Verlust des Bootes
Am 8. Oktober kündigte sich zum ersten Mal ein schockierendes Ereigniss an, das auf uns zukommen sollte. Es kam der alte Fischer Friedrichsen mit einem Fischer aus Wenningstedt auf Sylt bei uns zu Hause an und fragte, ob wir unsere Quase verkaufen wollten. Er bot uns gleich 26.000 Mark bar auf den Tisch. Der Fischer war im Krieg mehrere Jahre als Matrose auf dem U-Boot-Hebeschiff „Vulkan” gefahren. Mein Vater sagte, über diese Angelegenheit müssten wir ja erst mal mit unserem Macker Fiete Mumm sprechen. Ich ging und holte ihn, erzählte ihm gleich, um was es sich handelte. Sagte ihm gleich meine Meinung, dass ich dagegen war, das Boot zu verkaufen, es einfach von heut auf morgen zu verschachern. Dazu gehöre schon mehr Zeit, es zu überlegen und vor allem sehr viel in Betracht zu ziehen, was unser Boot wert sei. Es sei von August 1918 bis heute ja sehr erfolgreich gewesen. Bei uns zu Hause wurde ohne meine Teilnahme weiter verhandelt. Mein Vater und Mumm hatten sich erst mal 14 Tage Zeit ausgemacht, um sich die Sache zu überlegen, um sich zu einigen, vor allem bei den Bootswerften sich zu erkundigen, wie es mit einem Neubau von Boot und Motor und Lieferzeit sei. Der Fischer aus Wenningstedt war mit dieser Frist zufrieden. Wir sollten Friedrichsen benachrichtigen, wenn wir uns einig über die Sache geworden wären.
Ich hatte schlaflose Nächte. Ich dachte bloß über den Verkauf nach und ermahnte meinen Vater und Fiete Mumm, dass sie an Franz Zett seinen Vater denken sollten, der uns mehrmals ansprach, als wir im September ein um den andern Tag mit den großen Fängen an Goldbutt an Land kamen, wie sie bloß so dumm gewesen sein konnten, dass sie ihr Boot verkauft hätten. „Und nun wollt ihr beide dasselbe machen, aber ihr seid ja zwei Mann, und ich bin allein dagegen. Hätten wir im Frühjahr den 15-PS-Motor gekauft und uns dazu gleich ein neues Boot bauen lassen, wie Franz Zett es uns riet, dann hätten wir jetzt das neue Boot gehabt und könnten unsere Quase mit ruhigem Gewissen verkaufen.
Beide fragten, ob ich mitmachen wollte oder aussteigen, denn sie wollten heute Nachmittag nach Glasau hin und ein Boot bestellen und einen ungefähren Termin der Fertigstellung haben. Denn wenn die Firma Wilhelm Bauer und Lage in den nächsten Tagen einen ersten Motor nach dem Modell des Randerschen Typs hier vorführen will, sich gleich einen Motor bestellen, wenn selbiger uns gefällt. Denn unsere Mackers Zett, Kolls und Dankwardt hatten ein Boot von 10½ Metern Länge bei Glasau bestellt mit dem Fertigstellungsterming im Juni und auch einem Motor von Bauer-Lage von 10 PS.
Der alte Fritz Glasau sah mit seinem Sohn Wilhelm die Bestell- und Terminliste durch. Beide erklärten: Vor August nächsten Jahres könne es nichts werden. Wir fragten, ob er uns in die Liste mit eintragen könne, denn wir seien ja noch in einer Verhandlung mit einem Käufer und wüssten noch nicht, wie es ausginge, wir hätten 14 Tage Fristzeit ausgemacht. Wenn der Handel etwas wurde, könnte in dieser Zeit hier bei Euch ja noch mehr Boote bestellt werden. So kämen wir ja noch weiter zurück. Der alte Glasau sagte: „Ihr sollt euer Boot man behalten. Es ist doch eines von den besten Booten, die ich je gebaut habe. Wenn ihr einen stärkeren Motor einbaut, seid ihr doch wieder modern ausgerüstet für die Fischerei, das sollt ihr euch doch gründlich überlegen.” Unterwegs sprach ich mit meinen Mackers über diese Angelegenheit und sagte: „Lass uns das Boot nicht verkaufen. Lieber einen stärkeren Motor einbauen, wie Glasau sagte. Sonst müssen wir damit rechnen, das wir ein Dreivierteljahr ohne eigenes Boot sind und bei fremden Leuten mitfischen müssten.” Beide gaben mir keine Antwort. Ich ging gleich nach Hause, um meine neu angeschafften Heringsnetze einzustellen, damit ich wenigstens diese klar hatte, wenn die Zeit mit anderen Leuten zu fischen da war.
Nach einer Stunde kam mein Vater und sagte, dass er und Fiete Mumm morgen früh mir dem Zug nach Kappeln führen, um bei den Bootswerften von O. Jensen und Paulsen-Grauhöft vorzusprechen, ob wir doch ein Boot bestellen und den Zeitpunkt der Fertigstellung erhalten könnten.
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Ich sagte, das könnt ihr ja machen. Er redete noch weiter mit uns, das Boot sei schon 15 Jahre alt und im Krieg beim Küstenschutz habe es viel gelitten usw. Ich sagte ganz plötzlich so aus mir heraus: „Wenn ihr es unbedingt verkaufen wollt, dann verkauft es doch an mich für den Preis, den der Sylter zahlen will. Das sind dann für mich gute 17.000 Mark, was ich zahlen muss. 10.000 Mark bezahle ich sofort und den Rest von 7000 Mark werde ich mir leihen und euch dann ausbezahlen.” Ihr könnt Euch etwas neues bauen lassen. Mein Vater gab mir zur Antwort: „Erst mal bist Du mit Deinen 19 Jahren noch viel zu jung, um ein eigenes Boot zu besitzen, weil du noch gar nicht mündig bist. Von Rechts wegen durftest Du damals Deines Großvaters Anteil ohne meine Einwilligung gar nicht kaufen. Ich sagte zu meinem Vater: „Den Anteil hat er nicht Dir, sondern mir angeboten und habe ihn mit meinem selbstverdienten Geld bar bezahlt. Der Anteil vom Boot, wie der Anteil ein sechstel der Handwaade ist jetzt mein Eigentum.” Er sagte kein weiteres Wort.
Franz Zett, Peter Kolls und Jörn Dankwardt hatten noch dem Verkauf ihres Bootes sich das Waadboot mit Motor zurechtgemacht und fischten mit dem Schleppgeschirr zu Nordhagen nach Goldbutt oder mit Heringsnetzen und Buttnetzen, denn mit der Handwaade wurde noch sehr wenig gefangen. Das Ergebnis von der Reise nach Kappeln war negativ ausgefallen, beide Werften hatten Aufträge bis in den September. Wir machten mit unserem Boot
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noch drei Reisen nach der Veisnitzer Rinne, die Tagesfänge von 30 Stieg Goldbutt brachten, auf jeder Tour wurde das Thema verkaufen oder nicht verkaufen immer wieder durchgekaut.
Dass diese Touren die letzten Fangreisen für unser Boot sein sollten, damit hatten wir nicht gerechnet. Und dass ebenso der ganze Handel um unser Boot und die Übernahme in fremde Hand in kurzer Zeit in einer Tragödie enden sollte für alle Betroffenen war unglaublich, aber war.
Den nächsten Tag nach unserer letzten Tour kam Wilhelm Bauer mit seinem neugebauten Motor im Boot von Thomas Kohfolt ? aus Laboe bei uns in Eckernförde an und führte den Motor vor. Der Motor hatte 10 PS. Eine große, stabile Maschine mit viel Kraft drin, wie sich bei den Fahrten feststellte. Und so leise, dass er sich im Blindlauf im Vorschiff nicht vernehmen ließ. Der Motor lief wie eine Nähmaschine, auch unter voller Kraft. Der Motor gefiel allen, die an Bord waren. Franz Zett und seine Mackers bestellten sich einen, welcher im Mai-Juni geliefert werden konnte. Christian Mahrt bestellte sich einen für Juli-August und H. Rönnau-Föh-Jasper bestellten sich den dritten Motor. Sie hatten sich auch ein neues Boot bestellt. Ich ließ mich überreden und wir bestellten uns den vierten Motor für August-September. Hermann Mohr bestellte sich einen 15-PS-Motor vom gleichen Typ. Es waren noch mehrere für den Motor begeistert, aber Bauer war für das kommende Jahr ausgelastet. Denselben Tag, als wir den Motor bestellten, gingen wir zu Glasau und bestellten uns ein Elf-Meter-Boot. Ich war nicht ganz mit der Sache zufrieden. Wir hatten aber alle drei den Kontrakt unterschrieben und mussten uns verpflichten, beim Boot gleich 50% des Preises anzubezahlen und beim Motor 30%. Das waren beim Boot 4000 Mark und für den Motor 3000 Mark. Für die nächsten 3000 Mark, wenn der Motor auf den Prüfstand war, und die nächsten bei der Abnahme. Mein Vater hatte Friedrichsen unterrichtet, dass der Sylter kommen könne.
Am 18.10.19 kam der Sylter Fischermann um 14:00 Uhr mit dem alten Friedrichsen bei uns an. Ich ging gleich zu Fiete Mumm und sagte Bescheid, dass wir mit dem Mann zum Boot gingen. Er wollte sich gerne alles ansehen. Unser Kojenzeug, die guten Scherrbretter und alles, was wir sonst noch für wertvoll hielten, wie den Marine-Kompass, hatten wir des Morgens schon von Bord genommen. Wie auch die neuen Zeesen. Zwei ältere Zeesen ließen wir an Bord. Die 75 Meter lange verzinkte Ankerkette, die mein Vater beim Küstenschutz bekommen und gebraucht hatte, teilten wir in 2 Teile, die Hälfte nahmen wir mit nach Hause, die andere Hälfte blieb an Bord. Der Fischermann besah sich das Boot von innen und außen. Er fand alles in Ordnung und gut erhalten. Den Motor erklärte ihm mein Vater mit sämtlichen Handhabungen. Der Sylter Sagte, dass er noch 3-4 Tage hierbleiben wolle und sich jeden Tag mehrmals mit dem Motor beschäftigen wolle, damit er den Motor ordentlich kennenlerne, er meinte, ein paar mal könnten wir es ihm zeigen, dann wolle er sich alleine damit befassen.
Montag, der 20.10.19 waren wir mein Vater und ich mit dem Mann zusammen an Bord, wärmten den Motor an und brachten, als er warm war, ihn zum Anlaufen. Mein Vater erklärte ihm alle besonderen Schmierstellen, wie es mit der Düse war, dass wenn der Motor abgestellt war, er stets die Düse lösen und herausnehmen musste und wenn er den Motor anwärmte, die Brennstoffpumpe kräftig durchziehen müsse und ausprobieren, dass sie richtig spritze. Denn, wenn die Düse leckt oder dröppelt, bildet sich Koks an der Düse und vor allem im Glühkopf. Wenn das der Fall ist, kann der Motor nicht mehr funktionieren und der Glühkopf müsse ausgewechselt werden. Mein Vater zeigte ihm den Reservekopf, so auch die Reservedüsen und weitere auswechselbare Reserveteile. Mein Vater stellte den Motor ab und zeige immer wieder das Andrehen des Motors. Vor allem das richtige Einrücken des Luftventils, das er vor allem darauf achten müsse, beim Andrehen mit der Kurbel, das Ventil nicht zu früh einzurücken, denn würde die Kurbel zurückschlagen, mein Vater ließ ihm 3-4 Mal den Motor in Gang setzen. Er sagte, dass er sich heute Nachmittag weiter damit beschäftigen würde, um es immer wieder auszuprobieren, solange er hier war, jeden Tag ein paar Mal. Am 26.10. wollte er mit dem Boot nach Hause fahren. Mit dem Kaufpreis war alles geregelt, für 27.000 bar bezahlt.
Von dem Geld wurden sofort die Anzahlungen für Boot und Motor erledigt. Ich hatte den Vorschlag gemacht, dass wir aufs Boot wie Motor gleich 5.000 Mark zahlen sollten, denn Glausau wie Bauer-Lage waren wohl nicht abgeneigt, diesen Vorschlag zu akzeptieren. Ob wir das Geld erst zur Bank bringen, dass es dort liegt, oder es den beiden Firmen als größere Anzahlung überwiesen. Wir einigten uns, es so zu machen. Glasau war damit einverstanden, sowie Bauer-Lage auch, den wir telefonisch benachrichtigten.
Die Bestätigung der Glasau-Werft lief über die Stadtsparkasse und für Bauer übers Bankhaus Ahlmann Kiel. Die weiteren 17.000 Mark legten wir bei der Volksbank als Sparkonto an.
Unsere Mackers fischten mit Buttnetzen am Stollergrund und fingen bis zu 12 Stieg großen Goldbutt und 80-100 Pfund Steinbutt auf die Tour. Da wir jetzt auch kein Boot mehr hatten, konnten wir mir mit unseren Buttnetzen ja zusammen fischen. Unsere Mackers waren einverstanden. Am Freitag hatten unsere Mackers wegen starkem Nordwest keine Netze ausgesetzt. Wir hatten unsere eingesteinten Netze ins Boot gebracht. Als in der Nacht von Sonnabend bis Sonntag der Wind abgeflaut und morgens leichter Südwind war, wurde abgemacht, um 10 Uhr auszulaufen um die Netze auszusetzen. Mit 3 Mann hatte jeder seine Schicht für sich, als wir mit dem Aussetzen fertig waren, liefen wir in der Mitte der Südkehle nach Hause zu. Nach einer halben Stunde sahen wir ein Fahrzeug aus Eckernförde kommen und auf uns zulaufen. Es war der Sylter mit seinem Fahrzeug.
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Wir kamen uns schnell näher. Er musste den Motor voll laufen lassen, denn unser stolzes Fahrzeug schäumte vom Bug wie ein Schnellboot. Franz Zett sagte: „Ihr seid genauso dumm gewesen wie wir. Ich habe Euch noch warnen wollen, es aber unterlassen. Wollte mich nicht dazwischen mengen. Seht euch euer stolzes Fahrzeug noch mal genau an, ihr bekommt es nicht wieder zu sehen. Und in ein paar Tagen merkt ihr erst, was euch fehlt und was ihr gemacht habt.” Wir alle drei, mein Vater, Fiete Mumm und ich selbst schauten unserem Fahrzeug noch nach, als es unterm Horizont verschwand. Da sagte ich zu Mumm: „Glaubst Du, dass es richtig gewesen war, was wir gemacht haben?” Er sagte kein Wort und drehte sich weg. Ich bin der Meinung, wäre ich alleine gewesen, mir wären die Tränen gekommen.
Ich dachte über die Zeit noch einmal nach, die ich auf dem Boot gewesen war. Von Ende Juli bis kurz vor Weihnachten im vorigen Jahr, als wir von Burgstaaken aus gefischt hatten und ich am 16. November 1918 den Anteil von meinem Großvater kaufte. Und nach der Zeit ich mir alles an Fischereigeschirr anschaffte, alles von eigenem Geld, was ich auf meinem Part verdient hatte. Und jetzt, wo das Boot verkauft war, stand ich wieder ein Jahr mit nichts eigenem mehr da.
Als wir im Hafen einliefen, hatte der Wind auf Süd-Südwest gedreht, war aber noch flau. Aber ich hörte doch, wie Jörn Dankwardt zu meinem Vater sagte, „hoffentlig ward hee nu nie vun de Südost Kölln, denn mark wie een Gier” ?
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Den nächsten Tag frischte der Südost etwas auf. Darauf sagte mein Vater zu Fiete Mumm: „Wir brauchen keine Netze mehr einzusteinen, denn zum Aussetzen kommen wir doch nicht. Er behielt Recht, denn Abends wehte der Südost schon 6-7 und am nächsten Tag stürmte es mit Windstärke 8-9. So kamen wir nicht hin, um unsere Netze zu bergen.
Um 10:00 Uhr bekamen wir ein Telegramm aus Wenningstedt auf Sylt, dass unser Boot gestrandet und zerstört sei. Weitere Nachricht über das Mallör folgt. Mein Vater wie ich selbst bekamen einen Schock, der uns durch den Körper jagte. Beide waren wir sprachlos. Nach einiger Zeit ging ich mit dem Telegramm zu Fiete Mumm. Ich sah, wie sein Gesicht schneeweiß wurde. Er setzte sich auf einen Stuhl und sagte: wie kann das denn angehen? Es muss doch was besonderes passiert sein. Ich sagte, dass ist es wohl. Oder unser Boot habe sich einfach nicht verpflanzen lassen wollen.
Als ich zu Hause ankam, saß der alte Friedrichsen bei meinem Vater. Er hatte einen Anruf erhalten und hatte am Telefon mit dem Sylter gesprochen. Er hatte gesagt, dass er um 19:00 Uhr Abends vor Wenningstedt geankert hatte, der Südost war 3-4 gewesen, der Wasserstand 2½ Meter und die ganze Kette von 30 Metern vorgesteckt und war mit seinem Gehilfen, den er in Brunsbüttel an Bord genommen hatte, mit einem Ruderboot an Land gerudert. Sie hatten sich im Wirtshaus noch ein paar genehmigt und waren um 21:00 Uhr nach Hause gegangen, um Mitternacht sei er durch den plötzlichen Sturm aufgewacht, hätte sich angezogen und wäre zum Strand gegangen, um nach seinem Fahrzeug zu sehen. Er hätte zu der Zeit noch auf seinem Ankerplatz gelegen, wenn es auch durch den hohen Seegang stark zur Kehr ging. Es war ihm unmöglich gewesen, mit irgendeinem Boot zum Fahrzeug hinzukommen, da der Sturm immer mehr zunahm. Er hatte seinen Gehilfen geweckt, beide waren bis Morgens um 3:30 Uhr am Strand gewesen. Sein Fahrzeug hatte zu der Zeit noch immer auf dem Ankerplatz gelegen, als der Wind etwas abflaute, waren sie nach Hause gegangen. Um 7:00 Uhr morgens hatte man ihm Bescheid gesagt, dass sein Fahrzeug am Strand total zerschlagen lege. Nach kurzem Abflauen hatte der Sturm etwas mehr nach Osten gedreht und hatte in den Morgenstunden auf Windstärke 9-10 zugenommen, dann wäre sein Fahrzeug wohl in Drift gekommen und mit dem schweren Seegang auf die Buhnen gekommen. Anker und Kette waren nicht gerissen. So hätte er ihm am Telefon gesagt. Vom Telegramm hatte er nichts erwähnt.
Von diesem Ereignis, womit niemals einer gerechnet hatte, waren wir drei doch sehr betroffen und hatten Mitleid mit dem neuen Eigentümer, aber nach unserer Meinung war der Mann doch etwas leichtsinnig gewesen, dass er mit seinem neuen Boot bei auflandigem Wind um diese Jahreszeit im Leewall vor Anker ging und dann an Land zu fahren, um sein Boot sich selbst zu überlassen.
Nach vier Tagen besuchte er uns persönlich. Er erzählte uns den ganzen Vorgang. Er erwähnte, dass die ganze Reise alles in Ordnung gewesen und ohne Störung gut verlaufen sei. Er sagte selbst, er hätte einen Hafen aufsuchen müssen und nicht dort vor Anker gehen. Habe aber nicht damit gerechnet, dass es Sturm geben würde, das sei sein Fehler gewesen. Aber es sei zu spät. Es ließe sich nichts mehr ändern. Er habe sich die ganze Reise so über sein gekauftes Boot gefreut. Er wollte persönlich mit uns über das Unglück reden, dass es einzig und allein seine Schuld gewesen sei, dadurch, dass er sehr fahrlässig gehandelt habe, indem er dort ankerte. Er sagte: An Anker, Kette und Poller, an dem die Kette befestigt war, fehlte nichts und bei Windstärke 4-5 wäre wohl auch alles gut gegangen. Als das Boot in Drift kam, hatte es durch die harte Brandung bei jeder Bewegung auf den harten Sand aufgeschlagen, dann auf eine der Steinbuhnen aufgesetzt und sei dort auseinandergebrochen und durch die schwere See zerstückelt worden.
Was konnten wir tun, das Fahrzeug war verkauft und bezahlt und wie er selbst sagte, durch seine eigene Schuld war das Boot vernichtet. Mit einem solchen Ende für unser Boot hatten wir nicht gerechnet. Ich dachte an die Worte zurück, als das Boot in der Südkehle an uns vorbeilief und Franz Zett sagte: „Seht euch euer stolzes Boot noch einmal genau an, ihr werdet es nicht wiedersehen.”
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Uns war es hier auch nicht anders gegangen, hatten mit einem Sturm aus Ost-Südost nie gerechnet. Beim Aussetzen unserer Buttnetze waren immerhin doch 6 Mann. Als wir nach drei Tagen der stürmischen Witterung hinfuhren unsere Netze zu bergen, von morgens bis nachmittags 15:00 Uhr, hatten wir unsere Buttnetze eingeholt mit faustgroßen von Klever bewachsenen Steinen drin. Von Netzen war nichts zu sehen im Boot. Alles Kraut und Steine. Vier mal mussten wir mit dem Drachen nach Netzen suchen, die abgerissen waren. Unser Boot war beladen wie ein Heuwagen. Zwei volle Tage mussten wir die Netze ausklaren von dem Steinklever. 15 Netze fehlten und was wir auf den Stützen zum Trocknen aufhingen, konnte man kaum noch als Netze bezeichnen. Es war für uns alle das Ende der Buttnetzfischerei. Ich sagte zu meinen Mackern, wir müssten es wie eine Strafe hinnehmen, dass wir unser Boot verkauften.