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Über die Entstehung von Fischergenossenschaften
Als 1919 längs der Ostseeküste von Schleswig-Holstein in den einzelnen Fischerorten die Fischergenossenschaften ins Leben gerufen wurden, war der Manager dieser großen wichtigen Sache Friedrich Nanz in Schleswig. Er vertrat die schleswig-holsteinische Fischerei im Reichsverband wie in der Schleswig-Holsteinischen Fischhandelsgesellschaft.
Nach Beendigung des Krieges war Nanz es, der sich zum Ziel gesetzt hatte, in jedem Fischerort eine Genossenschaft zu gründen, damit, wenn die Zwangsbewirtschaftung eines guten Tages beendet wurde, die Fischergenossenschaften in der Lage waren, die Verteilung und den Verkauf im freien Handel an allen Fischerorten zu übernehmen. Er wollte eine Zentralabnahmestelle für die angelandeten Fänge schaffen.
Es war ein großes Werk, welches Nanz damit ins Leben rief, um der Fischerei eine sichere Existenzgrundlage zu geben. Aber leider waren nicht alle Fischer für die Genossenschaften. Sie wollten frei sein und sich an nichts binden, wenn die Zwangsbewirtschaftung zu Ende war.
Immer wieder diskutierten die Fischer, die für die Genossenschaft waren, mit den Kameraden von der Fischerei, die frei bleiben wollten, dass, wenn die Zwangswirtschaft aufhörte, auch die Festpreise für jede Art der angelandeten Fänge zu Ende ging. Die Preise richteten sich dann nach Anlandung und Bedarf bei den Fischauktionen und danach, und es besteht die Gefahr, dass nur ein Teil vom Fang verkauft wird. Auch ist mit großen Importen zu rechnen.
Diese Befürchtung hatte Friedrich Nanz mit dazu veranlaßt, an den Fischerorten überall die Fischergenossenschaften zu bilden, um den ganzen Fischhandel für Groß- und Kleinhandel in der Hand zu haben.
Die Gründung der Eckernförder Fischergenossenschaft artete in einen blamablen Eklat für den damals noch bedeutenden Fischerort Eckernförde aus. Gerade hier hätte bestimmt eine gute und erfolgreiche Fischergenossenschaft bestehen können, wenn es nicht so viele Querköpfe innerhalb der einzelnen Fischervereinigungen gegeben hätte.
In Eckernförde kam es bei der Gründung der Genossenschaft über die Anlandungen von lebender Ware zu Streitigkeiten, wie auch über die Führung der Genossenschaft. Diejenigen Fischer, die das ganze Jahr die Fischerei einerlei welcher Art betrieben, stimmten geschlossen dafür, eine ebenso wie bei den anderen gegründeten Genossenschaften den Kleinhandel mit lebender Ware und sonstigen Fischarten für den ambulanten Handel mit zu übernehmen.
Für lebende Ware mussten Hütefässer (Hütekisten) angeschafft werden, um sie lebend zu halten. Dieser Antrag wurde von den Handwaadenfischern wie von den Kleinfischern, die ihre kleinen Fänge selbst verkaufen wollten, abgelehnt, obwohl Nanz sich gerade für diese Sache mit Nachdruck einsetzte.
Als die Mehrheit dagegen stimmte, wurde die Angelegenheit zurückgestellt, dadurch, dass die Handwaadenfischer nur Interesse zeigten für den Verkauf ihrer angelandeten Blankfischfänge. Es dauerte gar nicht lange und der Wurm machte sich bemerkbar, als die Saison der Waadenfischerei vorbei war und von Mai bis September keinerlei Ware von dieser Sparte angelandet wurde, als nur die Fänge von den einzelnen Mitgliedern, die mit Heringsnetzen fischten.
Diejenigen Fischer aber, die mit Buttnetzen wie mit dem Schleppnetz nach Goldbutt fischten und das ganze Jahr über diese Fischerei betrieben, konnten ihre lebende Ware bei der Genossenschaft nicht absetzen, sondern mussten ihre Fänge beim Fischhandel, der sich auf lebende Ware eingestellt hatte, verkaufen. So wurde auch der Kieler Fischmarkt mit lebendem Goldbutt mehr und mehr von den Eckernförder Fischern beliefert.
So arbeitete von 1920 an die Genossenschaft in den Sommermonaten ohne Gewinn. Deshalb forderte der Vorstand von den Mitgliedern, die ihre lebende Ware an die Fischhändler und am Kieler Fischmarkt verkauften, die Prozente an die Genossenschaft abzuliefern für ihr Nichtstun. Die Mitglieder lehnten diesen Vorstandsbeschluss ab.
Aber es gab nach der Gründung der Eckernförder Fischergenossenschaft noch ein größeres Problem. Als die Ringwaade der Schleswig-Holsteinischen Fischhandelsgesellschaft, die sie 1917 aus Schweden einführte und kaufte, 1920 an die Genossenschaft verkauft werden sollte, gab es bei der Beschlussfassung auf der Versammlung wieder harte Auseinandersetzungen. Da die Kaufsumme aber so minimal war, kaufte man die Ringwaade mit Fahrzeug und allem Zubehör unter Vorbehalt.
Am Tag nach dem Kauf lief die Ringwaade zum Fang aus. Sie brachte 3 größere Fänge an Land. Damit war die Ringwaade mit Fahrzeug und allem bezahlt. Aber am selben Tag wurde für den Abend eine Versammlung von der Genossenschaft und dem Fischerverein vom Vorstand einberufen.
In beiden Organisationen waren dieselben Personen in den Vorständen tätig und auch die Hauptgegner der Ringwaade. Auf der Tagesordnung war als Hauptpunkt „Die Tagesfänge der Ringwaade”. Vom Vorstand wurde gleich darauf hingewiesen, dass, würde die Ringwaade jeden Tag solche Fänge an Land bringen, die Ostsee in einem Jahr leergefischt sei! Wer wollte dafür die Verantwortung tragen? Das war die Parole, womit sich der Vorstand stark machte.
Es gab eine große Debatte; was in dieser Sache alles vorgebracht wurde, glaubten die vom Vorstand doch wohl selbst nicht. Hätten sie einmal als Genossenschaftler über die Angelegenheit nachgedacht, welchen Vorteil die Genossenschaft für sie selbst davon gehabt hätte, dann wären die Kosten für die Fischkisten und Hütekisten für lebende Ware überhaupt kein Problem gewesen und alles wäre in Ordnung.
Diese Versammlung was regelrecht eine Machtprüfung für die Herrn vom Vorstand, die sich als Herrscher über Genossenschaft und Waadenverein begriffen. Es kam noch einmal zu einer Aussprache über den Handel mit lebender Ware, aber die Rädelsführer vom Vorstand reagierten kaltblütig.
Sie verlangten eine sofortige Abstimmung über den Kaufvertrag der Ringwaade, ob dieser annuliert oder erhalten bleiben sollte. Bei dieser Abstimmung war weit über 1/3 der Stimmen für den Kauf. Es waren die Stimmen derjenigen Fischer, die meistens das ganze Jahr fischten, die Mehrzahl aber dagegen mit den Stimmen der Kleinfischer, die nicht über die Linie Kronsort wollten sich von der Ringwaade die Ostsee nicht leer fischen lassen.
Nach der Abstimmung erhob sich mitten in der Versammlung ein Geschrei „Raus mit der Gesellschaft, die für den Kauf gestimmt haben, raus, raus mit denen aus Verein und Genossenschaft”. Hauptschreier waren einige Kleinfischer, die mit ihren Jollen fischten und im Jahr keine 10 Zentner Fisch auf den Markt brachten.
Nach diesem Eklat verließen alle, die für den Vertrag wie für den Handel mit lebender Ware stimmten, plötzlich die Versammlung. Es waren diejenigen Fischer, die das ganze Jahr den Markt zu jeder Zeit belieferten. Auf diese Weise wurde die Gemeinschaft der Fischerei in Eckernförde für viele Jahre zerstört.
Die gegründete Eckernförder Fischergenossenschaft hat sehr unter diesem Affront gelitten. Sie blieb dadurch immer im argen gegenüber den Fischergenossenschaften der sonstigen Fischerorte. Ebenso ging es mit dem Fischerverein.
Da der Kaufvertrag annuliert war, versuchte die Fischhandelsgesellschaft, ihr Angebot einigen Fischern aus Eckernförde zu machen. Es waren 10 bis 12 Mann, die sich fürs Angebot interessierten. Gleich mit diesen hatte sich auch Johannes Willvater aus Schlutup als Käufer angemeldet, so wurde den Eckernförder Fischern nur eine knappe Zeit für ein Ja oder Nein eingeräumt, da sich auch noch 2 Mann der Gruppe nicht entschließen konnten, aus Angst, dass man mit der Ringwaade das Fischen verbieten könnte.
Erst später kam man auf den Gedanken, dass auf irgendeine Weise etwas manipuliert sei. Johannes Willvater kaufte die Ringwaade sofort. Heinr. Madsen und Johann Mumm, die beide die Ringwaade 1917 von den Schweden übernommen und in den Betrieb derselben angelernt wurden, wurden von Willvater bis Ende April 1920 mit übernommen. Bratberg hinaus kamen.
Am übernächsten Tag lief die Ringwaade von Schlutup zum ersten Fangtag aus, es wurden gleich mehrere gute Fänge angelandet, die den Kaufpreis für das ganze Objekt abdeckten. Die Anlandungen vergrößerten sich von Tag zu Tag.
Durch diese Erfolge angeregt, taten sich in Schlutup, Gothmund und Travemünde mehrere Fischergruppen zusammen, sie kauften sich fertige Ringwaaden in Dänemark oder bestellten sich bei einer Netzfabrik in Itzehoe, wo Johannes Willvater Generalvertreter für ganz Schleswig-Holstein war.
So schlossen sich überall an der Flensburger Förde, an der Schlei, Maasholm, Kappeln, Arnis, in Eckernförde wie an der Kieler Förde, Kiel-Ellerbek, Wellingdorf, Mölltenort, Heikendorf, Laboe und Schilksee, Strande Fischer zusammen, um Ringwaaden anzuschaffen. Es waren über 40 Stück an der Ostküste Schleswig-Holsteins.
Das Wunder aber war bei uns in Eckernförde, wo diejenigen Fischer vom Vorstand des Fischervereins wie der Genossenschaft, die vor ¾ Jahren den Kaufvertrag der Ringwaade mit einem Skandal ablehnten, jetzt mit einem Mal sich selbst an einer Beschaffung von Ringwaaden beteiligten.
Alle Fischer, die aus Protest die Versammlung verließen, gingen gemeinsam nach Dehns Gasthof und eröffneten dort eine Sitzung, um das Geschehen nochmals in Ruhe zu besprechen. Man fasste den Beschluß, daß jeder sich aus der Genossenschaft wie aus dem Verein herausmelden mußte, um sich gemeinsam wieder in einem Verein zusammenzuschließen.
Es sollte nicht überstürzt geschehen, aber ein Gemeinsames musste geschaffen werden, allein, um sich gegen ihre feindlichen Berufsgenossen wehren zu können, denn wer wusste, was diese Herrschaften noch alles im Schilde führten.
Doch einige Fischer, die sich das Geschehen mit Vernunft überlegt hatten, die Versammlung etwas später verließen und nach Dehns Gasthof kamen, erwähnten, dass sie sich doch nochmals zu Wort gemeldet und den Vorstand beschuldigt, dass sie die Versammlung nicht pflichtgemäß geführt hatten und die Misere ohne einzugreifen verschuldet, indem sie die Schreier nicht zur Ordnung gerufen hatten, sondern ihrem persönlichen Triumph huldigen, dass sie Sieger blieben, aber der neu gegründeten Genossenschaft einen Tiefschlag versetzt, dessen Folgen sich noch bemerkbar machen würden, wie ebenso den Verein auseinandergerissen und eine gemeinsame Arbeit unmöglich gemacht hatte.
1920 im Herbst bildete sich bei uns im Hotel „Drovatzki” der Schleswig-Holsteinische Ringwaaden-Verein, dem sich die Kleinen Hochseefischer und der Klein-Hochseefischer-Verband anschlossen.
1933 wurden die Fischerei-Vereine in Eckernförde gleichgeschaltet zu einem Verein mit dem Namen: „Erster Eckernförder Fischerverein”.
In Wirklichkeit war aber schon der 1831 bzw. 1833 gegründete „Kleinfischerverein” der erste Fischer-Verein in Eckernförde gewesen.