aber, dass unser Geschirr etwas zusammengewandert war. So holten wir bei zwei Stunden auf mit einem Fang von 44 Stieg der großen Butt, 10 Steinbutt, 10 Dorsche, 34 Pfund Platen. Wir liefen gleich nach Burgstaaken zu, wir wogen vom letzten Drift 780 Pfund Butt (590 I, 150 II, 40 III) in die Kisten ein. Steinbutt und Dorsch kamen ins Bünnnetz. Unsern Steinbuttfang von 125 Stieg, Butt von Gewicht von 2.125 Pfund (1.540 I, 470 II, 115 III), 60 Pfund Dorsch und 154 Pfund Platen. Als wir im Hafen einliefen, sahen wir, dass da zwei Boote lagen. einer aus Apenrade und einer aus Sonderburg, die beide aus Eckernförde stammten. Es waren Günther Peetz und Karl Harressen.
Wir löschten unseren Fang. Schwemm war begeistert von der Qualität. Der Fang wurde gleich verladen, wie auch die Steinbutt bis auf 20 Pfund. Vier Stück zu 5 Pfund ließen wir im Bünnnetz. 114 Pfund Steinbutt wurden mitverfrachtet. Schwemm fragte, ob wir keine Travemünder gesehen hätten. Wir sagten, wir hätten nirgends ein Fahrzeug ausgemacht. Man Vater fragte: „Ist etwas los, Fritz? Du bist heute so hidelich ? und merkwürdig!”
„Ja”, sagte er, „der Krieg geht seinem Ende entgegen. Ich habe von den Marinefischern gehört, dass sie Befehl haben, nicht auszulaufen. Es soll in Kiel und Wilhelmshafen ganz dicke Luft sein. Meuterei und so. Auch an der Front soll es ganz schlecht stehen. Das macht auch wohl, dass die Traveboote nicht mehr so viel auslaufen. Auch die Marinefischers haben Angst, dass man sie von den Booten holt und sie in ein Matrosenregiment steckt.”
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Schwemm fuhr fort: „Für Morgen ist hier ein Schlepper mit zwei großen Leichtern angemeldet und die Bauern hier sind aufgefordert, die beiden Leichter mit Kohl und Gemüse jeglicher Art zu beladen.” Wir fragten, wann die Booten von Sonderburg und Apenrade eingelaufen seien. Er sagte bei 11:00 Uhr herum. Er habe mit den Leuten gesprochen. Sie würden sich beide nach einer neuen Heimat umsehen wollen. Der Krieg sei verloren und ihr jetziges Zuhause würde gleich von Dänemark besetzt werden. Ich fragte sie, ob es nicht einerlei sei, wo sie wohnten. Das wohl, aber nicht für die Fischerei, die hätten keinen Markt und Absatz mehr. Mein Vater und Fiete Mumm sagten beide, sie wären nicht ausgewandert und Absatz für die Fischerei würde es immer geben. Die Dänen seien bisher ja auch ihre Fische losgeworden, genauso gut wie wir. Deshalb auszuwandern wäre wohl kein Grund.
Nach dem Abendbrot sprachen beide noch mit Peetz und Harressen, die beide 1906 und 1907 von Eckernförde nach dem Norden ausgewandert waren. Harressen hatte bis dahin im selben Haus wie Fiete Mumm seine Eltern gewohnt, mein Vater hat mit Harressen („De Lerch”) als sie noch ledig, zwei Jahre lang mit den Buttnetzen zusammen gefischt, Peetz hatte die Waadenfischerei mit seiner eigenen Waade betrieben.
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Sie wollten keine Dänen werden, alle würden wieder in den Süden auswandern, da die Fischerei in Dänemark keine Existenz mehr habe, weil der Markt fehle. Sie würden ein paar Tage hier bleiben wollen und dann nach Warnemünde hin, um zu sehen, dass sie sich dort würden ankaufen können. Peetz sagte, er sei schon mehrere Tage in Heiligenhafen gewesen, er habe dort auch schon etwas an der Hand bis zum 1. November. Peter Dall und die Paulsen-Jungs wollten auch nach Heiligenhafen, die Sonderburger wollten sich an der Kieler Förde ansiedeln und einige wieder nach Eckernförde. Er erzählte, dass unter den Fischern im Norden ein böse Aufregung herrschte. Meine beiden Mackers sprachen noch lange über diese Angelegenheit. Beide waren der Meinung, wenn sie dort im Norden wohnen würden, wären sie geblieben, wo gerade die Fischerei dort in den Gewässern um Alsen und den kleinen Belt, Apenrader Förde und weiter nach Norden für die Fischerei die besten Gewässer mit ihren Fanggründen waren. Als ich um 21:00 Uhr noch mal an Deck ging, war es mit einmal knüppeldicht von Nebel.
Sonntag, der 6.10.1918
Wir waren um 6:00 Uhr seeklar, legten trotz des Nebels ab und fummelten uns aus dem Fahrwasser raus. Von der Ansegelungstonne liefen wir eine ¾ Stunde nach Süd-Südosten aus, loteten 20½ Meter und setzten nach Süd-Südwest hin unser Geschirr aus. Wir wollten bis zur Steinkante im Südwesten durchrutschen, hofften, dass Der Nebel sich auflösen und wir unser Weedt in Sicht bekommen würden, damit wir einen Anhaltspunkt hätten, falls es weiter neblig sein solle. Nach anderthalb Stunden lotete ich 20 Meter und harten Grund - anscheinend hatten wir das Loch etwas verfehlt. Wir holten auf mit einem großen Fang. Wir mussten sechs Quäste übernehmen. Den letzten Quast hatten wir mit drei Mann unsere Mühe, ihn über die Schanzkleidung zu bekommen. Wir liefen etwas nach Nordwesten, loteten 20½ Meter weichen Grund, liefen noch kurze Zeit weiter und trafen unseren Weedt auf den Kopf. Von hier setzten wir nach Nord-Nordost aus. Der erste Drift brachte 40 Stieg der großen Butt, 5 Steinbutt 5-7 Pfund, 8 Dorsch, 60 Pfund Platen. Den nächsten Drift ließen wir 2 volle Stunden gehen und merkten wieder, dass unser Geschirr langsam enger wurde. Wir loteten 20½ Meter und holten auf, mit einem Fang von 45 Stieg Butt, 3 Steinbutt, 7-8 Pfund, 15 Dorsch und 80 Pfund Platen. Mein Vater sagte, den Platen nach wird es mit den Butt hier bald wieder weniger werden. Wir setzten auf Gegenkurs aus, der Nebel hatte sich etwas gelichtet, 600-700 Meter Sicht. Als wir eine Stunde gefischt hatten, hörten wir an Backbord querab 2 Nebelsignale, die achteraus wanderten. Bei 1¾ Stunden loteten wir 22 Meter. Diesen Wasserstand hielten wir bis zu zwei Stunden, dann nahm es schnell ab bis auf 20 Meter mit hartem Grund. Wir holten gleich auf, sahen 400-500 Meter im Westen unser Weedt stehen. Dieser Drift brachte wieder einen guten Fang. Wir übernahmen den Fang in 6 Quästen. Wir liefen nach unserem Weedt zu, setzten von dort nach Nord-Nordosten aus. Es war inzwischen ein leichter Nordost aufgekommen, wie es im Herbst öfters nach Nebel geschah.
Wir wogen den Fang in Kisten ab, es waren 800 Pfund (580 I, 160 II, 60 III), 4 Steinbutt, 12 Dorsche, 80 Pfund Platen. An Butt sind es wohl 40 Stieg gewesen. Die Steinbutt taten wir alle ins Bünnnetz.
Der Nebel lichtete sich auf, aber der Wind nahm immer mehr zu. Mein Vater musste dem Motor mehr Brennstoff geben, denn wir fischten ja gegen See und Wind an. Nach zwei Stunden holten wir auf. Nach dem Aufholen musste wieder ein guter Fang im Netz sein. Als wir aber die Zeese einholten, war unser Unterblatt von der Zeese zerrissen, bis zur Naht des Edies. Ein Stück altes Eichenholz mit einem verrosteten Eisenbolzen drin, scheinbar ein Wracksstück, welches im Grund festgelegen und am Bolzen die Zeese zerissen ist. Es musste aber in der letzten halben Stunde geschehen sein, sonst wären wohl nicht 4 Quäste voll Fische drin gewesen.
590 Pfund (420 I, 130 II, 40 III), 4 Steinbutt und 70 Pfund Platen und 5 Pfund Dorsche.
Heute hatten wir unseren größten Fang gemacht, so lange wir in Burgstaaken fischten. 170 Stieg Butt mit einem Gewicht von 2.900 Pfund, 290 Platen, 225 Pfund Dorsch und 70-80 Pfund Steinbutt.
Wir hatten 35 80-Pfund-Kisten an Bord genommen, in denen wir nicht einmal unsere Butt unterbringen konnten. Dorsche, die wir schon eingewogen hatten, kippten wir wieder aus, mussten sie an Land noch mal wiegen. Es war ein Gesamtfang von 3.560 Pfund in 4 Drifts von je ca. zwei Stunden Fischzeit. Ich meinte zu Fiete Mumm: „Was meinst Du, wenn wir mit einem solchen Fang in Eckernförde ankämen und sagten, den hätten wir in 4 Drifts gemacht.” Er lachte und sagte: „Die Brüder wollen wir gar nicht mit so etwas erschrecken. Das könnte gefährlich werden.”
Trotz zunehmendem Nordost war es über Land doch noch sehr diesig. Beim Einlaufen hatte er auf 5-6 zugenommen und das Wasser im Hafen war um mehr als einen halben Meter gestiegen. Am Hafen waren viele Leute, es war ja Sonntag. Vier Mann von den Marinefischers hatten ihre Ölhosen an und halfen uns beim Löschen. Sie bekamen dafür die beiden Kisten mit der Sorte III.
Schwemm sagte: „Willi, das ist der größte Fang an Butt, der je von einem einzelnen Boot hier angelandet wurde, so lange ich den Fischhandel habe!”
Als wir mit dem Löschen fertig waren, fragten die Marinefischers, die ja alle Fischersöhne aus Pommern waren, drei aus Karlshagen, drei aus Wieck (Greifswald) und einer aus Peenemünde, die uns beim Löschen halfen, was sie für die Butt zahlen sollten. Mein Vater und Mumm sagten, dass sei so in Ordnung, weil sie ja mitgeholfen hätten. Bei einem solchen Fang sei das wohl über. Ihr könnt, wenn ihr nicht mehr zum Fang fahrt, wenn ihr Fische haben wollt, euch bei uns welche holen.
Die Steinbutt sollten wir erst mal in der Bünn lassen, meinte Schwemm. Denn wir kriegen erst mal für mehrere Tage Nordost. Das Wasser steigt ja immer höher. Nachdem Schwemm den Versand und Sonstiges erledigt hatte, kam er bei uns an Bord. Er lud uns ein zum Abendessen, seine Frau hatte alles vorbereitet. Er fragte, was wir noch an Steinbutt in der Bünn hätten. Fiete Mumm meinte, es können noch 70-80 Pfund sein.
Es gab ein Essen mit Schinken, Mettwurst, Leberwurst, Käse, Bier und einem guten Schnaps dazu. Es lief eine Unterhaltung über das Jahr 1907, als mehrere Eckernförde Fischer mehrere Jahre lang die Heringsnetzfischerei von Burgstaaken aus betrieben hatten nach dem fetten Sommerlaicher unterhalb Kathrinenhof, wo für diese Heringe ihr Laichplatz war. Die Fänge wurden von einem Dampfer der Weißen Linie aus Kiel abgeholt und nach Eckernförde wie auch mal nach Kiel gebracht. Es wurde erzählt, dass bei einem starken Nordweststurm von Windstärken von 8-9 und mehr die in Kisten verpackte Ladung Heringe restlos verloren gegangen sei und von der schweren See über Bord gespült worden sei. Am Schlimmsten betroffen sei Fiete Mumms Vater mit einem Großfang von 100 Kisten gewesen. Es seien 200 Wall der großen Heringe gewesen. Es wurde über das Verhalten von Kapitän Schütt gesprochen. Er habe nach Heiligenhafen einlaufen müssen und nicht gegen den Nordwest mit Gewalt angehen sollen, da ja auch sein Dampfer selbst allerlei Schaden erlitten habe.
Dann kam das Thema wieder auf die guten Fangergebnisse von heute und der letzten Wochen. Schwemm wunderte sich, dass nicht mehr Eckernförder vor Fehmarn fischten. Fiete Mumm sagte, die halten uns für verrückt, dass wir als Hungerleider hier die Fischerei betreiben. Ihre Meinung sei, wenn sie bei ihrer Arbeit hungern sollten, dann könnten sie auch genauso gut zu Hause bleiben und bräuchten sich nicht in der Ferne herumzutreiben.
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Schwemm fragte: „Habt ihr die ganze Zeit über, da ihr hier seid, schon mal gehungert? Danach seht ihr mir gar nicht aus!” Alle lachten. Es war ein vergnügter Abend. Um 23:00 Uhr gingen wir bei uns an Bord. Der Nordost stürmte mit 7-8, das Wasser war bis 1 Meter über Normal angestiegen, wir setzten noch eine Achterleune mehr auf. Es wurde sehr kalt.
Montag, der 7.10.1918
Aus Nordost wehte ein Kuhsturm, wie mein Vater sagte, der macht die ganze Buttfischerei wieder kaputt. Schwemm holte sich 30 Pfund Steinbutt, die anderen sollten wir man erst mal in der Bünn laufen lassen. Der Nordost würde bestimmt mehrere Tage andauern. Ich hatte heute morgen vom Milchmann 1 Liter Milch erhalten. Ich wusste, dass August mit ihm gesprochen hatte und merkte, dass er etwas wollte. So fing ich an mit ihm zu sprechen, wie es mal mit Buttermilch sei. Er könne dafür ja schöne lebendige Goldbutt haben oder einen Steinbutt, oder große Dorsche. Beim Wort „Steinbutt” horchte er auf, er meinte, dafür ließe sich schon was machen. Er hatte angebissen, jetzt ließ ich nicht locker. Ich sagte, dass er einen oder zwei große Steinbutt gleich mitbekommen könne, er könne mir auch
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einen großen Gefallen tun, wenn er ein Paket mit Fischen nach Vitzdorf mitnehmen und im Haus der Frau Hansen abgeben könne. Er sagte, das könne er gerne tun. Er sagte, in einer halben Stunde führe er zurück längst des Tiefeweges über Fahrensdorf. Ich solle ihm das Paket mit Fischen, wie auch die beiden Steinbutt nach dem Tiefeweg bringen, da fiele es nicht auf. Es brauche ja keiner zu sehen, und morgen bringe er mir erst mal ein paar Liter Buttermilch mit. So fing für mich der Kontakt mit dem Milchmann an. Ich erzählte es Fiete Mumm, dass ich mit dem Milchmann gesprochen und Verbindung aufgenommen hatte. Ich sagte, dass es für unsere Lebenshaltung eine gute Quelle sein würde. Er war mit allem einverstanden und ich solle es man so machen, wie ich es für richtig halte. Es sind noch genug Butt in der Bünn. Ich ketscherte anderthalb Stieg Butt und einen Dorsch zu 5 Pfund aus der Bünn, packte sie in einen Spoonkorb, riegelte ein Stück Netz darüber, 2 Steinbutt zu 5-6 Pfund packte ich in einen von unseren Segeltuchbeuteln, wovon mein Macker
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5 Stück für solche Zwecke fertig gemacht hatte, wenn ich auf Tour ging, und brachte alles zum Tiefeweg. Unterwegs traf ich August. Er fragte, ob es geklappt habe. Ich sagte soweit ja, der Milchmann habe angebissen. August sagte noch, ich würde sehen, dass es gut gehen würde, aber ich solle ihm gleich sagen, wenn wir nicht im Hafen seien, dass er es bei seiner Frau abgeben solle, die sei davon im Bilde. Und wenn etwas für uns abgegeben würde, bekämen wir von ihm Bescheid, es abzuholen. Nach etwa zehn Minuten kam der Milchwagen an. Ich erklärte dem Milchmann alles, zeigte ihm seine Steinbutt. Er war begeistert und meinte, für sowas ließe sich schon was machen. Er klopfte mir auf die Schulter und meinte, es käme alles in die Reihe. Er stieg auf seinen Wagen und ich ging zum Boot zurück. Ich hatte ihm noch zugerufen, Korb und Beutel wieder mitzubringen.
Etwas später ging ich zur alten Frau Gröndal, die eine kleine Hökerei hatte. Ich fragte, ob sie mal wieder Butt haben wolle. Sie sagte zu morgen 3-4 Stück zum Braten. Ich machte für sie die Butt gleich fertig und sauber für Topf oder Pfanne. Sie fragte mich, ob ich ihr nicht die Holzkisten im Stall zu Kleinholz für den Ofen machen könne, denn es würde des Abends doch schon recht kalt. Ich ging zum Hof, holte alle Kisten aus dem Stall und machte Kleinholz daraus. Es lagen vier Stücke Klafterholz im Stall, die ich zersägte und zu Brennholz machte.
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Nachdem ich alles Holz im Stall aufgestapelt hatte, räumte ich den Hof auf und ging zum Laden. Ich sagte Frau Gröndal, dass alles in Ordnung sei. Sie kam mit raus und sagte: gut hätte ich es gemacht, nun solle ich mal mit reinkommen, sie wolle mal sehen, was sie entbehren könne. Ich bekam ein ¾ Pfund Zucker, 1/2 Pfund Kunsthonig, ein großes Glas Johannisbeeren-Gelee, 1 Glas mit Pflaumen, ein paar Pakete Puddingpulver und für mich eine Tüte mit Bonbon. Sie war immer nett, hatte mir schon oft gegeben, was wir fürs Essen an Bord gebrauchen konnten. Als ich zum Hafen zurückkam, hatte der Tonnenleger „Wieck” mit 2 großen Leichtern an der Westseite im Innenhafen festgemacht. An Bord hatten sie schon zum Mittagessen auf mich gewartet, als ich meine Tüte öffnete, war das eine Freude, da wir endlich wieder Zucker hatten. Fiete Mumm sagte, wir bekämen morgen Buttermilch mit Klößen. Wir haben noch ein paar Eier dazu. Ich erzählte beim Essen, dass ich für Frau Gröndal sämtliche Kisten und Kästen zu Kleinholz gemacht hätte. Sie hätte gerne für morgen 3-4 Butt. Dann solle ich man welche zurechtmachen für die Frau, sagte mein Vater. Als Nachspeise gab es Milchsuppe mit Gerstengrütze, mit etwas Zucker abgeschmeckt. Es war ein Genuss.
Der Wind hatte mehr auf Ost gedreht und noch mehr zugenommen. So wollten wir in den Innenhafen verholen. Da lagen die Boote doch etwas ruhiger. Die letzte Nacht und heute morgen noch mehr wrangelte unser Boot doch ziemlich hin und her.
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Als wir am Nachmittag in den Innenhafen verholten, rief jemand vom Dampfer „Hallo Eckernföör!” Wir sahen hin, es war Johannes Paasch aus Eckernförde. Er rief zu uns rüber, dass er bei uns an Bord kommen wolle. „De wüll Bütt hemm”, sagte Mumm. Mein Vater fragte mich, was noch in der Bünn war. Ich sagte 50-60 Pfund sind wohl noch da, aber ich müsse morgen, wenn wir nicht auslaufen, 30 Pfund gebrauchen.
Wir lagen bei zwei Booten der Marinefischers längsseits. Das eine Boot gehörte einem, der uns gestern mit beim Löschen geholfen hatte. Es war keiner an Bord, wie einer vom anderen Boot sagte, sie waren über Land mit Butt, die sie sich bei Euch geholt hatten.
Nach einer Stunde kam Johannes Paasch bei uns an Bord und fragte nach Butt. Wir erklärten ihm, dass wir gestern geliefert hätten, es könnte ja sein, dass noch einige in der Bünn seien, da müssten wir erst mal nachsehen. Er erzählte, dass er als Koch auf dem Tonnenleger war und sie mit 3-4 Tagen rechnete, ehe sie wieder auslaufen konnten. Sie sollten eine Ladung Kohl und Gemüse holen, das die Fehmaraner Bauern anliefern sollten. Fiete Mumm sagte: „Wir sehen nach, was noch in der Bünn ist und bringen die Butt rüber, wenn es dunkel ist.” Paasch sagte: „Ihr bekommt eine Kanne mit gutem Schmieröl.” „Ist gut”, sagte mein Vater, „aber kein Zylinderöl, das können wir nicht gebrauchen.”
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Johannes Paasch blieb noch eine halbe Stunde bei uns an Bord. Es wurde über dies und das gesprochen. Der Krieg war seiner Meinung nach bald zu Ende. Es könne sich nur noch um ein paar Wochen handeln, denn überall auf den großen Schiffen der Marine sei dicke Luft. Es würde von Meuterei gemunkelt und von Erschießen, überall sei Urlaubssperre und große Patrouillen würden Tag und Nacht durch Kiel gehen. Als Paasch von Bord war, sah ich zu, was noch in der Bünn war. Es sind noch allerlei Butt da, sagte ich zu meinem Vater. „Dann ketschere mal 30 Pfund für Paasch heraus.” Ich zählte zwei Stieg, so wie sie waren, in einen Korb. die wogen 33 Pfund. Butt für uns selber und auch für meine Tour waren noch genug über.
Wie ich mit den Butt für Paasch an Land stieg und zum Tonnenleger gehen wollte, kamen gerade die Marinefischers von ihrer Hamstertour voll bepackt zurück. Ich fragte, ob es sich gelohnt habe. Sie sagten ja, sie hätten aber eine lange Tour hinter sich. Sie kämen über Landkirchen und das würde auch für uns sich lohnen. Ich fragte, wie lange man brauche von Burg bis Landkirchen. Eine gute Stunde, sagten sie. Wir könnten ja mit dem Zug um 10:00 Uhr von hier über Burg fahren und nachmittags um 18:00 Uhr seien wir dann wieder hier. Ich sagte, das würde ich mir überlegen. Sie sagten, solche Chancen zum Tauschen wie in Landkirchen gäbe es nirgends auf Fehmarn, sie hätten die anderen Dörfer alle abgeklappert und erlebt, wie sie sind.
Als ich an Bord vom Tonnenleger „Wieck” ging, hielt mich ein Matrose, der Deckswache hatte, an, und frage, was ich hier an Bord denn wolle. Ich erklärte ihm, dass ich zum Koch wollte. Da kam dieser selbst schon aus der Kombüse raus. Er nahm mir den Korb ab, ich wie auch der Matrose gingen mit in die Kombüse. Paasch schüttete die Butt in eine große Aluminium-Barkasse aus. Der Wachmann sagte bloß immer: „lecker, lecker, und ich Esel wollte dich nicht an Bord lassen!” Paasch meinte: „Nu töv mol'n Ogenblick, kannst glieks de Kann mit Öl mitnehm.” Es war eine 20-Liter-Kanne, die wir behalten konnten.
An Bord bei uns war August. Er fragte, ob er morgen früh die Steinbutt holen könne. Fiete Mumm sagte ja, wollten bloß nachsehen, was noch an Steinbutt im Netz sei. Es seien noch 9 Stück von 7-8 Pfund.
Abends gingen Mumm und ich nach Café Ehlers. Da herrschte Hochbetrieb, alles Bürger und Bauern aus Burg und Umgebung zum Kartenspiel. Hier war viel zu hören. Überall an den Tischen wurde getuschelt, gehandelt und wohl auch verschoben. Ehlers setzte sich auch eine Zeitlang bei uns an den Tisch. Er fragte, ob wir mal wider schöne Steinbutt hätten, drei Stück wir das letzte Mal, so bei 16 Pfund. Ja, sagten wir, es liefen von gestern noch einige in der Bünn, die könnten wir morgen früh vorbeibringen. Er sagte, er wolle schnell mit seine Frau sprechen. Nach kurzer Zeit kam er wieder und sagte, wenn es 3 Stück zu 6 Pfund das Stück wären, passte es gut, ob wir sie um 9:00 Uhr bringen könnten. Wir sagten ja, vorausgesetzt, dass die Witterung sich nicht bessern und wir zum Fang auslaufen würden. Er sagte, er müsse aber den Abend vorher Bescheid haben. Seine Frau könne ja bei Schwemm anrufen. Nach kurzer Zeit kam er wieder bei uns an den Tisch und sagte leise, seine Frau bäte uns zu ihr in die Küche. Sie habe etwas für uns. Erst wollten wir nicht, aber er ließ keine Ruhe, so gingen wir beide mit Ehlers zur Küche. Als wir reinkamen, begrüßte uns Frau Ehlers und sagte, wir sollten uns an den Tisch setzen. Sie meinte, wir sollten es uns gut schmecken lassen. Es sei vom Essen, das sie um 18:30 Uhr für alle Gäste gekocht hatte, es sei aber viel übrig geblieben. Wir bekamen jeder eine Gänsekeule, ein Stück Brust und Rotkohl und Kartofeln, dazu ein Glas Weißwein. Frau Ehlers, eine Fehmaranerin, nötigte uns, man gut reinzuhauen, so wie Seeleute es gewohnt seien. Sie fragte, ob wir zwei alleine fischten. Nein, sagte Mumm, wir seien drei Mann. Mein Vater gehe des Abends immer zu Schwemm rauf, aus Bekanntschaft von früher, weit vor dem Krieg, wo sie jeden Sommer 4-5 Wochen von Burgstaaken aus auf Heringe gefischt hätten. Sie sagte: „Jo, denn möcht ick ju doch ok een Stück von de Goos mitgeven, dat geiht doch wull ni anners.” Und so war es auch, sie packte meinem Vater ein ordentliches Stück Brustfleisch und auch noch sonstiges ein, was wir mitnehmen sollten. Wir beide hatten Mühe, das alles zu verzehren, was uns Frau Ehlers zugedacht hatte. Nach dem Essen bekamen wir beide noch zwei klare Schnäpse pro Mann. Sie setzte sich bei uns an den Tisch. Noch eine ganze Zeit hat sie mit uns geredet. Ich fragte, ob wir die Steinbutt gleich schlachten sollten, um Himmelswillen nein, meinte sei, das mache sie selbst, denn sie müsse ja gleich Portionsstücke schneiden. Kopf, Schwanz und Flossen würden ganz sauber gemacht, in Weißwein abgekocht und gewürzt, den Sud nachher mit für die Soße verwendet.
Wir erzählten, dass wir oftmals Margaretenbutt oder Aalbutt, wie sie auch bekannt waren, von 5-6 Pfund hätten, die noch dicker im Fleisch seien als die Steinbutt.
Vorige Woche haben wir uns davon einen zum Mittag gekocht. Die seien ganz weiß und fest im Fleisch und an den Flossen sei eine richtige Fettschicht. Uns habe dieser Butt sehr gut geschmeckt. Nach unserem Geschmack besser als ein Steinbutt, woran keiner bei uns an Bord viel Interesse findet. Frau Ehlers meinte, es liege natürlich an der besonderen und speziellen Zubereitung. Wenn wir mal einen solchen Butt hätten, sollen wir ihn ruhig vorbeibringen, dann würde sie ihn nach Steinbuttart zubereiten. Um 23:00 Uhr gingen wir an Bord, voll gesättigt vom Gänsebraten. Es war eine Königsmahlzeit.
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Dienstag, der 8.10.1918
Es wehte noch ein steifer Ostwind, der schon so richtig kalt war. Zum Auslaufen keine Witterung. Nachdem wir Kaffe getrunken, machte ich für Franz Ehlers gleich die drei Steinbutt klar, so blieben noch 6 Steinbutt für Schwemm im Bünnnetz. Ich hatte sie abgewogen, es waren noch 40 Pfund. Er wollte auch noch 20 Pfund große Butt mithaben. Mein Vater sagte: „Ketscher man alles was noch in der Bünn ist raus und setzte es ins Bünnnetz. Dann können wir ja sehen, was da noch an Butt ist.” Gleich darauf kam August und wollte das Fischwark raufholen. Ich hatte noch über 60 Pfund Butt ins Bünnnetz gesetzt. Ich suchte für Schwemm noch anderthalb Stieg große Butt aus, die 26 Pfund wogen und die 6 Steinbutt dazu. Die Steinbutt für Frau Ehlers wogen 17 Pfund. Als wir sie raufbrachten, war sie begeistert über die Gleichmäßigkeit der Steinbutt. Sie sagte, morgen Abend habe sie 12 Mann aus Burg zum Essen. Dann hätte ich die Butt ja viel zu früh gebracht, sagte ich, wenn sie morgen erst gebraucht würden. Nein, die Steinbutt müssen immer einen Tag liegen. Je fester würden sie im Fleisch. Ich sagte: „Bi uns an Bord, wenn se fung'n sünd, eenerlee wat Fisch dat is, ward se glieks torecht maakt, un eben för de Mittagstied in de Putt mit Soltwaader kookt, dat smeckt uns jümmer lecker. Wenn wi op See sünd, gifft dat jeden Dag Kookbütt, veer Stück von't beste op de Mann!” Sie meinte, dann hätten wir aber guten Appetit und fragte, was die Butt kosten würden. Sie musste das ja berechnen. Wir bekämen 0,75 Mark fürs Pfund und mehr kosteten ihre auch nicht. Und große Goldbutt kosteten 0,55 Mark, mittlere 0,35 Mark das Pfund. Sie sagte, das sei ja nicht viel. Ich sagte, wir Fischers seien froh, wenn wir diese Festpreise bekämen. Die seien für ganz Schleswig-Holstein festgelegt. Ich sagte, wenn sie mal Goldbutt haben wolle, solle sie den Abend vorher bei Schwemm anrufen. Sie brauche nichts von Butt zu sagen, nur dass einer zu ihnen kommen solle. Dann wüssten wir Bescheid.
Kaum war ich an Bord zurück, hörte ich den Milchwagen klingeln. Ich ging gleich mit unserem Milcheimer zum Wagen, wartete bis er seine Kunden bedient hatte, ich bekam zwei Liter Buttermilch. Er sagte, er habe noch etwas mehr für mich mit, ich solle aber es erst abholen, wenn er im Tiefeweg sei. Dort falle es nicht so auf. Ich könne auch noch einen Liter Vollmilch bekommen. Ich solle man die Buttermilch an Bord bringen, in einer knappen halben Stunde sei er da. Dann könne ich meinen Eimer wieder mitbringen. Nach 20 Minuten ging ich hinter Schwemms Gebäude herum zu dem letzten Haus am Tiefeweg. Ich ging an seinem Wagen vorbei, setzte mich gut 100 Meter hinter dem letzten Haus ins Gras und wartete. Ich bekam 1 Liter Vollmilch und 0½ Pfund Butter. Er sagte, ich solle bloß keinem Menschen etwas davon sagen. Er gab mir den Korb und Fischbeutel, von den Hansens sollte er grüßen. Er hatte für mich 1 Schwarzbrot zu 9 Pfund, 1 Weißbrot zu 4 Pfund, ein Stück geräucherten Speck, 10 Eier.
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Er fragte, ob ich zufrieden sei. Ich sagte, ja, gewiss. Dann kam er damit raus, ob er nicht auch mal Butt für den Meieristen mitbekommen könne. Er nehme gerne mal welche, natürlich für Gegengabe. Ich sagte, du kannst gleich heute welche mitbekommen. In einer Viertelstunde bringe ich Dir welche her. Er meinte, das sei gut, er warte hier und führe dann über Sahrensdorf zurück. Als ich zum Boot zurückging, traf ich meinen Macker Fiete. Er wollte zu Schwemm. Ich erklärte, was ich bekommen und was ich mit dem Milchmann besprochen hatte, er kehrte mit mir um, denn über zwei Boote mit den Sachen klettern ging schlecht. Auch sollte es ja nicht so auffallen. An Bord sammelte ich gleich 40 Stück der Mittelbutt im Spoonkorb und brachte diese zum Milchmann im Tiefeweg. Ich sagte, er könne sich ja auch noch welche abnehmen, es seien 40 Stück an Butt im Korb. Ich erklärte ihm nochmal, wenn er was brauche an Fischen oder etwas für uns mit hatte, es bei Schwemm oder bei August seiner Frau abzugeben, wo ich es mir abholen könne für Daniel, auch dort Bescheid sagen, wenn wir nicht im Hafen lägen, sondern auf See seien.
An Bord wieder angekommen sagte Mumm: „Geh bloß heute nicht auch noch nach Burg, wir haben von allem genug an Bord, wir müssen es erst mal verkonsumieren, sonst wird es uns noch miefig, für 8 Tage reicht es, dann gibt es wohl auch Gelegenheit, wieder etwas zusammenzubekommen.”
Auf der anderen Seite vom Hafen
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brachten die Fuhrwerke der Bauern schon seit dem frühen Morgen von ganz Fehmarn alle Arten von Kohl und Gemüse zusammen, um es in die Leichter zu laden. Ich sprach mit einem jungen Bauern über Tausch mit Kohl und Butt, er meinte, es ließe sich machen, aber wo? Ich sagte, du brauchst ja nur durchs Gehölz zu fahren, dort würde ich auf dich warten. Er sagte, eine Fuhre müsse er noch vor Mittag machen, so bei halb 12 nehme er dann den Weg durch den Busch. Ich sagte, ich würde ihn abpassen mit einem Weidenkorb, und jetzt würde ich die Fische holen. Das wäre gut, meinte er, so könne er auf dem Rückweg die Fische bei seinen Eltern abgeben, die eben außerhalb von Bug zum Weg nach dem Bauernhof wohnten. Denn die Fische sollen meine Eltern haben und nicht der Bauer, die haben genug zum Futtern.
Als er vom Hafen weg fuhr, stieg ich an Land mit dem Beutel, wo die Butt drin waren, wollte ihm an der Ecke von Unterhaus-Café den Beutel übergeben. Ich machte mich eben vor halb 12 auf den Weg zum Busch, so wie der Knecht es gesagt hatte, mit dem Weidenkorb. Fiete Mumm hatte ich Bescheid gesagt, wenn ich winkte, solle er kommen, um den Korb mit tragen zu helfen.
Es klappte alles wie abgemacht. Bloß, dass der Knecht noch einen Sack mit Rotkohl mitbrachte. Ich sprach mit ihm, wie es mit Sellerie, Porree und Petersilienwurzel sei, er sagte, dass würde er morgen erst erfahren. Ich sagte, dass sei schade, denn morgen wären wir auf See. Er meinte, wenn ich noch Fische hätte, könnte er sie mitnehmen und den Frauen geben, die dabei waren, das ganze Gemüse aufzunehmen.
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Der Knecht meinte noch, ich solle man den Sack mit Rotkohl ausschütten, dass er ihn wieder mitnehmen könne, dann könnten die Frauen beide Säcke voll von Gemüse machen. Da sei so viel von, dass es nicht auffiele. Er bringe es mit der letzten Fuhre Rotkohl heute Abend mit und lüde es hier im Busch ab. Ich könne es ja dann wegholen, das ginge in Ordnung. Ich sagte, ich ginge an Bord und holte die Butt in einem Beutel; den müsse er aber morgen wieder mitbringen. Wenn's nicht anders ginge, solle er ihn hinter einen Baum werfen, und ich würde mir den Beutel abends wiederholen. Ich brachte dem Knecht die Butt hin, als er vom Hafen wegfuhr.
Von Schwemm hatten wir uns sechs trockene 80-Pfund-Kisten geholt, die wir mit Kohl und Gemüse vollmachten. Die beiden Säcke voll Gemüse holten wir uns mit Schwemms Handkarre, wir verstauten die vollen Kisten auf dem Dammdeck und deckten es mit einer Persenning ab. Ich glaube nicht, dass jemandem aufgefallen ist, was wir an Bord verstaut hatten. Der Ostwind war am Nachmittag mehr und mehr abgeflaut und auf Norden zurückgedreht.
Mittwoch, der 9.10.1918
Morgens um 6:00 Uhr liefen wir aus, es war ein flauer Wind aus Nordwest. Die beiden Boote Peetz und Harressen und einige Marinefischers gingen auch in See. Wir waren gespannt, ob der Ostwind die Butt wieder vertrieben hatte, wie es meistens geschehen war.
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Wir liefen Südost ab, setzten nach 60 Minuten auch auf diesem Kurs aus, wie auch die Boote, die mit uns ausgelaufen waren. Es war nicht auf dem Fanggebiet, wo wir vor dem Sturm die großen Fänge hatten. Dort konnten wir immer noch zufischen, wenn wir alleine waren. Nach einer Viertelstunde merkten wir, dass unser Geschirr enger wurde, so sammelten wir gleich wieder auf. Als wir die Scherrbretter an Bord nahmen, saß viel vom roten Beerenkraut daran. So wussten wir, was los war. Auf unseren Wischenleinen saßen ganze Bündel von Blasentang und Beerenkraut auf und die ganze Zeese war voll davon. Der Nordost hatte dies ganze Gemüse vom Steingrund losgerissen und durch die Strömung auf den Weichengrund befördert. Alle Boote, die mit uns ausgesetzt hatten, erlebten dasselbe. Wir steckten eine andere Zeese vor und liefen 10 Minuten Südost hin, setzten dann auf diesem Kurs wieder aus. Die anderen Boote setzten nach Ost-Südosten aus. So fischten wir uns auseinander. Nach einer Stunde fischten wir allmälich nach Süd-Südosten zu. Es kamen vier Boote aus der Lübecker Bucht auf uns zu. Sie fragten, ob etwas zu fangen sei. Wir sagten, es sei der erste Drift, wir hätten es erst an der Steinkante versucht, hätten aber gleich wieder aufholen müssen, wir hätten so viel Schiet mitgehabt, dass wir eine andere Zeese vorgesteckt hätten. Den ganzen Schiet hatte der Nordost vom harten auf den weichen Grund gefegt.
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Wir fragten, wo sie die ganze Woche gefischt hätten. Sie sagten, es sei ja immer neblig gewesen, so seien einige Boot unter Klüz und welche südlich vom Walkürengrund gewesen und sie hätten bei 5-7 Zentnern ganz gute Ware gehabt. Mehrere Kollegen seien heute auch wieder dorthin gelaufen. Sie fragten, was für Boote es dort östlich von uns seien. Wir sagten, es seien Marinefischers und ein Boot aus Sonderburg und einer aus Apenrade, die jedenfalls, wie sie sagten, nach Warnemünde wollen würden. Er sagte, wie er sehe, setzten seine Kameraden schon aus, dann müsse er jetzt auch mal nach Osten zu aussetzen. Er meinte, da seien ja den ganzen Sommer über Butt zu fangen gewesen, dann würden da jetzt wohl auch welche zu fangen sein.
Zwei Stunden fischten wir auf unserem Kurs. Der Drift brachte 14 Stieg Butt ganz guter Ware mit 15 Pfund Stieggewicht. 2 Steinbutt, 3 und 4 Pfund, 2 Haie, 4 Dorsch und 25 Pfund Platen. Von hier aus machten wir einen Drift nach unserem alten Fangplatz zu. Nach zwei Stunden holten wir auf mit 16 Stieg Butt, 1 Steinbutt zu 5 Pfund, 6 Dorsch und 48 Pfund Platen, setzen dann auf Südkurs aus. So mussten wir dem steinigen Grund, östlich von Sagersbank ziemlich nahe kommen. Wir fischten wieder zwei Stunden. Der Drift brachte 22 Stieg Butt von der großen Rasse, 2 Steinbutt zu 5 und 6 Pfund, 10 Dorsch und 28 Pfund Platen. Wir setzten von hier auf Nordkurs aus, holten nach zwei Stunden auf mit einem Ergebnis von 23 Stieg der großen Butt, 3 Steinbutt 5-7 Pfund, 1 Margaretenbutt zu 4 Pfund, 7 Dorsch und 35 Pfund Platen. Wir hatten nun 75 Stieg Butt und liefen nach Burgstaaken zu, wo wir kurz vor 18:00 Uhr einliefen.
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Wir lieferten 1.235 Pfund Butt ab (880 I, 290 II, 65 III), 42 Pfund Steinbutt, 130 Pfund Dorsch und 148 Pfund Platen. Für den ersten Tag nach dem Ostwind war es doch ein gutes Ergebnis. Nachdem wir gelöscht hatten, sagte August zu mir, der Milchmann habe etwas für uns abgegeben. Wenn es schummerich würde, solle ich man hingehen und es holen. Musst aber deinen Milcheimer mitnehmen. Als es dunkel war, ging ich hin und holte es ab, was der Milchmann bei Augusts Frau für uns abgegeben hatte. Es war 1 Liter Milch, 1½ Pfund Käse, ½ Pfund Butter, 10 Eier, ein Schwarzbrot und ein Weißbrot und 2 Pfund Gerstengrütze. Für uns hatte es sich gelohnt. Es waren auch noch 3 Brote in Marken beim Käse dabei. Alle Beziehungen, die wir geknüpft hatten, hatten wir auch sorgfältig gepflegt - es war uns ja nie auf einen Stieg Butt oder sonstiges als unsere Gegenleistung angekommen. Vor allem wussten wir das Brot zu schätzen, was aus reinem Korn ohne Kartoffeln und sonstigem drin war, im Gegensatz zu dem Brot, dass es in Eckernförde gegen Marken gab.
Donnerstag, der 10.10.
Um 5:30 liefen wir aus. Es war leicht neblig und windstill. Von der Ansegelungstone liefen wir unseren Kurs ab zum Fangplatz, wo wir vor dem Sturm gefischt hatten. Wir mussten heute Nachmittag nach Heiligenhafen laufen - meine Mutter hatte einen Einschreiben-Brief von Küstenschutz-Kommando an meinen Vater zu Schwemm geschickt. Es handelte sich um letzte Forderungen der Entschädigungs-Charter der Marine an den Fahrzeugeigner, es musste am besten eine persönliche Aussprache stattfinden, da der Verband endgültig aufgelöst war, somit mussten die Entlassungen und Forderungen geklärt werden. Die Besprechungen konnten von 15:00-19:00 Uhr täglich stattfinden. Konnte der Eigner durch persönliche Vereinbarung nicht erscheinen, mussten die Forderungen notariell mit sämtlichen Einzelheiten und Unterlagen eingereicht werden. Der letzte Termin für die mündliche wie schriftliche Erledigung sei der 24.10.1918. Mein Vater hatte Schwemm unterrichtet, dass wir vor morgen Abend, wenn alles klar ging, nicht einlaufen würden. Um 6:30 Uhr setzten wir auf 21 Metern nach Süd-Südwesten aus, ließen den Drift so lange gehen, bis wir den harten Grund loteten. es war noch immer neblig, die Sicht war bei 1000 Metern. Nach 1¾ Stunden sahen wir unser Weedt an Steuerbord bei 100 Metern ab. Es war keine Flagge mehr dran. Der Drift brachte einen guten Fang von 28 Stieg großer Butt, 4 Steinbutt zu 3-7 Pfund, 18 große Dorsch und 48 Pfund Platen. Wir liefen unsern Weedt an und wechselten es aus. Der nächsten Drift auf Gegenkurs brachte in zwei Stunden einen Fang von 30 Stieg Butt, zwei Steinbutt 4-5 Pfund, 12 Dorsche und 57 Pfund Platen. Den dritten Drift machten wir knapp zwei Stunden. Als wir unseren Weedt eben passiert hatten, lotete ich 20 Meter und harten Grund. So stoppten wir ab und holten auf mit einem Fang von 32 Stieg der großen Butt, 5 Steinbutt 4-6 Pfund und einer 10 Pfund, 17 Dorsche und 62 Pfund Platen, die auch alle große waren. So setzten wir nochmals auf Gegenkurs nach Nord-Nordwesten aus. Bei 1½ Stunden holten wir auf. Es war noch sehr diesig und kein Land zu sehen, doch über uns war die Luft klar und die Sonne schien. Dieser Drift brachte 28 Stieg Butt, 2 Steinbutt zu 4-6 Pfund, 11 Dorsche und 48 Pfund Platen. Wir steuerten vom Fangplatz den Sund an, wollten unsern Fang in Heiligenhafen anlanden. Nach 20 Minuten kam Land in Sicht, bald danach passierten wir die Ansegelungstonne vom Fehmarnsund. Als wir westlich vom Sund waren, war es mit einmal klar. So liefen wir bei 18:00 Uhr in Heiligenhafen ein. Mein Vater hatte sich schon landklar gemacht und alle Unterlagen zurechtgelegt. Er erklärte uns noch, wie wir zur Fischabnahmestelle kämen. Wir hatten einen Fang von 118 Stieg in der Bünn. Über Fragen, wo und wie lange wir gefischt hatten, waren wir uns schon vorher einig geworden, nämlich dass wir im Belt gestern und heute bis 14:00 Uhr gefischt hatten. Es dauerte nicht lange, dann kamen die ersten der bekannten Fischer meines Vaters an. Er war ja immerhin dreieinhalb Jahre in Heiligenhafen beim Küstenschutz-Kommando stationiert gewesen. Sie sagten bei der Fischabnahmestelle Bescheid. Es dauerte nicht lange, dann war ein Wagen mit Kisten und Gewichten zur Stelle. Wir löschten gut 18 Zentner Butt (1.450 I, 355 II, 75 III), 250 Pfund Dorsch und 2 Zentner Platen und 35 Pfund Steinbutt. Die großen Steinbutt ließen wir im Bünnnetz.
Alle fragten nach meinem Vater. Wir erklärten, dass er zu einer Verhandlung im Büro vom Küstenschutz wäre. Wir sollten ihm bestellen, wenn er käme, er solle doch da und dort mal vorsprechen. Wir sagten, wenn er im Büro fertig würde, würden wir gleich wieder auslaufen wollen zum Sund, denn wenn es wieder Nebel geben würde, wie heute morgen, könnten wir vom Sund aus ja weiter laufen. Die Heiligenhafener sagten, hier hätten sie keinen Nebel gehabt, nicht bei Nacht und auch nicht am Tage. Wir sagten, es sei Nebel gewesen bis wir diesseits vom Fehmarnsund gewesen seien.
Es war 21:00 Uhr als mein Vater an Bord kam. Er erklärte uns die ganze Angelegenheit, die jetzt geregelt ist. Er meinte, es sei besser gewesen, dass er persönlich die Sache mit in Ordnung gebracht hätte, als wenn alles nur schriftlich geklärt worden wäre. Er sagte, dass er ein Fass von 200 Litern Petroleum bekommen habe, da er mit dem Fahrzeug hier eingelaufen sei. Wir könnten man einige Butt rausketschern und dem Mann mitgeben, der gleich mit dem Fass ankäme. Wir teilten ihm mit, dass hier viele nach ihm gefragt hätten und wo er hinkommen solle. Die ganze Familie Kruse sei hier gewesen. Mein Vater erklärte, er habe keine Lust mehr, irgendwo hinzugehen. Fiete Mumm sagte, dass wir erklärt hatten, dass wir gleich wieder auslaufen wollten, sobald er wieder an Bord sei.
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Gleich nachdem mein Vater gegessen hatte, kam das Fass angerollt. Wir nahmen einen Lukendeckel als Rampe und rollten es zu uns an Bord. Wir stellten es hochkant beim Backbordwant hin. Ich ketscherte zwei Ketscher voll Butt in eine Kiste. Mein Vater meinte, die solle er man mitnehmen und sich teilen. Der Mann mit dem Fass war ein Schreibers-Maat von der Schreibstube.
Mein Vater erzählte, was es mit der Sache auf sich hatte. Es handelte sich um das Chartergeld bis zum Ende vom August. Ab dem 1. September sei das Boot als vom Küstenschutz entlassen anzusehen und über den letzten August sei kein Chartergeld mehr bezahlt worden. Die Besatzungen der Boote, der Eigner sowie einer der Besatzung, der als Fischer tätig gewesen sei, seien nicht entlassen, sondern nur beurlaubt. Sie würden aber mit dem 15. Oktober ihre schriftliche Entlassungsurkunde vom Marinekommando erhalten. Alle beim Küstenschutzverband mit ihren Booten gewesenen Eigner und Fischer seien hierüber benachrichtigt, um sich mündlich oder schriftlich mit dem Auflösungskommando des Verbandes in Verbindung zu setzen. Es sei aber zu Unklarheiten gekommen, da verschiedene Bootseigner noch immer Chartergeld fordern würden für die Zeit, in der sie mit ihren Booten in ihren Heimatorten die Fischerei betrieben hätten. Er habe unterschrieben, dass er nach dem letzten August keine Chartergebühren mehr fordern würde, er habe aber 800 Mark für Instandsetzungsarbeiten für nach der Beurlaubung festgestellte Schäden am Bootskörper und Motor angefordert. Diese Forderung habe er mit seiner Unterschrift an das Abwicklungskommando eingereicht. Es würde eine schriftliche Benachrichtigung erfolgen. Fiete Mumm sagte: „Dat is denn jo man beder, dat de Krom mündli besprok'n, as wenn dat schriftlich maakt ward!” Wir wollten gerade zur Koje gehen, da bekamen wir noch Besuch. Es war der Fischer Hermann Kruse. Bis Mitternacht blieb er bei uns an Bord. Es wurde über dies und jenes gesprochen. Mein Vater sagte, es täte ihm Leid, seine Eltern und Brüder nicht besucht zu haben, dadurch, dass es auf dem Büro der Abwicklungsstelle so spät geworden sei. Er solle man alle grüßen und bei Gelegenheit würden wir mal wieder anlaufen.
Freitag, der 11.10.1918
Um 4:30 Uhr liefen wir aus Heiligenhafen aus. Es war etwas diesig mit flauem Südwest. Eben vor halb 6:00 Uhr passierten wir die Ansegelungstonne. Von hier aus liefen wir eine halbe Stunde Ost-Südost ab, loteten 21 Meter und setzten nach Süden zu aus. Nachdem wir 1 Stunde gefischt hatten, drehten wir allmählich auf Süd-Südwesten zu, bis wir unseren Weedt an Steuerbord voraus sichteten und fischten darauf zu. Als wir den harten Grund loteten, holten wir auf. In unserer näheren Umgebung war nirgends ein Fischereifahrzeug auszumachen. Im Osten über fünf Seemeilen ab waren vier Boote mit Segeln zu sehen. Der erste Drift brachte 26 Stieg Butt, 3 Steinbutt zu 4-6 Pfund, 11 Dorsche und 75 Pfund Platen.
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Den zweiten Drift auf Nord-Nordost brachte in zwei Stunden 28 Stieg Butt, 2 Steinbutt 3-5 Pfund, 8 Dorsch und 64 Pfund Platen. Der dritte Drift auf Gegenkurs brachte 30 Stieg Butt, 2 Steinbutt zu 6 und 8 Pfund, 1 Hai, 6 Dorsch und 50 Pfund Platen. Wir holten unseren Weedt auf und setzten es 200 Meter weiter südlich wieder aus. Wir liefen noch etwas südlicher ab, setzten dann nach Nord-Nordosten aus. Nach zwei Stunden brachte uns der Drift 29 Stieg Butt, 4 Steinbutt 4-7 Pfund, 14 Dorsch und 62 Pfund Platen. Um 16:30 Uhr liefen wir nach Burgstaaken. Wir hatten in den 4 Drifts 113 Stieg der großen Butt.
Wir löschten einen Fang wie in Heiligenhafen. Gut 1.850 Pfund Butt (1.400 I, 360 II, 80 III), 90 Pfund Steinbutt mit den Steinbutt von gestern, 260 Pfund Dorsch und 252 Pfund Platen. Wir waren fertig mit dem Löschen, als es mit einmal dicht von Nebel wurde. Im Hafen lagen sechs Marinefischerboote. Schwemm sagte, fünf der Marinefischer hatten Befehl erhalten, unverzüglich Kiel anzulaufen. Sieben Marinefischerboote und vier Travemünder waren um 5:00 Uhr ausgelaufen. Gestern hatten drei Marineboote und vier der Traveboote von 10-14 Zentner im Vergleich zu sonst ganz gute Ware an Butt abgeliefert. Von den Travebooten wird heute keiner mehr einlaufen, denn sie haben morgen Abend ihre Fischerei-Versammlung und die Marinefischers wollten nach Kiel, ob die auch Bescheid hatten, nach Kiel zu kommen, wusste er nicht. Die 6 Boote, die hier noch liegen, warten auch auf Order. Sie meinten, irgend etwas sei in Kiel los. Schwemm fragte meinen Vater, wie es in Heiligenhafen abgelaufen und ob wir dort gelöscht hätten. Wir sagten, ungefähr einen Fang wir hier sonst. Die beiden Boote aus Apenrade und Sonderburg hätten Kurs nach Warnemünde genommen, wie ein Travemünder gesagt hatte.
Als wir mit dem Abendessen fertig waren und an Deck gingen, hörten wir den Auspuff von einem Viertaktmotor der dem Klang nach ein Jörgensen-Motor aus Kiel war. Ich sagte zum Vater und zu Mumm: „Wisst ihr, wer das ist? Kein anderer als Kalle Rehbehn.” Bestätigt wurde es, als der Motor abgestellt wurde, da konnten wir klar und deutlich die Sprache erkennen von Kalle Rehbehn („Aaloog”), als sie miteinander redeten.
Sonnabend, der 12.10.18
Wir liefen um 6:00 Uhr aus. Es war noch knüppeldick von Nebel. Als wir die Außenmole an unserer Backbordseite passierten, sah ich ganz schwach durch den Nebel ein Fahrzeug dicht unter Land liegen. Wir liefen langsam im Bogen darauf zu, Es war Kalle Rehbehn mit K. Börnsen und K. Jarmer an Bord. Sie erzählten, dass sie gestern Abend hier auf einen großen Stein festgelaufen seien. Da es still gewesen sei, hätten sie sich schlafen gelegt, ohne einen Anker ausgeworfen zu haben. Jetzt gerade, als wir ankämen, seien sie vom Stein freigekommen. Wir fragten, ob sie mit zum fischen wollten oder wir sie zum Hafen bringen sollten. Sie sagten, dass sie mit uns zum Fischen wollen würden. Wir sagten „Dann schmeiß uns mal
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einen Tampen rüber, damit wir euch langsam von den Felsen, die hier überall liegen, abschleppen können. Ihr habt das Loch zur Einfahrt um höchstens 50 Meter verfehlt. Viel Glück habt ihr durch das stille Wetter gehabt, sonst hättet ihr bei auflandigem Wind auf Strand gelegen.”
Als wir etwas ab waren auf tieferem Wasser, holten wir Kalles Boot bei uns längsseits und liefen dann unseren Kurs zum Fangplatz ab. Nach 50 Minuten loteten wir 21 Meter und setzen auf Südkurs aus. Unsere Kameraden, von denen wir uns gelöst hatten, machten dasselbe. Sie waren bei 100 Meter an Backbord querab von uns, es war noch immer dicker Nebel. Beim Ablaufen hatten wir mit K. Rehbehn und seinen Mackers über alles, vom Fang und Fangplatz, vor allem aber über die gefährliche und schwierige Einfahrt bei unsichtigem Wetter und auflandigem Wind nach Burgstaaken gesprochen. Wir sagten: „Wir haben euch ja schon vorher gesagt, dass ihr die Einfahrt nur knapp verfehlt hattet. Die Außenmolen ragen bei normalem Wasserstand ja auch nur gut einen halben Meter heraus. Aber ihr hättet wenigstens versuchen müssen, vom Stein frei zu kommen und auf tieferem Wasser euren Anker auszuwerfen, da ihr doch keine Kenntnisse über Wassertiefe und die Grundverhältnisse zur Einfahrt nach Burgstaaken hattet. Euer Boot hätte schweren Schaden nehmen können!”
Den ersten Drift fischten wir zwei Stunden bis an den harten Grund heran. Den Drift mussten wir 5 Quäste übernehmen. K. Rehbehn holte mit uns auf und hatte drei Quäste übernommen. Wir hatten 31 Stieg Butt, 4 Steinbutt 4-8 Pfund, 11 Dorsche und 82 Pfund Platen. Der zweite Drift nach Nordost brachte in zwei Stunden 28 Stieg Butt, 3 Steinbutt 4-6 Pfund, 14 Dorsche, 76 Pfund Platen. Wir setzten den dritten Drift auf Gegenkurs aus. Während dieses Drifts klarte es auf. Als wir zwei Stunden gefischt hatten, sichteten wir unseren Weedt an Steuerbord 200-300 Meter voraus, ließen den Drift noch etwas länger gehen, holten dann auf mit einem Fang von 33 Stieg Butt, 4 Steinbutt 3-7 Pfund, 15 Dorsche und 81 Pfund Platen. Mein Vater meinte, es werde wieder so merkwürdig mit den Platen, danach ist es hier bald wieder mit den Goldbutt vorbei. Gewöhnlich ist das ja so, pflichtete Fiete Mumm bei. Der letzte Drift nach Nord-Nordosten brachte 31 Stieg Butt, 3 Steinbutt 6-7 Pfund, 14 Dorsche und 86 Pfund Platen. Kalle Rehbehn kam auf uns zugelaufen, als wir mit Kurs nach Burgstaaken liefen. Sie sagten, dass sie einen guten Fang von 90 Stieg hatten. Sie meinten, hier sei viel zu fangen und wirklich gute Ware. Sie wollten nicht mit nach Burgstaaken, sondern mit ihrem Fang nach Hause. Kalle fragte, was wir gefangen hätten. Fiete Mumm sagte: 124 Stieg.
Kalle Rehbehn: „Denn hefft ji uns over affblaust ? ” „Jo”, segg Mumm, „Kalle, wi fischt hier nu bald een veertel Johr un hefft uns Gescherr dor up instellt” „Hest Recht”, meen Kalle, und damit liefen sie nach dem Sund ab und wir waren wieder alleine. Wir landeten diesen Tag gut 20 Zentner Butt ab (1.530 I, 400 II, 70 III), 68 Pfund Steinbutt, 280 Pfund Dorsch und 334 Pfund Platen. Es war ein wirklich großer Fang.
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Dass Kalle Rehbehn nach Hause gelaufen war, konnten wir nicht begreifen. Ich sagte: „Die haben Angst vor dieser Einfahrt nach Burgstaaken bekommen.” Von den Marinefischers war keiner draußen gewesen. Sie holten sich die 70 Pfund Klasse III von uns. Sie hatten keine Lust mehr zum Fischen und wollten erst mal abwarten, was man mit ihren Kameraden machte, die nach Kiel beordert wurden. Sie sagten auch, wer wisse, was da alles los sei.
Zum Abendbrot gab es nach langer Zeit mal wieder geräucherten Hai, den wir gestern mit hatten. Es war ein Genuss. Zu Mittag hatte es heute zur Abwechslung statt gekochten Butt mal Dorsch gegeben. Mein Vater ging zu Fiete Beek. Er hatte ihn eingeladen und wollte etwas mit ihm besprechen. Beek hatte einen Brief von Carl Lorenzen bekommen.
Fiete Mumm und ich gingen nach Ehlers, wo wir in mehreren Tagen nicht gewesen. Ehlers bestellte sich gleich für Mittwoch 3-4 Steinbuttzu 5 Pfund das Stück, da sie Donnerstagabend wieder ein Essen hatten. Um 22:30 Uhr gingen wir an Bord. Mein Vater war eben vor uns gekommen.
Sonntag, der 13.10.1918
Es wehte ein leichter Südost 2-3, als wir um 6:00 Uhr ausliefen. Um 7:00 Uhr setzten wir am Wind aus, fischten zwei Stunden, der Drift brachte 23 Stieg Butt, 2 Steinbutt zu 3-7 Pfund, 6 Dorsche und 90 Pfund Platen.
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Den zweiten Drift liefen wir etwas nach Westen zu, setzten nach Nord-Nordosten hin aus. Dieser Drift brachte 24 Stieg Butt, 2 Steinbutt 5-6, 7 Dorsche und 75 Pfund Platen. Den 3. Drift setzten wir nach Süd-Südwesten hin, er brachte uns 30 Stieg Butt, 4 Steinbutt 3-8, 11 Dorsche und 75 Pfund Platen. Durch diesen Drift stellten wir fest, dass anscheinend nach Westen zu etwas mehr Butt lagen, obgleich über die gesamte Fläche gute Fänge an Butt zu machen waren. Es war ganz klare Sicht, aber nirgends ein Fahrzeug auszumachen. Der vierte Drift machten wir nach Nord-Nordosten hin, der Wind hatte etwas zugenommen und noch mehr auf Ost gedreht. Der letzte Drift brachte 30 Stieg Butt, 2 Steinbutt zu 4-6 Pfund, 9 Dorsche und 78 Pfund Platen.
Wir hatten einen Fang von 107 Stieg Butt, die an Gewicht 1.750 Pfund brachten (1.370 I, 320 II, 60 III), 50 Pfund Steinbutt, 160 Pfund Dorsche und 325 Pfund Platen. Wohl gute 20 Pfund Steinbutt ließen wir im Bünnnetz, wie auch ¾ Zentner Goldbutt in der Bünn laufen. Für alle Fälle, wenn Schlechtwetter wurde und wir nicht zum Fang kamen.
Montag, der 14.10.
Es wehte ein steifer Nordost, also blieben wir im Hafen, denn gewöhnlich um diese Jahreszeit nimmt der Ostwind über den Tag noch mehr zu. Wir wollten heute morgen gleich Rohöl übernehmen. So hatten wir eine Woche Ruhe und brauchten das nicht abends noch nach dem Löschen zu tun, denn es wurde schon immer früher dunkel.
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Um 8:30 Uhr passte ich den Milchwagen ab, um etwas Milch zu bekommen. Ich wollte vor allem den Milchmann fragen, ob er Fische mitnehmen konnte. Er wusste ja, wohin damit. Ich bekam meine Milch und die Fische sollte ich man klar machen und ihm geben, wenn er im Tiefeweg war. Für den Milchmann selbst machte ich auch welche klar. So brauchte ich ja nicht selbst nach Vitzdorp. Es war immer eine lange Tour. Am Vormittag besuchte ich den Hökerladen von Frau Grönwald und brachte ihr 6 zurechtgemachte Goldbutt. Ich bekam von ihr etwas Puddingpulver, ein halbes Pfund Zucker, etwas Gewürz und eine große Flasche von selbst gemachtem Johannisbeersaft. Alles, was wir gut gebrauchen konnten. Anschließend nach Kölln sein Kohlenlager, um zwei Sack Brikett zu holen, denn es wurde schon recht ungemütlich und kalt, und wenn den ganzen Tag geheizt wird, geht doch allerlei aus den Schornstein raus. Zu Mittag gab es dicke Gerstengrütze mit Milch. Es war immer mal etwas Besonderes.
Nach dem Essen machte ich mich klar für die Tour nach Burg. Um eben vor 16:00 Uhr war ich wieder zurück. Es hatte sich gelohnt. Unsere Abrechnung von Heiligenhafen war bei Schwemm angekommen. Es war ein guter Fangertrag. Abends gingen wir zu Ehlers hin, ließen uns Kaffe und Kuchen gut schmecken. Frau Ehlers
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war besorgt um ihre Steinbutt, wenn es weiter so stürmen sollte. Fiete Mumm sagte, wir haben etwa 5 Stück Steinbutt im Bünnnetz laufen. Um 22:00 Uhr gingen wir an Bord.
Dienstag, d. 15.10.
Der Ostwind wehte noch 4-5, so blieben wir im Hafen, denn es kam ja wirklich nicht auf einen Tag an. Der Milchmann brachte heute morgen allerlei Essbares mit. Er sagte, um 8:30 Uhr sei er im Tiefeweg, ich solle die Milchkanne mitbringen. Als ich es abholte, war es wieder Allerlei an Brot, Mehl, Grütze (Gerste und Buchweizen), ein halbes Pfund Butter, ein halbes Pfund fetter, geräucherter Speck. Eine geräucherte Lungenwurst, drei große Grützwürste und einen Liter Vollmilch. Etwas Abwechslung für unsere Bordküche. Wir überholten unser Geschirr, wo nötig besserten wir es aus. Nachmittags ging ich zu Ehlers rauf um zu fragen, ob es mit den Steinbutt passen würde. Frau Ehlers sagte, wenn wir 4 Steinbutt zu 5 Pfund hätten, wäre es ihr lieb. Denn es seien ein paar Gäste angemeldet. Ich ging gleich zum Hafen, holte ihr vier gleichmäßige Steinbutt, die 21½ Pfund wogen. Ich sagte: „20 Pfund zu 75 Pfennig das Pfund.” Sie gab mir 15 Mark, 3 gute Zigarren und 3 Stücke Torte mit für den Nachtisch, wie sie sagte.
So hatten wir heute diesen Hafentag voll ausgenutzt. Der Ostwind flaute immer mehr ab und drehte auf Süd-Südost zurück.
Mittwoch, der 16.10.1918
Um 6:00 Uhr liefen wir aus, es war ein flauer Süd-Südwest. Die Luft war blank und klar, eben nach 7:00 Uhr setzten wir auf 21 Metern aus, mit Kurs nach Süd-Südosten. Es lief noch eine ziemliche Dünung. Nach einer Stunde drehten wir langsam auf Süd-Südwesten ein, nach zwei Stunden holten wir auf. Unser Weedt stand 200-300 Meter an Steuerbord im Nordwesten. Der Drift brachte 15 Stieg Butt, 1 Steinbutt zu 5 Pfund, 16 Dorsche und 95 Pfund Platen. Da es sehr sichtig war, liefen wir etwas nach Süd-Südosten ab, bis wir unsere Landmarken in Peilung hatten. Wir loteten 20½ Meter mit weichem Grund, setzten auf Ost-Kurs längst der Steinkante aus, fischten anderthalb Stunden und holten auf. Der Drift brachte 19 Stieg große Butt, 3 Steinbutt zu 5-7 Pfund, 21 Dorsche und 45 Pfund Platen. Über die Dorsche waren wir gar nicht so erbaut, denn sie können durch ihren Auftrieb die Zeese beim Fischen etwas vom Grund abheben und so den Buttfang beeinflussen. So beschwerten wir die Zeese, wie auch die Hahnepoten mit kleinen Ketten und Bleistücken. Den dritten Drift machten wir auf Gegenkurs nach Westen aus, bei gut anderthalb Stunden hatten wir den harten Grund erreicht, holten auf mit einem Fang von 21 Stieg Butt, 2 großen Steinbutt zu 7-8 Pfund, 18 Dorsche und 50 Pfund Platen. Es war ein guter Drift. Die Butt wogen gut 18 Pfund das Stieg. Wir setzten nach Osten zu wieder aus, drehten bei einer Stunde langsam auf Nord-Nordosten zu, denn es kamen 7-8 Boote mit Segeln auf etwas ab von Dahmeshöft in Sicht. Es waren jedenfalls die Travemünder. Noch konnten sie uns nicht gesichtet haben, da wir ohne Segel fischten. Diesen Drift ließen wir zwei Stunden gehen. Er brachte 22 Stieg Butt, aber nicht solche großen wie die beiden Drifts vorher. Außerdem 2 Steinbutt zu 4 und 5 Pfund, 1 Margaretenbutt zu 4 Pfund, 19 Dorsche und 85 Pfund Platen. Weiter von den Steinen ab lagen doppelt so viele Platen.
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Eine Viertelstunde nachdem wir eingelaufen waren kamen auch die Traveboote an. Es waren zwei ganz neue Boote dabei. Wir löschten 1.380 Pfund Butt (1.080 I, 250 II, 50 III), 51 Steinbutt, 380 Pfund Dorsche und 275 Pfund Platen.
Es dauerte nicht lange, dann kamen auch schon die Travemünder Fischer bei uns an, um sich zu erkunden nach dem Fang. Sie waren in 8 Tagen nicht mehr in Staaken gewesen, sie staunten wie immer und diskutierten über die gute Ware, die wir abgeliefert hatten. Sie fragten, wo wir gefischt hättem, denn ein Burgstaakener habe es ihnen schon erzählt, dass wir die letzte Zeit sehr gute Fänge von bester Qualität abgeliefert hätten. Wir erklärten, dass wir Südost abgelaufen und nach Süd-Südosten und Süden hingefischt hätten. Wir seien alle Tage alleine auf See gewesen. Wir fragten nach den neuen Booten, sie sagten, das Boot mit dem großen Sprung gehöre Peter Kelling mit einem 15 PS Apenrader Callesen-Motor drin. Das andere Boot hatte einen 20 PS-Deutz-Motor drin und gehöre Howald, es kämen aber noch ein paar neue Boote mehr, die aber noch nicht Seeklar seien. Es habe lange Verzögerungen mit der Lieferung der Motoren gegeben. Einer sagte, Peter Kelling sei gleich mit seiner Besatzung zu seinem Freund Friedrich Evers raufgegangen, um das neue Boot einzuweihen, was er aber auch schon drei Tage lang in Travemünde gemacht habe.
Donnerstag, der 17.10.1918
Es war leicht neblig, als wir um 6:00 Uhr ausliefen.
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Vier Traveboote waren schon vorher ausgelaufen. Drei Boote liefen mit uns aus. Peter Kelling blieb im Hafen. Die saßen noch in der Wirtschaft von Frau Evers zu trinken.
Wir liefen Südost ab, setzten auf 21 Metern nach Süden zu aus. Die drei Traveboote setzten in Lee von uns auf denselben Kurs mit aus. Von den anderen 4 Booten war nichts zu sehen. Es war ziemlich diesig. Wir fischten zwei Stunden und hatten 18 Stieg Butt (15 Pfund das Stieg), 2 Steinbutt zu 3-5 Pfund, 15 Dorsche und 1 Zentner Platen. Die Traveboote hatten schon bei anderthalb Stunden aufgeholt und auf Gegenkurs wieder ausgesetzt.
Wir beratschlagten, ob wir auf Westkurs, wo wir gestern die großen Butt hatten, oder erst noch mal auf Nordkurs gehen sollten. Wir entschlossen uns für das letztere. Den 2. Drift ließen wir anderthalb Stunden gehen, hatten 17 Stieg Butt. Zwei Steinbutt zu 6 Pfund, 16 Dorsche und 82 Pfund Platen. Die drei Traveboote konnten wir eben an Backbord voraus ausmachen. Es schien, als wären sie auf Gegenkurs. Deshalb setzten wir auf Süden zu West-Kurs aus und fischten zwei Stunden. Die Traveboote fischten auf Nordkurs, die anderen 4 Boote konnten wir jetzt ausmachen im Nordosten, aber weit ab von uns. Im 3. Drift hatten wir 22 Stieg Butt, die schon etwas größer waren als vorher, einen Steinbutt zu 5 Pfund, 16 Dorsche und 65 Pfund Platen. Dorsche waren die letzte Zeit über den ganzen Fangplatzflächen mitzufangen; in den ersten Wochen, als wir hier fischten, waren ja keine Dorsche zu sehen gewesen. Den letzten Drift setzten wir auf Nordkurs aus, fischten zwei Stunden, hatten 25 Stieg Butt, 3 Steinbutt zu 4-6 Pfund, 2 Margaretenbutt, 24 Dorsche und 94 Pfund Platen.
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Wir liefen dann nach Burgstaaken zu, wie auch die Traveboote, als sie aufgesammelt hatten. Wir löschten 1.360 Pfund Butt (900 I, 380 II, 80 III), 45 Pfund Steinbutt, 340 Pfund Dorsche und 284 Pfund Platen. Die drei Traveboote, die bei uns gefischt hatten, hatten dieselben Fänge von 11-14 Zentnern, bloß dass sie in den Fang von 160-180 Pfund Sorte III mit hatten und 2 Zentner Schweinefutter. Der Unterschied in der Qualität lag natürlich an den engmaschigen Zeesen, die von den Travebooten benutzt werden. Die Travemünder sahen es diesmal selber ein, da wir doch auf ein und demselben Gebiet gefischt hatten. Es war auffallend in der Sortierung zu sehen. Zwei von den vier Booten liefen anderthalb Stunden später ein mit Fängen von 15-16 Zentnern, aber kleiner Ware. Zwei Boote waren nach Hause gelaufen. Peter Kelling und seine Mackers begossen noch immer das neue Boot bei Evers.
Freitag, der 18.10.1918
Als wir eben nach 6:00 Uhr ausliefen, war es ziemlich diesig. Eben nach 7:00 Uhr setzten wir auf 21 Metern nach Südosten aus. Die fünf Traveboote setzen an Backbord von uns auf demselben Kurs aus.
Den ersten Drift fischten wir zwei Stunden und er brachte einen Fang von 21 Stieg Butt, 3 Steinbutt 4-7 Pfund, 1 Margaretenbutt zu 5 Pfund, 14 Dorsch und 79 Pfund Platen. Wir setzten auf Gegenkurs aus. Die Traveboote hatten schon früher aufgeholt und fischten auf Nordkurs bis auf 2 Boote, die nach Osten zu fischten. Der zweite Drift brachte 20 Stieg Butt, 1 Steinbutt 5 Pfund, 11 Dorsche und 92 Pfund Platen. Zwischen den Dorschen war einer, der 14 Pfund wog.
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Drei Traveboote fischten auf Süd-Südost-Kurs. Wir setzten auf Südkurs aus. Wir waren noch beim Einwiegen, da sagte mein Vater plötzlich: „Kiek mol, dor kümmt een Boot op uns tolopen, mit een Bugwell as wie bi een Damper!”
Ich sagte: „Dat is doch Peter Kelling!” Als er knapp 100 Meter vor uns entfernt war, drehte er nach Backbord ab und wir sahen, dass Kelling wie auch Evers beide eine Flinte in der Hand hatten. Dann liefen sie damit zum Bug und schossen auf unser Segel! Jeder mit zwei Schüssen. Wir schimpften und drohten mit den Fäusten, aber das störte sie nicht. Sie luden nur ihre Flinten, drehten nach Steuerbord um uns herum, winkten uns jeder mit einer Schnapsbuddel zu und tranken sie aus. Dann warfen sie die leeren Flaschen über Bord und schossen mit 2 Doppelschüssen danach. Die Schrotkugeln peitschten achtern an uns vorbei. Wir drohten und schimpften weiter, aber das schien sie nur noch mehr zu erheitern. Nun begannen sie tatsächlich auf Deck zu tanzen, mit ihren Flinten als Tanzpartnerinnen. Dann drehten sie ab und liefen auf die Travemünder Boote zu, die 500 Meter östlich lagen. Einer davon war Hans Kelling, der Bruder von Peter Kelling. Nun konnten wir beobachten, wie sie unter Volldampf im Zickzack zwischen den Booten herumfuhren, und dabei die Flinten knallten, als wenn ein Gefecht stattfinde, und nun fingen sie an, in Kreisen um die Traveboote herumzufahren. Wir sahen, dass Hans Kelling aufholte und auf sie zulief, was dazu führte, dass sie plötzlich abdrehten und nach Staberhuk zuliefen. H. Kelling lief seine Kameraden an, und schien mit ihnen zu sprechen über den Blödsinn von seinem Bruder.
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Unser dritte Drift brachte 25 Stieg Butt, 2 Steinbutt zu je 5 Pfund, 1 Hai, 9 Dorsche und 96 Pfund Platen. Die beiden Traveboote fischten auf Nord-Kurs. Wir liefen etwas nach Südwesten ab. Ungefähr 10 Minuten. Dann setzten wir nach Norden aus. Dieser Drift brachte den besten Tagesfang: 26 Stieg Butt, 5 Steinbutt zu 4-7 Pfund, 26 Dorsche und 68 Pfund Platen. Bei den Steinen waren die Platen weniger als weiter ab. Nach diesem Drift liefen wir nach Staaken.
Wir löschten einen Fang von 1.465 Pfund Butt (980 I, 385 II, 70 III), 310 Pfund Dorsche und 335 Pfund Platen. Die Steinbutt wie auch 50 Pfund Butt hatten wir ins Bünnnetz gesetzt. Die Fänge der letzten Tage waren doch ziemlich gleichmäßig gewesen, wie auch das Fischen von Staaken aus. Bei Tag zum Fang und bei Tag wieder zum Hafen und vom Hafen bis zu den Fangplätzen, wo wir fischten, brauchten wir von gut einer halben bis zu einer Dreiviertelstunde und auch mal eine Stunde, wie auch dieselbe Zeit wieder zum Hafen, vorausgesetzt, dass die Witterung danach war.
Hans Kelling lief auch nach Staaken zu, die anderen beiden Boote fischten auf Südkurs, wollten anscheinend nach Hause. Ein Boot kam mit Segeln auf von Südosten mit Kurs auf Staaken in Sicht. Als wir im Hafen einliefen, lagen dort 10 Boote der Marinefischer, dazu Peter Kelling, dessen Motor noch lief, aber wo keiner an Bord war.
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Beim Löschen kamen einige Marinefischers zu uns, die uns des Öfteren schon geholfen hatten. Sie fassten gleich wieder mit an, fragten nach der Kiste der Sorte III. Wir sagen ja. Als wir mit dem Löschen fertig waren, kamen sie bei uns an Bord, fragten, ob wir in der Zeit wo sie in Kiel waren, etwas gefangen hatten. Wir erzählten, dass unsere Fänge im Durchschnitt so wie heute gewesen seien. Wir seien nach Südwest abgelaufen und hätten nach Süd-Südosten und Süden zu gefischt. Mein Vater fragte, was sie in Kiel sollen würden. Sie erzählten, sie seien erst mal für vier Wochen mit Proviant, Tauwerk und von allem was zu gebrauchen sei, ja sogar Segeltuch für ihre Segeln, wo sonst gar nicht an zu denken war, an Schäkeln und Kauschen und sonstigem Kleinkram ausgerüstet worden.
Sie seien auf Abruf wieder nach Staaken beordert worden. Alle Fahrzeuge, die für die Marine fischten oder sonst eingesetzt wurden, seien hier in Staaken einlaufen um sich hier zu sammeln. Auf Fischfang dürften sie aber nicht mehr fahren. Es könne jeden Tag der Befehl kommen, nach Hause auszulaufen, danach ginge der Krieg bald zu Ende. Wenn der Krieg vorbei sei, würde jedenfalls Kiel besetzt und dann würden alle Fahrzeuge und Schiffe, die der Marine unterstellt gewesen waren, beschlagnahmt werden. Deshalb würden sie vermuten, dass sie sich von hier aus rechtzeitig absetzen könnten. In Kiel ist für alle Urlaubssperre; auf den dicken Pötten sei schon allerhand losgewesen. Sie fragten, wenn sie hier noch etwas liegen sollten, ob sie sich dann mal paar Fische bei uns holen könnten.
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Mein Vater sagte ja, zu jeder Zeit. Er erklärte, dass unser Boot vom ersten September ab freigestellt sei. Alle Fischerboote von Ost- und Nordsee die beim Küstenschutz- und Sicherheits-Kommando gewesen waren, seien freigegeben. Die Besatzungen, die beruflich bei der Fischerei tätig gewesen seien, könnten sich seit dem 15. Oktober als entlassen betrachten. So habe er vor gut 8 Tagen Order bekommen. Die Marinefischers sagten, sie hätten so viel Tauwerk an Bord, das doppelt und dreifach vorhanden war. Sie würden uns von allem, was wir brauchen könnten, etwas abgeben wollen. Wir könnten zwei Rollen mit je 110 Metern 14 mm starken und hart geschlagenen geteerten Hanfleinen, eine Rolle 16 mm Hanfleine für Fallen, 1 Rolle 220 Meter Manila 26 mm und eine Rolle Manila 22 mm 220 Meter bekommen, wie auch Schäkel, Wirbel und Kauschen in groß und klein. Wir sagten, gebrauchen könnten wir alles, „Sagt Bescheid, was es kosten soll, es wird bezahlt.” Sie sagten, das Bezahlen würde in Ordnung gehen. Sie brächten, wenn es dunkel sei, alles an Bord. Es brauche ja nicht jeder zu sehen. Hans Kelling kam auch noch bei uns an Bord. Er sagte, was sein Bruder sich in seinem Suff erlaubt habe, sei unerhört. Er würde ihm noch die Leviten lesen, wenn er wieder nüchtern sei. Peter sei schon wieder bei Evers, er habe erst mal den Motor abgestellt, denn im Boschöler sei bald kein Tropfen Öl mehr drin gewesen. So wäre der neue Motor gleich im Arsch gewesen. Er habe auch nach Hause gewollt, aber nach diesem Theater mit seinem Bruder hatte er hier ja erst mal nach dem Rechten sehen müssen, und ihn gleich von Evers abholen
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und ihn an Bord bringen müssen. Es sei heute der sechste Tag, dass sein Bruder nicht mehr bei Verstand sei. Tag und Nacht habe er immer nur gesoffen. Er wolle uns bitten, von einer Meldung und Anzeige abzusehen. Wir sagten, da solle er sich keine Sorgen machen, denn sowas käme bei uns nicht in Frage.
Das Boot, welches mit Segeln aus Südosten kam, war Christian Peetz, der von Warnemünde kam. Er sagte zu uns, dort habe es ihm nicht gefallen, er würde seine Sache jetzt in Heiligenhafen in Ordnung bringen und dann auch von Staaken aus fischen.
Wir waren gerade mit dem Abendbrot fertig, als die Marinefischers mit allerlei Tauwerk ankamen. Es war sehr viel. Sie sagten, wir hätten doch Verwendung dafür. „Ja, gewiss”, sagte Fiete Mumm, „aber könnt ihr es entbehren? Ihr könnt es ja selbst in der Fischerei gebrauchen.” Sie erklärten, in dieser Sache hätten sie schon längst vorgesorgt. Einer sagte, sie hätten die ganze Zeit, als wir hier von Burgstaaken aus gefischt hätten, uns bewundert, wegen der großen Fänge Tag für Tag und wegen der Qualität, die wir hier angelandet hätten. Wir hätten sie viele Male aus dem Loch geschleppt, und wenn sie etwas gefragt hätten, hätten wir immer Auskunft gegeben, und wenn sie nach Butt gefragt hätten, hätten sie von uns immer welche bekommen, während keiner von den sonstigen Fischern ihnen je eine Antwort auf ihre Fragen gegeben habe. Dies hier solle ihr Dank an uns sein.
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Wir meinten, es sei alles gut und schön, aber ohne Bezahlung könnten wir es doch nicht annehmen. Alle sechs Mann sagten mit einmal, dass hätten wir längst bezahlt und gut gemacht und wenn wir noch etwas bräuchten, wir zu ihnen kommen und es uns holen sollten. Wir sagten unseren besten Dank und dass sie, solange sie noch hier seien, Fische holen könnten, wenn sie welche bräuchten.
So hatten wir genug zu tun, das ganze Tauwerk trocken zu verstauen. Die Hanfleinen konnten wir sehr gut als Schleppleinen gebrauchen, denn unsere Leinen, die wir hier schon 3 Monate lang Tag für Tag gebraucht hatten, waren doch ziemlich strapaziert. Auch unsere Wischenleinen waren sehr mitgenommen. Wir hatten schon immer davon gesprochen, dass wir bei Gelegenheit zum Reepschläger wollten, um zu sehen, was er an brauchbarem Tauwerk hatte.
Sonnabend, der 19.10.1918
Es war ein neblig frühes Wetter mit leichtem Südwest, als wir um 6:30 Uhr ausliefen und um 7:30 Uhr auf Süd-Südwest-Kurs aussetzten. Wir waren etwas weiter abgelaufen um an die Südwestkante der Steine zu kommen. Nach 1¼ Stunden loteten wir noch 22 Meter, etwas später 21 Meter und nach zehn Minuten gut 20 Meter und harten Grund. Wir holten auf mit einem guten Fang, aber mit viel mehr Dorsche als sonst. Wir setzten unseren zweiten Weedt aus, um einen Anhalt zu haben, mussten sechs mal durchnehmen ? , liefen ein wenig ab und setzten Ost zurück aus und loteten uns längs der Steinkante, denn die großen Butt, die hier um die Steinkante lagen, sind schon ein Anzeichen von den großen Winterbutt, die von den harten Gründen nach den weichen Gründen runterwanderten. So meinte mein Vater, wie auch Fiete Mumm, da wir scheinbar allein auf weiter Flur seien und die Sicht knapp eine Seemeile beträge, würden wir versuchen wollen, mal wieder nördlich des Steingrundes, der sich weit nach Osten streckte, entlang zu fischen. Mehrmals hätten wir Glück gehabt und hier sehr gute Fänge gemacht.
Den ersten Drift hatten wir 452 Pfund Butt (340 I, 90 II, 22 III), 180 Pfund Dorsche und 3 Steinbutt ausgewogen. Rund 20 Pfund Butt hatten wir ins Bünnnetz gesetzt. Zwischen den Platen waren vereinzelt wleche von den großen Zungenplaten dabei. Wir setzten auf West zu Nord wieder aus, die Sicht wurde etwas besser. Es fing an zu nieseln und der Südwest frischte mehr auf. Dieser Drift brachte 470 Pfund (380 I, 70 II, 20 III), 4 Steinbutt, zwei zu 5 Pfund, zwei zu 8 Pfund. Außerdem 70 Pfund Platen und 110 Pfund Dorsche. Nach einer Stunde und 50 Minuten sichteten wir unser zweites Weedt an Backbord. Wir probierten es in 150 Meter Abstand, loteten 22 Meter. Wir gingen langsam einen halben Strich höher und loteten 21½ Meter. Es regnete Bindfäden. Unsere vollen Kisten hatten wir mit einer Persenning abgedeckt. Wir fischten von unserem Weedt ab noch 20 weitere Minuten, ehe wir 20 Meter loteten und harten Grund hatten. Diesen Drift mussten wir 7 mal durchnehmen ? Wir wollten erst ausscheiden, setzten aber noch mal nach Nordosten aus. Direkt vorm Wind wollten wir eigentlich Ost zu Süd fischen, aber mit den vollen Kisten an Deck und der Quersee war das nichts.
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Der Südwest hatte auf 5 zugenommen, der 3. Drift brachte einen Fang von 580 Pfund Butt (460 I, 90 II, 30 III), 3 Steinbutt zu 4-8 Pfund, 80 Pfund Platen und 160 Pfund Dorsche. Von den Platen waren ein Drittel große Zungenplaten, von denen machte Mumm zwölf Stück rein. Die wollte er dann, wenn wir im Hafen waren, kochen.
Nach einer Stunde Fischzeit drehten wir langsam nach Norden zu. Es war schon verdammt spökelig. Die vollen Kisten hatten wir, als wir vor dem wind fischten, etwas mehr übers Deck verteilt und wieder abgedeckt. nach 1¾ Stunde holten wir über 21 Metern auf mit einem guten Fang. Da wir unsere Kisten voll hatten, setzten wir das Ergebnis vom letzten Drift in die Bünn ein. Es waren 26 Stieg Butt, zwei Steinbutt zu 4 und 6 Pfund, 90 Pfund Platen und 150 Pfund Dorsch und ein Hai. Auf diese Weise fiel unser großer Fang auch nicht so auf. Auf dem Weg nach Burgstaaken mit Nordwest-Kurs, kam eine Portion Wasser über. Vorm Loch war es schon verdammt ungemütlich. Denn der Wind war etwas mehr auf Süd gedreht und hatte auf 6 zugenommen.
Wir köschten von 3 Drifts 1.490 Pfund Butt (1.180 I, 230 II, 82 III), 290 Pfund Platen und 496 Dorsche. Zwischen den Platen vom letzten Drift waren die Zungenplaten nur noch vereinzelt. Vom letzten Drift hatten wir 8 Dorsche und wohl bei 400 Pfund Butt in die Bünn gesetzt. Der ganze Hafen lag voll von Marinefischerbooten. Um Mittag waren noch zwölf Boote von Kiel gekommen. Hans Kelling war heute morgen nicht mit ausgelaufen. Er hatte seines Bruders Boot nach der Westseite des Hafens verlegt.
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Schwemm freute sich, dass wir einen sehr guten Fang von bester Qualität hatten. Er sagte, wenn wir hier nicht gewesen wären, hätte die Fischanlandung traurig für ihn ausgesehen. Die Marinefischers halfen uns beim Löschen, da wir etwas spät waren. So klappte es doch noch, dass Schwemm unseren Fang noch verladen konnte, damit er mit dem 6-Uhr-Zug zum Festland kam. Die Marinefischers, die uns geholfen hatten, fragten, ob wir ein paar Dorsche für sie hätten. Ich sagte, gewiss, lebendig in der Bünn, wie viel sie würden haben wollen? Sie meinten, vier Stück seien genug. Ich ketscherte vier Stück zu 5 Pfund das Stück. Sie freuten und bedankten sich, sie hätten lange Zeit keine Dorsche mehr gegessen. Ich sagte: „Denkt daran, was mein Vater Euch gesagt hat.” Sie meinten, wir seien noch echte Fischerkumpels, die es nicht oft gebe. Einer meinte, es gebe Sturm, das Barometer sei gefallen und stehe auf Sturm. Ich sagte, da hätten wir unterwegs auch schon drüber gesprochen, deshalb hätten wir unsere Zeese auch gar nicht erst in den Mast geholt. Es regnete in Strömen. Wir wollten zu Ehlers, aber das Wetter war doch zu schlecht. Ehe wir zur Koje gingen, setzten wir noch eine Vorleine auf.
Sonntag, der 20.10.1918
Es wehte ein stürmischer Südwest und es regnete. Wir blieben erst mal in unseren Kojen liegen.
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Ich sagte: „Hüüt mööt wi op de Melkmann oppassen!” „Jo”, dee Fiete Mumm seggen, „dat weer schön un god, aver leider is hüüt Sünndaag, dor kümmt kenn Melkmann un ok keen Melk!” Ick segg: „Dor heff ick gor ni över naadacht. Siet ick wach bünn do ick blots gröbeln, wat ick allens ünnernehm wüll.” Mien Vadder seggt: „Wi wullt de nie Schleppliens un Wischenliens klor maaken, denn uns Liens de wie Dag för Dag brukt, sünd so strapazeert un blots een paar Daag in de Monat drög warrn, wenn wi to Huus fohrt. Wi möt dor mit reek’n. De Witterung ward ümmer beed unkommoder, de Daag jümmers körder un wenn wi mol hart fast sitt mööt wi uns doch up dat Gescherr verlodn köönt. So ward dat Tied, dat wi dat nie klar mokt!” Fiete Mumm anter: „Dat is dat wichtigste wat wi hüüt maaken köönt, dor hangt uns heele Fischeri vun aff!”
Nachdem wir Kaffe getrunken hatten, gingen wir mit unserm Tauwerk zu Schwemms Lagerraum, um erst mal de Kauschen einzuspleißen. Wir hatten schon immer davon gesprochen, unsere Schleppleinen von 60 auf 70 Faden und die Wischenleinen von 40 auf 50 Faden zu verlängern. Diese Längen mussten sich hier auf dem reinen Grund auf den Fang noch günstiger auswirken, wir wollten den Versuch machen und ausprobieren.
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Um eben nach 10:00 Uhr klarte es auf, der Wind hatte auf West gedreht, als der Hafenplatz abgetrocknet war, nahmen wir die beiden Manila-Rollen, um die Länge der einzelnen Leinen abzumessen. Von der 26 Milimeter-Rolle nahmen wir 2 mal 30 Faden ab (55 Meter) und von der 22 Milimeter-Rolle 2 mal 20 Faden (36-37 Meter). Wir schossen die abgemessenen Leinen auf, brachten sie zu meinem Vater in Schwemms Lagerraum, um dort die Kauschen einzuspleißen.
Das von den Rollen übriggebliebene Tauwerk banden wir mit Bändseln zusammen und verstauten es in unserem Kabelgatt. Mein Vater und ich machten weiter die Leinen klar, und Fiete Mumm machte das Essen für den Mittag fertig, es kamen drei der Marinefischers zu uns, sie fragten, wie viel an Leinen wir bei unserem Schleppgeschirr vorhatten. Mein Vater erklärte, dass wir 60 Faden Schleppleine und 40 Faden als Wischen oder auch Achterleinen benannt hatten. Die drei meinten, ob es nicht zu viel an Achterleine war. Nein, sagte mein Vater, im Gegenteil, wir wolllen es jetzt hier auf dem reinen Grund mit 70 Faden Schleppleine und 50 Faden Achterleine versuchen. Er sagte, als wir im Jahr 1900 angefangen hätten mit der Tuckerei, hätten wir auch mit unserer Segelquase 60 Faden Vorleine und 28 Faden Achterleine gehabt. Als wir 1904 unser jetziges Boot mit einem 6-PS-Motor in Dienst gestellt hätten für die Schleppnetzfischerei, hätten wir es gleich versucht mit 35 Faden und auch etwas später mit 40 Faden Achterleine. Und dabei hätten wir festgestellt, dass es sich zum Guten für den Fang ausgewirkt habe und hier auf dem reinen Grund müsste sich das, was wir vorhatten, auch gut auf den Fang auswirken.
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Alle drei sagten ja, aber wer habe hier jemals so viel gefangen, wie wir mit unserem jetzigen Geschirr. Ich fragte, ob sie nicht noch eine Rolle von den geteerten 14mm Hanfleine an Bord hätten, die wir abkaufen könnten, uns würde eine Länge von 30 Faden fehlen an unserer Verlängerung der Scchleppleinen. Einer sagte zu seinem Macker: „Franz geh an Bord und hole eine Rolle her. Du weißt ja, wo sie liegen. Hast unser Tauwerk ja alles verstaut.” Ich zeigte ihm eine Rolle, die wir liegen hatten, wo mein Vater die Kauschen einspleißte, sie sprachen aber ihr Geschirr, dass sie nur 30 Faden Achterleinen hätten. Mehr würden sie ihre Scherrbretter gar nicht auseinander bekommen, weil es bei ihrer Fischerei mit Segeln doch immer auf den Wind ankomme. Und der habe ihnen hier sehr oft gefehlt. Er sagte, sobald er zu Hause sei, würde er es seinem Vater klar machen, dass in sein Boot ein Motor gehöre, ohne den ginge es doch nicht mehr, man sei doch dann vom Wind und Wetter nicht abhängig.
Mein vater erklärte, ohne Motor gehe bald die ganze Fischerei nicht mehr. Bloß darf die Fischerei nicht überspannt werden mit immer stärkeren Motoren, denn sie sollten mal hinsehen, die neuen Boote aus Travemünde hätten schon 15 und 20 PS und die nächsten womöglich noch stärkere Motoren. Wir hätten vor ein paar Tagen mit Booten, die 10 und 20 PS hatten, zusammen gefischt und unsrer Fänge mit unserem 6 PS Motor seien eher noch besser gewesen als die der Traveboote. Unsere Qualität habe stark abgestochen von der der Travemünder. Wir fischten mit 48 mm und 50 mm Maschenweite der Zeesen, und die mit 43 mm und darunter. Trotzdem habe an diesem Tag unser Fang an Geldwert
über 150 Mark höher gelegen. Dann kam Franz mit der richtigen Rolle der 14-mm-Hanfleine an, mein Vater fragte, was die Rolle kosten solle. Davon würden sie nichts wissen wollen, das sei so in Ordnung. Franz sagte, wir sollten zum Essen kommen. Wir gingen an Bord, unser ganzes Tauwerk nahmen wir mit. Die Kauschen waren überall eingespleißt. Fiete Mumm sagte beim Essen: „Ich habe mal darüber nachgedacht, wir haben mit unserem Geschirr sehr gut gefischt. Wenn wir unser neues Geschirr jetzt verlängern und der Versuch misslingt, dann haben wir die ganzen neuen Leinen zerschnitten.” Mein Vater war der Meinung, dass der Versuch nicht umsonst sei, sondern sich zum Guten bewähren würde. Ich sagte: „Wie ist es, wenn wir unser altes Geschirr so viel verlängern würden mit ein Teil der Reserve-Leine, die wir an Bord haben, wie wir es mit den neuen Leinen vorhaben? Dann können wir, wenn der Versuch es beweist, unsere neuen Leinen ja immer noch auf die Länge bringen, wie wir es vorhatten.” Beide stimmten meinem Vorschlag zu und sagten, dann würdem wir diese Arbeit heute Nachmittag diese Arbeit gleich erledigen wollen.
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Nach dem Essen verstauten wir unser neues Tauwerk und holten unsere Reserveleinen hervor. Sie waren trocken, rochen aber doch ziemlich muffig. Es war Zeit, dass sie mal an die Luft kamen. Wir verlängerten unser Geschirr um zehn Faden je Leine, den Rest der Reserveleinen hingen wir übers Brückengeländer bei Schwemm, damit es an der Luft war. Bevor es dunkel wurde, wollten wir diese Leinen bei Schwemm auf dem Kistenboden lagern, denn bei uns an Bord war durch das viele Tauwerk bald nirgends Platz mehr.
Die Witterung war schon verflucht kalt und rusig. Abends nach Abendbrot gingen Mumm und ich nach Ehlers hin. Es herrschte dort allerlei Betrieb. Ebenso bei Maas, wo die Marine zu Hause war, dort waren die Mädchen von Burg und Umgebung vertreten, dort herrschte ein richtiger Remmi-Demmi. Wir beide sahen nur mal durch die Tür herein, als wir von Ehlers kamen.
Montag, der 21.10.1918
Es stürmte noch immer aus Nordwesten 5-6 und in Böen noch mehr. Um 8:30 Uhr passte ich den Milchmann ab und sprach mit ihm. Er sagte, in einer halben Stunde auf unserem Treffpunkt im Tiefeweg.
Mein Vater sprach mit Schwemm über die Butt, die wir noch in der Bünn hätten und die Steinbutt im Bünnnetz. Sie machten einen Termin um 16:00 Uhr Nachmittags ab.
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Ich machte 2 Beutel mit Butt klar und packte noch einen Dorsch von 6 Pfund für Frau Hansen mit in den Korb. Den anderen Beutel für die Bekannten, einen Beutel für ihn selbst mit einem Steinbutt von 6 Pfund. Dann ging ich mit dem Spoonkorb, in dem die Fische drin waren und unserem Milcheimer zum Tiefeweg. Ich musste noch etwas warten, dann kam er aber auch gleich an. Ich bekam meine Milch und er verstaute den Korb mit den Fischen. Ich ermahnte ihn, Korb und Beutel wieder mitzubringen. Ich fragte noch, ob es möglich sei, eine Kanne mit Petroleum für Frau Hansen und Bekannte mitzunehmen. Er sagte, wenn die Kanne dicht sei, könne er sie mitnehmen. Übrigens könne er auch etwas davon brauchen, denn er sei ja darauf angewiesen, es gebe ja einfach zu wenig davon. Ich sagte: „Wenn Du eine 10-Liter-Kanne hast, bringe sie mit, ich werde sie voll machen für dich.” Er meinte, das ginge um 11:00 Uhr. Er fuhr ab nach Hause und ich ging mit der Milch an Bord. Nach dem Mittagessen wollten Fiete Mumm und ich gleich los nach Burg. Er wollte mit, weil ich das letzte Mal alleine mich überfordert hatte mit der Packelage.
Wir tauschten an diesem Nachmittag wieder allerlei zusammen. Wir waren beide gut bepackt mit allem, was für die Ernährung war und nicht nach Eckernförde sollte. Wir wollten gerade aus Burg herausgehen, da kam ein Fuhrwerk von Kölln aus Burgstaaken an. Er hielt, und wir mit unserer Pakelage stiegen auf. So kamen wir gut zum Hafen.
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Der Kutscher meinte, wir hätten gut eingekauft. Getauscht, sagten wir. Er meinte, wenn er auch mal ab und zu ein paar Fische bekommen könne, einerlei ob Butt oder Dorsche, so habe er auch etwas zum Tauschen, obgleich er 5 Kinder habe. Es falle aber doch bei den Bauern, wo er überall hinkam, allerlei für ihn ab, auch bei den Müllern. Er fragte, ob wir Haferflocken, Grütze, Mehl, Roggen und Weizen gebrauchen könnten. Wir sagten, solche Sachen seien immer nützlich, hauptsächlich die letzten 3-4 Tage im Monat, wenn wir nach Eckernförde nach Hause führen. Fiete Mumm sagte zu ihm, er könne sich abends, wenn er Feierabend habe, bei uns an Bord die Fische abholen. Wir lägen mit unserem Boot bei Schwemm. Er sagte, dass gehe in Ordnung. So hatten wir auf unserer Tour gleich neue Verbindungen aufgenommen. Mein Vater hatte die Butt für Schwemm herausgeketschert und abgeliefert. Es waren 343 Pfund (277 I, 47 II, 20 III) und 68 Pfund Steinbutt. Er sagte, vier Steinbutt seien noch im Bünnnetz und an Butt seien noch allerlei in der Bünn. Der Wind hatte auf West zurückgedreht und merklich abgeflaut. Das Barometer stieg langsam an, obgleich die Luft da nicht nach aussah, dass es morgen besser würde.
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Dienstag, d. 22.10.
Der Südwest wehte 3-4 und es nieselte. Wir machten aber doch seeklar und liefen um 6:30 Uhr aus. Wir hatten ein Reff am Großsegel eingesteckt im Falle, dass der Südwest wieder zunahm. Wir liefen Südost ab und setzten um 7:30 Uhr nach Süden aus. Das Wetter war hier draußen noch sehr rau und ungemütlich. Nachdem wir eine Stunde gefischt hatten, gingen wir hart am Wind auf Süd-Südwest-Kurs, dass Nieseln hörte auf und der Wind wurde etwas westlicher und flaute etwas ab. Bei zwei Stunden holten wir auf mit einem Fang von 24 Stieg Butt, 4 Steinbutt zu 3-7 Pfund, 24 Dorsche und 96 Pfund Platen. Wir setzten gleich wieder nach Norden aus. Es flaute mehr und mehr ab, wie sich auch die See beruhigte. Bei anderthalb Stunden holten wir auf. Der Drift brachte 22 Stieg Butt, 2 Steinbutt von 5 Pfund das Stück, 15 Dorsch und 78 Pfund Platen. Von hier aus setzten wir nach Süden aus. Weil der Wind auf 2 abgeflaut war, holten wir das Segel ein. Auch, um nicht so aufzufallen. Wir fischten zwei Stunden, gaben dem Motor etwas mehr Brennstoff als beim Drift vorher, hatten zum ersten Mal ein paar Muscheln mit. Danach musste unser Geschirr nach der Verlängerung der Leinen doch schärfer den Grund halten. Nachdem wir zwei Stunden gefischt hatten, passierten wir an Backbord in 150 Metern Abstand unser zweites Weedt. Unser erstes Weedt musste von hier aus im Nordwesten stehen. Wir fischten noch etwas weiter, bis wir auf 20 Metern den harten Steingrund hatten. Dieser Drift brachte uns einen großen Fang. Wir mussten 7 Quäste übernehmen.
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Als der Fang an Deck war, setzten wir gleich auf Gegenkurs wieder aus. Über Fehmarn wurde es nach dem Abflauen von Wind etwas diesig, so dass kein Land auszumachen war. Dagegen nach dem Festland zu es einigermaßen klar war, konnten wir doch unsere Landmarken ausmachen. Den Fang von diesem Drift wogen wir gleich in Kisten aus, bis auf die 6 Steinbutt, die gleich ins Bünnnetz wanderten. Es waren 690 Pfund Butt (520 I, 140 II, 30 III), 63 Pfund Dorsch und 120 Pfund Platen, davon die Hälfte Zungenplaten. Ein Hai, 4 Knurrhähne zu 2-3 Pfund, die wir mindestens vier Wochen nicht mehr gehabt hatten. Die Goldbutt waren große Ware, nach unserer Schätzung mussten es 40 Stieg gewesen sein. Im Nordosten konnten wir 2 Boote sehen mit Segeln gesetzt, es mussten die Kellings sein, die etwas später ausgelaufen waren. Wir waren überzeugt, dass die Verlängerung der Leinen sich für das Fangen auswirkte, denn wenn wir mit mehr Fahrt in diesem Drift fischten, waren auch kleine Muscheln mit im Netz. Der vierte Drift brachte wieder einen großen Fang. Wir mussten acht Quäste übernehmen. Wir liefen gleich nach Staaken zu, wogen von diesem Drift 690 Pfund an Butt (540 I, 120 II, 30 III), 150 Pfund Dorsche, 114 Pfund Platen, ein Hai, 2 Knurrhähne und 3 Steinbutt, die gleich ins Bünnnetz kamen. Um eben vor 17:30 Uhr waren wir in Staaken, fünf Mann der Marinefischers halfen uns gleich beim Löschen, denn Schwemm sagte, alles was ausgewogen sei, solle gleich verladen werden. Ich ketscherte die Butt von den ersten beiden Drifts aus der Bünn, mein Vater und Mumm sortierten und wogen die Butt in Kisten, die August runtergebracht hatte. es waren 800 Pfund Butt (500 I, 250 II, 50 III) und 320 Pfund Dorsche. Der gesamte Fang konnte noch in den Zug verladen werden zum Festland, es war ein Fang von 2.230 Pfund Butt (1550 I, 570 II, 110 III), 460 Pfund Dorsch und 308 Pfund Platen. Die Steinbutt wollte Schwemm morgen früh übernehmen, die Sorte III gaben wir den Marinefischern, sie konnten sie sich teilen. Sie freuten sich. Sie waren für uns beim Löschen eine große Hilfe, denn die 80-Pfund-Kisten waren doch schwer vom Boot an Land zu heben. Es waren diesmal 40 Stück. Mein Vater gab ihnen auch noch die Haie und Knurrhähne. Sie wunderten sich, dass wir Tag für Tag, wenn wir auf Fang waren, mit solchen Fängen und Qualität an Land kamen. Schwemm stand dabei und sagte zu den Marinern, was die drei hier schon für Fänge angelandet hätten, hätten alle Boote, die bei ihm abliefern würden, nicht mal zusammen an Land gebracht. Ja, sagten sie, das hätten sie schon öfters unter sich gesagt.
Schwemm sagte im Vertrauen zu meinem Vater, dass Flohr, der Brennstoffhändler, knapp an Rohöl sei. Er habe nur noch sechs Fässer, die sollten wir uns man sichern, denn Flohr warte schon über acht Tage auf seine Bestellung, würde aber von der Lübecker Firma immer wieder vertröstet. Ich wurde gleich zu Flohr geschickt, sollte Rohöl zu morgen Abend um 17:00 Uhr bestellen. Flohr sagte zu mir, er sei knapp mit Rohöl dran, hätte nur noch sechs Fässer. Ich erklärte ihm, dass wir alle 6 Fässer übernehmen, er sagte, das könne er nicht machen. Er müsse ja auch für die hiesigen Kleinfischers etwas behalten. Aber vier Fässer könne er uns geben. Ich sagte: „Zwei Fässer übernehmen wir morgen und die anderen beiden lagern wir erst mal bei Schwemm.
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Machen Sie die Rechnung für vier Fässer man zu morgen Abend gleich fertig.” Er meinte, wann seine Bestellung ankäme, wäre so ungewiss und wie es würde, wenn der Krieg zu Ende ginge, was dann käme, wüssten wir alle noch nicht. Mein Vater und Fiete Mumm waren bei Schwemm und besprachen die ganze Lage, wie es ist und einmal sein wird. August flüsterte mir leise zu, ich solle man nachher gleich zu seiner Frau gehen, um die Sachen abzuholen, welche der Milchmannn dort abgegeben habe. Fiete Mumm meinte, wir würden erst Abendbrot essen wollen. Ich fragte, ob es nicht besser sei, wenn ich die Sachen gleich holte, vielleicht sei etwas besonderes dazwischen. Ich nahm den Spoonkorb, ging hin und holte unsere Sachen. Es war wirklich allerlei und viel besonderes dazwischen. Zwei Schwarzbrote à 9 Pfund, 2 Weißbrote à 4 Pfund, alles selbst gebacken, 5 Pfund Roggenmehl, 5 Pfund Weizenmehl, 2 Pfund Gersten- und 2 Pfund Buchweizengrütze. Dann 1 Pfund Käse, 20 Eier, 1½ Pfund fetten Räucherspeck, 4 Grützwürste, ein halbes Pfund Butter und 5 Pfund Schalotten. Der Milchmann hatte gesagt, dass er den nächsten Tag noch eine Leberwurst und eine Mettwurst mitbringen würde. Das sei aber doch wirklich etwas Besonderes, sagte Fiete Mumm, was meint ihr, zwei Spiegeleier in Speck gebraten pro Mann zum Abendbrot? Wir stimmten gleich zu. Beim Abendbrot sprachen wir so über den heutigen Fang. Fiete meinte, er habe mal so oberflächlich ausgerechnet, es müssten bei 1500 Mark rauskommen. Das sei eine Menge an Geld, sagte mein Vater. Wäre es nicht zweckmäßig, wenn wir uns einen neuen Motor
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zulegten? Macker Fiete sagte, er habe auch schon mal an sowas gedacht, aber wäre es nicht besser, wenn wir erst mal das Ende des Krieges abwarteten, was wisse er, was noch alles auf uns zukäme. Mein Vater sagte, das sei wohl das Beste.
Mittwoch, der 23.10.1918
Um 6:00 Uhr liefen wir aus. Es war diesig, der Wind flau aus Süden mit Kurs Südost. Eben nach 7:00 Uhr setzten wir auf Südkurs aus. Es war noch diesiger, als wir zuerst angenommen hatten, höchstens 1-1½ Seemeilen Sicht. Wir fischten zwei Stunden, hatten einen guten Fang mit allerlei Dorschen. Es waren wieder einige Muscheln mit drinnen, wir liefen etwa fünf Minuten Süd-Südost ab und setzten von dort nach Norden zu aus, auf 22 Meter Tiefe. Unseren Fang wogen wir gleich in Kisten ab. Es waren 605 Pfund Butt (410 I, 175 II, 20 III), 94 Pfund Platen, 172 Pfund Dorsch, 1 Hai, 1 Knurrhahn und 3 Steinbutt, die ich gleich ins Bünnnetz setzte. Als wir eine halbe Stunde gefischt hatten, sichtete ich 2 Boote mit Segeln auf im Osten von uns, die eben durch den Dies zu erkennen waren. Es mussten Traveboote sein. Wir hatten kein Segel auf, also sahen sie uns nicht. Nach zwei Stunden holten wir auf mit einem guten Fang mit etwas weniger Dorschen, setzten gleich auf Gegenkurs wieder aus. Von den Booten sahen wir nichts mehr. Der Drift brachte 647 Pfund Butt (435 I, 182 II, 30 III), 70 Pfund Dorsche und 110 Pfund Platen. Der dritte Drift brachte 590 Pfund (405 I, 160 II, 25 III), 90 Pfund Platen und 104 Pfund Dorsch, 2 Steinbutt setzte ich ins Bünnnetz. Wir setzten diesmal nach Nord zu West aus, wollten bei anderthalb Stunden aufholen, um rechtzeitig im Hafen zu sein, um Rohöl zu übernehmen. Der letzte Drift brachte 488 Pfund (340 I, 128 II, 20 III), 60 Pfund Platen und 84 Pfund Dorsche, 1 Hai und 3 Steinbutt, die immer gleich in die Bünn kamen. Bei 17:00 Uhr liefen wir im Hafen ein. Flohr wartete auf uns. Ich ging zu ihm hin und sagte, dass wir 2 Fass übernehmen. So rollte ich die beiden Fässer zur Liegestelle. Ich sagte, wir müssten erst den Fang löschen, dann könnten wir das Öl übernehmen. Die leeren Fässer würde ich dann beim Schuppen hinstellen, er könne ruhig nach Hause gehen. Wir würden nachher hinaufkommen, um zu bezahlen. Ich fragte, ob er Appetit auf einen Steinbutt hätte, er sagte ja gerne, wenn's möglich wäre. Ich brächte ihn mit rauf, war meine Antwort.
Unsere Helfer waren schon wieder mit dabei zu löschen, da sagte Fiete Mumm zu mir, Schwemm habe ihm einen Einschreibebrief für mich gegeben, er läge in meiner Koje, ich solle erst mal nachsehn, was es sei. Sie würden hier leicht alleine fertig.
Der Inhalt des Briefes war ein großer Schlag für mich, denn es war mein Stellungs-Befehl, der vor 2 Tagen zu Hause angekommen war und den meine Mutter gleich am selben Tag an Schwemms Adresse weitergeschickt hatte. Damit hätte ich wirklich nicht mehr gerechnet. Am 5. November um 8:00 Uhr sollte ich mich mit Verpflegung für 48 Stunden mit Unterzeug und festen Schuhwerk im Hotel Stadt Hamburg einfinden, zur Zusammenstellung einer Ersatz-Abteilung.
Ich sollte also tatsächlich noch eingezogen werden, wo doch überall vom Ende des Krieges gesprochen wurde. Ich sagte es Fiete Mumm. Einer von den Marinefischers meinte: „Dor kehr di man ni üm, de Kreeg geiht vörher all to Enn.”
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Wir löschten einen Fang von 2.425 Pfund Butt (1.690 I, 640 II, 95 III), 345 Pfund Platen, 390 Pfund Dorsch und 40 Pfund Steinbutt. Butt und Steinbutt hatten wir noch allerlei im Bünnnetz, es war ein großer Fang, aber ich konnte mich mit einmal nicht mehr recht daran freuen. Nicht mal das Essen schmeckte mir wie sonst.
Wir hatten den Brennstoff übernommen und die leeren Fässer hinter den Schuppen abgestellt, da liefen drei Traveboote in den Hafen ein und legten sich an der Westseite hin, sie kamen anscheinend direkt von Travemünde.
Wir machten uns landklar, aßen Abendbrot und gingen anschließend zu Flohr, um den Brennstoff zu bezahlen. Ich nahm einen Steinbutt von 6 Pfund mit, den ich Flohr versprochen hatte. Mein Vater ging zu Schwemm rauf. Wir bezahlten die vier Fässer Rohöl, den Steinbutt hatte Flohr seiner Frau zur Küche gebracht, die sich darüber sehr freute. Flohr sprach über den Krieg mit uns. Nach dem, was er erfahren, würde es keine 8 Tage mehr dauern. Ich sagte, dass ich das nicht glauben würde, denn ich hätte heute noch meinen Stellungsbefehl erhalten zum 5. November. Er lachte und meinte, das könne doch wohl nicht angehen. Mein Macker Fiete sagte, das sei aber so. Es solle in Eckernförde eine Ersatzabteilung zusammengestellt werden. Das würde er nicht verstehen, sagte Flohr. Da Flohr auch die Netzevertretung hatte, fragten wir, ob er Zeesenblätter aus Baumwolle führe. Er sagte ja, er habe 43 mm 30/12 Garn. Wir sagten, die seien uns zu eng, wir fischten nur mit 48er und 50er Zeesen. Er meinte, die würde hier keiner kaufen. Nach einer kurzen Pause sagte er, er glaube, er habe doch noch was. Ein Rödbyer ? Fischer habe vor mehreren Jahren mal etwas für ein Schleppnetz bestellt, aber nicht abgeholt. Das müsse noch irgendwo verpackt auf Lager liegen. Er habe es, als es nicht abgeholt wurde, einigen Travemündern angeboten, aber keiner habe es brauchen können, weil es zu weit und zu dick gewesen sei. Er würde sich erinnern, es sei 30/15 Garn und läge noch auf Lager. Einen Augenblick, sagte er, er wolle doch mal nachsehen. Wenn wir nicht drüber gesprochen hätten, wäre es ihm gar nicht mehr eingefallen.
Flohr ging zum Lager und es dauerte keine fünf Minuten, da kam er mit einem Paket mit Netzgarn an. Es war Netzgarn für eine 55mm Zeese, 100×240 Maschen aus 30/15 Garn, so stand es auf dem rosafarbigen Etikett von der Mechanischen Netzfabrik in Itzehoe (das war übrigens die größte Netzfabrik Europas), mit einem Preis von 22 Mark ausgezeichnet. Flohr sagte, wenn wir das Netzgarn gebrauchen könnten, es sei von 1915, dann sollten wir ihm 20 Mark zahlen, ohne Bezugsschein. Wir besannen uns nicht lange, kauften und bezahlten. Er sagte, es lägen auch noch ein paar Bünde Nähgarn mit 12-15 mm Garn, die könnten wir mitbekommen als Gegenleistung für den Steinbutt, und wenn er mal wieder solchen wie diesen von heute bekommen könnte, würde er dafür dankbar sein. Fiete sagte: „Solange wir hier noch fischen, werden wir es machen. Wer weiß, wie es noch alles ausgehen wird.”
So gingen wir beide zum Hafen, es war ein guter Handel, den wir gemacht hatten. Als mein Vater um 21:00 Uhr von Schwemm kam, zeigten wir ihm das Gekaufte. Er sagte gleich, das bräuchten wir als Steertende für unsere Zeesen, denn von beiden 50er Zeesen seien die Steertenden nicht mehr kauschig ? , weil immer öfter sich die Sprengmaschen anheben ? würden. Das sei ja auch kein Wunder, so wie die Zeesen strapaziert würden. Schwemm habe gesagt, es sei wieder ein schwerer Südweststurm angemeldet, die Witterung sähe auch ganz danach aus.
Es regnete und der Wind nahm immer mehr zu. Es fing schon an zu spökeln, wo wir lagen. Deshalb verholten wir und ganz nach achtern und legten uns bei Schwemms Boot längsseits mit einer Vorleine an Land. Hier lagen wir bedeutend ruhiger als vorne an der Ecke. An Bord sprachen wir, dass wir vergessen hätten, Frau Ehlers zu fragen (da es Mittwoch war), ob sie was an Steinbutt bräuchte. „Weißt was”, sagte ich, „ich geh noch mal rauf.” Fiete meinte, das sei zwecklos, wir würden morgen früh sehen, was noch im Netz sei und was die Steinbutt wögen, die noch da sind. Dann solle ich hingehen und sie fragen. So könne sie sich entschließen, was sie wolle. Vielleicht nehme sie ja auch Goldbutt. Ich sagte, das müssten aber gleiche Portionen Butt sein, die von gleicher Größe seien, die seien aber wohl auch noch in der Bünn.
Donnerstag, der 24.10.1918
Die ganze Nacht hatte es geregnet und gestürmt aus Südwesten 6-7. Es war keine Witterung auf See. Nachdem wir Kaffe getrunken
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hatten, gingen wir mit unserem neuen Netzgarn nach Schwemms Schuppen. Dort war es trocken und wir konnten dort in Ruhe arbeiten. Wir schnitten uns die Stücke, wie wir sie brauchten, aus, nähten diese an die Seiten zusammen. Um 10:00 Uhr kam Fiete Beek bei uns an. Er erzählte, dass er von Carl Lorenzen die Nachricht erhalten habe, dass der Motor soweit fertig sei. Er komme die nächsten Tage auf den Prüfstand. Und in etwa acht Tagen könne er eingebaut werden. Er könne dann hinkommen um beim Einbau dabeizusein. Mein Vater meinte, das könne ja gut passen, wenn wir nach Hause fuhren. Beek sagte, wenn er mitkönne, sei es gut, er habe aber allerhand, was er mitnehmen müsse. Mein Vater sagte: „Alles, was Du hast, bringst Du bei uns an Bord.” „Dann geiht jo allens klor!”, meinte Beek. Mein Vater fragte, ob er noch Lohe stehen habe. Er sagte ja, wenn wir etwas bräuchten, stecke er gleich den Kessel an. Um Mittag sei er dann heiß. Wir wollten unsere Steertenden gerne lohen, ehe wir sie an unsere Zeesen Masche für Masche anböteten. So war das auch in Ordnung, unsere Steertenden hatten wir etwas länger gemacht, 80 Maschen breit wie unsere alten Zeesen und 50 Maschen lang. Es sei besser so, wenn Dorsche mitgefangen würden, dass die Zeesen etwas länger seien, so hebe sich die Zeese nicht so leicht vom Grund ab, wenn etwas Dorsche mitgefangen würden.
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Eben vor Mittag waren wir fertig. Ich brachte die Steertenden zum Kessel und steckte sie ein. Vom Milchmann hatte ich um 9:00 Uhr schon einen Liter Milch geholt und mit ihm gesprochen. Er fragte, ob ich zufrieden sei, mit dem, was er mitgebracht habe. Ich sagte, gewiss doch. Er sagte, für den schönen Steinbutt bringe ich dir eine Mettwurst und eine Leberwurst mit. Ich fragte, ob er etwas mithaben wolle. Er sagte: nächste Woche gerne auch ein paar Dorsche, wenn möglich. Ich fragte noch, wie es den mit seine Petroleumkanne wäre. Mensch, rief er, da habe er gar nicht mehr dran gedacht.
Zu Mittag gab es gebratene Grützwurst und Milchsuppe mit Grütze, ein herrliches Essen. Nachdem legten sich beide in ihre Kojen, ich ging zum Lohkessel, holte unsere Netzstücke raus und hing sie dort auf die Stützen zum Trocknen. Als sie ziemlich angetrocknet waren, brachte ich sie zu Schwemms Schuppen, wo wir sie an unsere Zeesen böten wollten. Wir hatten von den Zeesen 25 Maschen vom Steertende abgeschnitten. Ich konnte gleich anfangen mit dem Zusammenböten - dadurch wurden unsere Zeesen über zwei Meter länger als die alten Zeesen. Nachmittags um 16:00 Uhr kamen vier Traveboote eingelaufen. Es waren jetzt sieben Boote von Travemünde und zwanzig Boote der Marinefischers,
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drei davon mit Motor und einer, der mit Gerste beladen war für Wismar. Wir waren gerade beim Abendessen, da kam Fiete Beek und brachte uns eine Wildgans von 5-6 Pfund. Er hatte 3 Stück aus einen Schwarm geschossen. Wir wollten die Gans bis Sonntag aufheben.
Es fing wieder an zu regnen und der Wind drehte mehr auf Südwesten zurück. Es war schon recht ungemütlich. Wir mussten schon tüchtig einheizen.
Freitag, der 25.10.1918
Es stürmte und regnete aus Südwest 5-6. Es war keine Witterung zum Fischen. Wir hatten schon gestern Abend darüber gesprochen, wann wir nach Hause wollten - ich sagte, vorher müsse ich ja noch einmal los zum Tauschen und Einkaufen. Macker Fiete sagte, das solle ich man lassen, wir hätten von allem, was wir brauchen, genug. Wenn wir bis November warten wollten, könnten wir ja die letzten Tage losgehen, aber heute müssten wir unser Gemüse, was wir in Kisten auf dem Dammdeck stehen hätten, mal durchlüften und nachsehen, sonst müssten wir uns ja die letzten Tage noch frisches besorgen. Ich sagte, wenn die ersten Tage im November führen, sei es für mich ja noch früh genug, damit ich zum 5. November noch hinkäme. Wenn es keine Witterung wäre, führe ich mit dem Zug. Meines Vaters Meinung war, dass es denn auch ja besser für Fiete Beek sei, der gerne mit all seinen Sachen mit uns wolle, so hätten wir ja noch eine Woche Zeit.
Ich wollte den Milchmann aufpassen,
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vielleicht hatte er etwas Buttermilch für uns. Auch seine Petroleumkanne mitnehmen. Wir bekamen Buttermilch, und seine Kanne hatte er auch mit. Ich erklärte ihm, dass ich in einer halben Stunde mit der vollen Kanne am Treffpunkt sein würde. Es gehe alles klar. Die Kanne verstaute er unter seinem Kutschersitz. Da könne nichts passieren. Er sagte, morgen früh bringe er mit, was er versprochen habe. Fische wieder nächste Woche, wenn ihr welche haben solltet. Er sagte noch, ich solle morgen man hier aufpassen. Nachdem gingen Fiete Mumm und ich zum Kohlenlager von Kölln, um zu sehen, dass wir ein paar Zentner Brikett bekämen, denn beim Heizen Tag und Nacht ging doch allerlei an Feuerung weg. Am Lager trafen wir den Kutscher, der uns von Burg auf dem Fuhrwerk mit zum Hafen genommen hatte. Er sprach mit uns, wie es mit Fischen sei. Ich sagte, wir hätten schon jeden Abend auf ihn gewartet. Er könne sich heute Abend welche holen, oder ich brächte ihm einen Beutel voller Fische hier her. Er meinte: „Um Himmelswillen nicht herbringen.” Ich sagte: „Wir liegen mit unserem Boot bei Schwemm, wenn Du Feierabend hast, komm und hol Dir welche. Wir sind immer an Bord, kannst ja auch rufen.”
Beim Kohlenhandel hatten wir Glück. Wir bekamen einen Sack Steinkohle und 2 Sack Brikett. Damit konnten für eine Woche einheizen. Es regnete und stürmte den ganzen Tag. Es sah nicht nach einer Besserung aus. Der Kutscher holte sich die Fische ab.
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Sonnabend, der 26/10/2018
Das Wetter war wie gestern. Sturm West-Südwest 6-7 und Regen. Im Laufe des Tages sprang der Wind plötzlich auf Nordwest, es klarte etwas auf, dafür kamen aber starke Schauer.
Der Milchmann hatte in einem Pappkarton allerlei Gutes für uns mitgebracht und fragte, ob es möglich sei, zu Dienstag drei Dorsche zu 5 Pfund das Stück und einen Steinbutt zu 5-6 Pfund zu bekommen. Ich sagte, wenn wir zum Fang kämen, gäben wir die Fische bei August ab, er könne dort man fragen, wir würden August noch Bescheid geben. Vormittags um 11:00 Uhr war plötzlich ein großes Hallo am Hafen. Sämtliche Marinefischers hatten ohne Ausnahme Bescheid bekommen, dass sie ab Montag den 28. Oktober bis auf Weiteres beurlaubt sind und ihre Heimathäfen anlaufen könnten. Von dort aus war ihr Ankommen an ihr Kommando in Kiel zu melden. Die drei Motorboote und acht Segelboote rüsteten sofort zu, sie wollten die günstige Gelegenheit wahrnehmen. Der Nordwest flaute ab bis auf 4-5. Um 14:00 Uhr legte ein Boot nach dem anderen ab. Die Segelfahrzeuge hatten alle ihre Segel gesetzt, was waren diese Leute vergnügt und glücklich, dass sie endlich nach Langer Zeit nach Hause fahren konnten.
Einige der Boote wollten morgen früh und drei Boote erst Montag in See gehen. Das waren die Fischer, die sich hier Bräute angeschafft hatten und sie gleich mitnehmen wollten. Es war ein toller Betrieb am Hafen.
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Macker Fiete hatte den ganzen Nachmittag die Gans gerupft, er legte sie dann in Milch ein, welche er dafür aufbewahrt hatte.
Um 18:00 Uhr kamen die Marinefischers, die uns immer geholfen hatten bei uns an Bord, um sich von uns zu verabschieden. Wie glücklich sie waren, konnte man ihnen anmerken. Um 21:00 Uhr morgen früh wollten sie mit sechs Booten in See gehen. Sie sagten, es seien noch sechzehn Boote von der Kieler Förde unterwegs. Es seien sechs Boote von ihrer Heimat dazwischen. Wenn die Wetterlage so bliebe, wollten sie bis Stralsund durchsegeln. Wir gaben ihnen noch den Rest Butt, den wir im Bünnnetz hatten. Es waren noch gut 50 Pfund. Die könnten sie sich ja teilen. Sie nahmen sie mit Dankbarkeit an.
Der Nordwest flaute gegen Abend bis auf 3 ab und ging etwas auf West zurück. Fiete Mumm und ich gingen nach Ehlers rauf. Es herrschte dort ein toller Betrieb. Alles Leute aus Burg und Bauern der Umgebung, alle redeten sie vom Ende des Krieges. In Kiel und Wilhelmshaven habe die Marine gemeutert. Ich dachte bloß, was die Leutevalles sappelten vom Ende des Krieges und ich sitze hier mit einem Stellungsbefehl zum 5. November in der Tasche! Im Stillen dachte ich, geh einfach gar nicht hin, lass kommen was will. Um 22:30 Uhr gingen wir an Bord.
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Sonntag, der 17.10.1918
Um 6:00 Uhr liefen wir aus. Die Luft war klar mit flauem Wind aus West. Alle Travemünder setzten sich auch in Bewegung. Wir liefen Südost ab. Die Traveboote dagegen liefen alle östlicher ab. Um 7:15 Uhr setzten wir auf Südkurs aus. Die Traveboote liefen auf ihrem Kurs noch ein ganzes Stück weiter ab und setzten anscheinend auch auf diesem Kurs aus. Wir sagten so unter uns, die letzten beiden Traveboote müssten dort weiter ab auch ja große Fänge gemacht haben, sonst wäre doch wohl der ein oder andere auf unserem Fangplatz geblieben, von wo wir Gott weiß doch große Fänge von allerbester Qualität angelandet hätten, was die Traveboote doch wüssten. Wir fischten zwei Stunden auf Südkurs mit einem Fang von 12 Stieg Butt, 1 Steinbutt 4 Pfund, 98 Pfund Platen und 152 Pfund Dorsche. Es war uns merkwürdig. Platen und Dorsch wie vor dem Wind, und Butt nur ein Drittel wie vor dem Wind. Wir beratschlagten, ich sagte: „Lass uns doch von hier mal nach Nordwesten hinfischen. Wir haben doch uns Weedt dort an der Steinkante stehen.” Ich holte die Seekarte rauf und zeigte, wo wir jetzt ungefähr stehen müssten. Beide stimmten zu, setzten auf Nordwest-Kurs aus, sichteten nach 1½ Stunden unseren Weedt an Backbord voraus, hielten darauf zu, wollten es aufnehmen. Beim Weedt loteten wir 21 Meter, also musste es abgetrieben sein, denn wir hatten es auf 20½ Meter direkt an der Steinkante ausgesetzt. Von hier gingen wir etwas mehr auf nördlicheren Kurs. Bei zwei Stunden holten wir ein.
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Der Drift brachte 15 Stieg große Butt, 3 Steinbutt zu 4-6 Pfund, 120 Pfund Platen mit vielen Zungenplaten und 120 Pfund Dorsche. Die Traveboote waren weit östlich zu sehen. Aus Burgstaaken sahen wir vier Boote mit ihren rostbraunen Segeln herauskommen. Sie waren später unterwegs, als sie uns gesagt hatten. Wir setzten nach Südosten aus. Diesen Drift hatten wir wieder 15 Stieg Butt, 1 Steinbutt zu 6 Pfund, 115 Pfund Platen und 103 Pfund Dorsch. Wir setzten auf Nordkurs aus. Wir spekulierten noch immer, dass Platen und Dorschfänge wie vor dem Wind waren und die Goldbuttfänge, wie schon erwähnt, nur ein Drittel der Fänge von vorher ausmachten. Fiete Mumm sagte: „Kann es an den Zeesen liegen, dass wir diese verlängert haben, weil auch die Rasse der Butt dieselbe ist?” Von den vier Booten kamen zwei auf uns zu. Als sie gut 400 Meter von uns ab waren, drehten sie in den Wind. Ihre Vorsegel hatten sie eingeholt. Sie winkten uns zu, dass wir längsseits scheeren sollten. Als wir längsseits waren, mit einem Meter Abstand, warfen siw uns zwei Ballen 14mm Hanftauwerk rüber, wir riefen noch: „Das müsst ihr doch selbst gebrauchen!” Sie riefen: „Wir haben genug davon an Bord. Es ist alles so in Ordnung, alles Gute für Euch!” Wir antworteten: „Kommt man gut nach Hause!” Beide setzten ihre Vorseel und gingen wieder auf Heimatkurs. Sie machten ihre Toppsegel klar, winkten noch einmal zu uns rüber und der Abstand wurde immer größer. Als wir nach zwei Stunden aufholten, sagte mein Vater: „Seht mal zum Sund hinüber, da kommte eine Flotte unter Segeln an!” Es waren die heimkehrenden Marinefischer aus Kiel.
S. 267
Dieser Drift brachte 14 Stieg Butt, 2 Steinbutt zu 3 und 5 Pfund, 108 Pfund Platen und 98 Pfund Dorsche. Die Platen, die wir heute fingen, waren alles große Ware. Es machten wohl die weiten 55-mm-Maschen im Steert. Wir liefen nach Staaken zu, ketscherten unseren Fang raus aus der Bünn, sortierten und wogen sie in Kisten ein. Es waren 970 Pfund Butt (820 I, 140 II, 10 III), 430 Pfund Platen und 470 Pfund Dorsch. Die Steinbutt und 20-30 Pfund Butt ließen wir im Bünnnetz, wie auch 4 Dorsche. Wir diskutierten immer noch über unseren Buttfang, kann es an irgendwas liegen? Ich sagte ja, es liegt daran, dass ein Teil der Butt wieder auf den harten Grund gewandert ist. Vielleicht sind sie wegen der vielen Platen, worüber wir schon oft gesprochen hatten, abgerückt. Fiete meinte: „Du kannst recht haben, da wir es hier ja schon einmal erlebt haben.” Mein Vater meinte auch, es könne angehen.
Als es dunkelte, kam Hans Kelling eingelaufen. Wir sprachen mit ihm, er sagte, er hätte immer mit seinem Motor herumgedoktert, der hatte nicht genug Brennstoff bekommen. Er löschte bei Schwemm 370 Pfund Butt, 150 Pfund Platen und 50 Pfund Dorsch. Seine Kameraden hätten nochmals nach Süd-Südwesten ausgesetzt, als er schon unterwegs war nach Staaken. Einen Drift vorher hatte er mit seinem Bruder gesprochen, er hätte wohl 10-11 Zentner in der Bünn und die anderen Boote hätten auch nicht mehr gehabt. Sein Bruder hatte mit 2 Booten gesprochen, er sagte, die führen alle nach Hause. Er müsse morgen erst mal seinen Motor in Ordnung bringen. Nach dieser Nachricht waren wir beruhigt über unsere Fischerei heute.
S. 268
Unsere Gans war ein Festessen. Wir verzehrten alles bis auf die Knochen. Es war wirklich einmal etwas ganz anderes. Alle 3 Mann waren so voll und satt, dass keiner einschlafen konnte.
Montag, der 28.10.1918
Um 6:00 Uhr liefen wir aus. Es war leicht diesig mit flauem Südwest. Eben nach 7:00 Uhr setzten wir nach Süden zu aus. Es war nirgends ein Boot zu sehen. Wir waren anscheinend wieder allein auf weiter Flur. Nach zwei Stunden holten wir auf mit einem Fang von 16 Stieg Butt, 2 Steinbutt zu 3 und 4 Pfund, 108 Pfund Platen und 130 Pfund Dorsch. Wir setzten nochmals über denselben Bug aus. Nach anderthalb Stunden gingen wir auf Süden zu Westkurs und holten bei zwei Stunden auf mit einem Fang von 24 Stieg großer Butt, 4 Steinbutt zu 5-8 Pfund, 20 Pfund Platen und 170 Pfund Dorsch. Wir setzten gleich wieder auf Gegenkurs aus, holten bei anderthalb Stunden auf mit 25 Stieg großer Butt, 3 Steinbutt zu 6-10 Pfund, 85 Pfund Platen mit vielen Zungenplaten dazwischen und 122 Pfund Dorsche. Wir setzten gleich wieder auf dem Gegenkurs aus. Nach anderthalb Stunden hatten wir 24 Stieg Butt, 2 Steinbutt 4-7 Pfund, 20 Pfund Platen und 104 Pfund Dorsche. Als wir noch mal wieder ausgesetzt hatten, wurde es mit einmal klar. Das Festland wie auch Fehmarn kamen in Sicht. Nach anderthalb Stunden holten wir auf mit 25 Stieg Butt, 3 Steinbutt 5-8 Pfund, 84 Pfund Platen und 130 Pfund Dorsche. Es wurde schon dunkel, als wir nach Staaken einliefen. Um eben nach 19:00 Uhr legten wir an.
S. 269
Schwemm und sein Arbeitsmann hatten schon auf uns gewartet und meinten, dass wir womöglich Motorschaden hatten. Wir landeten 2.042 Pfund Butt an (1.750 I, 280 II, 22 III), 70 Pfund Steinbutt, 457 Pfund Platen, 656 Pfund Dorsche. Es war wieder ein sehr großer Fang. Hans Kelling war dabei, als wir löschten. Er war der einzige, der mit seinem Boot im Hafen lag. Er sagte, einen solchen Fang von solcher großen Ware mit solcher Qualität habe noch keiner von ihnen gefangen und abgeliefert. Wir sagten, unser Steertende von der Zeese sei 55 mm weit, wir sind eine gute Stunde Südost abgelaufen und haben Südwest hingefischt, an der Südwestkante unser Weedt ausgesetzt und auf Gegenkurs wieder ausgesetzt. Ich sprach mit August, dass ich morgen früh einen Spoonkorb mit Dorsch und Steinbutt für den Milchmann bei ihm abstellen wollen würde und ob er es in Ordnung brächte. Er sagte ja, er sei schon vor 6:00 Uhr im Schuppen. Beim Abendbrot sprachen wir noch mal über unsere Heimfahrt. Wenn wir Beek es nicht versprochen hätten, dass wir ihn mitnehmen wollten, so hätten wir morgen noch gefischt und wären dann gleich vom Fangplatz nach Hause gelaufen, aber nun mussten wir ja noch ein paar Tage hierbleiben. Es ließ sich nicht mehr ändern.
S. 270 Anmerkung: Berichte gehen weiter
Dienstag, der 29.10.
Um 5:30 Uhr im Dunkeln liefen wir aus. Das Wetter war neblig. Es herrschte Totenstille. Wir fummelten uns langsam aus dem verflixten Fahrwasser heraus. Als wir die Ansegelungstonne passierten, liefen wir auf Süd-Südost-Kurs ab. Um 7:15 Uhr setzten wir nach Süden zu aus, fischten zwei Stunden, drehten dann langsam auf Südwest und fischten auf diesem Kurs noch anderthalb Stunden. Wir loteten 22 Meter, die wir ungefähr den ganzen Drift gelotet hatten. Dieser Drift brachte einen guten Fang. Als wir den an Deck hatten, setzten wir gleich auf Gegenkurs wieder aus. Unseren Fang sortierten und wogen wir sogleich in Kisten ein, bis auf die Steinbutt, einige gute Goldbutt und Dorsche, die wir ins Bünnnetz setzten. Der Fang belief sich auf 525 Pfund Butt (443 I, 75 II, 7 III), 219 Pfund Dorsche, 90 Pfund Platen und 4 Steinbutt zu 6-7 Pfund und einen Hai. Dieser Hai war der größte, den wir jemals mithatten. Den zweiten Drift auf Gegenkurs holten wir bei anderthalb Stunden auf mit einem guten Fang, setzten wieder auf Gegenkurs aus. Der Fang belief sich auf 390 Pfund (325 I, 60 II, 5 III), 115 Pfund Dorsche, 85 Pfund Platen und 2 Steinbutt zu 4 und 7 Pfund.
Es wurde etwas klarer mit einer leichten Brise von Nordost. Wir hatten knapp anderthalb Stunden gefischt - da saßen wir fest! Wir holten auf und meine Achterleine saß sehr fest. Nach mehreren Versuchen, sie loszubekommen sprang sie zuletzt doch noch frei. Als ich die stelle der Leine hatte, war sie rostig. Der Drift brachte einen guten Fang
S. 271
Von 350 Pfund Butt (290 I, 55 II, 5 III), 90 Pfund Dorsche, 72 Pfund Platen, 2 Steinbutt zu 4 Pfund. Wir liefen, ehe wir aussetzten etwas nördlicher, setzten dann auf 22 Meter auf Nord zu Ostkurs aus. Nach einer halben Stunde drehten wir auf Nordkurs ein und fischten zwei Stunden. Dieser vierte Drift brachte wieder einen sehr guten Fang. Es waren 450 Pfund Butt (380 I, 65 II, 5 III), 150 Pfund Dorsche, 100 Pfund Platen und 3 Steinbutt zu 4-8 Pfund. Da es noch immer ziemlich neblig war, liefen wir nach Staaken zurück. Nach anderthalb Stunden hatten wir die Ansegelungstonne voraus. Es wurde schon dunkel. Wir löschten 1.712 Pfund (1.435 I, 260 II). Von dieser Sorte hatten wir wohl 40-50 Pfund ins Bünnnetz gesetzt, wie auch die Sorte III, 565 Pfund Dorsche, 380 Pfund Platen und 3 Steinbutt. Der Nordost hatte beim Einlaufen immer mehr aufgefrischt. Das Wasser, sagte Schwemm, sei von heute Mittag an immer mehr gestiegen bis über einen halben Meter. Er meinte, dass der Nordost wieder stürmen werden würde. Den großen Hai wolle er in einzelne Stücke schneiden und miträuchern. Hans Kelling sei auch draußen gewesen, hätte nach 2 Drifts aber wieder einlaufen müssen, da sein Motor immer wieder versagt habe.
Der Milchmann habe den Korb mit Fischen abgeholt, sagte August, auch der Kutscher von Kölln habe nach uns gefragt, wann wohl wohl einlaufen würden. Er habe ihm gesagt, 18:00 Uhr bis 18:30 Uhr würden wir wohl im Hafen sein.
S. 272
Als wir beim Abendbrot waren, kam er an mit einem ganzen Korb voll. Mehl, Gersten- und Haferflocken, 2 Kilo Schweinefleisch, 3 Grützwürste, 1 runde Leberwurst, ein Weckglas voll Schmalz mit Grieben und für 5 Brote Marken. Er bekam 10 Pfund Butt, 2 große Dorsche, 1 Steinbutt zu 4 Pfund mit. Wir sagten, er könne unsere Kanne mit 4 Litern Petroleum mitbekommen, bloß die Kanne müsse er uns morgen früh wieder mitbringen, sollten wir auf See sein, dann bei Schwemm abliefern. Er freute sich über die Kanne mit Petroleum. Er fragte im Vertrauen, wie es mit Weizen und Roggen sei. Das wäre gut, sagten wir. Fiete fragte noch, wie sei es mit Weiß- und Rotkohl, wir hätten vor 3 Wochen Kohl bekommen, der aber leider schlecht geworden sei und den wir über Bord haben werfen mussten. Er sagte, er sei überall gut bekannt, das würde in Ordnung kommen. Wir sagten, dass wir am Ende der Woche erst mal nach Eckernförde führen. Er fragte, ob wir wiederkämen. Wir sagten: Keiner wisse, was alles noch geschehen würde. Um 21:00 Uhr ging er von Bord. Um diese Zeit hatte der der Nordost auf 5-6 zugenommen und das Wasser war weit über einen Meter gestiegen. Wir fierten unsere Zeese aus dem Mast und setzten noch eine Festmacheleine auf.
Mittwoch. der 30.10.1918
Der Nordost stürmte 6-7, das Wasser war bis 1½ Meter über Normal gestiegen.
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Nachdem wir Kaffe getrunken hatten, hingen wir unsere Leinen auf zum Trocknen. Unsere Zeese legten wir übers Brückengeländer bei Schwemm. Wir wollten heute unsere neuen Leinen fertig machen. Es würde die höchste Zeit, denn die alten Leinen waren doch sehr mitgenommen vom tagtäglichen Über-den-Grund-Schleppen. Mein Vater und ich brachten unsere Leinen wie auch eine lange Strecke zum Abmessen der Leinen zum Tiefeweg, dort waren wir ungestört. Der Nordostwind war verdammt kalt beim Spleißen. Die Kauschen hatte mein Vater ja schon vor einiger Zeit eingespleißt. Wir machten zuerst die Schleppleinen fertig und verlängerten sie von 60 Faden auf 75 Faden. Unsere Wischenleinen oder Achterleinen, wie sie auch benannt wurden, machten wir 50 Faden lang. Wir waren der Meinung, dass sich die alten Leinen, die wir versuchsweise verlängert hatten, sich gut bewährt hätten. Vor allem dadurch eine größere Fläche abfischten als vorher.
Macker Fiete war an Bord geblieben. Er sollte den Milchmann aufpassen und wenn er hatte, Buttermilch besorgen. Er wollte Brotsuppe kochen.
Es war eben vor Nachmittag, als wir mit unseren Leinen fertig waren. Wir schossen sie auf und brachten sie an Bord, wo wir die Leinen längsseits außenbords unter Wasser fierten, damit sie sich voll Wasser sogen. Dann zogen wir sie an Land und ließen sie noch mal auslaufen, um den Drall herauszumachen.
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Zum Mittagessen wurden wir mit vier in Speck gebratenen Spiegeleiern pro Mann bedient und mit Buttermilch und Klößen überrascht. Nach dem Zuechtmachen der Leinen waren wir beide richtig durchgefroren gewesen.
Der Milchmann hatte uns mit allerlei für unsere Verpflegung wichtigen Dinge beglückt. Zwei große Weizenbrote von 4 Pfund das Stück, selbst gebacken und satt Schwarzbrot und für 8 Brote Marken, die zu Hause für Brot oder Mehl Verwendung fanden. Dann 10 Eier, anderthalb Pfund geräucherten Speck, 1/2 Pfund Butter, 2 Pfund Käse und ein Pfund Quark. So hatten wir eine Zeitlang was aufs Brot. Denn sonst gab es immer nur Röstbrot.
Wir besprachen nach dem Essen, wie es mit mir werden solle. Ich sagte, wenn es morgen noch stürme, dann führe ich übermorgen früh um 6:00 Uhr mit dem Zug, nähme Brot und geräucherten Hai mit, dann würde ich wohl durchhalten und noch bis zum 5. November nach Eckernförde kommen. Am liebsten bliebe ich aber hier und ginge überhaupt nicht hin. „Das kommt nicht in Frage”, sagte mein Vater, „das kann böse Schwierigkeiten geben.”
Am Nachmittag rechneten wir unsere Abrechnungen zusammen vom Oktober, es kam eine große Summe an Pfunden wie auch an Geld heraus. Wir hatten 17 Fangtage und 10 Sturmtage im Oktober gehabt.
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In diesen 17 Tagen hatten wir an Butt bei Schwemm 28.800 Pfund abgeliefert.
I: 21.000
II: 6.800
III: 1.300
Steinbutt: 950
Platen 5.400
Dorsche: 5.300
Insg. 40.450
Das mit einem Erlös von 17100 Mark. Nach unserer Zusammenstellung der Abrechnungen trotz der 10 Sturmtage, als wir an Land geblieben waren, war der Oktober für uns ein großer Erfolg. Einen Fangtag haben wir in Heiligenhafen angelandet (1.450 I, 335 II, 75 III, 35 Stb, 250 Dorsche, 200 Platen). Zu diesen Fangergebnissen kommt noch all das, was wir verschenkt und zum Tauschhandel für Lebensmittel verwendet haben. Es war nicht wenig gewesen.
Donnerstag, der 31.10.1918
Nordost-Sturm, im Hafen geblieben.
Freitag, der 1.11.1918
Der Nordost stürmte noch immer mit gleicher Stärke. Ich richtete mich schon für morgen auf die Reise mit dem Zug nach Eckernförde ein. Eigentlich wollte ich noch mal auf Hamstertour, aber meine beiden Mackers waren dagegen und meinten, dass wir noch so viel an Bord hätten, was wir in den anderen Reisen nicht mitgehabt hätten, und für die nächsten Tage hätten wir auch noch allerlei in Aussicht. Fiete sagte: „Heute Abend mache ich Deine Reiseverpflegung klar, Du brauchst keine Angst zu haben, dass Du unterwegs verhungerst.” Wir nahmen die Leinen, die noch im Wasser hingen, raus, packten sie auf Schwemms Karre und fuhren damit zum Tiefeweg. Wir wollten die Leinen nass austörnen, damit sie klar waren, wenn wir sie brauchten. Für ein paar Touren hielten die alten ja noch durch. Keiner weiß, wie sich alles entwickelte und werden würde, wenn wir erst zu Hause seien, ob wir überhaupt hier wieder herkämen. Abends gingen wir nach Ehlers rauf. Wir genossen noch mal Torte und Kaffe. Frau Ehlers fragte gleich, wie es für Dienstag mit Steinbutt sei. Macker Fiete sagte, das käme in Ordnung. Er fragte, ob es 3 oder 4 Stück sein sollten, sie meinte 3 Stück bei 16 Pfund. Ich sagte, wir hätten noch 2 Steinbutt zu 8 Pfund das Stück. Die, meinte sie, seien zu groß. Bei dieser Gelegenheit sagte ich zu Mumm, dass er auch an Flohr und Frau Gröndal denken solle. Er sagte, es gehe alles klar. Um 21:30 Uhr gingen wir an Bord. Es war richtig kalt, der Nordost stürmte immer noch mit gleicher Stärke. Ich musste morgen früh rechtzeitig im Gang sein. Um 6:15 Uhr fuhr mein Zug nach Fehmarnsund und mit der Fähre zum Festland nach Großenbrode,
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von dort nach Lütjenbrode, dann in den Zug, der von Heiligenhafen nach Neustadt fuhr, dort umsteigen in den Zug nach Eutin, wieder umsteigen in den Zug von Lübeck nach Kiel, noch mal umsteigen nach Eckernförde. Ich hatte mir nach den Fahrplänen aus dem Kursbuch von Schwemm die Abfahrt und Ankunftszeiten aufgeschrieben. So musste ich um 17:00 Uhr in Eckernförde sein.
Sonnabend, der 2.11.1918
Um 5:00 Uhr waren wir schon auf, damit ich noch Kaffe mit Schwarz-und Weißbrot aufgeklappt mit Butter und Zucker bekam. Mein Reisepaket war ja schon fertig. eben vor 6:00 Uhr ging ich zur Haltestelle, es war kalt und es nässte. Um 6:20 Uhr fuhr der Zug von Burgstaaken ab, um 7:00 Uhr ging die Fähre zum Festland (Großenbrode) rüber, eben nach 7:30 Uhr weiter nach Lütjenbrode, hier stieg ich in den Zug, der von Heiligenhafen nach Neustadt fuhr. Es war ein Bummelzug. Auf jeder Station wurden Milchkannen zugeladen. Es war hundekalt im Zug.
Um eben nach 10:00 Uhr lief der Zug in Neustadt ein, um 10:20 Uhr sollte der Zug nach Eutin abgehen, aber erst um 10:45 ging es weiter. Im Zug wurde bloß vom Kriegsende und den in Kiel erschossenen Matrosen wegen Meuterei auf den Kriegsschiffen gesprochen, dass die Züge gar nicht mehr nach Kiel reinführen und was sonst noch alles. Es war die reine Geisterfahrt. Der eine wusste dies, der andere das.
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Meine Gedanken waren bloß, wie komme ich nach Eckernförde, wenn es stimmte, was alles im Zug beredet wurde. In Eutin mussten alle Reisenden die nach Kiel und weiter wollten und ebenso nach Lübeck zu, denn die Strecke Lübeck-Kiel war nur für Militärzüge frei. Um eben vor 12:00 Uhr fuhr der Zug in Eutin ein. Auf dem Bahnhofsgelände standen große Tafeln mit Kreide beschrieben, dass alle Reisenden nach Kiel mit großer Verzögerung rechnen mussten. Der planmäßige Zug sollte um 13:10 Uhr nach Kiel abfahren. Es wurde eine lange Wartezeit, alle Dreiviertelstunde kam ein Zug nach Kiel, aber keiner hielt in Eutin. Es waren alles Verwundeten-Züge mit dem roten Kreutz bezeichnet. Man flüsterte, es seien Verwundete aus den Lazaretten in Frankreich, die geräumt wurden. Dann kamen mal wieder Transportzüge voller Soldaten mit Geschützen und sonstigem Kriegsmaterial. Es wurde wieder geflüstert, die Artillerie wurde rund um Kiel aufgestellt, weil eine Revolte der Marine befürchtet wurde. So liefen alle diese Vermutungen und Äußerungen unter den Reisenden weiter. Man konnte bemerken, dass es unter der Menge unruhiger über die Ungewissheit wurde, wo all diese Parolen herkamen. In Kiel war der Ausnahmezustand verhängt, die großen Schiffe im Hafen wurden von Land aus mit Artillerie beschossen und so weiter. Es waren für viele, so auch für mich, keine angenehmen Parolen. Ich dachte immer, wie das wohl enden würde.
Um 14:00 Uhr sollte ein Zug nach Neustadt fahren. Ich wollte wieder damit zurückfahren, dann könnte ich um 19:30 Uhr wieder in Burgstaaken sein und würde mich auch um nichts mehr kümmern. Denn wenn es sich so verhielt wie die Leute hier erzählten, käme es ja gar nicht mehr auf meinen Stellungsbefehl an. Ich sprach mit einem Bahnhofsbeamten, wann die Möglichkeit bestehe, mit dem Zug nach Kiel zu kommen. Er sagte, sie hätten vor 10 Minuten Bescheid bekommen, dass ein Personenzug nach Kiel freigegeben sei, der um 16:00 Uhr hier in Eutin einlaufen würde. Er sagte aber auch gleich, vorausgesetzt, dass nichts dazwischenkäme. Ich erzählte ihm, dass ich nach Eckernfrörde weiter wollte, ich hätte einen Stellungsbefehl. Er meinte, wenn ich heute Abend noch nach Kiel gelangen würde, wäre es eine Glückssache, aber nach Eckernförde heute bestimmt nicht mehr und den Stellungsbefehl würde ich wohl nicht mehr brauchen. So sagte ich zu dem Beamten, dann könne ich ja mit ruhigem Gewissen nach Fehmarn wieder zurückfahren. Er sagte, da wolle er sich lieber nicht zu äußern. Das Risiko müsse ich selbst übernehmen, denn in dieser Sache könne er keinen Rat geben. Amtliches sei noch nichts bekannt. Nur eines stehe fest: der Krieg sei verloren und in wenigen Tagen zu Ende. Er sagte noch, sobald ein Zug nach Kiel Lübeck verlasse, würde es bekanntgemacht.
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Es war 15:00 Uhr, als man bekannt gab, es sei ein Zug nach Kiel abgefahren, der um 16:15 Uhr hier in Eutin ankomme.
Über die ganze Aufregung hatte ich gar nicht ans Essen gedacht, aber jetzt spürte ich Hunger. Ich ging in den Wartesaal und bestellte mir ein Bier und aß dazu drei große Schnitten Brot mit Schmalz und Leberwurst auf. Mein Macker Fiete hatte mich gut bedacht, dachte ich. Um 16:20 Uhr lief der Zug ein, 10 Minuten später fuhr er ab nach Kiel. Der Zug war übervoll, ich dachte: nun kann es wohl noch was werden, nach Hause zu kommen. Es kam aber ganz anders. In Malente hatten wir eine halbe Stunde Aufenthalt, in Plön, Preetz und Reisdorf hatte der Zug bis eine Dreiviertelstunde Aufenthalt. In Reisdorf stiegen in jeden Wagen zwei bewaffnete Offiziere mit Stahlhelm auf ein, es waren ganz junge Leute. Ich hörte, wie 2 Reisende sich leise unterhielten und über die Offiziere sprachen, dass diese den Zug nach der Front noch nie von innen gesehen hatten, aber dass in Kiel doch etwas los sein musste. Abends um 21:30 Uhr lief der Zug endlich in Kiel ein. Der ganze Bahnhof war voll von Militär. Der letzte Zug nach Eckernförde-Flensburg war längst weg. Also musste ich auf dem Bahnhof über Nacht bleiben. Im Wartesaal war alles voll, ich bekam einen Platz dicht bei der Tür, bei einem verwundeten Soldaten, der aus dem Genesungsheim von Malente gekommen war und nach Gettorf wollte. Er hatte 14 Tage Urlaub bekommen, weil seine Frau einen Sohn bekommen hatte.
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Um 23:00 Uhr kam eine Marineoffiziers-Patrouille in den Wartesaal, alle Soldaten, die sich dort aufhielten, mussten ihre Sachen nehmen und den Wartesaal verlassen. Es durfte kein Zivilist den Wartesaal verlassen, vor der Tür stand ein Posten. Die Luft im Saal war zum Ersticken. Mehrmals mussten Sanitäter eingreifen, um die Leute, denen schlecht geworden war, zu behandeln. Mehrere wurden auf einer Bahre rausgetragen.
Sonntag, der 3.11.1918
Um 4:00 Uhr morgens wurde im Wartesaal bekanntgegeben, alle Reisenden in Richtung Eckernförde/Flensburg könnten ab 4:30 Uhr auf Bahnsteig 4 den zur Verfügung stehenden Personenzug besteigen. Ich war heilfroh, dass ich aus diesem Mief herauskam. Es stand kein Posten mehr vor der Tür. Auf dem Bahnhof selbst war kein Militär mehr. Nur vor den Ausgängen standen noch die Posten. Irgendetwas musste des Nachts losgewesen sein, wovon wir im Wartesaal nichts gemerkt hatten. Ich habe von dem verwundeten Soldaten, der nach Gettorf wollte, nichts wieder gesehen, auch nicht, dass er in den Zug mit einstieg.
Der Zug fuhr 4:45 Uhr von Kiel ab, vor der Hochbrücke Levensau kam wieder Militär in die einzelnen Wagen, die aber auf der anderen Seite wieder ausstiegen. Morgens um 7:00 Uhr kam ich in Eckernförde an. 25 Stunden von Burgstaaken bis Eckernförde - ich war froh, dass die Reise zu Ende war und war auch hundemüde. Zu Hause freute sich meine Mutter, dass ich da war. Nachdem ich mich gewaschen und Kaffe getrunken hatte, ging ich gleich in mein Bett und schlief bis Nachmittags um 17:00 Uhr.
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Montag, der 4.11.1918
Ich ging zum Hafen runter und traf Jonnie Thies, der mit mir sprach, wie es uns die letzte Zeit ergangen sei. Kalle Rehbehn habe ja einen Tag bei uns mitgefischt, mit einem sehr guten Fang, wie er erzählte, und ihr hättet sogar 40 Stieg mehr mitgehabt. Er habe sich gewundert, dass er mit seinem guten Fang gleich nach Hause gelaufen sei. Ich sagte zu Thies, die hätten Angst vor dem Einlaufen in Burgstaaken bei schlechter Sicht gehabt und erzählte ihm, dass Kalle Rehbehn in dem dichten Nebel das Einfahrtsloch um 50 Meter verfehlt habe und östlich vom Loch auf einen großen Felsen festgelaufen wäre und sich dort ruhig zum Schlafen gelegt hätte, ohne einen Anker auszuwerfen. Thies sagte, das sei ein Ding, wenn des Nachts auflandiger Wind gekommen wäre, dann sei sein Boot doch losgewesen. Ja, sagte ich, das haben mein Vater und Fiete Mumm den dreien auch gesagt. Thies sagte, da habe er hier aber nichts von erwähnt. Thies fragte mich, ob ich meinen vollen Part bekäme, ich sagte ja, gleich vom ersten Monat an. Für Oktober seien es 4000 Mark.
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Am Hafen standen mehrere Bootsbesatzungen, die mit mir sprachen. Der eine wollte dies und der andere das wissen. Alle wollten hören, wie es uns diesen Monat ergangen sei, ob wir die Nase noch nicht voll hätten und weshalb ich schon hier war und nicht mit dem Boot gekommen sei. Ich erzählte, dass meine Macker jedenfalls in den nächsten Tagen kommen würden und ich einen Stellungsbefehl erhalten hatte, und mich am 5. November mit Marschproviant für 48 Stunden, Unterzeug und festem Schuhwerk im Hotel Stadt Hamburg einzufinden hätte, für die Zusammenstellung einer Ersatzabteilung. Alle fingen an zu lachen. Ob wir die letzte Zeit noch was gefangen hätten? Ich sagte, das müsstet ihr doch von Kalle Rehbehn wissen, was dort zu fangen sei, wir hätten unsere größten Fänge dort in diesem Monat gemacht. Wir hätten Tagesfänge von über 3.000 Pfund Fische abgeliefert, und alleine an Butt bis zu 2.000 Pfund und mehr in vier langen Drifts am Tag gefangen. Der Oktober sei für uns bis jetzt der beste Monat gewesen. Wir hätten 17 Fangtage und 10 Sturmtage gehabt. An den Fangtagen hätten wir 28.800 Pfund Goldbutt abgeliefert, wie 11.000 Pfund an Dorsch und Platen und gut 900 Pfund Steinbutt. Sie sagten: „Willst du uns was vorspinnen, oder was ist mit dir los?” Ich erklärte, dass ich dazu keine Ursache hätte, aber wenn meine Macker mit dem Boot kämen, sollten sie sich ein paar Abrechnungen zeigen lassen, oder den Fehmaraner
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fragen, wenn er kommt. Gerade bei diesem Gespräch kam Thies dazu, mit dem ich schon vorher gesprochen hatte. Kreutz fragte Thies, ob er schon gehört habe, was ich ihnen hier vorgesponnen hätte. Er sagte bloß, dass ich ihm es erzählt hätte und das was der Junge hier bei euch erzählen würde, genau stimme, da gebe es nichts dran zu rütteln, denn er habe anhand von den Abrechnungen sich überzeugen können, was dort in Burgstaaken angelandet worden sei. Es sei unglaublich, aber es sei eine Tatsache, und wenn der Junge sagt, dass der Oktober der bis jetzt beste Monat gewesen sei, dann sei es auch eine Tatsache. Thies sagte nichts weiter. Danach standen einige Gruppen herum und debattierten. Ich dachte für mich: „Denkt, wat ji wüllt.”
Dienstag, der 5.11.1918
Um 6:00 Uhr stand ich auf. Meine Mutter hatte Leibwäsche, Handtücher, Strümpfe, 1 Schwarzbrot, etwas Fett und Aufbrot in einen Pappkarton gepackt, den ich verschnürte. Ich war doch etwas aufgeregt über das, was kommen würde. Nach dem Kaffetrinken ging ich um 7:45 Uhr nach Stadt Hamburg hin. Es standen schon wenigstens an die 80-100 Mann auf dem Hof. Es war keiner dazwischen, den ich kannte. Es waren alles Männer der verschiedensten Altersgruppen, es waren einige dazwischen, die an die vierzig waren. Nach kurzer Zeit kam Polizist Timm und ordnete an, wie wir uns zu verhalten hätten.
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Keiner sollte sich unterstehen, den Hof zu verlassen. Er ging immer hin und her vor der Auffahrt, wie als wenn er eine Herde Schafe bewachte. Wie ich so hörte, waren es Leute aus dem ganzen Kreis. Wir warteten und warteten. Einige der alten Männer sprachen den Polizisten an, was eigentlich los sei. Die Uhr sei schon nach 10:00 Uhr. Er sagte mit forscher Stimme, das Warten, liebe Leute, würde man uns noch beibringen und wenn wir heute Abend hier noch stünden. Die Uhr ging auf 11:00 Uhr und vom Militär ließ sich keiner sehen. Dann ging Timm ins Lokal rein, es war ihm auch wohl etwas merkwürdig vorgekommen. Als er wieder herauskam, sagte er bloß, dass sich keiner unterstehen solle, vom Hof zu gehen. Er machte uns darauf aufmerksam, dass wir unterm Militärgesetz stünden. Vor der Auffahrt hatte sich schon eine große Menge Zuschauer eingefunden. Timm jagte sie mehrmals fort, aber sie gingen zuletzt nicht mehr weg. Es wurden schon allerlei Stimmen laut, einige fingen an zu pöbeln. Endlich, um kurz nach 12:00 Uhr kam ein Feldwebel mit einer Mappe und las uns daraus vor, dass unser Stellungsbefehl vorläufig bis zur weiteren Benachrichtigung aufgehoben sei und wir alle nach Hause gehen könnten. Da gab es ein tüchtiges Hallo, alles stürmte vom Hof in die Wirtschaften hinein. Der erste aber, der verschwunden war, war Polizist Timm. Er wurde von einigen der älteren Leute gesucht, sie wollten ihm noch ein paar Worte übers Militär und Kriegsrecht sagen, womit er uns gedroht hatte.
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Mein Weg war der nach Hause, denn vier Stunden auf dem Hof stehen und sich durchfrieren lassen, das genügte mir an Militärzeit, die für mich damit abgeschlossen war.
Als ich nach Hause kam, war keiner glücklicher als meine Mutter. Ich sagte gleich zu ihr, dass ich morgen früh wieder zurück nach Fehmarn führe. Das käme gar nicht in Frage, nach dem was sich in den letzten Tagen ereignet habe. Vielleicht seien sie mit dem Boot auch schon unterwegs und kämen in den nächsten Tagen an.
Freitag, der 8.11.1918
Tatsächlich liefen morgens um 10:00 Uhr meine Mackers im Hafen ein. Sie waren um 2:00 Uhr Nachts ausgelaufen, des Abends spät hatte Schwemm sie benachrichtigt, dass die Revolution ausgebrochen sei. Meine Mackers hatten, nachdem ich abgefahren war und das Wetter sich gebessert hatte, noch zwei Fangtouren gemacht, eine Tour mit 1.200 Pfund und eine Tour mit 1.600 Pfund Butt, wovon sie die Hälfte in die Bünn gesetzt um sie mit nach Hause zu nehmen. Sie hatten eine ganze Menge Lebensmittel mitgebracht: Weiß- und Rotkohl je einen Zentner, ein halber Zentner Sellerie, ebenso Wurzeln, Brot, Mehl, Grütze, Haferflocken, Weizen, Roggen, Butter, Speck und eine Schüssel voll Schmalz. Alles Sachen, die für den Lebensunterhalt nötig sind. Fiete Beek hatte Kohl und Kraut besorgt, er war nicht mitgekommen, er wollte erst mal abwarten, wie sich die Lage entwickelte, doch seine Sachen für sein Boot und was er sonst so brauchte war alles an Bord. Meinen Vater hatte er gebeten, den Einbau vom Motor zu beaufsichtigen, er selbst wollte bei 8 Tagen mit dem Zug kommen, wenn die politischen Verhältnisse es zuließen.
Wir hatten genug zu tun, all das, was bei uns an Bord war, so unauffällig wie möglich nach Hause zu schaffen mit unserem Blockwagen. Beek seine Sachen genauso wie unser Tauwerk, das wir an Bord hatten, wurden auf unseren Boden gebracht. Aber das Beste war, dass es heute Mittag gebratene Butt gab, worüber sich zu Hause alle freuten. Fiete Mumm hatte bei Tagwerden unterwegs 2 Stieg der großen Butt geschlachtet und fertig gemacht, so dass sie zu Hause nur noch gebraten werden mussten.
An Bord bei uns standen mehrere Kameraden, die neugierig zuschauten, was wir alles an Bord hatten. Einige besaßen den Mut, uns zu fragen, ob wir ihnen nicht ein paar Rollen Tauwerk verkaufen wollten. Sie könnten es gebrauchen. Es waren diejenigen, die uns am meisten verdammten und über uns herumpöbelten, aber mein Macker Fiete gab ihnen gleich immer die richtige Antwort.
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Einige fragten, ob wir auch auf Fehmarn zu Leben hätten. Ja gewiss, sagte Fiete Mumm, dies alles was wir mitgebracht hätten seien Sachen, die wir uns so nebenbei übergespart hätten. Er sagte noch weiter, wir hätten nun ein Vierteljahr vor Fehmarn gefischt und kein Tag war dazwischen, wo wir nicht satt geworden seien, und das auch noch mit Sachen, die wir hier zu Hause nicht bekommen hätten. So fragten sie, ob wir wieder runter wollen würden. Wir sagten, sobald die politische Lage sich beruhigt habe, liefen wir wieder nach Fehmarn aus. Dann fragten A. Kreutz, H. Mohr, Fr. Rolfs und Jörn Dankwardt, ob sie nicht mal einige unserer Abrechnungen sehen könnten. Fiete meinte: „Wenn ihr Interesse daran habt, warum nicht.” Er gab fünf Stück mit den verschiedenen Daten von Oktober, sie sagten kein Wort, bloß A. Kreutz fragte: „Wie veel Daag hefft ji düsse Monat dor fischt?” „Genau söbenteihn Daag, August, un teihn Daag hefft wi för slecht Wetter in't Haab'n leeg'n. Will een vun ju noch wat doröver weedten, denn fraagt.”
Es fragte keiner mehr - sie gingen alle still von Bord. Wir machten Mittag und gingen nach Hause. Um 17:00 Uhr wollten wir wieder am Hafen sein um unseren Kohl und unser Gemüse heraufzuholen, wie auch das Korn in den Säcken. Alles sonstige hatten wir vor Mittag gleich nach Hause gebracht, unseren Fang, der noch in der Bünn war, wollten wir anschließend abliefern, so hatten wir es mit der Abnahmestelle vereinbart.
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Hiermit beginnt der weitere Bericht!
Die weiteren Berichte gehen ohne Datumsangabe so erst mal fort.
Gestern war bei uns am Hafen ein böses Tralla und Wuhling mit den Mariners. Von den Schiffen, die bei uns im Hafen lagen, auf dem Wohnschiff „Waltraute”, hatten sie die Proviantlast geplündert und vieles davon auf dem Hafengelände hingeworfen. Einige schleppten mit Säcken von Bord alles was zum Leben gehörte und auch wurde sich um solche Sachen prügeln. Die ganze Besatzung war besoffen, dass sie nicht mehr wussten, was sie taten.
Auf dem Hafenbahngleis zwischen dem Zollamt und Heinrich Lorenzens Haus stand ein großer Tankwagen mit Sirup drin. Die Verschlussluke wurde abgerissen, der Hahn geöffnet und der Sirup lief raus aufs Gleis. Da sprangen ein paar vernünftige Männer hin und machten den Hahn dicht und sagten zu den umstehenden Kindern und Leuten: „Holt euch Töpfe und Eimers von zu Hause und sie werden vollgemacht. Aber der Sirup darf nicht auslaufen, dazu ist er zu kostbar.”
Es dauerte nicht lange, da kam die Polizei und wollte es verbieten, aber da kam sie an die richtige Adresse. Sie mussten zusehen, dass sie vom Hafengelände verschwanden, denn bald war die halbe Stadtbevölkerung mit Eimern und Töpfen am Hafen. Alle wollten etwas vom Sirup haben. Ich sah, als ich mit dem Blockwagen am Hafen zu unserem Boot fuhr, wie jemand mit einem großen Sack Mehl auf dem Nacken das Fallreep von der Waltraute herunterkam. Als er auf dem Brückengelände war, lief eine ältere Frau, es war Greffensick ? , wie ich sah. Sie schlitzte mit einem Messer den Mehlsack auf und fing mit ihrer Schürze das Mehl auf, welches aus dem Sack herauslief. Zu Bedauern war, dass das meiste Mehl an ihrer Schürze vorbeilief und auf die Erde fiel. Mit einmal merkte der Sackträger, dass seine Last auf dem Rücken immer leichter wurde, drehte sich um und stutzte, dass die ganze Strecke, die er gekommen war, voller Mehl war.
Er setzte seinen Sack ab, wo nur noch die Hälfte an Mehl drin war. Er ließ den Sack stehen und ging zu den Häusern. Wollte sich wohl etwas holen, womit er sein Mehl bergen konnte. Doch als er wiederkam, war sein Sack mit dem restlichen Mehl verschwunden. Ich sah, wie jemand mit dem Sack zur Fischerstraße lief.
Was lag alles an zertrampelten Lebensmitteln herum, welche von Deck aus auf das Brückenpflaster geworfen worden waren. Und dann von den Leuten, die am Hafen waren, um etwas zu erwischen, zertreten wurden.
Wir brachten in dieser Zeit unsere Sachen mit dem Blockwagen nach Hause. Es war die beste Gelegenheit, dass es nicht so auffiel.
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Von den Offizieren und Offiziersanwärtern waren viele des Nachts ausgerückt und geflohen. Am Hafen war heute noch genau solcher Tumult, nur dass die Besatzungen von den Schiffen wieder nüchtern waren und nun erst richtig erkannten, was los war und werden sollte und das Traurige für die Besatzungen war, dass sie selbst keinen Proviant mehr hatten, sich zu sättigen. Auf dem Exer wurde eine große Demonstration abgehalten und erklärt, dass die ganze Verwaltung und sonstiges vom gebildeten Arbeiter- und Soldatenrat erst mal weitergeführt wurde. So kam auch bald wieder Ruhe und Ordnung in diese umwälzende Angelegenheit.
Wir wollten unser Boot auf Slip holen. Wir hatten auf Fehmarn über einen neuen 15-PS-Motor von Callesen Apenrade gesprochen, wollten versuchen, telefonisch mit der Firma in Verbindung zu kommen. Denn diese 15-PS-Zweitaktmotoren hatten mehrere der Travemünder in ihre neuen Boote eingebaut und waren sehr zufrieden damit gewesen, wie auch mit dem Brennstoffverbrauch. Der Schmierölverbrauch war etwas höher als bei anderen Motoren. Wir haben es mehrmals am Tage versucht, eine Verbindung zu bekommen, aber immer vergeblich. So schrieb mein Vater einen Brief an die Firma. Nach vier Tagen bekamen wir eine Antwort.
Die Firma antwortete: durch die ungewisse politische Lage, sowie die noch offenen kontraktlich festen Bestellungen von diesem Typ könnten sie vor Februar-März keine verbindliche Bestellung mehr annehmen, da selbst die Gießereien wegen der Unsicherheit betreffs Beschaffung von Rohmaterialien ihre Lieferfristen der noch laufenden Aufträge nur mit Ungewissheit erfüllen könnten. Sollte sich die Allgemeine Lage verbessern und somit sich auch die Schwierigkeiten beheben, so würden sie auch gewillt sein, unsere Bestellung zu berücksichtigen. Mit einer voraussichtlichen Belieferung im Mai bis Juni 1919, vorausgesetzt, dass wir noch auf eine Bestellung reflektierten.
Es war eine schlechte Nachricht für uns, aber wer wusste überhaupt, wie sich alles entwickeln würde im Hinblick auf die politische Lage mit den Siegermächten. Da unser Zylinder vom Motor etwas leckte und schon mal geflickt wurde, beschlossen wir, uns einen neuen Zylinder von 8 PS bei Carl Lorenzen zu bestellen. Er hatte nämlich zwei Zylinder dieser Art im Rohguss stehen. Da Friedrich Zett, Peter Kolls und Johann Dankwardt, die zusammen das Boot hatten, sich schon einen Zylinder bestellten. Unser Fehler war, dass wir uns nicht gleich im September mit Apenrade in Verbindung gesetzt hatten. Jetzt war die Schangs verpasst.
15.11.1918
Mein Großvater, der ja noch seinen Anteil am Fahrzeug hatte, bot mir seinen Anteil zum Kauf an. Er verlangte 10.000 Mark für seinen Bootspart, ein Sechstel der Anteil an der Handwaade und sein sämtliches Geschirr an Herings- und Sprottnetze und Anker wie die Taue dazu. Die Buttnetze wollte er behalten.
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Fiete Mumm beriet mich und sagte, das sei zu teuer, denn die Herings- und Sprottnetze waren alt und nicht mehr viel wert. Er sagte zu mir, ich sollte meinem Großvater 8.000 Mark bieten, mehr sei da nicht drin, das würde ihm niemand dafür geben. Mein Vater sagte, ich müsse es ja selbst wissen, ich hätte ja Geld, sollte aber bedenken, dass ich mir dann auch noch allerlei Geschirr an Heringsnetze, die zugehörigen Ankers und Taue und was sonst noch alles dazu hätte beschaffen müssen, was auch viel Geld kostete. Ich ging den nächsten Tag am 16/11 zu meinem Großvater, den alten „Bremsdiek”, wie man ihn nannte. Ich machte ein Angebot von 8.000 Mark ohne seine Netze. Er nahm mein Angebot gleich an. Seine Ankers und Taue konnte ich mir holen, wenn ich sie brauchte, sagte er. Das Geld hatte ich gleich mitgenommen und zahlte es ihm gleich aus. Er Schrieb auf ein Blatt Papier, dass er seinen Anteil ein Drittel vom Boot und ein Sechstel der Handwaade in meinen Besitz übergeben hatte. Die Kaufsumme von 8000 Mark habe er bar erhalten, er habe keinerlei Ansprüche mehr an denen von mir käuflich erworbenen Objekten. Meine Großmutter und Frau Drews waren Zeugen und unterschrieben wie mein Großvater und ich selber. Fiete Mumm kam gerade zur rechten Zeit, er brachte zum vierten Bootspart noch 2.500 Mark für das letzte Vierteljahr, wo wir auf Fehmarn gefischt hatten. Mein Großvater zeigte ihm das unterschriebene Papier und bat Fiete Mumm seine Unterschrift auf das Schriftstück zu setzen, was er dann auch tat.
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Mein Großvater musste die Abrechnung über seinen Anteil vom vierten Bootspart unterschreiben und damit war auch das erledigt. Fiete Mumm und ich bekamen noch ein paar kräftige Grogs eingeschenkt. Ich freute mich, denn ich gehörte jetzt zum Boot und was von nun an mit dem Boot verdient wurde. Beim Nachhausegehen erzählte mir Fiete Mumm, dass mein Vater anscheinend gar nicht damit einverstanden war, denn er hatte den Anteil vom Großvater mit übernehmen wollen, weil ich noch zu jung sei, aber nun ist alles in Ordnung. Es kann Dein Vater auch nichts mehr daran ändern. Der Kaufvertrag ist schriftlich unter Zeugen festgelegt und bestätigt, bezahlt mit deinem eigenen Geld, was du dir verdient hast. „Einen Rat möchte ich dir geben: spare dein Geld und kaufe dir so viel Geschirr erst mal an Heringsnetzen, was du bekommen kannst.” Den nächsten Tag ging ich zu Fritz Haß, der die Netzvertretung für die Netzfabrik Landsberg a/d Warthe hatte. Ich fragte Hass, ob ich Heringsnetze bekommen könne. Er sagte: „Gewiss, aber Du musst beim Verein um Bedarfsscheine aussuchen. Was ich Dir helfen und besorgen kann, will ich gerne tun. Welche Netze brauchst Du denn?” Ich sagte: „23-24 Milimeter 100 oder 120 Maschen tief 80/6 und 19-19½ Millimeter 120 Maschen tief 100/6.”
Er meinte, ich habe schon eine gute Meinung von diesen Netzen vorgenommen. Anschließend ging ich zu Peter Scheller in der Langebrückstraße, der die Vertretung der norddeutschen Netzfabrik in Itzehoe hatte.
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Er packte mir gleich 2 Stücke 23mm 80/6 ein. Ich bezahlte gleich. Es waren meine ersten selbstgekauften Netze. Den nächsten Tag sprach ich mit Wilhelm Dibbert, der die Vertretung der mechanischen Netfabrik Itzehoe hatte, die er von seinem Vater übernommen hatte. Er wolle mir auch helfen, welche zu besorgen. 19-19½ mm Maschenweite 120 Maschen tief und 100/6. Er sagte: „Fiete, ich habe am Hafen gehört, dass Du Deinen Großvateranteil von Quase und Waade gekauft hast.” Ich bejahte. Er wünschte mir Glück und versicherte, dass ich mich darauf verlassen könne, dass er die Netze besorgen würde. Ich sagte, ich müsse ja erst mal sehen, dass ich Bezugsscheine bekäme. Er sagte, dass manchmal bei der Netzfabrik bestellte Netze nicht abgerufen würden und diese dann günstig an die Vertreter als Angebot abgegeben würden. Wenn dieses geschehen würde, würde er mir Bescheid geben. Ich solle mich darauf verlassen.
So hatte ich also in Sachen Heringsnetze allerlei Vorsorge getroffen. Ich hatte noch genug gespartes Geld für die Heringsnetze.
An das ganze große politische Geschehen, was in Deutschland und um uns herum geschah, hatte mich bis zu diesen Tagen, da ich ein Bootsanteil gekauft und Heringsnetze bestellt hatte, nie gedacht. Jetzt aber interessierte mich die Revolution und alles, was damit zusammenhing. Besonders die weiteren Entwicklungen. Mein Vater und Fiete Mumm waren schon über 10 Jahre Mitglied in der SPD. So hatte ich allerlei über das politische Wesen der SPD und der anderen Parteien gehört und gelesen. Als Junge war für mich das interessante Blatt „Der wahre Jakob” von der Volkszeitung gewesen.
Fiete Beek sein Boot hatten wir schon am 14.11. zu Wasser gelassen und es hinter der Holzbrücke an der Stadtseite vertäut. Es sollten die einzelnen Teile des Motors aus der Werkstatt zum Boot gebracht werden und im Boot zusammengebaut werden. In drei Tagen war der Motor bis auf ein paar Wassserrohre und Brennstoffrohre zusammengebaut und nach der Schraubenwelle ausgerichtet.
Mittwoch, der 20.11.1918
Mein Vater war jeden Tag beim Einbau des Motors dabei gewesen, der Motor solle heute vormittag noch laufen. Beek war durchs Telefon nach viel Mühe von Lorenzen unterrichtet, dass der Motor eingebaut und heute noch laufen sollte. Beek hatte zugesagt, dass er versuchen wollte, Donnerstag in Eckernförde zu sein. Die Erprobung des Motors fiel gut aus, bis auf das Schütteln. Es mussten noch ein paar Stützen angebracht werden. Sonst war alles in Ordnung. Das Boot war dicht. Die Fundamente verstärkt, neue Bolzen eingesetzt. Heute Nachmittag soll eine Fahrt zur Ringelnatter gemacht werden. Die Kupplung und alles andere war in bester Ordnung. Mein Vater war zufrieden und wenn Beek käme, konnte er auch mit den Arbeiten zufrieden sein. Mein Vater war ja jeden Tag dabei gewesen.
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Fiete Mumm und ich hatten bei uns an Bord alles wieder klar gemacht. Unser altes Geschirr hatten wir mehrere Tage und Nächte aus den Stützen vom Trockenplatz hängen lassen, damit es durchtrocknete. Als das geschehen war, nahm Mumm die ganzen Leinen mit zu seinem Boden. Die Scherrbretter, als sie durchgetrocknet waren, wurden mit Ölfarben angemalt. Unser neues Geschirr mit den neuen Leinen noch ein paar Tage in der Bünn gehabt und dann an Land nochmals ausgetörnt. Damit es klar ist für den Gebrauch.
Wenn mit Beeks Boot alles klar war und alles soweit geregelt, wollten wir zusammen mit beiden Booten wieder nach Fehmarn fahren. Beim Arbeiter- und Soldatenrat hatten wir schon um eine Ausreisegenehmigung angesucht, doch Bescheid erhalten, uns vor dem Auslaufen nochmals zu melden, damit Datum und Uhrzeit sowie Zielhafen mit der ungefähren Ankunftszeit im Genehmigungszertifikat eingetragen wurde. Dasselbe galt auch für Fiete Beek. Sie machten uns nochmals darauf aufmerksam, dass dies Zertifikat nicht vor einer Aufbringung schützte, für Überwachungsfahrzeuge der Entente, die in jeden größeren Hafenstadt stationiert werden. Wie weit diese Anordnung schon geschehen sei, darüber konnte man uns keine Auskünfte geben. Wir mussten auf eigenes Risiko die Reise unternehmen.
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Sie wollten sich mit den Dienststellen in Verbindung setzen, die dafür zuständig seien, damit die Fischerei möglichst bald für die Volksernährung wieder tätig werden konnte längst der ganzen Ostseeküste, aber noch sei daran nicht zu denken, wei noch keine Verhandlungsbasis gegeben sei. Jeder deutsche Fischer, der zum Fang auf See fuhr, musste es auf eigene Gefahr und Risiko hin tun. Es war eine böse Sche, aber trotzdem wollten wir es riskieren.
Abends um 21:30 Uhr kam Fiete Beek bei uns zu Hause an. Er war auch wie ich von morgnes 6:00 Uhr auf der Bahn gewesen. Sonst hätte die Reise ganz gut gegangen. Mehrmals Kontrolle von Marine und Arbeiter- und Soldatenrat. Er waqr aber doch froh, dass er erstmal hier war. Meine Mutter kochte Tee. Zue Essen hatte er genug mitgebracht. Unsere kleine Stube, woe ich sonst schlief wurde für Beek hergerichtet, dass er dort schlafen konnte. Mein Vater erzählte ihm, dass mit dem Boot und Motor alles wieder in Ordnung sei und er es ja selbst morgen bei der Probefahrt sehen würde. Ihm wurde auch von meinem Vater unterrichtet mit der Ausfahrt-Genehmigung, die wir gleich für ihm mit beantragt hatten. Wir wollten nämlich zusammen nach Staaken fahren. Mein Vater sagte, das Wetter sei gut. Wenn Beek alles geregelt habe, wollten wir abends auslaufen und die Nacht durchfahren. Beek war mit allem einverstanden. Er wollte so bald wie möglich heim.
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Beek sagte, nach den Gesprächen im Zug mit Soldaten, waren in Kiel noch keine Streitkräfte der Entente eingetroffen. Weder über Land, noch über See.
Donnerstag, d. 21.11.1018
Ich holte morgen Peter Kalls' Schottsche Karre. Wir wollten Beeks ganze Sachen, die bei uns auf dem Boden lagerten, mit zum Hafen nehmen. Wir packten den ganzen Karren und unseren Blockwagen voll. So hatten wir alles mit einmal am Hafen. Beeks Boot holten wir durch die Holzbrücke. Er selbst war zur Werkstatt von Carl Lorenzen raufgegangen. Mein Vater und ich takelten den Mast auf und machten ihn klar zum Aufsetzen. Seine Sachen hatten wir alle an Bord genommen. Um 9:30 Uhr kam Großkreuz mit einem Gesellen und Lehrling an Bord, um den Motor anzuwärmen und in Gang zu setzen. Es soll noch eine Probefahrt stattfinden. Um 9:45 kam Beek von Lorenzen runter, nachdem wir den Mast aufgesetzt hatten konnte die Fahrt losgehen. Ich stieg an Land, denn wir hatten bei uns an Bord auch noch einiges zu tun. Fiete Mumm war bei uns an Bord, wir besprachen noch einmal die Fahrt nach Fehmarn, wenn die Probefahrt für Beek zufrieden auslief, so konnten wir uns früh heute Abend mit Proviant ausrüsten. Die Witterung war gut. Um 23:00 Uhr würde der Mond aufgehen, so dass wir dann die Kieler Förde überqueren und im Schutz der Küste bis Fehmarn durchlaufen konnten.
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Die Probefahrt war ohne Störung verlaufen und alles in bester Ordnung, doch Großkreuz bestimmte, dass der Motor noch 3-4 Stunden im Hafen am Kai laufen zu lassen, er würde dann selbst wieder zum Boot kommen, um alles am Motor noch mal zu überprüfen.
Beek machte auf seinem Boot alles klar zur Fahrt, als wir mit ihm zusammen den ganzen Reiseplan nochmal durchgesprochen hatten. Am Nachmittag gingen wir alle zusammen zum Zollamt und unterschrieben, jeder mit seinem Namen die aufgeführten Bestimmungen, die mit der Ausreisegenehmigung verbunden waren. Sowie die Auslaufzeit, Reiseziel und die ungefähre Ankunftszeit. Wir hatten alles an Bord und waren klar zum Auslaufen. Um 19:00 Uhr sollte es losgehen.
Wir hatten es so abgemacht, mein Vater und Fiete Mumm blieben bei uns an Bord, ich sollte bei Beek an Bord gehen. Um 18:30 waren wir am Hafen. Beek hatte bei uns zu Hause mit zum Abendbrot gegessen. Als die Motoren liefen, legten wir um 19:00 Uhr ab, nachdem wir uns abgemeldet hatten.
Es war diese Reise doch etwas anders als die sonstigen. Die Ungewissheit der politischen Lage, das Verhalten der Siegermächte und ihre Kontrollmaßnahmen. Wir liefen mit Beeks Boot ungefähr 50 Meter hinter unserem Boot her. Es war sehr schönes Wetter. Flauer Südwind und klare Luft - eine sehr gute Gelegenheit, wie wir so sagten. Unsere Fahrt war bei 5 Seemeilen die Stunde. Eben vor 10 Uhr hatten wir Bülk passiert und liefen mit Kurs auf Schönberger Strand zu. Um 23:30 hatten wir Schönberger Strand querab. Der Mond ging gerade auf. Er stand eben über der Kimm. Bisher hatten wir kein einziges Fahrzeug gesichtet. In der Strander Bucht sahen wir mehrere Lichter, als wenn dort Schiffe vor Anker lagen. Es war doch etwas merkwürdig, so alleine auf See zu sein. Beeks Motor lief ohne Störung immer gleichmäßig. Als wir Schönberg passiert hatten, sagte Beek, ich sollte mich man ein paar Stunden in seine Koje legen. Ich war aber auch rechtschaffen müde durch die ganze Aufregung. Nach zwei Stunden solle Beek mich wecken, sagte ich. „Kümmt in Ordnung, min Sohn”, sagte er.
Um 4:30 Uhr weckte er mich. Wir waren vor dem Fehmarnsund. Mein Vater hatte abgestoppt. Es war klarer Mondschein und still. wir liefen längsseits und machten fest. Ich stieg mit meinen Sachen bei uns über. So liefen wir mit beiden Booten über den Grünen Grund vor der Ansegelungstonne von Burgstaaken bremsten wir uns. Fiete Beek lief zum Hafen ein. Unsere Papiere nahm er mit zum Anmelden. Wir waren uns einig, gleich zum Fangplatz zu laufen, da das Wetter gut war.
Freitag, 22.11.1918
Auf dem Weg zum Fangplatz machten wir unser neues Geschirr klar. Als wir eine Stunde abgelaufen waren, setzten wir auf 21 Metern nach Süd-Südwesten aus.
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Nach anderthalb Stunden kamen wir an die Steinkante im Südwesten schon ziemlich nahe. Wir holten deshalb auf. Am Widerstand merkten wir, dass ein guter Fang im Netz sein musste, vorausgesetzt, dass dies keine Muscheln waren. Wir mussten 6 Quäste übernehmen. Die Goldbutt setzten wir in die großen Bünnnetze, die wir im Winter bei der Buttfischerei auch bei uns gebraucht hatten. Dorsch und Platen wurden gleich in Kisten gewogen, wo wir 25 Stück von aus Eckernförde mitgenommen hatten. Der Drift brachte 25 Stieg große Butt, es waren vereinzelt einige Struffbutt dazwischen. An Dorsch 280 Pfund und 132 Pfund Platen. 2 Steinbutt von 4-5 Pfund. Wir setzten gleich auf Gegenkurs aus. Auf der ganzen Wasserfläche war nirgends ein Fahrzeug zu sehen, bis auf eine Rauchwolke weit ab Richtung Osten. Wir fischten zwei Stunden, der Drift brachte 28 Stieg Butt, 4 Steinbutt von 4-8 Pfund, 240 Pfund Dorsch und 145 Pfund Platen. Wir setzten gleich auf Gegenkurs wieder aus, fischten zwei Stunden mit einem Fang von 29 Stieg Butt, 6 Steinbutt 5-7 Pfund, 210 Pfund Dorsch und 150 Pfund Platen. Es wurde gleich wieder nach Nordosten ausgesetzt. Wir fischten anderthalb Stunden. Der Drift brachte 23 Stieg Butt, 3 Steinbutt 3-6 Pfund, 270 Pfund Dorsch und 125 Pfund Platen. Mit Dunkelwerden liefen wir in Staaken ein. Schwemm und sein Arbeistmann hatten uns schon einlaufen sehen, Kisten und Gewichte standen bereit. 12 Kisten mit je 80 Pfund Dorsche, 7 Kisten Platen je 80 Pfund, und 5 Kisten mit Butt vom letzten Drift, 380 I, 80 II. Von der Sorte III hatten wir nur 5 Pfund dazwischen. Die Steinbutt behielten wir im Netz. Wir lieferten heute an unserem ersten Fangtag 1834 Pfund Butt ab, 1440 I, 357 II und 25 Sorte III, die wir August schenkten, zusammen mit einem Steinbutt zu 6 Pfund. Außerdem 960 Pfund Dorsche, 540 Pfund Platen, 70 Pfund Struffbutt und 68 Pfund Steinbutt. Es war ein Gesamtfang von 3.400 Pfund in 4 Drifts. Mein Vater sagte, die letzten 14 Tage habe es ja auf den Fangplätzen Ruhe gegeben, nirgends sei gefischt worden. Im ganzen Hafen lag nicht ein Fischerboot. Bis auf die heimischen und eine Küstenjolle aus Eckernförde und wir. Beek kam an Bord, er sagte, dass mit der Anmeldung alles klar sei, aber ein Mann von uns müsse hingehen und bestätigen, dass wir auch wirklich eingelaufen seien. Er meinte, zum Abendessen kämen wir zu ihm nach Hause, seine Frau habe sich darauf vorbereitet. Beek hatte noch beim Löschen mitgeholfen, der ganze Fang war gleich zur Bahnstelle verbracht worden. Schwemm freute sich, dass wir wieder da waren. Seine Kundschaft telefoniere und schreie nach Ware, aber er habe, so lange wir weg waren, nichts liefern können. Ich war inzwischen beim Zollamt gewesen. Damit war alles in Ordnung. Ich fragte, ob sie Verbindung mit dem Arbeiter- und Soldatenrat in Eckernförde aufnehmen könnten. Sie sagten, das sei möglich. Und ob sie nicht auch das Zollamt in Eckernförde anrufen könnten, dass wir ohne Störung hier gut angekommen seien und davon die Familie Daniel, Hinterstraße 19, benachrichtigen möchten. Es dauerte keine 5 Minuten und die Verbindung war da. Ich bedankte mich und sagte, dass ich gleich einen Eimer voll Goldbutt bringen würde, was ich dann auch tat, woraufhin sie sich freuten.
Wir hatten im Bünnetz noch 40-50 Pfund Goldbutt, 4 große Dorsche, 3 Steinbutt, 5 Pfund Zungen. Fiete Beek bekam 10 große Goldbutt und 10 Struffbutt, die er sich selbst ausgesucht hatte. Um eben nach 19:00 Uhr gingen wir mit Beek zu seinem Haus. Es war inzwischen ziemlich spät geworden. Seine Freu hatte schon gewartet. Um 17:00 Uhr gingen wir wieder zum Hafen. Es war ein wirklich gutes Abendbrot gewesen. Was da alles auf den Tisch kam! Und dann auch noch ein paar gute Schnäpse hinterher. Beek bedankte sich immer wieder, was wir alles für ihn getan und geleitet hatten. Er meinte, wenn wir ihn in allem nicht so unterstützt hätten, wäre er dort gar nicht mit zurecht gekommen, und dann in dieser Zeit der großen politischen Umwälzung.
Von der Küstenjolle aus Eckernförde kann ich Folgendes erzählen,nach dem, was Schwemm uns berichtet hatte. In der Nacht vom 8. auf den 9. waren ein Eckernförder, der Sohn von Waldemar Behn, der Sohn vom Bürgermeister aus Burg und noch ein paar weitere mit der Küstenjolle geflohen. Es waren alles Offiziersanwärter auf der „Waltraute” gewesen und hatten wohl Angst um ihr Leben gehabt. Sie waren nicht in den Hafen gekommen, sie waren westlich der Einfahrt an Land gekommen und hätten die Jolle vor Anker gelegt. Er habe die Aufsicht über die Jolle übernommen und sie im Hafen an die Kette gelegt.
Sonnabend, 23. November 1918
Um 6:00 Uhr liefen wir aus, bei stillem Wetter, hellem Mondenschein. Nur über Land war es noch etwas diesig. 7:30 Uhr setzten wir auf Südkurs aus. Es schien, dass es neblig werden sollte. Wir konnten nirgends mehr Land ausmachen. Nach zwei Stunden Fischzeit holten wir auf. Das Aufholen der neuen Leinen war ein klebriges Geschäft. Denn durch den Zug beim Schleppen auf die Leinen presste überall der Teer raus. Aber der Drift gab einen guten Fang mit vielen Dorschen. Wir setzten nur die mittleren Butt der Sorte II, die Steinbutt und noch ein paar Dorsche ins Bünnetz ein. Denn wir mussten ja Vorsorge treffen, wir wussten ja nicht, wie es noch werden würde. Wir wogen 340 Pfund der Sorte I, 20 Pfund Struffbutt und 320 Pfund Dorsche und 130 Pfund Platen in den Kisten ein. Schwemm hatte uns angewiesen, alles gleich in Kisten einzuwiegen, um die Arbeit mit dem Ausketschern aus der Bünn zu sparen. Wir hatten nochmals auf demselben Kurs ausgesetzt. Nachdem wir anderthalb Stunden gefischt hatten, drehten wir langsam auf Süden zu. Nach zwei Stunden holten wir auf. Es war wieder ein guter Fang im Netz, sobald der Fang an Deck war, setzten wir auf Nordkurs aus. Wir wogen 370 I, 40 II, 30 Pfund Struffbutt, 230 Pfund Dorsche und 128 Pfund Platen, darunter viele Zungenplaten. 4 Steinbutt kamen ins Bünnnetz. Es war Nebel mit einer Sicht von 700-800 Metern. Nach zwei Stunden holten wir auf, mit einem Fang von 365 Pfund I, 80 II, 35 Pfund Struffbutt, 200 Pfund Dorsch und 151 Pfund Platen, 2 Steinbutt im Netz. Der Nebel war immer dichter geworden.
Wir setzten gleich wieder auf Nordwestkurs aus und holten bei anderthalb Stunden auf. Der Drift brachte 320 I, 70 II, 25 Pfund Struffbutt, 230 Pfund Dorsch und 120 Pfund Platen, 1 Steinbutt. Es war gut, dass wir eine halbe Stunde früher aufgeholt hatten, so konnten wir noch bei Tageslicht ins Fahrwasser nach Staaken hineinfummeln.
Es war wieder ein guter Fangtag gewesen. Wir lieferten 1700
Pfund Goldbutt, ab, dabon 1390 I, 195 II, 110 Pfund Struffbutt, 970 Pfund Dorsche, 570 Pfund Platen. Steinbutt, 10 Dorsche und 90 Pfund Goldbutt behielten wir im Bünnnetz.
Schwemm erzählte, dass die Travemünder angerufen hatten, ob hier gefischt würde. Sie hätten von Lübeck einen Anruf erhalten, dass große Ware an Butt von Burgstaaken angeliefert sei. Er habe gesagt, dass wir von Eckernförde gekommen und gleich zum Fischen gelaufen seien und auch einen guten Fang angelandet hätten. Sie hätten gefragt, wie wir es fertiggebracht hätten, auszulaufen. Er habe ihnen erzählt, dass wir auf eigenes Risiko ausgelaufen seien. Sie sagten, dass ihnen jegliches Auslaufen vom Lotsenkommandeur verboten und versagt sei. Bis auf Weiteres. Denn jedes Fahrzeug im Gewässer der Ostsee sei der Aufbringung durch feindliche Kontrollfahrzeuge ausgesetzt. Schwemm habe gesagt, dass es höchste Zeit sei, die Fischerei wieder freizugeben. Wir erklärten Schwemm, das man das uns auch erklärt und vorgehalten hätte. Aber wir seien nun einmal hier und würden, wenn es Wetter sei, auch auslaufen zum Fang!
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Sonntag, der 24.11.1918
Wir machten wegen Nebel heute nur 3 Drifts mit einem Fang von 1.465 Pfund Goldbutt (1.120 I, 230 II), 115 Struffbutt, 760 Dorsche und 440 Pfund Platen, dazu 10 Steinbutt im Bünnnetz, lieferten aber 98 Pfund Steinbutt ab, behielten aber welche für unsere Privatkundschaft im Bünnnetz.
Montag, der 25.11.1918
Wir machten 3 Drifts mit einem Fang von 1.470 Pfund Goldbutt, 1.100 I, 265 II, 125 Struffbutt, 730 Dorsch 450 Platen, 65 Steinbutt.
Dienstag, d. 26.11.1918
In drei langen Drifts hatten wir einen Fang von 1.578 Pfund Goldbutt, 1120 I, 280 II, 178 Struffbutt, 970 Pfund Dorsch und 400 Pfund Platen. Die Steinbutt ließen wir im Bünnnetz.
Es war ein Gesamtfang von 2.948 Pfund.
Mittwoch
Des Nachts hatte es tüchtig gefroren. Es wehte ein steifer Wind von Norden. Wir liefen aber doch aus. Nach einer Dreiviertelstunde machten wir doch kehrt. Der Nord-Nordost hatte immer mehr zugenommen mit Windstärke 5-6.
Donnerstag
Es hatte wieder tüchtig gefroren. In der Ecke bei Schwemm, wo wir immer lagen, war alles überfroren. Der Nordost wehte noch 4-5.
S. 308
Freitag, der 29. November
Um 6 Uhr liefen wir aus. Es war aus West klare Luft und hatte ziemlich gefroren. Wir liefen Südost ab und setzten nach Süden zu aus. Wir sichteten 3 Boote mit Segeln im Südosten, mindestens 4-5 Seemeilen von uns ab. Nach unserer Meinung konnten es ja nur Travemünder sein. Dass sie aber so weit nach Südosten standen und dann mit Segeln auf, das konnten wir nicht verstehen, weil man die Boote mit Segel auf doch weit ausmachen konnte. Die Boote mussten nach unserer Meinung ihr Geschirr ausgesetzt haben. Sie lagen auf Ostkurs und behielten immer denselben Abstand. Der ganze Fang war bedeutend weniger als sonst, besonders die Dorsche fehlten.
965 Pfund Goldbutt I
230 Pfund Goldbutt II
140 Pfund Struffbutt
140 Pfund Dorsche
410 Pfund Platen
9 Stk Steinbutt
Es war aber immer schon so gewesen. Nach einem Nordoststurm war weniger zu fangen. Von den drei Booten, die wir gesichtet hatten, war keines in den Hafen eingelaufen.
Abends um 21:00 Uhr liefen die Travemünder Boote im Hafen ein. Sie waren am späten Nachmittag von zu Hause ausgelaufen und hatten sich verpflichten müssen, nicht auszulaufen, wenn sie vom Lotsenkommandeur per Telefon dazu angewiesen wurden. Denn es bestehe jetzt die Gefahr, dass eine Kontrolle durchgeführt würde. Denn von Kopenhagen aus waren mehrere leichte Seestreitkräfte in die Ostsee eingedrungen.
S. 309
Eine Verständigung deutscher Stellen mit den Alliierten über Freigabe der Fischerei innerhalb der Hoheitsgewässer sei noch nicht erfolgt. Dasselbe hatten sie uns in Eckernförde auch schon gesagt. Die Travemünder fragte, ob wir die Tage, wo wir hier fischten, irgendwo Fahrzeuge gesichtet hätten, wir sagten nein, außer den drei Booten mit Segeln auf, die wir heute weit in Südosten gesehen hatten. Wir fragten, ob es welche von ihren Kameraden gewesen seien. Sie verneinten. Es sei kein Boot vor ihnen ausgelaufen. Sie waren sich einig, mit sechs Booten zu versuchen nach Burgstaaken zu laufen und fragten, was wir denn so gefangen hätten. Wir berichteten über unsere guten Fänge, vor allem an Dorsch und dass wir keine kleinen Butt der Klasse drei mehr im Netz hatten. Wir sagten, dass wir jetzt mit einer ganz weiten Zeese von 55 mm Maschenweite im Steert fischen würden.
Sonnabend
Es hatte die Nacht über ziemlich gefroren, bei leichtem West mit klarer Luft liefen wir m 6:30 Uhr aus. Die Traveboote waren schon vor 6:00 Uhr ausgelaufen. Wie wir sahen, zu ihrem alten Fangplatz, Ost-Südost ab. Wir liefen Südost ab und setzten nach Süden zu West aus, fischten zwei Stunden, die einen guten Fang brachten.
315 I
62 II
50 Struffbutt
190 Dorsch
130 Platen
3 Stk. Steinbutt
S. 310
Der zweite Drift von zwei Stunden brachte ein Ergebnis von
380 I
120 II
80 Struffbutt
290 Dorsche
120 Platen
4 Stk Steinbutt
Den dritten Drift ließen wir drei Stunden laufen mit einem sehr guten Fang von
460 I
155 II
92 Struffbutt
340 Dorsch
125 Pfund Platen
6 Stk Steinbutt
Die Travefischer waren weit von uns ab auf ihrem Fangplatz. Wir landeten heute einen Fang von
1155 I
336 II
226 Struffbutt
740 Dorsch
375 große Platen
14 Stk. Steinbutt
Die Steinbutt behielten wir im Netz. Von den Travemündern war heute keiner wieder eingelaufen. Nachdem wir löschten, machte ich mich auf den Weg nach Burg, um zum Bäcker und zum Wisser’s-Hotel (das Hotel gibt es heute noch) die versprochenen Butt hinzubringen. Mein Vater und Mumm sagten: Da hast Du Dir was aufgebürdet. Ich sagte ja, aber versprochen ist versprochen. Den Tag vorher hatte ich Frau Grönwolds Tochter nach Burg welche hingebracht. Um 19:30 Uhr war ich aus Burg zurück und war hungrig und müde dazu. Es hatte sich aber doch gelohnt. Beim Bäcker hatte ich 2 Schwarzbrot und zwei Weißbrot und für 10 weitere Brote Marken bekommen und bei Wisser’s eine Flasche Kognak, eine Flasche Rotwein und eine Flasche Weißwein erhalten. Fiete Mumm hatte 8 große Goldbutt zu Flohr gebracht. So haben wir Tag für Tag, wenn die Witterung es zuließ, weiter gefischt mit ganz großen Tagesfängen. Die Ernährungssituation für uns gestaltete sich immer besser, seitdem wir hier wieder fischten.
S. 311
Sonntag
Heute morgen war es neblig und nasskalt. Wir liefen um 6:30 Uhr aus. Der Wind war flau aus Südwest. Um 8:00 Uhr setzten wir nach Süden aus. Waren gleich etwas weiter abgelaufen. Nachdem wir anderthalb Stunden gefischt hatten, drehten wir langsam auf Südwesten zu, fischten diesem Kurs noch eine gute Stunde, dann wurde unser Geschirr plötzlich immer enger. Wir holten gleich auf. Beim Aufholen der Zeese ging es sehr schwer. Es musste etwas im Netz sein. Wie sich herausstellte, war es eine armdicke alte Kokostrosse von 6-7 Metern. Aber wir hatten auch einen guten Fang drin, mussten nicht weniger als 8 Quäste übernehmen. Wir setzten gleich wieder aus. Erst mal auf Nord-Nordost-Kurs. Der Drift brachte
425 I
130 II
110 Struffbutt
360 Dorsch
145 Platen, darunter viele Zungenplaten
4 Stk Steinbutt
Wir hatten, da es neblig war, uns den ganzen Drift an dem Steingrund vorbeigelotet mit 21-22½ Metern. Auf 22½ Metern hatten wir die meiste Zeit gefischt. Den nächsten Drift ließen wir 3 Stunden gehen. Er brachte wieder einen guten Fang. Der Nebel wurde immer dichter, so schieden wir aus und liefen nach Staaken zurück.
450 I
145 II
130 Struffbutt
320 Dorsch
135 Platen
5 Stk Steinbutt
In zwei langen Drifts hatten wir gefischt:
865 I
270 II
240 Struffbutt
680 Dorsch
275 Platen
9 Stk Steinbutt
S. 312
Je näher wir der Küste kamen, desto dicker wurde der Nebel. Es waren keine 100 Meter Sicht mehr. Wir mussten uns tatsächlich zum Loch hineinloten. Ein Glück, dass wir ausgeschieden waren. Im Dunkeln wäre es unmöglich gewesen, ins Loch zu kommen. Trotz unseres täglichen Ein- und Auslaufens und der damit verbundenen Routine. Es ist im dicken Nebel schwer, die Einfahrt zu finden. Wir haben zwar einen guten Kompass an Bord, auf den wir uns verlassen können. Aber beim Fischen auf See, wenn man durch Strömung etwas versetzt wird bei dickem Nebel, weiß man einfach nicht mehr genau, wo man abbleibt. Wenn wir einen guten Fang gemacht haben, setzten wir für gewöhnlich unsere Weedts aus und loteten den genauen Wasserstand. So haben wir bei Nebel und auch sonst einen bestimmten Anhaltspunkt. Bei sichtigem Wetter nehmen wir gewöhnlich da, wo wir die Weedts aussetzen noch genaue Landmarken, wo wir die Peilung in der Seekarte leicht punktieren. So hatten wir oft bei ganz dickem Nebel einen Anhaltspunkt beim Ablaufen zur Einfahrt. Im Hafen lagen vier Traveboote, die nicht zum Fischen waren, sondern des dicken Nebels wegen gleich Staaken angelaufen hatten. Sie erzählten, dass sie angerufen hätten bei ihrem Lotsenkommando, ob es vorliege zwecks der Kontrolle und was ihre Kameraden gefangen hätten. Sie sagten, alle Boote hätten bei 26 Zentner Butt und Dorsche angelandet, danach mussten ja über der ganzen Fangfläche Butt und Dorsch zu fangen sein, sagte mein Vater zu den Travemündern.
Nachdem wir Abendbrot gegessen hatten, gingen Mumm und ich nach Caffé Ehlers. Dort war Hochbetrieb. Wir bekommen gleich ein paar Schnäpse vom Wirt. Dann bestellten wir uns Kaffe mit Sahne und Torte. Es war doch etwas anderes, als immer der Muckefuck an Bord. Frau Ehlers kam bei uns an den Tisch und fragte für Mittwoch nach Steinbutt, die sie für Donnerstagsabend brauchte. Mein Macker sagte, dass wir einen Steinbutt von gut 9 Pfund im Bünnetz hatten. Sie sagte, wenn da noch einer zu 7 Pfund dazu war, würde ich sie nehmen. Er sagte, das würde in Ordnung kommen.
Um 23:00 Uhr gingen wir an Bord. Mein Vater war bei Schwemm gewesen und gerade an Bord gekommen. Er sagte, wenn wir nach Hause fahren, will er uns Weiß- und Rotkohl besorgen und ein paar Tage vorher 40-50 Pfund ausgesuchte Struffbutt räuchern lassen und sie mit nach Hause nehmen. Auch besorgte er uns noch 12 Zentner Weizen. „Es wäre nicht schlecht”, meinte Fiete Mumm, „aber wo sollen wir alles unterbringen?” Ich sagte: „Wenn er soweit ist, räumen wir meine Koje aus, packen dort die Säcke mit Korn rein. Das würde gehen.”
Montag, der 9.12.
Eben vor 6:00 Uhr liefen wir aus. Bei klarer Luft und flauem Westwind. Die Traveboote setzten sich auch in Bewegung. Wir liefen anderthalb Stunden auf Südkurs, dann setzen wir aus. Die Traveboote setzten etwas nördlich von uns aus. Es war noch schummerig. Wir hatten schon eine halbe Stunde gefischt, als die Sonne aufging. Wir liefen anderthalb Stunden, gingen dann auf Südwestkurs und drehten allmählich auf Westkurs. Es war ein Drift von drei Stunden. Er brachte
420 I
130 II
80 Struffbutt
320 Dorsch
120 große Platen
3 Stk große Steinbutt 6-7 Pfund
Als der Fang an Deck war, hatten wir gleich wieder auf Gegenkurs ausgesetzt und drehten wieder langsam im Bogen um den Steingrund herum, bis wir auf Nordkurs lagen. Wir holten nach dreienhalb Stunden auf. Dieser Drift brachte auch wieder einen großen Fang. Als dieser an Deck war, liefen wir 14:45 Uhr vom Fangplatz ab nach Staaken. Es waren im Drift:
450 I
140 II
100 Struffbutt
305 Dorsch
138 Platen, mit vielen Zungenplaten
4 Stk Steinbutt
Insgesamt hatten wir heute:
870 I
270 II
180 Struffbutt
625 Dorsch
250 gr Platen
7 Stk. Steinbutt
Ein guter Fang. Von den Travebooten kehrte keiner nach Staaken zurück. Eben nach 17:00 Uhr hatten wir unseren Fang an Land und für den Versand klargemacht.
Dienstag, 10.12.1918
Um 5:30 Uhr machten wir uns seeklar. Es war dicker Nebel. Wir tranken erst Kaffe, liefen dann eben vor 6:00 Uhr aus und fummelten uns von Dalben zu Dalben zum Loch hinaus. Eben vor 6:30 Uhr passierten wir die Ansegelungstonne. Von hier aus liefen wir anderthalb Stunden Südost ab. Setzten dann auf Südkurs aus, fischten anderthalb Stunden, drehten dann langsam auf Südwestkurs ein. Nach weiteren 45 Minuten auf Westen zu. Wir loteten gut 22 Meter. Nach gut 3 Stunden Fischzeit holten wir auf. Der Nebel hatte sich etwas aufgelichtet bis auf 600-700 Meter Sicht. Es war ein guter Fang im Netz. Als dieser an Deck war, wurde gleich auf Gegenkurs wieder ausgesetzt. Der Drift brachte
370 Pfund Butt I
90 II
80 'Struffbutt
270 Dorsch
110 Platen
3 Stk Steinbutt ins Bünnetz
Der Fang war in allem etwas geringer als die ersten Drifts der letzten Tage. Ob es an der trockenen neuen Zeese lag, oder ob wir etwas weiter von der Steinkante abgekommen waren. Wir loteten uns nach Wassertiefe und Zeit wieder um den Steingrund herum. Nach gut 3 Stunden Fischzeit holten wir auf. Der Nebel war immer noch so, dass wir nur 600-700 Meter Sicht hatten. Als der Fang an Bord war, liefen wir nach Staaken ab, noch bevor es dunkelte. Wir sichteten die Ansegelungstonne, aber über der Fahrrinne lag eine ganz dicke Nebeldecke. Wir konnten nicht mal von Dalben zu Dalben sehen, wir mussten uns ganz langsam hineinfummeln. Der zweite Drift hatte folgendes gebracht:
410 I
105 II
90 Struffbutt
300 Dorsch
125 Platen
2 Stk Steinbutt
Im ganzen war das 200 Pfund weniger als am Tag zuvor. Um kurz vor 17:00 Uhr lagen wir im Hafen. Es war ein verfluchtes Fahrwasser bei diesem dicken Nebel.
Wir löschten
785 I
195 II
170 Struffbutt
570 Dorsch
235 Platen
5 Steinbutt
Wir sprachen über den Fangunterschied. Wir wollten etwas mehr Gewicht an die Zeese machen. Ich sagte, es wäre sicher nicht zum Schaden mit etwas mehr Gewicht an der Zeese, aber gestern sei es sichtig gewesen und wir hatten noch ungefähr unsere Landmarken erkennen können. Wie weit wir heute von unserem Kurs abgekommen seien, wüssten wir nicht. Vielleicht weiter ab, als wir meinten. Beide sagten, das könne angehen. Schwemm hatte ihm gesagt, dass er morgen die Steinbutt mit verschicken wolle. Nach dem Abendbrot spielten wir noch zwei Stunden Karten und gingen dann zur Koje. Es wurde Tag für Tag ungemütlicher mit der Witterung.
Mittwoch, der 11.12.1918
Um 5:30 Uhr liefen wir aus. Der Nebel war in starken Dies übergegangen. Der Wind kam aus Südwest 2-3. Wir liefen von der Ansegelungstonne anderthalb Stunden Süd-Südwest. Um 7:30 Uhr setzten wir im Schummern auf Südkurs aus. Es war noch so diesig, dass kein Land in Sicht war. Es war auch kein Fahrzeug auszumachen. Wir fischten wieder nach Lot und Zeit um den Steingrund herum. Nach guten drei Stunden Fischzeit holten wir auf mit einem sehr guten Fang. Wir mussten ihn in 9 Quästen übernehmen. Als er an Deck war, setzten wir gleich wieder aus. Vorher hatten wir noch ein paar Ketten an der Zeese angebracht.
S.347 ???
Der Drift brachte:
720 I
120 II
90 Struffbutt
310 Dorsche
128 Platen
4 Steinbutt 4-7 Pfund
Wir hatten damit gerechnet, dass die Travemünder uns entgegenfischen würden, aber kein Boot kam in Sicht. Die Küste von Dahmeshöft konnten wir soeben ausmachen. Der Südwest hatte bis auf 4 zugenommen. Als wir zwei Stunden gefischt hatten, kam die Fehmarnküste in Sicht und die Luft im Nordwesten klarte auf. Um eben vor 3 Uhr holten wir auf mit einem großen Fang. Wir mussten 10 Quäste übernehmen und merkwürdig war, dass nicht an unserem Geschirr zu sehen war, dass es beim Fischen enger geworden war. Im Sommer mit dem kürzeren Geschirr konnten wir bei 6- Zentnern im Netz gleich merken, wenn die Schleppleinen enger zusammengingen. Aber jetzt mit dem verlängerten Geschirr hatten wir es nicht festgestellt, außer vor kurzem, als wir die dicke Kokostrosse über der Unterdelle der Zeese hatten. Wir fischten jetzt eben auch mit mehr Kraft, wenn keine Segel gesetzt sind. Oft mit allem, was der Motor leisten konnte. Der zweite Drift brachte:
460 I
135 II
115 Struffbutt
300 Dorsch
242 Platen
4 Stk Steinbutt
Um 16:45 Uhr waren wir im Hafen. Heute lieferten wir einen Fang von:
885 I
255 II
200 Struffbutt
610 Dorsch
270 Platen
8 Steinbutt
An Steinbutt lieferten wir, ohne die, die wir für uns selbst behielten, noch 128 Pfund ab. Es waren die Steinbutt von 4 Tagen. Nach dem Abendbrot brachte ich die beiden großen Steinbutt zu Frau Ehlers. Sie sagte, solche großen Steinbutt habe sie noch nie gehabt und auch nicht so dick im Fleich. Ihr Mann musste sie gleich schlachten. Die Köpfe wurden für sich reingemacht. Die wollte Frau Ehlers selber essen. Sie sagte, es sei das Beste am ganzen Fisch. Sie holte die Flasche und wir bekamen 2 gute Schnäpse. Sie zahlte eine Mark pro Pfund. Sonst hatte sie immer nur 75 Pfennig bezahlt. Aber sie meinte, solche großen Butt seien den Preis wert. Ehlers fragte auch, ob ich schon mal nach Landkirchen mit Fischen gewesen wäre. Ich sagte nein. Er meinte, es würde sich lohnen. Er wolle mir ein paar Adressen aufschreiben, wo ich mich auf ihn berufen könne. Er sagte, wenn ich um 10:30 Uhr von Staaken mit dem Zug fuhr, konnte ich mit dem 14:35-Uhr-Zug wieder zurück fahren. Er sagte noch mal, dass es sich lohnen würde, besonders, wenn ich Steinbutt zum tauschen hätte. Als ich wieder an Bord kam, besprach ich die Sache mit meinen Mackers. Beide waren sie einverstanden, wenn es kein Wetter zum Fischen ist, ich es versuchen könnte.
S. 349
Als ich das Paket öffnete von Frau Ehlers, war eine Flache Schnaps vom Guten, Kuchen und Berliner drin. Mein Vater sagte, morgen müssten wir Rohöl aufnehmen. Denn Flohr habe Bescheid geben lassen, dass er übermorgen für mehrere Tage nach Lübeck müsse und ließ fragen, wie es mit Butt oder Steinbutt sei. Sie hätten Appetit darauf.
Heute Nacht war uns wieder vorgekommen, als wenn Bote im Hafen waren und nach enigen Stunden wieder ausliefen, dabei plötzlich den Motor auf volle Touren brachten. Es war ja kein Wunder, denn die Gleise am Hafen standen ja noch immer voll von beladenen Wagons.
Donnerstag, d. 12.12.1918
Um 5:30 Uhr machten wir seeklar. Die Luft war trüb und der Wind kam aus Westen 3-4. Bei 6 Uhr liefen wir aus. Schwemm war auch schon am Hafen und sprach mit uns. Ob wir gehört hätten, dass wieder Boote heute Nacht im Hafen gewesen seien. Wir sagten ja und dass ein Boot beim Auslaufen seinen Motor plötzlich aufgedreht habe. Schwemm sagte, davon sei er wach geworden.
Es war 8:00 Uhr, als wir auf Südkurs aussetzten. Nach anderthalb Stunden Fischzeit sahen wir 5-6 Boote mit Segeln auf ankommen. Es waren Travemünder. Nach einer halben Stunde sahen wir sie aussetzen mit Kurs auf uns zu. In der nächsten halben Stunde passierten sie uns an Backbord in 400-500 Metern Abstand. Wir konnten einige Landmarken vom Dahmer Leuchtturm und dem Grubergehölz mit dem Dorf Guttau im Hintergrund gut ausmachen. Wir loteten uns auf Nordkurs dem Landgrund zu. Nach einer Dreiviertelstunde loteten wir 21 Meter Wassertiefe und holten gleich auf. Der Drift brachte einen sehr guten Fang. Wir mussten 9 Quäste übernehmen. Als alles an Bord war, liefen wir etwas vom Landgrund ab und setzten auf Ost zu Nordkurs wieder aus. Wir drehten im Laufe des Drifts über Nordost auf Norden zu. Es war ziemlich polterig. Der Wind hatte auf West-Nordwest gedreht und etwas zugenommen. Die Traveboote hatten alle auf Südwestkurs zurückgedreht.
Dieser Drift brachte:
430 I
120 II
110 Struffbutt
340 Dorsch
130 gr. Platen
4 Steinbutt 3-4
Auch der nächste Drift brachte einen guten Fang. Wir holten ihn eben vor 15:00 Uhr auf. Als er an Deck war, liefen wir gleich auf Staaken zu. Beim Sortieren und Einwiegen gab es sehr viel Wasser über. Der Wind hatte auf 5 zugenommen. Als es dunkelte, liefen wir ins Fahrwasser ein und waren gerade erst mit Einwiegen fertig.
Der zweite Drift brachte
420 I
220 II
105 Struffbutt
315 Dorsch
115 Platen
3 Stk Steinbutt
Wir landeten an:
840 I
230 II
210 Struffbutt
615 Dorsch
240 Platen
Nachdem wir gelöscht hatten, nahmen wir anschließend Brennstoff und etwas Schmieröl über. Ich sagte zu Flohr, dass ich Steinbutt mitbringen würde, wenn ich raufkäme. Ist gut, meinte er.
S. 351
Im Hafen lag Christoph Peetz aus Heiligenhafen. Er wollte zum Fischen. Es war ihm aber zu ruppig gewesen und deshalb sei er in den Hafen gelaufen. Er erzählte, dass die Polizei am Hafen gewesen sei, denn es sei wieder ein Wagon mit Brikett heute Nacht halb leer gemacht worden. Er sagte, er habe, als er um 4 Uhr von Heiligenhafen ausgelaufen war, zwei Boote im Sund getroffen, die vom Osten gekommen seien. Was für Boote es gewesen seien, sei im Dunkeln nicht auszumachen gewesen. Schwemm hatte uns schon beim Löschen das von der Polizei erzählt. Sie hätten auch nach dem Boot aus Eckernförde, welches hier ständig im Hafen liege, gefragt. Er hätte aber gleich gesagt, uns aus der Sache heraus zu lassen, denn wir wären Tag für Tag, wenn es Wetter war, auf Fischfang gewesen, für diese Leute bürge er. Wir hätten nämlich heute vor 6:00 Uhr mit ihm darüber gesprochen, dass über Nacht wieder Boote im Hafen ein und wieder ausgelaufen seien, was er selbst auch gehört hätte. Wie ich zu Flohr ging, traf ich den Fuhrmann von Kölln, der es mir erzählte, dass ein Wagon halb leer gemacht worden sei. So fragte ich, wem denn die Brikett gehört hätten. Die seien für Dänemark bestimmt gewesen. Es seien alles Skandia-Brikett, die erst von Lübeck dann von Heiligenhafen per Schiff verfrachtet werden. Da aber keine Schiffe fahren dürften, habe man die Wagons nach Fehmarn gebracht. Und hier werden sie ausgeplündert, sagte er mir.
Er fragte, wie es mit unser Feuerung stünde. Ich sagte, wir hätten noch. Er meinte, ich solle man gleich zum Kontor gehen und mir ein paar Zentner anschreiben lasen, denn noch seien da welche. Wer weiß, wie lange noch. Ich ging dann auch gleich rein ins Kontor. Das Fräulein kam zum Tresen und fragte, ob ich Brikett haben wolle. Ich sagte, wenn ich welche bekommen könne. Einen Augenblick, sagte sie. Sie ging ins Nebenzimmer, kam gleich wieder raus und sagte, ich könne vier Zentner bekommen. „Das ist gut!” war meine Antwort und bezahlte. Ich flüsterte leise, wenn es passt, brächte ich morgen Abend um diese Zeit einen Korb mit Butt her. Sie lachte und nickte mit dem Kopf. Sie sagte „einen Moment“ Sie ging wieder ins andere Zimmer, kam mit dem Prokuristen an. Er sagte, uns passt es immer, die vom letzten mal waren herrlich. Ich sagte, das würden auch die von morgen sein. Er sprach mit dem Fräulein. Sie schrieb noch einen Sack mehr auf und sagte: gehen sie zum Lager. Sagen Bescheid. Er sollte die Brikett gleich an Bord bringen und hier ist ihre Quittung. Ich sagte, dass noch zwei Sack zu bezahlen sind. Es ist alles bezahlt. Anschließend sagte ich im Lager dem Arbeitsmann Bescheid. Er solle sofort die Feuerung mit der Karre an Bord bringen. Ich sagte, er solle sich man gleich Fische mitgeben lassen. Ich ging zu Flohr, um die Rechnung zu bezahlen und gab einen Steinbutt zu 5 Pfund und 6 große Goldbutt dreiviertel Pfund das Stück und Milchner ab. Er rief seine Frau. Sie möge mit einer Schüssel kommen.
S.353
Als sie die Butt sah, freute sie sich. De Goldbutt wolle sie braten. „Warten sie mal einen Augenblick”, sagte sie, es dauerte aber noch eine ganze Weile, ehe die Frau mit einer großen Tüte voll im Laden erschien. Flohr hatte sich so lange mit mir unterhalten. Über die Fischerei und Schifffahrt, dass jedenfalls vor Weihnachten alles wieder in Gang käme. Mit der Schifffahrt kam aber nur die kleine in Betracht. Die große soll komplett abgeliefert werden.
Als ich an Bord kam, war der Kohlenmann noch da. Mumm ketscherte ihm gerade die Butt ein und gab ihm noch einen Dorsch zu 6 Pfund dazu, denn er hatte 6 Kinder. Er bedankte sich, den Korb bringe er morgen wieder her.
So erzählte ich, dass der Kohlenmann mich darauf aufmerksam mache, dass die Brikett bald alle seien und mir den Tipp gab, gleich zum Kontor zu gehen. Hier mache das Fräulein alles klar. 4 Säcke habe ich bezahlt und 2 Sack soll ich haben für Butt, die ich morgen Abend raufbringen wollte. Macker Fiete sagte, Du sprichst von 6 Säcken, wir haben aber 8 bekommen. Dann kommen wir mit unser Feuerung wohl zurecht, solange wir noch hier sind aus.
Als Macker Fiete die Tüte, die Frau Flohr mir mitgegeben hatte, öffnete, war dort allerhand Gutes drin. 2 Pfund geräucherter Speck, 1 Mettwurst, 1 Leberwurst, 1½ Pfund Zucker, ein Glas Senf. Wir waren alle der Meinung, dass sich heute wieder alles gelohnt hatte.
S.354
Mein Vater sage, es sei Post von zu Hause gekommen. Ich fragte was Mutter denn schrieb. Die Struffbutt seien angekommen und wir sollten man davon welche mitbringen wenn wir nach Hause kämen. Peter Kolls hatte mit ihr gesprochen und gefragt, ob wir nicht bald kommen würden. Die Waaden hätten die letzten Tage sehr gute Fänge gemacht. Sie waren dabei und machten die Boote und Waade klar. Sie hätten ihren Motor aus der Quase ausgebaut und nach Carl Lorenzen gebracht. Ihr Zylinder sei fertig und unser Zylinder wäre auf der Drehbank. Die Boote, die noch tuckten, fingen von 40-60 Stieg pro Tour.
Wir aßen erstmal gut zu Abendbrot, besprachen dann unsere Heimfahrt, was noch zu besorgen sei, was noch an Bord käme. Ich sagte, einen Tag müssen wir sowieso an Land bleiben. Unsere Kunden in Burg zu besuchen. Ich ein Tag mit dem Zug nach Landkirchen, der Milchmann muss auch noch etwas mit haben, wie auch der Mahlmeister von der Mühle beliefert werden, wie auch der Kutscher von Kölln. Wenn das Wetter es zuließ, auch noch einen Fang mit nach Hause nehmen, dann noch den letzten Drift hier einlaufen, um die Jolle mitzunehmen. So wird es 7 Uhr werden, ehe wir wieder auslaufen können. So sind wir, wenn alles gut geht, bei 4:00 Uhr in Eckernförde. Mein Vater bemerkte, wenn es auch später würde mit dem Auslaufen, es mache doch nichts. Dann seien wir eben bei Tag wieder zu Hause. Es sei doch alles in Ordnung,
S. 335
noch seien wir ja hier, wann wir fahren hinge doch auch vom Wetter ab. Doch vorbereiten müssen wir uns auf alle Fälle, dass wir unsere zu erledigenden Angelegenheiten durchführen, sagte Macker Fiete.
Freitag, der 13.12.
Um 5:30 Uhr waren wir seeklar. Bei klarer Luft und leichtem Nordwest 2-3. Bei 6:00 Uhr liefen wir aus. um 7:45 Uhr setzten wir auf Südkurs aus und fischten so wie die letzten Tage von Süden über Südwesten nach Westen zu, holten nach drei Stunden Fischzeit auf mit einem Guten Fang, den wir in 8 Quästen übernehmen mussten.
390 I
120 II
90 Struffbutt
320 Dorsche
115 Platen
4 Steinbutt
Wir setzten gleich wieder auf Gegenkurs aus. Im Nordosten sichteten wir ein Boot ohne Segel. Es musste Christoph Peetz sein, der erst später ausgelaufen war. Um 15:00 Uhr holten wir auf. dreieinhalb Stunden hatten wir gefischt. Der Drift brachte einen sehr guten Fang, den wir in 9 Quästen übernahmen. Als dies geschehen, liefen wir nach Staaken.
420 I
120 I
120 Struffbutt
350 Dorsche
105 Platen
4 Stk Steinbutt
Als wir alles in Kisten hatten und im Hafen einliefen wurde es mit einmal neblig über dem Land. Wir löschten:
810 I
240 II
210 Struffbutt
670 Dorsch
215 Platen
8 Steinbutt
Der Nebel war jetzt so dick, dass wir die Westseite vom Hafen nicht mehr sehen konnten, die ja nur cirka 40 Meter entfernt war.
S. 356
Wir waren gerade fertig mit dem Abendessen, da kam Schwemm mit einem Polizisten bei uns an Bord. Er wollte gerne von uns wissen, wann und was wir die Nacht, als der Wagon ausgeraubt wurde, gehört hatten. Wir sagten, dass wir eben nach Mitternacht wir einen Motor gehört hätten, der auf ganz langsam abgedrosselt gewesen sei und nach kurzer Zeit ganz abgestellt worden wäre. Ungefähr um 3:00 Uhr sei der Motor im langsamen Lauf wieder zu hören gewesen, als wenn ein Fahrzeug auslaufen würde. Dann aber sei der Motor plötzlich auf volle Touren gegangen. Wir sagten, es sei dem Klang nach ein Zweitaktmotor mit zwei Zylindern gewesen, könnten es aber nicht mit Sicherheit sagen. Der Polizist sagte zu Schemm, dass das mit dem langsamen Lauf und dem darauffolgenden plötzlichen Aufdrehen des Motors mit Schwemms Aussage übereinstimmen würde. Ja, sagte Schwemm, wo die Leute hier von einem Zweitakter gesprochen hätten, könne auch er es bestätigen. Wir erwähnten, dass Christian Peetz gestern zu uns gesagt habe, wer sei um 4:00 Uhr von Heiligenhafen ausgelaufen und im Fahrwasser zum Sund 2 Boote aus dem Sund kommend an seiner Backbordseite in 200-300 Metern Abstand an ihm vorbeigelaufen seien. Was für Boote und wer es gewesen und wo sie hergekommen seien, habe er aber nicht gewusst. So habe Peetz zu uns gesprochen. Weiteres wüssten wir auch nicht. Der Polizist sagte, er würde mit Peetz sprechen. Verhielt es sich so, dann wäre es schon ein Hinweis, der sich auswerten ließe. Denn die ganze Sache sei dem Staatsanwalt übergeben.
Es stehe so viel fest, hier von Staaken, wie auch von den Travemündern sei es keiner gewesen. Es seien Leute gewesen, die da Geschäfte mit machen würden, denn ein Wagon mit gehobelten Dielenbrettern leerzumachen, wie auch einen viertel Wagon mit Steinkohle, einen halben Wagon mit Brikett, sei wohl ein Beweis dafür, da in Heiligenhafen dieselben Delikte ausgeführt worden seien. Als der Polizist von Bord war, unterhielten wir uns noch eine ganze Zeit darüber. Fiete Mumm war der Meinung, wenn wir an dem Abend, als wir von Ehlers kamen und den Weg am Kai längst gegangen waren, hätten wir doch die Boote dort liegen sehen müssen und womöglich erkennen können. Ich sagte: „Ja, aber was geht uns es an. Ich kann mir denken, wer es ist.” Mein Vater sagte zu mir: „Sei vorsichtig, sonst sitzt du da mitten zwischen.” Ich erinnerte daran, was uns der alte Peetz erzählt hatte; wer sich in Heiligenhafen alles angesiedelt hätte und jede Nacht unterwegs sei aber keine Fischerei betriebe. Hatten die Gebrüder nicht einen starken Doppel-Zweitaktmotor mit dem Auspuff nach oben raus in ihrem Boot gehabt? Ich weiß noch, als ich bei Thies und Lietz war und wir fischten „De Hull up de Öhe”. Der Mann hatte mit einem weiß gestrichenen Fahrzeug mit einer Bugwelle wie ein Torpedoboot die Falshöfter Rinne mit Kurs nach Süden angelaufen und stoppten bei uns längsseits ab. Es waren diese Brüder, die mit Thies und Lietz sprachen und erzählten, dass sie notwendig nach Kiel mussten. Nachher erzählte Lietz, dass diese beiden schon allerlei auf dem Kerbholz hätten. Wie die Piraten, die vor nichts zurückschrecken. An diese Brüder habe ich schon angedacht, denn an dem Abend danach, als die Brüder bei uns längsseits kamen, wollten wir um 12:00 Uhr unten sein. Ich hatte mich eben nach 9:00 Uhr in die Kajüte runtergelegt, um 22:30 Uhr wurde plötzlich die Kappe aufgerissen und ehe ich hoch war, sprang einer von oben in die Luke rein. Ich fragte was los sei und wollte die Lampe anstecken, da sagte er: „Kein Licht!! Ich bin Christian D. ich komme zu Fuß von Holtenau. Die Zollfahndung ist hinter mir her. Ich muss mich irgendwo verstecken. Wo wohnt Hannes Lietz?” Ich sagte, er wohne im Pastorengang. Er müsse die Fischerstraße hoch gehen und weiter geradeaus, die dritte Querstraße sei der Pastorengang und gleich dem Eckhaus gegenüber sei Lietz sein Haus. Ich sagte noch, dass um 12:00 Uhr wir am Hafen sein wollten. Ich fragte, wo denn sein Bruder mit dem Boot sei, er erklärte mir, dass er in Holtenau an Land habe gehen wollen, um noch etwas zu regeln. Sie hätten ihr Boot gar nicht erst festgemacht und den Motor laufen lassen. Er sei keine 20 Meter vom Kai weg gewesen, da sei er angerufen worden: „Stehen bleiben, hier Zollfahndung!” Er sei weiter um eine Straßenecke gelaufen, habe bloß noch gehört, wie sein Bruder den Motor voll laufen ließ und abhaute. Er habe sich erst mal in einem Garten versteckt, als die Luft rein gewesen sei, sei er hergekommen.
359
Und nun sei er hier, müsse nächste Nacht weiter und müsse sich aber so lange verstecken.
An diese Episode habe ich die letzten Tage wiederholt gedacht, da doch das erste Mal jemand gesehen hatte, dass ein weiß bemaltes Boot von Heiligenhafen in der Ecke gelegen hatte. Mein Vater sagte, den Spitzbuben, einerlei wer es ist, lass die Polizei man alleine fassen, was geht es uns an.
Sonnabend, der 14.12.1918
Es war dicker Nebel und windstill. Mein Vater sagte, wir sollten man noch eine Stunde warten. Trinken erst Kaffe und dann laufen wir aus. Brauchen ja nicht unbedingt zwei Stunden ablaufen und 3 Stunden nach Süden fischen. Lass uns man mal wieder auf der Nordseite der Steine versuchen. „Ich bin derselben Meinung”, sagte Fiete Mumm. Wir machten uns dann klar, ich wärmte den Motor an. Schwemm kam noch zu uns, sprach mit meinen Mackers über die Sache mit den Polizisten, als der Motor lief, legten wir bei 7:00 Uhr ab, liefen langsam aus dem Fahrwasser raus. Es ist immer dasselbe bei Nebel und Dunkelheit aus dem Loch raus- oder reinzukommen. Wir liefen eine Stunde Südost ab, setzten dann nach Süd-Südwest hin aus. Nach zwei Stunden loteten wir noch 21 Meter, fischten noch eine halbe Stunde weiter. Als wir 20 Meter loteten, holten wir sofort auf, mussten 6 Quäste übernehmen, setzten gleich auf Gegenkurs wieder aus. Der Drift brachte:
340 I
100 II
110 Struffbutt
285 Dorsch
100 Platen
3 Stk Steinbutt
Nach der Schleppzeit gerechnet, war es ungefähr dasselbe Ergebnis wie bei 3 Stunden Fischzeit. Es war noch immer knüppeldick und der Wind schwach und blies mal von hier, mal von dort her. Mein Vater sagte, es dauere nicht lange, dann komme der Nordost. Den zweiten Drift fischten wir 3 Stunden, davon fischten wir die letzte Stunde etwas östlicher aus, das Nebelsignal von Staberhuk wurde immer deutlicher zu hören. Als wir aufholten, war es so, dass wir querab stehen mussten, dieser Drift brachte einen sehr guten Fang, den wir in 8 Quästen übernahmen. Es war nun 14:30 Uhr. Mein Vater sagte: lass uns man einlaufen, dann kommen wir noch bei Tag rein. Bei einer Stunde mussten wir vor dem Loch sein, beim Einlaufen kam der Nordost schon steif durch. Je näher wir der Einfahrt kamen, lichtete sich der Nebel auf und der Nordost nahm mehr und mehr zu auf 4-5. Der letzte Drift brachte
380 I
150 II
20 III
20 Struffbutt
320 Dorsch
112 Platen
5 Steinbutt, einer von 10 Pfund
Die Butt waren diesmal kleiner, ebenso die Dorsche. Eben vorm Loch waren wir fertig mit Sortieren und Einwiegen. Der Nebel war mit einmal verschwunden, der Nordost nahm immer mehr zu. Das Wasser war hoch angelaufen, denn von den Einfahrtsmolen konnte man nichts mehr sehen. Der heutige Tag brachte
720 I
250 II
200 Struffbutt
600 Dorsch
212 Plarten
8 Stk Steinbutt
Das gestiegene Wasser machte das Löschen etwas leichter. Wir mussten die schweren 80 Pfund Kisten nun nicht mehr ganz so hoch zu heben. Schemm sagte, er habe eine Sturmwarnung aus Nordost erhalten, schon heute Mittag. Wir hatten in der Bünn mit allem gut vorgesorgt. Es musste über ein Zentner sein. Schemm sammelte sich von den 200 Pfund Struffbutt über einen Zentner Milchner zum Rächern raus. Wir sagten unter uns, öass es ruhig mal ein paar Tage stürmen, denn ein paar Tage Ruhe taten uns auch gut, wenn das Wetter in der Woche man wieder gut wird, wenn wir nach Hause wollten. Unsere Steinbutt ließen wir erstmal im Bünnnetz, denn das waren unsere Spezialitätenbringer an wertvollen Esswaren, den großen 10,75 Pfund wiegenden Steinbutt wollte Schwemm extra für uns verkaufen. Er meinte, solch großer Steinbutt ist doch eine Seltenheit. Dabei vergaß er, daß risch schon einmal einen Steinbutt von 10 Pfund bei ihm abgeliefert hatten. Er erzählte, dass er die großen Zungenplaten, die wir die letzten Reisen mithatten, immer geräuchert habe, die gut schmeckten und in kurzer Zeit immer verkauft waren, aber eure Struffbutt heute ist ein Gedicht. Ich sagte zu Fiete, wir hätten heute ja auch mal wider gekochte Struffbutt essen können. Nach dem Abendessen gingen wir beide zu Ehlers rauf. Als wir uns an einen Tisch setzten, rief Ehlers seine Frau und sagte: „Deine Steinbuttlieferanten sind da.”
S. 362
Sie kam dann auch gleich an den Tisch. „Ich weiß gar nicht, wie ich Euch danken soll für solche Steinbutt. Alle meine Gäste waren des Lobes voll und der Meinung, dass es diesmal ein besonderes Essen gewesen sei!”
Wir erzählten, dass wir heute einen Steinbutt von über 10 Pfund gefangen hätten, den Schwemm extra für uns verkaufen wolle, denn am Ende der Woche führen wir nach Hause und kämen fürs Erste nicht wieder, denn unser Motor müsse einen neuen Zylinder und eine Grundüberholung haben. Er sei 14 Jahre alt, die vier Monate, die wir hier fischten, sei er Tag für Tag bis aufs Äußerste strapaziert worden. So erklärten wir, dass wir uns um einen neuen, stärkeren Motor von Callesen, Apenrade bemühen würden, aber vor Mai, Juni keine Möglichkeit einer Lieferung bestehe, so hätten wir uns entschlossen, den alten zu reparieren und überholen zu lassen. „Heute Abend seid ihr meine Gäste”, sagte Frau Ehlers. Es gab belegtes Brot mit Schinken, Bratenfleisch, Wurst und Käse mit Gurken, Kürbis und Pflaumen garniert und Wein dazu. Um 23:30 Uhr ließ man uns gehen, wir waren beide ziemlich angeheitert. Es war das erste Mal in gut 4½ Monaten, während wir hier in Burgstaaken aus fischten. Es war bitterkalt mit dem stürmischen Nordost, als wir zum Hafen gingen. Mein Macker legte noch ein paar Brikett aufs Feuer, es tat not und morgen früh brauchten wir uns um nichts zu kümmern.
S. 363
Montag, der 15.12.1918
Um 8:00 Uhr war noch immer stürmischer Nordost und hundekalt. Ich hatte mir vorgenommen, mit dem Zug um 10:00 Uhr nach Landkirchen zu fahren. Ich hatte ja ein paar Hinweise von Ehlers erhalten, wie auch die Marinefischers im Oktober mir es empfohlen hatten, dort mal hinzufahren. Zuerst hatten wir vor, beide hinzufahren, aber um kein Risiko einzugehen, fuhr ich alleine, 2 Stieg gute Mittelbutt, die 24 Pfund wogen, 3 Steinbutt und 5 Pfund Dorsche von 4-5 Pfund im Gepäck. Mein Vater meinte, auf die lange Tour solle ich man noch 10 Butt mehr mitnehmen, dann hätte ich 5 mal 6 Pfund. So hatte ich gut 50 Pfund an Ware mit. Meinen Hamster-Rucksack schnürte ich über den Korb. Ich sagte noch zu Fiete Mumm, er müsste den Milchmann aufpassen, ihm nach Milch fragen und ob er etwas mitnehmen könne, da wir am Wochenende nach Hause fuhren. Es wäre gut, wenn er 6 mal 5 Pfund Butt, 2 Steinbutt und 4 Dorsche mitbekäme, das Weitere regele er selbst. Ich machte mich auf zur Haltestelle. Auf dem Bahnsteig traf ich August. Er sagte, hier sei es drin, das Ungetüm. Er meinte den großen Steinbutt. Er war auf der Reise nach Petersdorf. Er fragte noch, was ich denn vorhätte, ich sagte, nach Landkirchen, um dort mein Heil zu versuchen, er sagte: ich weiß nicht recht, da liefern wir jede Woche einmal Fische hin. Ich erzählte ihm, dass ich ein paar Ratschläge mit Adressen von Ehlers hätte. „Dann fahre man ruhig hin.”
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Der Zug kam, ich stieg ein und los ging die Fahrt nach Burg, wo es etwas längeren Aufenthalt gab. Es stiegen doch allerlei Leute ein. Neben mir setzte sich eine Frau mit ihrer Tochter hin, meinen Korb mit den Fischen hatte ich vor mir stehen. Der Rucksack zuckte alle Augenblicke. Ich hörte die Frau mit ihrer Tochter darüber sprechen, dass sich im Korb etwas bewege, gleich danach fragte sie, was ich denn im Korb eingesperrt hätte. Ich sagte: Lebendige Goldbutt zum Braten, Steinbutt und 2 Dorsche zum Kochen. Sie fragte, ob ich die Fische verkaufen oder tauschen wollte. Ich sagte: Das letztere. „Wo wollen Sie denn hin?” „Nach Landkirchen.” Sie sagte: „Dort sind wir zu Hause, sie können man gleich mit uns kommen, über den Tausch werden wir leicht einig, was meinst Du?”, sagte sie zu ihrer Tochter. „Ich denke bloß an gebratene Butt, Mami!” „Mir geht’s auch so”, sagte die Frau. Ich dachte: „Donnerwetter, das fängt ja gut an”. Als wir in Landkirchen ausstiegen, sagte die Frau: „Nu kommen sie man gleich mit.” Nach 5 Minuten waren wir auf der Hofstelle. Ich musste mit meinem Korb in die Küche rein, sie bot mir einen Stuhl an, sagte: „Einen Augenblick, junger Mann, wollen bloß Mantel und Hut ablegen.”
Ich machte indessen die Verschnürung vom Korb los, legte die beiden Dorsche, wie auch die Steinbutt auf den Rucksack. Mutter und Tochter kamen in die Küche und sagten: „So, zeigen sie uns mal ihre Butt!” Ich erwähnte, dass die Butt ausgesuchte Ware sei, dass 10 Stück bei 6 Pfund wögen. Sie befühlte 3 Stück und sagte: „Sie haben recht, junger Mann, es sind sehr gute Butt, wir sind 7 Mann am Tisch, da muss ich wohl 20 Stück haben.” Sie holte eine Schüssel, ich zählte 20 Stück ein, sie befühlte noch ein paar Butt, die oben in der Schüssel lagen. Sie sagte noch mal: „Es sind wirklich schöne, dicke Butt.”
Ich erklärte, wenn ich losgehe zum Tauschhandel, suche ich mir die Butt aus unserem Fang immer selber aus. „Sind sie denn selber Fischer?” fragte sie. Meine Antwort war: „Ja, wir sind 3 Mann an Bord aus Eckernförde und fischten schon seit Anfang August von Burgstaaken aus nach Goldbutt.” „Junger Mann”, sagte sie, „und dann kommen sie jetzt erst nach Landkirchen, da hätten sie die ganze Zeit einmal die Woche zu uns kommen können, das wäre uns gut zupass gewesen, und sie haben sich manches aus der Nase gehen lassen!” Ich erklärte, dass ich schon längst hätte mal nach Landkirchen fahren wollen, aber immer Angst vor einer Kontrolle im Zug gehabt hätte. Sie lachte und sagte, es habe noch niemals im Zug eine Kontrolle stattgefunden. „Was wünschen Sie als Gegengabe?” „Das liegt bei Ihnen, wie viel Wert die Butt für sie haben. Wenn vielleicht ein Stück Speck dabei sein könnte.” Die Frau ging in die Speisekammer, es dauere eine ganze Zeit, dann rief sie ihre Tochter und beide kamen mit allerlei Sachen an, was sie auf den Tisch legten. Die Tochter sagte: „Gib dem jungen Mann doch ein paar Gläser Eingemachtes mit, ich geh und hole ein Glas mit Bohnen und eins mit Erbsen.” Ich dachte, wenn ich das alles mitbekomme, ist der Rucksack ja schon halb voll und so war es. Ich legte noch einen Steinbutt auf die Schüssel und sagte: „So, die sollen ja gut in Weißwein schmecken.” „Ich weiß”, sagte sie, „wir haben schon mehrfach bei Ehlers in Staaken am Steinbuttessen dort teilgenommen.” Ich erwähnte, dass wir die Steinbutt von Ehlers geliefert hätten. „Ach, dann gehören sie zu den Eckernförder Fischern, von denen Frau Ehlers immer sprach”, ich sagte, dass Ehlers mir einige Namen auf einen Zettel geschrieben habe, dass ich mal nach Landkirchen fahren solle. Sie fragte: „Welche Namen sind denn das?” Ich gab ihr den Zettel und sie sagte: „Das eine sind wir, das soll dann ja wohl ein Zufall sein, junger Mann. Der nächste auf dem Zettel ist unser Nachbar, da gehen sie man erst mal hin, so schräg gegenüber.”
Meine Steinbutt und Dorsche hatte ich wieder eingepackt und den Rucksack über dem Rücken. Ich bedankte mich und ging zum Gehöft gegenüber. Hier war der Bauer auf dem Hofplatz. Er fragte, was ich wolle, ich sagte, ich käme mit Fischen auf Empfehlung von Ehlers aus Staaken. „Denn komm man inn, wat hest denn för Fisch?“. Ick segg „gode Goldbutt to brod'n.” Als wir auf der Diele waren, kam eine Frau aus einer Tür. Der Bauer sagte, dass ich Goldbutt zum Braten hatte. „Oh”, sagte die Frau, „dann komm se mol inn naa de Kök!”. Ich sagte, dass ich vom gegenüberliegendem Hof käme, dort hätte ich 20 Stück Butt abgegeben. „De mööt wi ok wull hemm”, meen de Fru. Se dee een Schöttel holen un ick dee ok 20 Bütt in de Schötel teel'n, se dee ok paar vun de Bütt beföhl'n un see: „Dat sünd worhaftig dicke Bütt, se wüllt doch bestimmt wat to Eeten hemm?” Ick segg jo, se frog wat ick denn all kreegn harr, ick dee de Rucksack opmoken un de Fru keek dorinn. „Een Ogenblick.” Nach kurzer Zeit kam sie wieder mit ihrer Schürze voll Sachen, die sie alle auf den Tische legte. Sie fragte mich, ob das richtig sei, ich nickte mit dem Kopf „denn will ick dat man all beed inwickeln nu” Sie packte alles in den Rucksack und fragte mich, wie ich denn mit Ehlers in Verbindung gekommen sei. Ich sagte: „Wenn wi Obends mol Tied hemm güng min Macker un ick naa Ehlers hen för een god Tass Kaffe mit Torte dorto und so keem dat, Fru Ehlers mit gode Steenbütt to beleewern.” „Jo, Steinbutt, dor deiht min Mann ok jümmers vun snacken, wat doch wat ganz Besonneres weer.” Ick geev de Fru ok noch een Steenbutt op er Schöttel. Se güng gau naa er Spieskammer hen un keem mit twee grode Weckglos mit Erdbeern un Kirschen an, de se in Papier inwickeln dee un in mien Rucksack noch rinstecken dee.
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Ich fragte die Frau, ob sie jemanden kenne, wo ich die Dorsche loswerden könne und sagte, ich hätte her noch ein paar Namen von Ehlers auf meinem Zettel. Sie sagte ja, ich solle hier rechts den Weg entlang, auf der linken Seite seien zwei Häuser hinter dem Kaufmannsladen, da würde ich bestimmt die Dorsche los und den Rest beim Gastwirt, er auf der anderen Seite sei. Ich bedankte mich und ging weiter. Die Frau hatte recht, ich wurde meine Dorsch los, erhielt ein gutes Stück Schinkenspeck von 2 Pfund, 1 großes Schwarzbrot zu 9 Pfund und ein Weißbrot 4 Pfund. So fragte mich die Frau, ob ich Verwendung hätte für Brot- und Mehlmarken, ich sagte gewiss, sie gab mir eine ganze Menge davon. Ich bedankte mich und zum Gastwirt hin bestellte ich mir ein Glas Bier, sagte zum Wirt, ich hätte noch ein paar Gute Goldbutt zum Braten und einen Steinbutt zum kochen, ob sie Verwendung dafür hätten. Er rief seine Frau und sagte: „Mudder hör mol, de junge Minsch frogt mi, op ick Verewennung för Goldbutt un Steenbutt heff. Hest du Wör?? Hol gau een Schöttel Muddern, eh he wedder weggeiht!” Ich sammelte Butt und Steinbutt in der Schüssel, der Wirt fragte: War wiss dorfür hemm mien Jung? Doch bestimmt wat to futtern?” Dor seggt sin Fru: „Vadder, wat frogst Du, dat is doch sölbstverständli, orrer worüm glöövst Du, kümmt de junge Mann vun Staaken her ümm de Fisch to bringn?” „Nee Mudder ick weed Bescheed, mok Du dat man in Ordnung. Un hier, min Jung, nehm man irst mol een lütt Snaps vörweg! Un denn drink dien Beer ut!”
Nach einiger Zeit kam die Frau mit 2 großen vollgepackten Tüten zurück und sagte: „Hier, junger Mann, packen se dat man inn.” Ich fragte, ob sie ein Stück Packpapier hätte, ich wollte die Sachen in den Korb legen, und ob sie mir sagen könnte, wann der Zug nach Staaken fuhr. „In einer guten Stunde”, sagte sie, „aver töv se mol.” Sie rief ihren Mann, „Hannes, fohrt Krischan ni na Staaken dal?” „Jo, dat deiht he, ick wüll gau mol anklingeln” Er kam vom Telefon und sagte in einer Viertelstunde fährt er los, „Dann brukt de junge Mann doch ni op de Tog to töb'n, he is jo all in Staaken, eh de Tog föhrt” „Jo”, meen de Wirt, „dat is over een rusig un kohle Fohrt bi de ol Ostwind” „Jo Hannes, hest recht.” Und zu mir sagte sie „Fohrt se man lever mit de Tog un bliev se man so lang sitten, de Bahnhoff is man fiev Minüten vun hier aff!” Eine Viertelstunde bevor der Zug abfuhr, ging ich zur Station. Der Zug kam dann auch pünktlich an. Ich freute mich, als ich erst im Zug saß. Hier war es doch angenehmer als auf dem Kornwagen. Eine Stunde später war ich in Staaken. Es war eine schwere Fracht, womit ich an Bord kam, den Korb voll, den Rucksack übervoll - dass will schon etwas sagen. Als ich zum Hafen kam, stürmte der Nordost noch genauso wie heute morgen, meine beiden Macker staunten über meine Fracht. Diese Tour hatte mehr gebracht als jede andere Tour, die ich bisher gemacht hatte.
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Es war aber auch eine Strapaze gewesen. Alleine am geräucherten Speck und dem Schinkenspeck waren es über 7 Pfund. Dazu 3 große Schwarzbrote à 2 Pfund, 1 großes Weizenbrot von 4 Pfund, für 10 Brote Marken, 2 Mettwürste a 1¾ Pfund, 1 geräucherte Leberwurst von 1½ Pfund, 1 große angeräucherte Blutwurst zu 2½ Pfund, 5 Gläser mit 1 Liter Inhalt eingewecktem Gemüses, 5 Pfund Weizenmehl, 5 Pfund Hafergrütze, 1 Pfund Butter, 1 Glas Honig, 1 Glas Griebenschmalz, 1 Pfund Würfelzucker, 2 Pfund Käse, 1 Glas mit Erdbeeren und ein Glas mit Kirschen. Die Fahrt hatte sich gelohnt. Fiete Mumm sagte: „Wäre ich man mitgefahren, dann hätten wir ja noch eine Korb voll Butt mehr gehabt.” Ich sagte: „Ich glaube, es langt auch so.” Ich fragte, wie es denn hier geklappt hätte, Fiete sagte, alles sei in bester Ordnung. Fiete Beek war auch heute Vormittag an Bord, er bringt heute Abend den Weizen zu Schwemm. Den großen Steinbutt habe Schwemm auch für einige gute Sachen verhandelt. Ich sagte: „Der große Steinbutt ist heute morgen im Zug gereist nach Petersdorf. Es sieht ja nicht aus, als wenn das Wetter besser würde, dann will ich morgen noch mal nach Burg hin, aber dann ist Schluss mit der Hamsterei. Wir haben in Staaken ja auch noch allerhand im Feuer.” Macker Fiete sagte: „Wenn Du morgen nach Burg willst, gehe ich mit.” Er hatte inzwischen mein Essen warm gemacht, denn ich war richtig hungrig. Wie es mir ergangen war und welches Glück ich im Zug und auf allen 4 Stellen hatte, erzählte ich beim Essen. Ich legte mich rechtzeitig in die Koje. Ich war rechtschaffen müde.
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Dienstag, 16.12.1918
Morgens um 8:00 Uhr war der Nordost etwas abgeflaut, wehte aber noch bei Windstärke 4-5. Er wird aber nach unserer Meinung noch weiter abnehmen, da das Wasser über einen halben Meter gefallen ist und langsam weiter fällt. Ein Zeichen, dass der Druck des Sturmes nachlässt. Es hatte heute Nacht wieder tüchtig gefroren. In der Ecke vom Hafen, wo wir lagen und der ganze Hafen war übergefroren.
Macker Fiete und ich machten uns fertig für die Tour nach Burg. In jedem Korb hatten wir bei 30 Pfund Goldbutt und jeder zwei Steinbutt von 4-5 Pfund das Stück und auch für jeden Korb 2 Dorsche von 3-5 Pfund das Stück. Wir wollten zu Mittag zurück an Bord sein. Mein Vater sollte Mittag machen. Um 9:00 Uhr gingen wir los, durch das Gehölz, damit mich nicht alle Staakener sahen, dass wir mit 2 Körben zum Hamstern gingen. Wir wollten in Burg alle unsere treuen Kunden, die wir in 4½ Monaten beliefert hatten, mit Fischen als Tauschware zum letzten Mal besuchen. Mein erster Kunde war die Bäckerei neben Wisser’s Hotel. Mein Macker wartete unter den Lindenbäumen vor dem Hotel, die Bäckerfrau war im Laden, sie fragte gleich, ob ich Butt für sie hätte. Sie rief das Mädchen, die solange im Laden bedienen sollte. Ich musste mit in die Küche kommen. Sie hätte gerne 10 Pfund Butt gehabt, ich zählte ihr 16 Stück in die Schüssel, sie fragte, wer die Steinbutt haben solle, ich sagte, die seien noch für keinen bestimmt. „Dann geben sie mir die Steinbutt man mit.” Ich sagte: „Das geht leider nicht. Weil wir die nächsten Tage nach Hause, fahren, wollen wir alle unsere Kunden hier in Burg noch einmal beliefern.” „Haben sie keine Sorge, junger Mann, gehen Sie mal erst weiter, ich mache ihnen ein Paket fertig, mit dem Sie zufrieden sind.” Ich sagte, in 1-1½ Stunden würde ich wieder hier sein. Es sei gut, sagte sie.
Als nächstes gingen Fiete und ich an der Kirche vorbei und klapperten in dieser Gegend einen nach dem anderen ab. In einer knappen Stunde waren wir unsere ganze Ware los. Hätten noch 2 mal soviel loswerden können. Ich sagte zu Macker Fiete: „Weißt Du was, ich gehe heute Nachmittag noch mal los.” Er meinte: „Nu lass das mit dieser Tour man gut sein. Ich weiß nämlich nicht mehr, wo an Bord ich mit der ganzen Ware hinsoll. Ich sagte, dass er recht habe und dass ja auch noch etwas aus Staaken hinzukommen werde. Wir gingen zurück zum Bäcker. Die Frau hatte das Paket schon fertig gemacht. Es war verdammt schwer, als sie es mir übergab. Ich bedankte mich. Sie sagte: „Schade, dass ihr nicht wiederkommt, um uns mit Eurer guten Ware zu beglücken.” Ich antwortete, dass sie doch auch Fische in Staaken bekommen könne. „Ja”, sagte sie, „aber nicht so erstklassige Ware wie diese hier.”
S. 373
Ich gab der Frau die Hand und verabschiedete mich. Sie sagte noch „Wenn Sie mal wieder nach Staaken kommen, besuchen Sie uns mal.” Beide marschierten wir dick bepackt nach Staaken. Als wir aus Burg heraus waren, hatten wir etwas umgepackt. Den Weg schafften wir nur mit mehreren Rastpausen. Um 21:00 Uhr waren wir an Bord. Aber fertig mit Jacke und Hose. Mein Vater hatte gebratene Butt gemacht, mit jungen Erbsen und Wurzeln aus dem Weckglas, das ich gestern mitgebracht hatte. Beide hatten wir Hunger und ließen es uns gut schmecken. Nachdem das Geschirr gewaschen und verstaut war, packten wir unsere Sachen aus. Es waren alleine 9 Schwarzbrot selbst gebacken von den Leuten und 9 Pfund das Stück schwer. 3 Weizenbrote zu 3-4 Pfund das Stück. 10 Pfund Weizenmehl, 11 Pfund Roggenmehl, 6 Pfund Gersten- und 4 Pfund Hafergrütze. 1 Mettwurst, 2 Blutwürste, 1 Schweinebacke von 1½ Pfund, 1 großes Weckglas mit Schmalz, 2 Pfund Zucker, 12 Bier in einem Karton und 14 Marken für Brote. Unser Boot sei nunmehr ein Proviantlager, sagte mein Vater. Und Macker Fiete musste immer wieder umpacken, um alles unterzubringen und zu verstauen. Aber zu Hause konnte alles gebraucht werden. Das Wetter besserte sich. Der Nordost flaute mehr und mehr ab und drehte gegen Abend auf Norden zurück. Das Wasser war bis auf normal zurückgegangen. Wir hofften, dass wir morgen auf Fang fahren konnten. Schwemm holte sich 48 Pfund Steinbutt und 60 Pfund Dorsche rauf. Er hatte Bescheid gesagt, dass wir heute Abend raufkommen sollten, um abzurechnen. Er hatte gestern die Sparkasse in Burg schon angewiesen,
S. 374
das Geld für heute Nachmittag bereit zu haben. Wir hatten es auf Anraten von Schwemm die ganze Zeit so gehalten, dass wir unser Geld laut Abrechnung des Monats 2 Tage vor dem Tag, an dem wir nach Hause fuhren, an Bord nehmen. So auch diesmal.
Mittwoch 17.12.1918
Morgens um 6:00 Uhr flauer Wind aus Nordwest. Klare Luft, aber sehr kalt. Um 6:30 Uhr liefen wir aus. Es war alles übergefroren. Bis wir aus dem Loch waren, hatten wir beim Auslaufen unsere Ankerkette auf beiden Seiten vom Steven in langen Buchten herunterhängen lassen, zum Schutz gegen das Einschneiden des Eises in die Planken. Es hatte heute Nacht so stark gefroren - das Eis im Hafen war einen Zentimeter dick! Wir liefen eine Stunde Südost ab, setzten nach Süd-Südwest aus. Es war noch schummerig. Wir holten nach 2½ Stunden auf. Wir waren gespannt, ob der Nordost die Buttfischerei wie gewöhnlich für die ersten Tage gestört hatte, aber unser Fang war doch noch gut. Wir übernahmen 5 gute Quäste. Setzten gleich wieder auf Gegenkurs aus. Der Drift hatte gebracht:
230 I
104 II
70 Struffbutt
180 Dorsch
95 Platen
3 Stk Steinbutt
1 Margaretenbutt
Aus den Struffbutt hatten wir uns 1½ Stieg der besten Milchner zum Räuchern ausgesucht und ins Bünnnetz gesetzt. An und für sich waren die Butt etwas kleiner als sonst, aber zu zwei Dritteln Milchner.
Beim zweiten Drift fischten wir zwei Stunden mit einem Fang von
255 I
120 II
110 Struffbutt
140 Dorsch
110 Platen
2 Steinbutt
Wieder setzten wir 90 Pfund Butt I, 30 Pfund Struffbutt, 10 Dorsche ins Bünnnetz.
Den dritten Drift fischten wir zwei Stunden mit einem Fang von
235 I
110 II
90 Struffbutt
130 Dorsch
105 Platen
3 Stk Steinbutt.
Wir liefen dann Kurs Staaken ab, wo wir um 16:20 Uhr einliefen. Wir löschten:
715 I
335 II
270 Struffbutt
510 Dorsch
310 Platen
Wir hatten 7 oder 8 Dorsche in die Bünn gesetzt. Und auch 80 Pfund Struffbutt, wovon wir uns 50 Pfund räuchern lassen wollten.
Nach der Wetterlage musste es morgen auch wieder gut werden. Es wird unser letzter Fangtag hier vor Fehmarn werden. Deshalb mussten wir heute Abend noch alles an Bord nehmen. Schwemm meinte: „Ihr kommt doch morgen Nachmittag wieder rein, oder? Ihr müsst doch die Küstenjolle mitnehmen. Was wollt ihr Euch damit heute Abned abmühen, denn wenn ihr um 10 Uhr auslaufen wollt, so ist doch Zeit genug, denn August wird Euch helfen. Er macht die Küstenjolle soweit klar, denn heute will er zu einer Gerburtstagsfeier.” So verschoben wir die Sache auf morgen. Wir sagten, es sei ja erst Mittwoch, und wenn es gutes Wetter bliebe, hätten wir auch ja noch Zeit. Schwemm sagte: „Wollt ihr euer Geld an Bord nehmen?” „Das machen wir dann morgen.” „Ist in Ordnung”, sagte Schwemm.
Ich ging zur Mühle mit 15 Stück ausgesuchten Butt. Mein Vater und Fiete Mumm machten die Struffbutt klar, die Schwemm für uns mit räuchern sollte. Den Müllermeister traf ich an. Er sagte, dass er mich erwartet habe. Er habe schon alles zusammengelegt. „Komme mal mit, hier, das ist das, was Du mitnehmen kannst.” Ich sagte: „Das kann ich ja gar nicht auf einmal mitnehmen” „Dann gehst Du eben zweimal”, meinte er.
Ich brachte erstmal drei Beutel zum Boot und holte die nächsten drei Beutel nach. Am meisten freute der Meister sich auf die Butt. Ich sagte, dass wir bei Schwemm noch einen Zentner Weizen stehen hatten, ob er die noch mahlen könne. Er sagte, das gehe nicht, aber er könne den Weizen gegen Mehl eintauschen. Ich sagte, das sei gut, wenn es gleich in 3 Teilen geschehe. Es erspare uns viel Arbeit und ließe sich so bei uns an Bord auch besser verstauen. Mein Vater und Fiete gingen zu Schwemm und sagten Bescheid, brachten dann den Weizen mit der Schubkarre zur Mühle. Wir hoben den Sack auf die Rampe, der Meister mit der Sackkarre holte den Sack rein. Er sagte: „Wart man einen Augenblick, ich wiege es gleich in drei Teile ab, dass alles gleich in Ordnung ist.” Er füllte 3 weiße Säcke mit je 30 Pfund Mehl. Ich fragte, was er dafür haben sollte. „Wofür?”, fragte er, „Es ist euer Mehl da lass man zu Hause tüchtig Kuchen zu Weihnachten von backen. Und eine gute Heimreise!” Wir bedankten uns, fuhren dann das Mehl auf der Schubkarre zum Boot. Wir sahen aus wie die Müller. Nun kam das Problem, Mehl und Grütze so zu verstauen, dass es nicht feucht oder nass wurde. Die vorderste Koje an Steuerbord räumten wir aus, es war meine Koje, mein Kojenzeug brachte ich nach achtern. Im Motorraum hatte mein Vater sich beim Küstenschutz eine Koje einbauen lassen. Dort war jetzt mein Schlafasyl. Unsere Fock nahmen wir auseinander und legten sie so in die Koje, dass da, wo die Säcke aufliegen oder stehen sollten, zwei Buchten von der Fock nach unten kamen und der andere Teil zum Überdecken blieb. Dann teilten wir alles, was wir noch an Weizenmehl hatten, in gleiche Teile auf, so dass jeder seinen Teil in einen der großen Säcke füllte, wo sein Anteil an Mehl drin war. So wurden wir erstmal eine ganze Reihe von Tüten los und in den Beuteln konnten wir Roggenmehl und Grütze reintun. Wir stellten dann die fest zugebundenen Mehlsäcke in die Koje rein, in jedem Sack waren 55 Pfund Weizenmehl. In die kleinen Beutel, die jetzt leer waren, füllten wir gleichmäßig unser Roggenmehl ein, was wir noch in Tüten stehen hatten. Auf diese Weise wurden wir von den Mehltüten erlöst. Die Beuteln mit Roggenmehl kamen auch in die Koje rein. Was wir jetzt noch alles an Tüten und Beuteln hatten, konnten wir in unserem großen Proviantspind unterbringen.
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Dort war auch noch alles drin, was wir an Speck, Wurst, und was sonst noch an Wertvollem an Lebensmitteln vorhanden war. Von Schwemm hatte mein Vater mehrere Bögen Pergamentpapier geholt, da wickelten wir erstmal unser 12 großen Schwarzbrote ein, legten sie auf die Mehlsäcken. 3 große Weizenbrote legten wir noch in den Proviantspind. Die großen Weidenkörbe mit Kohl packten wir in saubere und trockene 80-Pfund-Kisten. Auch den Anderthalb-Zentner-Sack mit Weizen mussten wir auf dem Dammdeck auf trockene Kisten legen. Beides wurde mit einer Persenning abgedeckt. Nun brachte morgen der Milchmann noch etwas. Der große Steinbutt, der nach Petersdorf reiste, würde morgen auch noch was bringen. Bei Ehlers, Flohr und Frau Grönwohld mussten wir uns auch noch verabschieden. Fiete und ich gingen noch mal an Land, um uns bei Ehlers zu verabschieden. Ich ging auch noch schnell zur alten Frau Grönwohld rein. Ich sagte: „Ich bringe morgen Abend noch ein paar gute Butt rauf, ehe wir auslaufen.” Bei Ehlers gab es noch allerlei. Mein Vater war bei Schwemm gewesen. Um 22:30 Uhr gingen wir an Bord.
Donnerstag, 18.12.1918
Morgens um 6:00 Uhr leichter Südwest, etwas diesig, sonst klare Luft. Um 6:20 Uhr liefen wir aus. Um 7:30 Uhr setzten wir nach Südwesten zu aus, es war noch dunkel. Wir fischten zweieinhalb Stunden mit einem guten Fang von 7 Quästen. Wir setzten auf Gegenkurs aus. Im Süden machten wir 10 Boote mit Segeln aus. Sie standen 6-7 Seemeilen von uns ab. Es waren Traveboote. Der erste Drift brachte 25 Stieg Goldbutt, die wir in die Bünn setzten, ebenso 4 Steinbutt wie auch 40 Pfund Struffbutt-Milchner, 60 Pfund Struffbutt, 260 Pfund Dorsch, 114 Pfund Platen machten wir in Kisten Der zweite Drift brachte 24 Stieg Goldbutt und zwei Steinbutt, 30 Pfund Struffbutt, die wir in die Bünn setzten. 20 Pfund Struffbutt, 240 Pfund Dorsch und 100 Pfund Platen in Kisten. Wir hatten gleich wieder auf West-Südwest ausgesetzt. Die Traveboote waren uns nicht nähergekommen, also fischten sie südlich vom Steingrund, wo wir vor 8 Tagen die großen Butt gefangen hatten. Der dritte Drift war der letzte auf diesem Fanggebiet südlich von Fehmarn, wo wir fast 5 Monate lang außergewöhnlich große Fänge von bester Qualität gefangen hatten. Uns dreien war es nun doch etwas weh zu Mute, uns davon zu verabschieden. Der Drift brachte 25 Stieg Goldbutt und 3 Steinbutt, die wir mit den Goldbutt in die Bünn setzten. !00 Pfund Struffbutt, 260 Pfund Dorsche und 25 Pfund Platen in Kisten. Eben vor 3 Uhr liefen wir vom Fangplatz zum Hafen ein, wo wir um 16:00 Uhr festmachten. Das Wetter war sehr gut. Leichter Südwest und sichtig. Wir wollten noch ein Fass Brennstoff übernehmen. Ich ging, als wir gelöscht hatten, zu Flohr rauf. Wir lieferten 250 Pfund Struffbutt, 760 Pfund Dorsche und 295 Pfund Platen ab, die Goldbutt wollten wir mit nach Hause nehmen. Flohr kam auch gleich runter. Als wir den Brennstoff übernommen hatten, gab ich Flohr 8 gute Goldbutt und einen Steinbutt von 5-6 Pfund in einem Beutel mit rauf. Ich sagte, dass ich gleich raufkäme, um zu bezahlen. Die Küstenjolle hatte August rübergeholt und Baum und Gaffel festgezurrt, das Ruder abgenommen, so dass beim Schleppen des Nachts nichts verloren ginge. Die Segel legten wir über unsere Mehlsäcke. Er sagte, dass der Milchmann noch allerlei bei seiner Frau abgegeben habe. Ich solle man raufgehen und es abholen. Bei Schwemm war auch noch ein Paket für den großen Steinbutt angekommen. Ich holte die Sachen vom Milchmann runter, dann brachte ich 8 gute Goldbutt für Frau Grönwohld in einen Beutel hin. Ich ging anschließend nach Flohr und bezahlte den Brennstoff, hier hatte Frau Flohr auch noch etwas in einer größeren Tüte eingepackt. Ich bedankte und verabschiedete mich. Mein Vater und Fiete hatten es schon am Hafen getan. Auch Frau Grönwold hatte noch eine Tüte gepackt. Ich bedankte mich für alles Gute, was sie uns gegeben hatte. Sie sagte: „Junge, ich habe zu danken und gute Heimreise!” Dem Kohlenmann sagte ich, er solle runterkommen und sich Fische holen. Er kam und holte sich Dorsche rauf. So brachte ich auch noch Augusts Frau eine Partie Fische für den Milchmann rauf. Sie sollte ihn man vielmals von uns grüßen und den Gruß weitergeben an unsere treuen Kunden in Vitzdorf. Ich bedankte mich bei Augusts Frau für die Mühe, die sie für uns getan hatte, sie sagte, das hätten wir vielfach gutgemacht, mit allem Guten, was sie und August von uns gehabt hätten. Der Kohlenmann brachte noch zwei Zentner Brikett und nahm noch 15 Stück gute Butt mit.
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August bekam auch noch zwei Steinbutt à 5 Pfund und anderthalb Stieg Goldbutt für seine Bemühungen, die geräucherten Struffbutt waren auch fertig in drei Kisten verpackt, die ich runterholte.
So hatten alle von denen, die in bald 5 Monaten Gutes für uns getan hatten, zum Abschied noch einmal belohnt. Nach dem Abendbrot gingen mein Vater und Fiete zu Schwemm rauf, um unser Geld zu holen. Die gesamte Summe aus 21 Abrechnungen belief sich auf 17.902,50 Reichsmark, davon hatten wir 500 Mark Vorschuss erhalten. Schwemm hatte sie gefragt, ob sie schon mal nachgerechnet hätten, was für ein Quantum an Fischen wir in den Fangtagen abgeliefert hätten. Beide hatten verneint. „Denn will ich es Euch sagen. Es sind 50.825 Pfund Fische von Euch abgeliefert worden, was doch wohl bei den kurzen Tagen eine Leistung ist, die in meiner Zeit von einem einzelnen Boot noch nie vollbracht wurde. Und erst recht nicht, dass ich jemals eine solche Summe an Geld ausbezahlt hätte.” Beide hatten Schwemm gefragt, was er fürs Räuchern, für den Weizen und für den Kohl an Geld haben solle. Das sei alles so in Ordnung, sagte er, denn von unseren Anlandungen habe er ja seinen guten Verdienst gehabt. „Ich weiß nicht, was gewesen wäre, wenn ihr nicht hierhergekommen wärt.
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Es ist alles in bester Ordnung!” Beide beschlossen, August 100 Mark zu geben, die sie Schwemm übergaben, für seine Hilfe und Bemühungen. Schwemm hatte den beiden das Paket für den großen Steinbutt gegeben. Sie hatten sich auch von Frau Schwemm verabschiedet. Er selbst wollte noch mal runterkommen, wenn wir ausliefen. So haben mein Vater und Fiete Mumm mir den Vorgang bei Schwemm erzählt. Sie hatten auch noch ein paar Schnäpse erhalten. Eben vor 21:00 Uhr kamen sie an Bord, ich war an Bord geblieben, falls noch jemand kommen sollte. Mein Vater sagte, ich solle man gleich den Motor anwärmen. Sie setzten beide unser Großssegel, vertäuten mit einer guten Leine als Schleppleine die Küstenjolle. Schwemm und August standen beide auf der Brücke. August bedankte sich noch für die 100 Mark. Dann warfen sie die Leinen los. Als sich den Motor in Gang setzte, hoben sie noch die Hände als letzten Gruß.
So liefen wir um 21:30 Uhr aus. Das Wetter war bestens. Klare Luft und leichter Südwest. Um 4:45 Uhr hatten wir Bülk passiert,
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um 6:45 Uhr, nach 9:15 Stunden Fahrt, liefen wir in Eckernförde ein. Wir hatten kein Fahrzeug gesichtet. Es war fünf Tage vor Weihnachten und es hatte die ganze Nacht gefroren. Mit leichtem Südwest waren wir ausgelaufen. Als wir bei uns in die Förde einliefen war der Wind über Süd nach Südost gedreht, 2-3. Beim Zollamt meldeten wir uns zurück, mussten unsere Auslaufgenehmigung abgeben. Sonst waren keine Formalitäten mehr nötig. Sie fragten, ob wir beim Auslaufen wie jetzt bei der Rückfahrt auf See Schwierigkeiten gehabt hätten. Wir sagten, dass wir nirgends ein Schiff ausgemacht hatten. Sie fragten, ob wir Fische mitgebracht hätten. Wir sagten, dass welche in der Bünn seien, sie könnten sich gleich welche raufholen. Es kam auch gleich einer mit. Er hatte zwei Zinkeimer bei sich und machte beide Eimer voll mit Mittelbutt und alles war erledigt. So langsam wurde es Tag. Wir hatten uns Kisten geholt, ketscherten die Butt aus dem großen Bünnnetz, sortierten und wogen 40 Pfund in jede Kiste ein. Wir machten wie die letzte Zeit auf Fehmarn 2 Sorten. Unsere Essbutt setzten wir in ein kleineres Netz für uns ein. Wir lieferten am Goldbutt 920 I, 260 II, 62 Steinbutt, die anderen ausgesuchten Struffbutt (Milchner) ließen wir erstmal laufen, wie ebenso die 4-5 Pfund schweren Dorsche.
Mittlerweile bekamen wir auch schon Besuch von einzelnen Kameraden. Es ging gleich wieder die verdammte Fragerei los, wie jedes Mal. Der eine wollte dies, der andere das wissen. So sagte einer: „Habt ihr
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die lütten Butt auf Fehmarn gelassen?” „Ja”, sagte Fiete, „eine Stunde südlich vom Kurs da schwimmen sie in der Ostsee. Ihr könnt, wenn ihr Interesse habt, den Steert unserer Zeese besehen, dann wisst ihr, wo die kleinen Butt geblieben sind. Nur einmal in den letzten 4 Wochen haben wir 20 Pfund der Sorte III abgeliefert. So wie unsere Ware dort in Kisten steht, sind sie von uns gefangen. Und die Fänge, die wir vor 8 Tagen abgeliefert hatten, wogen 2-3 Pfund mehr das Stieg als diese.”
Beim Zollamt hatten wir Bescheid gesagt, dass wir Waldemar Behns Küstenjolle mitgebracht hatten, die schon 6 Wochen in Burgstaaken gelegen hatte, ob sie Behn mal anrufen möchten, dass er seine Jolle in Empfang nehme, damit wir sie loswürden.
Wir hatten gerade unsere Essbutt geteilt und wollten nach Hause damit, da kamen der alte und der junge Behn am Hafen an. Der junge Behn stieg bei uns an Bord und bedankte sich, dass wir seinen Kutter mitgebracht hatten, dass wir ihn so mitgebracht, wie er in Burgstaaken gelegen hatte. Fiete Mumm holte die Segel aus der Koje an Deck und übergab sie dem jungen Behn und sagte, dass wir sie gestern Abend erst an an Bord genommen hätten. Er fragte, was er zahlen solle, mein Vater sagte, er müsse selber wissen, was ihm die Sache wert sei. Er könne sich die Jolle wegholen und das andere könne er ja immer noch regeln.
Wir wollten erstmal nach Hause, denn wir waren von gestern morgen um 6:00 Uhr in Gang. Wir schlossen alles ab, machten uns ab, um 10:30 Uhr mit dem Blockwagen am Hafen zu sein. Doch unser Geld hatten wir alle bei uns.
Zu Hause war die Freude groß, dass wir endlich wieder da waren, zu Mittag sollte es gekochte Butt geben, sagte meine Mutter. Für uns war es ein alltägliches Essen, aber für meine Mutter und Geschwister doch etwas Außergewöhnliches. Mein Vater und ich machten eine gute Mahlzeit an Butt rein, und meine Mutter brachte zu unseren Nachbarn je eine Mahlzeit an lebenden Goldbutt hin, die sich ebenso gefreut hatten wie meine Mutter. Ich erzählte, dass sie sich auf Kuchenbacken einstellen müsse, da wir auf den Mann über 50 Pfund Weizenmehl mitgebracht hätten. Ich sagte Mutter: „Dir werden die Augen tränen, wenn Du siehst, was wir alles mitgebracht haben.” Als wir gefrühstückt und die Butt saubergemacht hatten, ging ich mit dem Blockwagen zum Hafen. Unterwegs traf ich Thies. Er fragte, wie es uns ergangen sei. Ich sagte: „Sehr gut! Wir hatten diese vier Wochen 21 Fischtage mit keinem Tag unter 20 Zentner.
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Wir haben täglich nur drei Drifts und die letzten 8 Tage täglich nur 2 Drifts von 2-3 Stunden gemacht, hatten sehr viel Nebeltage, an denen wir ganz alleine auf Fang waren. Aber wir hatten es uns so eingerichtet, dass wir vorm Dunkelwerden noch ins Loch reinkamen.” Thies fragte, wie es denn mit dem Essen gewesen sei. „Seitdem wir wieder in Staaken waren hat es uns an nichts gefehlt. Auch an Fett nicht. Es gab nicht bloß Fische, sondern auch Butt in Speck und Schmalz gebraten. Das letzte Mal sogar mit Erbsen und Karotten aus Weckgläsern. Mehrmals Gänsebraten von Wildgänsen, auch paar Mal einen schönen Schweinebraten. Alle unsere Kunden waren mit solchen Sachen diesmal freigebiger als zuvor. Oftmals ließen wir uns welche von den Struffbutt bei Schwemm räuchern, wovon wir die letzten 4 Wochen bald jeden Tag über 200 Pfund mit hatten und Tage mit 800-900 Pfund Dorsche und vielen großen Platen bis zu dreieinhalb Zentner am Tag und an Steinbutt im Durchschnitt 50 Pfund pro Tag. Wir haben diese 4 Wochen über 14.000 Pfund Dorsche und über 7.000 Pfund große Platen neben den Goldbutt abgeliefert.”
Thies meinte, das sei unglaublich. Hier seien seit 14 Tagen die Handwaaden in Betrieb. An einigen Tagen wurden gute Fänge gemacht, aber die letzten Tage war es nicht besonders. Die Tuckers hätten auch nicht besonders gefangen. Ich sagte zu Thies, dass wir an mehreren Tagen über 1.500 Sorte I abgeliefert hatten, dazu die Sorte II. An Sorte III nur einmal die ganze Zeit 20 Pfund. Das komme daher, dass wir mit einer Zeese von 55mm Maschenweite im Steert gefischt hatten.
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Thies fragte, ob wir nach Weihnachten wieder runter wollten. Ich sagte nein, der Motor müsse überholt werden. Wir hätten uns mit Callesen in Apenrade in Verbindung gesetzt wegen eines 15-PS-Motors, die in die neuen großen Boote aus Travemünde eingebaut würden. Aber leider sei es nichts geworden. Callesen hätte von diesem Typ so viele Bestellungen, dass er seine Lieferfristen nicht würde einhalten können. Vor Juni könnten sie keine Bestellungen mehr annehmen, auch wegen der unsicheren Lage. Wir hätten gleich im August die Bestellung aufgeben müssen, als die Travemünder davon sprachen. Jetzt würden Carl Lorenzen unseren alten Motor auf 8 PS aufrüsten.
Ich schob den Blockwagen weiter zum Boot. Fiete Mumm war auch schon da und sprach mit Peter Kolls und J. Dankwardt. Mein Vater kam auch noch dazu. Wir stiegen an Bord, wollten erst mal die Kleinigkeiten, was wir an Speck, Wurst und Fett hatten, aufteilen, so wie Brot, und alles was wie im Spind hatten. Unser Mehl und Korn kam denn heute Abend dran.
Als wir es aufgeteilt hatten, gab es je Mann Brotmarken für 11½ Brote, 3 Schwarzbrote à 9 Pfund, 1 Bäckerbrot, 1 Weizenbrot von 5 Pfund, 8 Kilo Gerstengrütze, 4 Kilo Hafergrütze, 10 Kilo Roggenmehl, 2 Kilo Buchweizengrütze, 2 Pfund Schmalz, 1 Pfund Butter, 12 Eier, 2½ Pfund ger. Speck, 1 Leberwurst, 1½ Mettwürste, 1½ Blutwürste, 2 große Weckgläser Eingemachtes. Das war es, was wir zuerst raufholten. Es war ein Weihnachtsgeschenk wie sonst was. Meine Mutter war sprachlos, als sich alle Sachen auf dem Küchentisch stapelten. Es waren ja immer zwei Parts, für meinen Vater und mich, was ich da hinstellte.
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Viel von den Fettigkeiten an Butter, Schmalz, Wurst und Speck waren im letzten Korb aus Vitzdorf und in der Tüte von Flohr gewesen. Wir hatten uns abgemacht, um 17:30 Uhr wieder an Bord zu sein, um unser Mehl raufzuholen. Nach dem Mittagessen legten mein Vater und ich uns erstmal schlafen. Wir waren hundemüde. Um 16:30 Uhr beim Kaffetrinken sagte meine Mutter: „Ich hab ganz vergessen dir zu sagen, dass Du bei Fr. Hass wie auch bei W. Dibbert Dir Deine Heringsnetze, die du bestellt hast, abholen sollst. Fritz Haß hatte es mir vor 8 Tagen gesagt und Dibbert vor 3 Tagen.” Ich sagte, das sei ja gut. Da würde ich heute noch hingehen und mir die Netze holen. Mein Vater sagte: „Dann nimm mal gleich Geld mit, um die Netze zu bezahlen.” Ich sagte: „Das sowieso.” Um 17:30 Uhr am Hafen holten wir unser Mehl rauf. Wir legten unser ganzes Kojenzeugs an Deck, legten im Wagen eine Wolldecke aus, hoben einen Sack nach dem anderen aus der Kajüte. Die Säcke, wo unser Mehl drin war, waren ganz neu. In jedem Sack waren 55 Pfund Weizenmehl. Als die Säcke im Blockwagen waren, deckten wir unser Kojenzeug mit Strohsack darüber. So fiel es nicht auf, was wir im Wagen hatten. Wollten gerade losfahren, da rief ich: „Wir haben ja gar nicht an die Räucherbutt gedacht!” Die standen noch auf dem Dammdeck in einer Kiste. Ich stieg wieder an Deck, klappte eine Luke zurück. Und holte die 3 Kisten rauf. Ich klappte die Luke wieder zu und langte die Kisten mit dem geräucherten Struffbutt nach oben. Auf die Butt würden sich alle freuen. Mein Vater und ich
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fuhren den Kattsund hoch. Mein Vater zweigte zur Hinterstraße ab. Ich ging mit Fiete Mumm, wollte ihm den Mehlsack mit vom Wagen heben und zum Flur reinbringen. Dann ging ich nach Haus, wo mein Vater auf mich wartete. Ich zog meinen Ölrock über und trug einen Sack nach dem anderen die Treppe zu unserer Wohnung rauf und in die kleine Stube, wo meine Mutter Platz gemacht und auf die Diele eine Wolldecke mit Packpapier ausgebreitet hatte. Die beiden Kisten mit den geräucherten Butt hatte mein Vater schon raufgebracht. Um 19:30 Uhr abends woll. Einige Handwaaden wollten zum Fang auslaufen, wie auch sonst noch allerlei Leute am Hafen waren. Wir überlegten, wie wir es machen sollten - im Boot oder zu Hause den Weizen aufteilen? Ich machte den Vorschlag, morgen wollen wir doch unser Segel abschlagen, dann haben wir die Gaffel frei und ziehen den Sack hoch, bis dass er gleich in den Wagen kommt. Wir einigten uns dann auch auf morgen Abend. Wir gingen gleich nach Hause.
Ich wollte nochmal zu Peter runtergehen. „Dann nimm man 2 Schwarzbrote und eine Tüte mit Grütze mit. Und pack man auch 8 Struffbutt ein!”, sagte meine Mutter. So ging ich bei Schmidts ins Haus, klopfte an die Küchentür, wo ich Peters Mutter hörte. Sie machte die Tür auf und staunte, dass ich es war. „Kümm rin, Fiete! Wat hest up Din Harten? Peter iss in de Stuv binn.” „Jo”, dee ick seggen, „ick heff ju paar Swartbrö un een Tütt mit Gassengrütt un ock noch gerökert Struffbutt vun Fehmarn mittbröcht.” „Minsch Fiete, Du büst een Engel!”, segg Peter sien Mudder, „Over keen ut Smolt, Fru Schmidt!”, anter ick. Se dee lachen un reep Peter, dat he in de Köök keem. Segg se: „Kiek mol an, wat dien Fründ mitbröögt hett!” Peter und ich gingen noch mal längst der Kieler Straße.
Sonnabend, der 20.12.1918
Zur abgemachten Zeit waren wir am Hafen, teilten unser Gemüse auf, fuhren damit nach Hause. Macker Fiete längst der Frau-Klara-Straße. Ich längst dem Kattsund. Bei Schmidts Haustür hielt ich an, gab Frau Schmidt einen Weidenkorb voll mit Weiß- und Rotkohl und legte noch 8 große Knollen Sellerie und 20 Pfund Wurzeln drauf. Sagte dann, dass ich zu morgen Mittag noch eine gute Mahlzeit an Goldbutt reinbrachte. Ich sah, wie Frau Schmidt sich freute. So fuhr ich weiter nach Haus. Als ich alles zum Keller gebracht hatte, fuhr ich gleich wieder zum Hafen, um die Feuerung, die wir mitgebracht hatten, zu teilen und nach Haus zu bringen. Wir hatten bei 18 Zentner an Bord, in 80-Pfund-Kisten. Sie in die Blockwagen auszuschütten und zu Haus wieder alles einzeln aufzusammeln sei ja doppelte Arbeit. Ich sagte zu meinem Vater, dass ich eine Schottsche Karre holen und die vollen Kisten aufladen und sie erstmal auf den Hof hinstellen wolle.
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Er war einverstanden. Als ich die Karre geholt hatte, luden wir 5 volle Kisten auf und brachten sie bei uns zum Hof. Wir gingen gleich wieder zum Hafen und holten die weiteren 5 Kisten rauf. Fiete brachte seinen Teil an Brikett in 4 Touren auf seinem Blockwagen nach Haus. Ich brachte die Karre wieder zum Abstellplatz, nahm unseren Blockwagen und brachte ihn nach Haus. Wir wollten um 14:00 Uhr wieder an Bord sein, unsere Segel abschlagen und zum Boden bringen. Ich ging vom Haus gleich nach Haß hin, um zu sehen, was er am Netzen für mich bekommen hatte. Als ich bei Hofe ankam, sagte er gleich „Dor büst jo, Fiete, denn komm man glieks mit rop naa de Böön, dor kannst die ankieken, wat ick an Heerngaarns vör die besörgt heff. Vör man de halben Bezugschiens vun di.” Haß machte ein Paket auf, wo 10 Stück weiße Heringsnetze von 24 mm, 80/6, 120 Maschen tief aber nur mit 1½ Sohlmaschen unten wie oben an. Hass sagte: „Un hier heff ick noch veer Stück gelohte 19,5 mm 106/6 130 Maschen deep vör di mit besörgt, wat meenst dorto, wiss du se all hemm?” Ich war sprachlos und sagte: „Hass, wie haben sie es möglich gemacht, dass für mich zu beschaffen? Ich freue mich und bedanke mich!” Er sagte: „Jo, Fiete, dat is all god so, wo du dien Grodvadders Part an Quatsch un Waad övernaam hest, musst du jo ok dat anner Geschirr, wat to de Fischeri hört, hebben. Nu, dat heff ick versögt un ok hinkreegen, dat freut mi ebenso dull as di, mien Fiete.” Dor segg ick to Hass: „Ick wüll dat ok glieks betaaln. Un wie is dat mit Flaten? Könt se mi dor ok wölk vun besörg'n?” „Jo, mien Fiete, dor steiht de Kist mit Flaten, de ick glieks mit besörgt heff. Ebenso as Neihgoarns un Buttgoarns vun jeden een Bund. So hest dat forts een mit eenanner. Nu bring dien Krom man irstmol to Huus un denn kannst du dat betahl'n. Ich war froh und glücklich, dass ich gleich so viele Heringsnetze bekommen hatte, denn Ober und Unterdelle hatte ich für eine Anzahl Netze ja von Fehmarn mitgebracht, wie mein Vater und Macker Fiete auch. Für die ganzen Sachen, die Hass für mich besorgt hatte, bezahlte ich 392 Mark.
Heute Nachmittag wollte ich dann auch gleich zu Dibbert hin und sehen, was er an Netzen für mich beschafft hatte. Als ich dort auch mit 8 Stück Heringsnetze ohne einen Bezugsschein bedacht wurde, war es für mich ein großes Glück, bei Dibbert bekam ich 6 Stück 19 mm 120/9 130 Maschen tief mit je 4 Sohlmaschen unten und oben. Es waren Netze, die eben vor dem Krieg für Holland bestellt und hergestellt wurden aus bester Makobaumwolle, im Linksdrall gesponnen. Diese 6 Stücke wurden hochgestellt, aber nach dem Kriegsbeginn nicht abgefordert worden. Deshalb bekam Dibbert sie ohne Bezugsschein, dazu 2 Stück 19½ mm 100/6 120 Maschen tief, die aber wie alle Netze im Rechtsdrall gesponnen waren. Von Dibbert bekam ich auch
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mehrere große Korkplatten, wo ich mir Flaten draus machen konnte und für die Weedten bekam ich Korkstücke. Bei Dibbert bezahlte ich nur 236,00 Mark, da er die für Holland bestimmte Ware billiger bekommen hatte. Als ich mit diesen Netzen und Kork nach Hause ankam, sagte mein Vater: „Was willst Du bloß mit all den Netzen?” Ich sagte zu ihm: „Vater, als ich den Anteil von Boot und Waade von Großvater kaufte, sagtest Du zu mir, dass ich daran denken müsse, dass zu der Fischerei noch mehr gehöre als bloß der Bootsanteil. Ich werde mir sogar noch mehr Netze anschaffen!”
Nachdem wir die Segel zum Boden gebracht hatten, gingen wir gleich wieder zu unserem Boot, machten die Gaffel klar für den Anderthalb-Zentner-Sack, den wir heute Abend raufholen wollten. Als wir damit fertig waren, sagte Fiete Mumm: Weißt Du was? Geh und hole euren Blockwagen runter. Es ist noch kein Mensch am Hafen. Als ich mit dem Wagen beim Boot war, hievten wir die Gaffel mit dem Sack dran hoch, schwenkten sie über den Wagen, fierten sie, bis der Sack im Wagen war. Dann fuhren wir gleich damit zur Hinterstraße. Hier hatten wir vom Boden eine lange Talje, die immer klar lag für unsere Netze, die wir vom Boden holten, oder dort hinaufbrachten. Wir schwangen den Sack an, mein Vater stand oben an der Bodenluke, Mumm und ich hievten den Sack ohne viel Mühe zum Boden rauf, wo mein Vater den Sack zur Luke reinholte, dann gingen wir beide zum Boden rauf, um den Weizen aufzuteilen. Fiete Mumm hatte einen Seesack mit und mit 10 Pfund in einem Eimer wogen wir für jeden 50 Pfund ab. Macker Fietes Anteil fierten wir gleich wieder in den Blockwagen und er brachte ihn gleich zu seinem Haus. So hatten wir alle unsere Sachen, die wir von Fehmarn mitgebracht hatten, aufgeteilt und zu Hause. Als Fiete mit unserem Blockwagen zurückkam, besprachen wir, ob es nicht besser wäre, unser Tauwerk, was wir noch an Bord hatten, nicht auch gleich zum Boden zu bringen. „Das lass uns man tun”, sagte Vater, „denn morgen ist Sonntag und wir machen endlich mal Ruhetag.” „Du brauchst ja nicht mit, Willi”, sagte Fiete, „die paar Rollen Manila und die 2 Rollen Hanftauwerk, die achtern im Motorraum liegen, können wir alleine schaffen.”
Wie wir so dabei waren, das Tauwerk vom Boot in den Wagen zu packen, kamen wieder einige unser Kameraden an, um zu sticheln. „Ihr habt wohl ganz Fehmarn ausgeplündert. Wie kommt ihr überhaupt dazu?” „Ja”, sagte Fiete Mumm, „paar Tage müssen wir wohl noch beibleiben auszuladen.” „Zwei Tage habt ihr ja schon immer raufgefahren!”, sagte einer dieser Neidhammel.
Fiete Mumm sagte: „Ich muss euch mal was sagen, wir sind keinem von euch schuldig, Rechenschaft abzulegen!” Da sagte Johannes Mumm, Fietes Bruder, der auch den ganzen Trala mit angehört hatte: „Ick weet gor ni, wat ju Baunausen dat överhaupt angahn deiht, war de Lüüd sick vun Fehmarn mitbrögt hefft. Ji harrn jo ok daalfohrn konnt, dat hett doch jeden von uns friestahn. Dor staht ji twee Daag achter de Ecken un beluurt de Lüüd, wat se sick vun Fehmarn mitbrögt un dörch lange Tourn to Foot över Land tosamm holt hefft, wobi se veele Stünn bi slecht Wetter marscheert sünd!” Een naa de anner dee sick düsse Bröörs verkrümeln. „Dat hest Du se god bipult kreegn, Johann”, dee ick seggen. „Jo”, seggt he, „dat is doch wohr! De Tied wo ji wegg weern, hefft se blots jümmers rümmsludert, wat ji unklooke Minschen dor op Fehmarn wull rummhungern un freern mööt!” „Is good, Johann”, seggt Fiete, „de könt uns all lang de Puckel rutschen. Wi hefft für dütt Johr uns Schipp in Drög'n un wüllt irstmol Wiehnacht moken.”
Un dormit is de Fehmarnsfohrt affsloten un to Enn. So hett sick dat Johr 1918 mit de letzten 4½ Monaten as een heel godes Jahresverdeens mit de Fehmarnfischeri naa Goldbütt hervördahn, wo de Goldbuttfischeri op de Fangplätze vun Alsen beed Fehmarn heel labil wesen sünd, mit gode Fänge un ok mit kümmerliche Fänge für uns Kameraaden, de uns för verrückt verklaarten, as wi naa Fehmarn fohrt sünd ümm naa Goldbutt to fischen, weil mien Vadder de Meenung weer, dat dor grode Möglikeeten för de Fischerie bestahn dee. Aver he harr recht hatt. Nirgends sünd so veel Goldbutt to fang'n wesen as südlich vun Fehmarn.
Nach Weihnachten holten wir unser Boot hinter die Holzbrücke und fingen an, den Motor auszubauen und alle einzelnen Teile zur Werkstatt von Carl Lorenzen zu bringen.
Ende der Aufzeichnungen des Jahres 1918.