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Preisdrückerei

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In unserer Förde waren wieder größere Heringsschwärme eingewandert, aber mit einem großen Anteil an Sekundaware, oftmals mit Sprotten vermischt. Die Preise für Blankfische bei geringen Anlandungen waren mittelmäßig, in einzelnen Fällen sogar als gut zu bezeichnen, doch bei größere Anlandungen miserabel, nicht einmal Unkosten abdeckend. Auch wurde die gesamte Fischerei oft durch starken Ostwind und Eis gestört.

Hierzu eine selbsterlebte Begebenheit.

In der Osterwoche hatten die meisten Ring- und Handwaadenfischer ihre Waaden zum Trocknen auf ihre Trockenplätze gebracht. Einige Fischer, die ihre Ringwaaden schon vorher getrocknet und geloht hatten, hatten diese wieder fangklar gemacht und an Bord gebracht. Sie fuhren zum Fischfang aus, erzielten den ersten Tag kleinere Fänge, Sekunda mit Sprotten vermischt, bekamen für ihre Sprotten einen Preis

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von 27-29 Pfennig das Pfund. Am nächsten Tag waren wir mit zwei von unseren Ringwaaden und fünf Ringwaaden von der Kieler Förde auf dem Fanggebiet für Ringwaaden in unserer Förde. Wir suchten vergebens nach einem Schwarm bis außerhalb Boknis, von den Kielern liefen drei bald wieder nach Hause. Wir mit unserer Ringwaade liefen zur Langhöft-Tonne zurück und suchten einwärts. Eine der Kieler Waaden fing beim Mittelgrund an nach unten zu suchen, sein Mackerboot war zur Südkehle rübergelaugen und suchte dort nach auswärts. Als wir beim Suchen ungefähr 1.200-1.500 Meter innerhalb der Langhöfter Tonne waren, bekam ich plötzlich einen großen Schwarm von Fischen ans Suchlot. Als die Kieler Waade, es war Willi Wellndorf aus Strande, uns aussetzen sah, kam er auf uns zugelaufen. Ungefähr 300 Meter außerhalb von uns fing er an zu suchen und setzte sofort aus. Ich suchte zu dieser Zeit noch in unser ausgesetzten Waade, wo ich viele Fische am Suchlot hatte. Als ich mein Lot eingeholt hatte, ruderten wir mit der Jolle in der Waade an der Oberdelle rundherum, wo viele Fische

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an den Netzwänden standen. Es war Christian Vosgerau, der ruderte, sonst war es immer mein alter Macker Fiete Mumm gewesen, doch er war heute auf unserem Boot „L. Probst”, welches wir mit hatten. Sollten wir einen kleinen Fang antreffen, sollte unser Boot den Fang übernehmen und gleich an den Markt bringen. Vom Ringwaadenboot aus waren eine Menge von Fischen an den Netzwänden zu sehen. Als wir die Ringe hoch am Galgen hatten und wir anfingen mit dem Einziehen der Waade, zeigten sich gleich viele Sprotten und einige Sekunda als Bestick. Das Bestick vermehrte sich immer mehr, je weiter wir die Waade einzogen und der Netzkreis kleiner wurde.

Wir beobachteten, dass es der Strander Waade ebenso ging wie uns und auch einen großen Fang erwischt hatte. Ihr Mackerboot kam aus der Südkehle auf ihn zugelaufen. Von der Ringwaade „Ella Frike”, die mit zum Fang ausgelaufen war, konnten wir nichts sehen, sie hatte anscheinend weit nach draußen gesucht. Als wir unsere Waade bis zum Fischstück eingezogen hatten, mussten wir den Fang

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in zwei Teile aufteilen, da sonst keine Möglichkeit bestand, den Großfang zu bearbeiten. Mumm war schon rechtzeitig mit unserem Boot längsseits gekommen, so konnten wir die Auffangstrippen der Oberdelle vorne in der Mitte und achtern am Boot befestigen. Es war gutes Wetter, flauer Südwind und kein Seegang. Bei schlechtem Wetter ist das Übernehmen eines großen Fanges in ein längsseits liegendes Boot oftmals sehr schwierig. Sobald unser Boot zur Fangübernahme längsseits lag, stieg ich über, um das Löschgeschirr klarzumachen. Als alles in Ordnung war, begann gleich die Übernahme mit dem großen Ketscher (Inhalt gut zwei Zentner). Ich stand auf unserem Boot an der Motorwinde und hievte die vollen Ketscher rein in unser Boot, sobald der Raum auf beiden Seiten voll war, ließ ich die beiden Bünndeckel aufreißen und das Fischwark rauschte in die Bünn rein, 60 volle Ketscher hatten wir schon übernommen. Als das Wasser durch die Fischmenge aus der Bünn herausgedrückt war, hatte sich unser Boot eine Plankenbreite

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aus dem Wasser gehoben, bei 100 Ketschern hielten wir erstmal ein, wir lagen mit dem Boot noch eine halbe Planke über Wasser. Es wurde besprochen, ob ich noch einige Ketscher voll übernehmen könne, denn Raum, Bünn waren voll und ein Teil vom Deck war auch schon gefüllt. Nach meiner Weisung, da das Wetter gut war, ließen wir noch 10 Ketscher voll zunehmen. Ich hatte sorgfältig überprüft, ob irgendwo Wasser ins Boot käme. Nirgends fand ich eine Stelle, wo etwas geschah. Ich nahm die 10 Ketscher voll noch über. Alle sagten: „So, nu ist aber genug!” Ich legte mit unserem Boot ab, musste alleine damit zum Hafen. Ich lief zur Küste unterhalb Ludwigsburg, von dort ab längst der Schaarkante einwärts. Als ich innerhalb von Bratberg war, kam von der TVA-Süd ein Torpedoboot Mitte der Förde mit großer Fahrt angelaufen, es soll die „Luchs” gewesen sein. Als die große Hecksee anrollte, drosselte ich den Motor auf langsame Fahrt und ging mit dem Steven in die See rein. Beim ersten Anlauf der Hecksee kam etwas Wasser vorne über, sonst ging alles klar. Als ich im Hafen festmachte, kamen allerlei Leute zusammen. Ich wollte gerade an Land steigen, da kam

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Christian Rehse an, er fragte, was für Rasse und wieviel ich in Boot hätte. Ich sagte, es seien 2/3 Sprotten, das andere seien Juchers und Sielen. Ich sagte zu ihm, dass ich mir Leute annehmen wollte zum Aussammeln, Rehse sagte: „Komm mol eben lütt beed mit lang. Wie veel hest du in dien Boot?” Ick segg: „Över 20.000 Pund, denn de Bünn is ok vull.” „Un wat hett din Mackers noch buten?” „Ick glöv noch een een half mol so veel.” „Dann will ick di de Raat geven, min Jung, laad uns de Kraam so verköpen as he is, denn ward wi se gau los, er dat anner Fischwark an Land kümmt. Wat meenst darto?” „Ick meen, wenn de Pries darnaa weer, sofort, denn spaar ick mi een Barg Arbeed.” „Dat meen ick ok. Fang an to löschen, hol di een Utteldisch, smiet paar Körf vull op, sorteer se un laat dat Sorteerte op de Disch legen, dat jeden seihn kann, war för een Raas dat iss. Ick roop sofort een Aukschon in!” Mit de Wöör wull Rehs naa`t Kontor gahn, dor keem mien Vadder un Peter Kolls an. Christian Rehs verklort beede sin Vörslagg. Beed meen ok, dat weer dat Beste. As de Rökers een na de anner daal keem, üm sick de Waar to bekeken, wat op de Disch leeg, un dat Verhältnis vun de Kisten, wat wie al löscht harrn. As de Aukschon

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los güng, harrn wi bi 1.500 Pund in de Kisten füllt. Wi mööten nochmaal paar Körf vull op de Disch smieten un sorteern, so kunn se sick sölbst över dat Verhältnis övertügn, dat weer grod twee to een. Christian Rehs see to mi, min Vadder un Peter Kolls: „Vör 17 Penn dat Pund geiht de heele Fang wegg, sünd ji dormit inverstahn?” Wi meen all dree: „Wegg dormit, wer weedt wat naher ward.” Rehs geev mi een Zettel mit de Naams, wer wat un wie veel jeden von de Rökerers hemm sull, so weer K. Thies mit 5.000 Pund, Böhse, Johannes Klemmsen un Joachim Elsner mit 4.000 Pund, denn keem K. Pries mit 2.500 Pund un de lütt Firmas vun 1.000-2.000 Pund. Ick de to Rehs seggen: „So veel heff ick jo gor nie in!” „Krigg man rut, wat du in hest, dat büst los, wie dat mit dat anner Fischwark ward, is noch heel ungewiss, dorüm seih to, dat du dien Kraam rut kreegst, je gauer, je beder!”

Ungefähr drei Stunden später kam „Ella Friske” mit einem Boot voll von unserem großen Fang an die Brücke und legte am Schutzwall an. Fritz Thomsen kam nach uns hin und fragte: „Wat hebbt ji kreegn för juch Fischwark?” Ick dee emm seggn: „Fietschern, wie hebbt dat so verköfft as dat is un hebbt 17 Penn dat Pund kreegn.”

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He de mi fraagn: „Wat weer dor denn an Sprotten mang?” Ick segg: „2/3 Sprotten un 1/3 Juchers un Sielen.” Dor see he: „Dann wüllt wi de Sprotten utsammeln.” „Dat mööt ji jo sölbst an`t besten weeten.”

Zu der Zeit hatten wir schon 15.000 Pfund gelöscht, die gleich von den Räuchereien abgeholt wurden. Unser Deck war leer, sowie auch der Raum an der Backbordseite. Aus der Bünn wie auch aus dem Raum an Steuerbord fing man an, rauszuketschern. Mein Vater war mit dabei, der kannte sich damit aus, die Fische aus der Bünn herauszukriegen. Peter Kolls und ich hatten je ein Gewicht und zwei Leute zum ranbringen und zwei Leute zum Füllen der Kisten. Ein Mann stellte die vollen Körbe vom Boot auf den Kai, zwei Mann waren zum Einketschern im Boot. Als nach einer Stunde unsere Mackers im Hafen anlegten, hatten wir schon über 19.000 Pfund raus, die auch schon abgeholt waren. K. Pries und Max Horn teilten sich den Rest, jeder bekam 2.300 Pfund. Ich hatte einen Fang von 23.600 Pfund im Boot gehabt. Mein Vater und Peter Kolls sagten: „Dat is jo bald eben so veel, as wi in uns grod Quatschen hatt hemm!” Nu meen min Vadder: „He hett ok jo allerlei Fischwark op Deck leegn un denn de kort Tour, mit dat god Wetter.”

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As min Mackers mit er belaaden Boot fast maakt harrn, keem de ol Johannes Möller as irste to mi ran: „Wat hest du mit de Fang maakt?” Ick de emm antern: „Dat seiht ji jo, Möller, de sünd all vör 17 Penn dat Pund weggahn. So as se wussen weern.” He keem neeger naa mi to un bölk glieks los: „Wo kannst du die ünnerstahn, de Fang to vermalln, dat hebbt wi di extra seggt, dat du de Fang utsammeln sallst!” Ick see: „Jo, dat iss seggt warn, aver hier hett doch wull de Marktlaag dat Weesentliche dorbi daan, op een Raatslagg von Christian Rehs. Ick sölbst, min Vadder un Peter Kolls weern glieks dormit inverstahn, de Fang för de Pries to verköpen. Överlegg di mol, wenn ick noch bi weer de Kraam uttosammeln, denn weern statt 23.600 Pund womögli irst 4.000-5.000 Pund Fischwark verköfft!” De ol Möller wull dor aver nichts vun weeten, bald darop keem sien Söhns, Jörn Dankwardt un Fiete Mumm dor mang, un weern alltosaam de Meenung, dat wat ick maakt harr, dat Richtigste wesen weer. Christian Reehs harr een lütt beed achter trüch stahn un sick dat heele Palaver von de ol Möller anhöört, so ok Peter Kolls. Dor see Rehs to de ol Möller: „Segg mi blots, Hannes Möller, wat deihst du de Jung

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dormit, ick heff emm de Raat gevn, dat so to maaken, as he dat daan hett un sien Vadder un Peter Kolls hebbt emm ok noch darto raat. Ick will di blots een Raat gevn, Hannes Möller: seih to, dat du dien Fischwark ut Boot rut kreegst, överhaupt, wenn du dat utsammeln wiss, un een deel wüll ick die man seggn, ick glöv ni, dat du ut dien Fang, wat du in`t Boot hest, 1/4 von dat rut kreegen deihst an Geld, as de Jung hier ut sien Fang, de he an`t Land bröögt hett!”

De ol Möller güng naa dat Boot daal, dee schimpen un resoneer dor ümmer to rümm, Peter Kolls weer emm achternaa gahn, un see: „Hannes Möller, laad dat schimpen naa op de Jung, denn he hett dat rechte daan, ünner min Tostimmung. Un Christian Rehs hett jo al to di seggt: seih to, dat du dat Fischwark rut kreegst. Glieks iss Aukschon, de Klock geiht op veer to, un kiek di dat mol an bi „Ella Friste”, de hemm in twee Stünn 800 Pund Sprotten utsammelt. Du kreegst denn jo to seihn, wat dorbi rutkümmt!” De ol Möller see blots: „Papperlapapp, de Jung hett de Pries verdorm!”

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„Ella Friske” hatte 12.000 Pfund von unserem Fang geladen, davon 8.000 Pfund Sprotten ausgesammelt auf der Auktion um 16:00 Uhr bekamen sie 14-16 Pfennig das Pfund, mit dem Aussammeln waren sie um 9:30 Uhr fertig. Wir hatten 5 Tische aufgestellt und waren mit 20 Mann bei zum Aussortieren. Meine Mackers rechneten mit 17.000-18.000 Pfund, was sie im Raum hatten. Als die Auktion losging, sagten die Möllers: „Für den Preis, den Sie „Ella Friske” geboten haben, wollen wir nichts verkaufen.” Ich sagte: „Was denkt ihr euch denn, gestern sagte der alte Möller, haben die Sprotten 27-29 Pfennig das Pfund gekostet und jetzt sollen wir sie für 14-15 Pfennig verkaufen, das kommt nicht in Frage.” Da sagte Fiete Mumm: „Laad uns dat Fischwark verköpen, wat wüllt ji sunst dormit? Glövt ji, dat se morgn fröh beeder betaalt ward? Stell ju ni so an, blots weil Fiete dat Fischwark vör 17 Penn so as dat weer verköfft hett. Wi wüllt uns dor ni över strien, aver ick will ju blots eens seggn, he hett recht dahn, orer meent een vun ju, dat he nu all ferdi weesen weer mit dat Utsammeln von över 23.000 Pund Fischwark? Tövt man aff, wie lang

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dat bi uns duurt, överhaup ween`t so bi blifft to Nieseln un mit de Smutregen ?, de nu all een halbe Stunn anhölt, denn iss uns Fischwark morg`n fröh een Brie!” „Papperlapapp, see de ol Möller.” Dat weer jümmers sien Antwort, wenn emm wat ni passen dee.

Die letzten Sprotten von „Ella Friske” wurden um 21:00 Uhr von Max Horn raufgeholt. Die Stapel mit Sprotten, die wir ausgesammelt hatten, mussten vorm Nieselregen mit doppelt übereinander gelegten Kisten abgedeckt werden. Um 21:00 Uhr hatten wir noch keine 4.000 Pfund Sprotten aussortiert mit 5 Auszähltischen. Denn es nieselte noch immer frei weg, alle waren durchnässt.

Am nächsten Morgen waren wir um 7:00 Uhr endlich fertig mit der Aussortierung, hatten gut 10.000 Pfund Sprotten aus 17.450 Pfund Fischen sortiert, um 8:00 Uhr war Auktion angesagt. Als wir Boot und Deck unten und oben alles sauber gespült hatten, die Waade wieder an Deck geholt hatten, waren wir gespannt auf die Auktion. Es regnete noch immer in einer Tour, so wie das Nieseln gestern Nachmittag angefangen hatte. Die Auktion sollte beginnen. Es kam aber keiner von den Räucherern

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zur Brücke runter, wo unser Fang in Kisten stand. Sie verschulten ? sich mit 20 Mann beim Zollamt. Drei bis vier Mal musste Christian Rehse rufen, dass sie runterkommen sollten. „Oder wollt ihr Zirkus machen?” rief er zornig, danach setzte sich Willi Boese alleine in Bewegung und kam runter und sagte: „Ich will nicht viel Federlesens machen, ich biete für den ganzen Fang 5 Pfennig das Pfund, das ist mein Gebot.” „Nu hohl aver mol op, mien leeve Willem Boese! Wat hebbt ji sick dorbi dacht, dat is ja mehr as Erpressung! Laat weesen un will fiev Penn geven un nich mehr!” „Also wat wüllt ji”, see Christian Rehs, „Dat Fischwark to verschicken ward nichts, in Kiel hebbt se sölbst noog, dor hebbt se 12-14 Penn för de Sprotten kregen, heff mi hüüt morgen forts erkundigt.” De ol Möller see: „Laad de heele Kraam man naa de Dünger gahn.” „Nee”, see Fiete Mumm, „laad se wegg gahn vör 5 Penn, denn könnt wie tominst de Lüüd betaaln, de vun gestern Naameddag, de Nacht över beed hütt morgen utsammelt hefft.”

„Jo”, see Peter Kolls, „wat heff ick die seggt, Hannes Möller, as du de Jung anbölken deest, weil he sien Fischwark vör 17 Penn dat Pund verköfft harr, reek di dat man mal dör, denn hett de Jung vör sien Sprotten 25 Penn dat Pund kreegen, un wat is nu ut dien Fang rut kaam, de du in dien Boot hest, keen 100 Mark för 1.800 Pund Fischwark, wenn dat Geld för de Lüüd dorvun affgeiht.” Aver keen een vun de Möllers seggten een Woor.

För düssen Vörfall hett de Kompanie as Gemeenschaft een bösen Knacks wegg kreegn. Dat weer een Hück Wahrheet, as dat dormaals manch een Fischermann, bi an Grodfan oftmaals gahn, wenn vöt 10 Mann Besatzung in 26 Stunn Arbeet as Verdeenst nichts naa bleevt.

Fr. Daniel

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