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Mit Buttnetzen auf Veisnitz-Flach

Es war Ende Mai 1910 an einem Sonntag, als ich mal wieder mit zum Fischen fahren durfte. Bis vor eine Woche hatten mein Großvater, Vater und ihr Partner Fiete Mumm mit der Buttzeeze nach Goldbutt gefischt. Aber die Fänge wurden immer weniger. Zum Beginn der Woche hatte es ordentlich aus Südwest geweht, so dass sie nicht rausfahren konnten.

Sie hatten somit Gelegenheit, die Butt-Stellnetze, jeder 2 Schichten (eine Schicht bestand meisten aus 6 Netzen), vom Boden zu holen, die in Holzmulden eingesteint wurden.

Donnerstag machten sie sich auf den Weg nach Veisnäs-Flach (vor der dänischen Insel Ærø), weil sie der Meinung waren, dass die Plattfische sich auf flaches Wasser verzogen hatten. Mit dem Schleppnetz konnten sie dort nicht fischen, weil der Grund dort steinig war. Bis Veisnäs liefen sie mit Motor und Segel, je nach Wind. Es dauerte 5-6 Stunden. Es war ein langer Törn. Sie wollten eigentlich Sonnabend am frühen Morgen zurück sein. Meine Mutter wurde schon unruhig, als sie zu Mittag noch nicht da waren. Sie ging ein paar Mal mit meiner Schwester Anna, die 5 Jahre alt war und meinem Bruder Willi, der 3 Jahre alt war, zum Hafen runter, um andere Fischer zu fragen ob sie was gehört oder gesehen hatten. Sie war unruhig, weil Freitag am Tage und in der Nacht heftige Gewitter mit schweren Sturmböen getobt hatten. Die Fischer meinten, dass sie unter Ærø Schutz gesucht hatten oder sie sind bei Falshöft an der deutschen Küste unter Land gelaufen.

Ich war von der Schule gleich zur Brücke gelaufen, ob ich etwas erfahren konnte. Am späten Nachmittag, so bei 5 Uhr rum, ich war gerade wieder zum Hafen gelaufen, sah ich ein Boot von der Rethwisch reinkommen, welches ich gleich als die Quatsch von meinem Vater erkannte.

Ich lief gleich nach Hause, um Mutter Bescheid zu sagen. Sie war sichtlich erleichtert. Ich lief gleich wieder runter, um zu erfahren, was da los sei und um zu helfen. Vater erzählte, dass sie nach Einholen der Buttnetze 45 Stieg Goldbutt und 1 Stieg Steinbutt gefangen hatten und darauf eine zweite Schicht Netze wieder ausgesetzt hatten. Auf dem Heimweg war der Gewittersturm so stark gewesen, dass sie nicht mehr gegenan konnten und unter Land bei Boknis vor Anker gingen, um Schutz zu suchen. Erst gegen Morgen um 7 Uhr war der Wind so weit abgeflaut, dass sie wieder nach Veisnäs laufen konnten, um die Netze einzuholen.

Sie hatten wieder 40 Stieg Goldbutt und einige große Steinbutt drauf. Auf dem Weg zum Fangplatzt hatten sie die erste Schicht wieder klar gemacht und nach dem Einholen wieder weggesetzt. Die wollten sie am Sonntag wieder einholen, denn am Sonntag war selten das Dänische Fischerei-Aufsichtboot unterwegs. Sie waren sehr dicht an der Grenze und sollte es sich erweisen, dass sie über die Grenze gekommen waren, konnte es sie teuer zu stehen kommen. Fang und Netze würden beschlagnahmt und eine hohe Geldstrafe verhängt. Sie achteten darauf, die Grenze einzuhalten, was bei Dunkelheit und schlechter Sicht schwierig war, weil man die Landmarken nicht sehen konnte.

So kam es, dass ich Sonntag wieder mitdurfte. Wir liefen um 4 Uhr morgens aus, das Wetter war gut und fast windstill. Als wir aus Landnähe rauskamen lief eine hohe Dünung, so dass das Boot ordentlich schaukelte. Aber Seekrank wurde ich nicht. Auf den langen Törn machte Vater und Fiete Mumm die Schicht, die sie Sonnabend gezogen hatten, wieder zum Aussetzen klar.

Als wir unter Ærø auf Veisnäs Flach die Netze einholten, musste ich zu der Dänischen Küste ausgucken, ob sich ein Boot näherte, oder sich Qualm zeigte, denn das Dänische Fischereiaufsichtboot hatte eine Dampfmaschine. Wir hatten aber Glück, sie machten wohl doch lieber Sonntag als Dienst. Wir waren doch einige 100 Meter ins dänische Hoheitsgebiet hineingekommen.

Die Buttnetze standen auf 5 Faden Wassertiefe. Beim Hochholen schimmerte es weiß. Das waren die Unterseiten der Butt. Mein Großvater meinte: „das fängt ja gut an!”

Als die Netze gezogen waren, hatten wir 100 Stieg Goldbutt und beinahe 1 Stieg große Steinbutt. Das war ein sehr guter Fang. Nun wurde die andere Schicht ausgesetzt und wir achteten darauf, nicht über die Grenze zu kommen. Trotzdem hatten wir keine Markierungsfahnen am Anfang und Ende gesetzt. Sie sollten schlecht zu erkennen sein. Es war schon vorgekommen das andre Fischer die Netze hochholten, auch vom dänischen Aufsichtsboot. Und wenn die behaupteten, die wären in dänischen Hoheitsgewässern, hatte man keine Chance. Es sei denn, man konnte einwandfrei beweisen, dass es nicht so war. Aber eine Menge Scherereien hatte man doch und teuer war es auch, denn der Behördenkram war nicht kostenlos.

Als wir alles wieder aufgeklart hatten, ging es nach Hause. Mein Großvater gab mir das Steuer in der Hand. Vor uns konnte man eben die Küste von Boknis erkennen und sagte: „da steuerst du auf zu”. Und wir können die Netze wieder klar machen und auch mal was Essen, du bekommst dein Frühstück am Steuer.”

An Bord gab es kein Bohnenkaffee, nur Malzkaffee. Ich war stolz wie ein Kapitän auf großer Fahrt. Um 8 Uhr Abends waren wir wieder im Hafen von Eckernförde. Viele Butt wurden gleich an Fischhändler verkauft. Ein halber Stieg kostete 1 Mark. Die Steinbutt nahmen die Hotelwirte. Ein Steinbutt von 4-5 Pfund koste 1,00-1,20 Mark. Die anderen Butt, die lebendig in der Bünn schwammen, wurden an Großhändler verkauft.

In den nächsten Tagen wurden von Fischern aus Eckernförde und Schleimünde noch gute Fänge auf Veisnäs Flach gemacht. Nach einer Woche sind die Butt wieder ins tiefe Wasser gezogen, so dass wieder mit der Tuckzeeze gefischt wurde. Aber so große Fänge waren damit nicht zu machen.

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