Über die Handwaadenfischerei
Die Fischer, die mit der Handwaade fischten, mussten Schwerstarbeit leisten. Alleine die Arme oder Flügeln der Waade waren je Arm 16 „Längen” lang. Eine „Länge” hatte 4 Faden bzw. 7,40 Meter. 16 Längen 118 Meter. Der große Hamen hatte ein Durchmesser von 15-16 Meter, da waren die Flügel angenäht.
Das Grundtau (Unterdelle), was das Netz am Grund halten sollte, war mit Steinen, durch die Löcher durchgebohrt waren, versehen. Der Kehlstein in der Mitte des Hamen wog 20-25 Pfund. Die Steine nahmen zu den Enden der Flügel an Gewicht ab. Der letzte Stein an der Baage wog noch 6 Pfund.
Die Baage war ein Eichenrundholz von 2 Metern Länge am vorderen Ende der Flügel, das Grundtau und Obertau auseinanderspreizte. Das Obertau ist mit Korken dichtbezetzt, um die Waade offenzuhalten. Die Flügel am Hamen waren ungefähr 6-7 Längen tief. Das waren etwa 700-800 Maschen. Danach nahm die Maschentiefe zu den Baagen ab.
Das Netz war so eingestellt, dass das Netzwerk lose war und beim Einholen einen Beutel bildete, also bauchig war. An der Baage war mit einen Hahnepot die 245 Faden (453 Meter) lange Waadleine befestigt. Die Flügel wurden parallel zum Ufer ausgesetzt, wobei das Luvboot den schwersten Part hatte.
Hatte man den Flügel bis zur Baage über Bord, ruderte man auf Land zu, bis die 245 Faden von der Handwinde abgespult waren. Der große Waadanker ging über Bord und es wurde darauf geachtet, dass er sich eingrub, denn beim Einwinden der Waade kamen große Zugkräfte auf Anker und Leine. Alleine das Zustellen, um die Waade Fangfertig zu machen, machte viel Arbeit.
Die beiden 10 Meter langen Waadboote, die zum Fischen mit der Waade gebraucht wurden, waren mit zwei Masten mit Beseglung bestückt. Die Ruderriemen waren l6-18 Fuß lang und es gehörte ordentlich Kraft dazu, die zu bedienen, überhaubt: bei Seegang und Schlechtwetter. Die Boote waren meisten mit 4 Mann besetzt.
Waren sie am Fangplatz angekommen, mussten die Segel festgemacht werden, die Masten aus den Duchten gehoben und so gelegt werden, dass sie beim Auslegen und Einholen des Netzes nicht störten. Da jedes Boot alleine zum Fangplatz segelte, mussten sie darauf achten, dass sie einigermaßen zusammen blieben um gleichzeitig, zum Fangplatz zu kommen. Bei gutem Wetter kein Problem, bei schlechtem Wetter, Dunkelheit oder Seegang war es schwierig.
Kam denn noch Frost und Eis dazu, wenn jeder Spritzer, der ins Boot kam, zu Eis gefror, war es ein hartes Brot und verlangte den Männern das Letzte ab. Da jedes Boot eine halbe Waade im Boot hatte, musste sie am Fangplatz zusammengenäht werden. Der Flügel war in der Nähe des Hamen getrennt.
Ober und Grundtau wurden mit starken Bändseln zusammengebunden, das Netzgarn wurde Masche für Masche mit einem starken Faden zusammen geriegelt (Riegeldraht). Alle 100 Maschen war beidseitig ein Markierungsfaden angebracht, die beim zusammenriegeln, übereinstimmen mussten. Auch konnten zwei oder drei gleichzeitig daran Arbeiten.
Alle Waaden mussten ihr Netz zu gleicher Zeit aussetzen. War die Zeit da, ging das laute Rufen von Waade zu Waade los. Es durfte keiner aus der Reihe Tanzen, alle mussten sich daran halten. Kam das Kommando, wurden Steert und Hamen über Bord geworfen, dann wurden die Flügel entgegengesetzt ausgerudert, einer der Männer passte auf, dass Netzwerk mit den Steinen ordentlich über Bord kam.
Die Flügeln wurden parallel zum Ufer ausgesetzt, was bei Wind und Wellengang Knochenarbeit war. War der Arm bis zur Baage ausgerudert, ging es auf Land zu, und die 245. Faden lange Waadleine lief von der Handwinde ab. War die Leine abgelaufen, wurde der große Waadanker über Bord geworfen.
Der Anker musste fest sitzen und sich eingraben, denn beim Einwinden kamen starke Kräfte auf Anker- und Waadleine. Hielt der Anker nicht, war die ganze Arbeit umsonst. Die Winde bestand aus einem Rundholz aus Eschenholz, worin Löcher für die Speichen gebohrt waren.
An den Enden waren Stahlbolzen, die in Lagern liefen, die beidseitig auf Klampen am Dollbord angebracht waren und immer gut geschmiert sein mussten. Eine Seite war offen, so das man die Winde rausnehmen konnte. Beim Einwinden der Waade standen die Männer sich gegenüber, in jeder Hand eine Speiche woran gleichzeitig gezogen und gedrückt wurde.
Es war Schwerstarbeit. Die ersten Meter gingen noch leicht bis alles steift geholt war, aber dann wurde es schwierig. Meistens waren sie mit vier Mann an der Winde. Die Waadleine hatte alle 60 Faden eine Markierung, weil die Waade von beiden Booten gleichmäßig Eingewindet werden musste.
War die erste Marke an der Winde, rief man zum Mackerboot: „Der erste Knoop!” (Knoop = Knopf), dann wussten sie, ob sie schneller oder langsamer Winden mussten. Die zweite Marke war der zweite Knoop und so ging es weiter, bis man die Baagen am Boot hatte.
Dann wurde die Waadleine losgelassen und Ankertau mit Anker an Bord geholt. Die Boote ruderten zusammen und warfen auf hohem Grund (flachem Wasser), die Anker über Bord und achteten auf, dass sie hielten. Dann wurde die Waade zusammen gewunden und jedes Boot holte sein Flügel oder Arm ein.
Zwei Mann holten das Grundtau mit den schweren Steinen Hand über Hand ein, was ordentlich ins Kreutz ging. Ein Mann holte das Obertau mit den vielen Korken und das lose Netzgarn ein, und löste die Männer am Grundtau ab, wenn sie den halben Arm an Bord hatten.
Der Fischer, der am Obertau war, stand etwas überhöht „auf dem Thron” und musste mit dem „Puls” (Plümper) die Fische, wenn welche drin waren, ins Netz zurück jagen. War die Waade soweit eingeholt dass der schwere Kehlstein an Bord war, wurden die Boote mit den Ankertauen auf den hohen Grund gezogen, so dass der Hamen an der Schaarkante lag (Schaarkante = Übergang vom tiefen zum flachen Wasser).
Die Fische wurden durch Einholen des Hamen in den Pinn oder Steert getrieben und längsseits an Boot geholt. Dann wurde Quast für Quast ins Boot gehievt. Ein Quast waren so viele Fische wie zwei Mann tragen und übernehmen konnten. Das ganze nannte man Innbrecken.
Die Boote hatten einen abgeschotteten Raum (Towermoll), wo der Fang reinkam. Bei größeren Fänge, wenn der Towermoll auf beiden Booten nicht reichte, wurden die Fische im Vorboot gelagert. Das war schon ein guter Fang und der Zug hat sich gelohnt.
Beim Einholen der Flügel konnte man schon sehen, ob der Fang gut war, am Besteck, das waren Fische die im Netzgarn festsaßen. Je mehr Besteck um so besser der Fang. Bei ganz großen Schlagerfängen, wenn man sich alleine nicht mehr helfen konnte und Hilfe brauchte, wurde ein Schootfell (Ölschürze) im Vormast gehievt, bei Dunkelheit mit der Laterne geschwenkt.
Bis Hilfe kam, musste man versuchen, die Waade mit den Fang von der Schaarkante ins Flache zu bringen. Die Helfer erhielten die Hälfte von der Ware die sie an Land brachten, was auch, wenn sie wenig gefangen hatten, ein gutes Geschäft war.
Die Waadenfischerei in Eckernförde waren streng geregelt. Jeder Waadbesitzer musste auf der Versammlung im August, bei der Zugverlosung eine Nummer ziehen. Nach der Auslosung wurden Name und Nummer auf den Zugzettel notiert.
Auf den Zettel waren die Waadenzüge notiert, die er gezogen hatte. Die Zugzettel wurden bei Buchbinder Spethmann gedruckt. Die gezogene Waadenzüge galten für die ganze Saison. Kamen fremde Fischer, mussten sie sich beim Waadenvorstand anmelden und konnten dann Freizüge befischen. Sie mussten sich aber streng an den Regeln halten.
Die Waadenfischerei begann am 1. September. An jedem Tag in der Saison war um 11 Uhr bei Kröger Lorenzen die Verlosung der Freizüge. Der Morgenzug war nach Sonnenaufgang. Je später sie aufging, desto später wurde er verlegt.
Das Aussetzen nachmittags um 15 Uhr, alle zwei Stunden, bis zum Morgenzug war zulässig. Wenn sich große Fänge einstellten und die Fischindustrie übersättig war, konnte der Waadenvorstand die Waadzüge stilllegen, bis sich alles wieder normalisiert hatte.
Die Plattdeutsche Version ist im Jahrbuch der Heimatgemeinschaft Eckernförde Jahrgang 40/1982 nachzulesen.