Unterwegs mit der Ringwaade
Donnerstag, den 26.10.22 um 13:30 Uhr, liefen wir, da die Witterung sich beruhigt hatte, zusammen mit den anderen Waadenfischern zum Fang aus. Unser Fangplatz nach dem Waadenzug-Zettel war Eichholz 3. Hier machten wir im Nachmittagszug gleich einen Fang von 1.400 Pfund Heringe und Sielen gemischt. Schon mal ein guter Anfang.
Bis zum 15. November fischten wir mit unserer Waade mit unseren Mackers zusammen. Danach brachten wir die Ringwaade ein, weil die Möllers darauf drängten. Zwei Mann, mein Vater und Peter Kolls blieben bei der Handwaade und suchten sich eine Besatzung zusammen. Mit vier Mann stiegen wir zur Ringwaade über. Am 16. November liefen wir zum ersten Mal mit der Ringwaade aus, suchten bis Nachmittags außerhalb der Ringwaadengrenze kreuz und quer nach einem sich lohnenden Fischschwarm, fanden aber keinen, so versuchten wir es innerhalb der Grenze, fanden hier mehrere kleine Schwärme, die sich zum Aussetzen wohl lohnen würden. So liefen wir zum Hafen ein, machten uns unterwegs gleich ab, dass wir am nächsten Tag
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um 4:30 Uhr auf Fischsuche zur Kieler Förde wollten. Am Freitag, den 17. November, war gutes Wetter mit einem flauen Südwest. Um 7:30 Uhr setzten wir unsere Suchjolle 400-500 Meter nördlich der Glockentonne aus. Fiete Mumm ruderte, Jörn Dankwardt und ich suchten jeder mit einem Suchlot nach Fischen. Nach kurzer Zeit sagte ich zu Dankwardt und Mumm in der Jolle, dass ich einzelne Fische am Lot hätte. Dankwardt, der als Sucher immer bei der Ringwaade gewesen war, sagte, er hätte noch keine Fische gespürt. Er meinte, wenn ich welche gespürt hätte, wären es wohl einzelne Streufers oder sonst etwas gewesen. Wir suchten noch 300-400 Meter weiter, da hatte ich einen Schwarm von Fischen am Lot und hielt den Arm hoch. Dass bedeutete, die Waade auszusetzen. Dankwardt sagte, das er nur vereinzelt welche gehabt hätte und es sich nicht lohnte, danach auszusetzen. An Bord hatten sie aber gleich reagiert und setzen die Waade um die Jolle herum aus. Dankwardt schimpfte, dass für die paar Fische, die er am Lot gehabt habe, die Waade ausgesetzt würde. Ich sagte, dass es nach meinem Ermessen 2.000-3.000 Pfund seien. So sagte Fiete Mumm: „Das bekommen wir ja zu sehen und die Waade musste ja doch irgendwann einmal ausgesetzt werden.” Jörn meinte: „he harr doch glieks jümmers enkelte (einzelne) Fisch an sien Lot!” „Du hest noch keen hatt, un nu meenst dat weern blots een paar Streufers. Wenn Fiete bi de Handwaad welk an`t Lot hatt harr, hebbt wi in de Togg doch ok een Fang hatt!”
An Bord waren alle der Meinung, es sei richtig, dass die Waade ausgesetzt worden war. Ich dachte bloß immer, wenn ich doch nur Recht bekäme! Denn ich hatte von Anfang an kein Vertrauen zu dem Suchen von Dankwardt gehabt. Als wir mit der Ringwaade in Travemünde gefischt hatten und die anderen Ringwaaden eine nach der andren um uns herum aussetzten, sagte Dankwardt bloß immer, bei ihm am Lot seien es immer nur ein paar Streufers. Und wenn er mehr am Suchlot gehabt hatte, hatte er sich nicht entschließen konnte, die Waade aussetzen zu lassen. Wenn, dann war der Schwarm längst überrudert und das Aussetzen war umsonst gewesen, oder es war nur ein minimaler Fang in der Waade gewesen. Nach meiner Meinung kam es auch davon, dass unsere Fischerei mit der Ringwaade in Travemünde so schlecht ausgefallen war.
Als wir beim Einhieven der Ringe waren, stieg ich in die Jolle zurück, umruderte die Waade und sah dabei schon allerlei Fischwark im Netzgarm stehen. Gleich danach sehen sie auch vom Boot aus in den Ecken Fische stehen. So war ich beruhigt, dass es
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nicht bloß Streufers gewesen waren, die ich an meinem Suchlot gehabt hatte. Als wir den Zug eingeholt hatten, war es ein Fang von gut 2.000 Pfund Heringen. So sagten alle, dass meine Angaben gestimmt hätten, und wenn ich nicht mit in der Jolle gewesen wäre, wäre es nicht zum Aussetzen gekommen. Dankwardt sagte: „Von jetzt an steige ich nicht wieder zum Suchen in die Jolle ein!” Nachdem die Waade wieder klar zum Fang war, stiegen Mumm und ich wieder in die Jolle zum Suchen. Nach einer Viertelstunde hatte ich wieder Fische am Lot und ließ die Waade aussetzen. Ich sagte zu meinem Macker Mumm: es sind mehr Fische am Lot gewesen als beim letzten Mal. Dieser Zug brachte uns 2.900 Pfund Heringe mit einigen Sielen. Danach liefen wir nach Eckernförde, wo wir 5.450 Pfund löschten. Für mich war es ein großes Glück. Alle sprachen mir ihr Vertrauen zu meinem Suchen aus.
Am Sonnabendmorgen, den 18. November, liefen wir nicht zum Fang, denn es war dichter Nebel. Die Handwaaden hatten gestern wie auch heute mehrere Fänge von 1.000-2.000 Pfund angelandet, die sie auf den Zügen Knappschaar, Eichholz und Kronsort gefangen hatten.
Sonntagmorgen, den 19. November, liefen wir mit der Ringwaade wieder zur Kieler Förde aus. Es war stilles, aber diesiges Wetter. Als wir in der Südkehle waren, wurde es wieder neblig.
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Wir liefen aber doch weiter und gingen unterm Bullenholz vor Anker. Um 10:30 Uhr lichtete sich der Nebel etwas auf, gingen Anker auf und liefen zum Steiner Sand zu. Als wir auf dem Wege dorthin waren, wurde es plötzlich hell. Die Sonne kam durch und die ganze Südküste lag klar vor uns. Nach Westen und Norden lag noch eine dichte Nebelwand. Es kam ein flauer Südwest auf. Außerhalb der Tonne „Kiel 3” fingen wir an zu suchen. Nach einer Viertelstunde hatte ich die ersten Anzeichen von Fischen am Lot. Zehn Minuten weiter einen sich lohnenden Schwarm. So ließ ich die Waade aussetzen. Gleich nachdem die Waade im Wasser war, sahen wir von der Jolle aus einige Heringe nach der Sonnenseite zu im Netzgarn. Die Nebelbank stand noch immer gute 1.000 Meter im Norden von uns. Es mussten viele Schiffe unterwegs sein, denn überall heulten die Nebelhörner. Als wir beim Einholen der Waade waren, hatte der Nebel sich weiter verzogen und die Schiffe kamen in Sicht. Wir hatten diesen Zug einem Fang von gut 300 Pfund. So liefen wir wieder nach der Tonne zu und machten die Waade wieder fangklar. Ehe wir wieder in die Jolle zum Suchen stiegen, verzehrten wir unser Mittagsbrot. Meine Mackers sprachen davon, dass ich versuchen sollte, einen größeren Dutt aufzusspüren und nicht gleich den ersten besten zu nehmen. Ich sagte, das wäre leicht gesagt, wenn da aber noch keine größeren Dutts sind. Fiete Mumm sagte: „Das hat er ja schon bei jedem Zug gemacht, denn ehe er zum Aussetzen ansagt, hat er vorher schon immer kleine Dutts am Lot gehabt. Das wollen wir ihn doch lieber selbst bestimmen lassen. Er weiß doch, was ungefähr im Dutt ist, den er am Lot hat.”
Wir suchten in der Jolle wohl eine halbe Stunde, hätten schon ein paar Male aussetzen können, aber unsere Mackers wollten ja einen großen Dutt. Ich sagte zu Fiete Mumm: „Wir wollen uns wieder etwas zurückschleppen lassen, kriegen wir dann welche ans Lot, lassen wir aussetzen. Wie lange sollen wir denn sonst noch nach einem großen Dutt suchen?” Er war derselben Meinung. Als sie uns etwas südlicher geschleppt hatten, ließen wir die Leine loswerfen und fingen wieder an zu suchen. Nach kurzer Zeit hatte ich einen Dutt am Lot, nach meinem Ermessen wie den beim ersten Zug. „Rin dormit”, sagte Fiete Mumm und ich ließ die Waade aussetzen. Wir waren noch immer etwas südlich vom Hauptfahrwasser, aber als jetzt klare Sicht war, kamen auch einige Dampfer wie sonstige Fahrzeuge auf den Kurs zu, wo wir ausgesetzt hatten. Wir waren beim Einziehen der Waade, als von draußen her ein großer Dampfer mit einer
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Decksladung von Holz auf uns zukam. Wir stellten alles mögliche an und winkten mit unseren Ölschürzen. Johannes Möller stand oben auf dem Ruderhaus und blies auf dem Nebelhorn und schwenkte seine Ölschürze hin und her. Als der Dampfer 400-500 Meter von uns ab war, hielt er etwas nach Steuerbord ab. So lief er bei 100 Metern an uns vorbei. Bei diesem Theater hatten wir gar nicht beobachtet, dass auch von drinnen her ein Dampfer auf uns zukam. Zum Glück hatten wir die Waade bald eingezogen, dass wir unseren Fang übernehmen konnten. Als der von drinnen kommende Dampfer an Backbord dicht vorbeilief, sagten wir unter uns, dass bei schlechter Sicht hier zu fischen doch sehr riskant sei. Dieser Fang brachte dasselbe Ergebnis wie der Zug zuvor. Fiete Mumm sagte noch: „Den Fang hätten wir schon 1½ Stunden früher haben können, aber ihr wollte ja alle einen großen Dutt!”
Um 14:30 Uhr liefen wir vom Fangplatz ab nach Hause, wo wir um 17:30 im Hafen waren und 6.730 Pfund Heringe und Sielen löschten. Von den Ringwaadenfischers waren mehrere am Hafen und sprachen mit uns. Als wir erzählten, was wir dort erlebt hatten mit den Dampfern, meinten sie, sie seien noch nicht willens, ihre Ringwaade einzubringen. Wie solle das denn werden,
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wenn wir da mit mehreren Ringwaaden herumfischten? Am nächsten Morgen, als wir wieder nach der Kieler Förde ausliefen, war klares Wetter. Außerhalb von der Ringelnatter standen wir mit zwei Mann vorne um zu sehen, ob irgendwo Fischschwärme stünden, die durch das Feuern des Wassers zu sehen seien. Einzelne Fische und auch mal mehr waren die ganze Zeit zu sehen, bis wir querab von der Kronsorter Huk den ersten größeren Schwarm sahen. Beim Weiterlaufen im dritten Blink ? und am Rande vom festen Feuer des Eckernförder Leuchtfeuers sahen wir noch 5 weitere größere Schwärme, den letzten querab vom Hegenwohld. Dann aber nur vereinzelte. Wir besprachen uns mit unseren Mackers, was wir gesehen hatten. Alle waren der Meinung, dass demnach allerlei Fischwark in der Förde stehe. Sie waren aber doch der Meinung, es erst noch mal in der Kieler Förde zu versuchen, wo wir doch jeden Tag einen kleinen Fang gehabt hatten.
Als wir über die Mitte des Hauptfahrwassers hinaus waren, stiegen wir in die Jolle zum Suchen ein. Nach kurzer Zeit hatte ich die ersten Fische am Lot. Der Verkehr an Schiffen war heute morgen, so weit wir sehen konnten, gering. Nach einer kurzen Zeit hatte ich den ersten Dutt am Lot. Etwas später einen weiteren, der mir etwas größer vorkam. Ich besprach mich mit Mumm und ließ aussetzen.
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Den Zug konnten wir ohne Störung durch die Schiffahrt einziehen, mit einem Fang von gut 2.000 Pfund, wir hatten aber im achtersten Teil an der Unterdelle ein Loch von 4-5 Faden Länge eingerissen. Wir hatten an irgend etwas am Grund hintergehakt. Als wir alles an Bord hatten, liefen wir dem Steiner Sand zu, um dort in Ruhe den Schaden wieder auszubessern. Als der Schaden behoben und die Waade zum Fang wieder klar war, liefen wir etwas südlich der Fahrwasser-Tonnenlinie und fingen wieder an zu suchen. Es dauerte eine ganze Zeit, bis ich wieder die ersten Anzeichen von Fischen am Suchlot hatte, aber keinen Dutt, der das Aussetzen wert wäre. So ließen wir uns vom Boot etwas westlicher schleppen, fingen dann an, von dort nach draußen zu suchen. Ich hatte noch keine fünf Minuten das Suchlot über Bord, als ich aussetzen ließ. Die Schifffahrt hatte sich wieder mehr belebt, wir liefen aber doch 500-600 Meter nördlich von uns ein und aus. Als wir die halbe Waade eingezogen hatten, kam dass Wasserschutzboot bei uns an und rief uns an, dass das Fischen hier im Hauptfahrwasser mit der Ringwaade verboten sei - wenn auf irgendeine Art die Schiffahrt behindert würde oder Schaden entstehe, müssten wir dafür aufkommen. Wir erklärten, dass die festgesetzte Ringwaadengrenze doch bei 1½ Seemeilen weiter nach Innen zu lag. So antworteten sie, es sei wohl richtig, aber hier auf dem Hauptschiffahrtsweg sei die Fischerei mit der Ringwaade nicht gestattet, weil es die Schifffahrt störe. Wir sagten, davon könne bei diesem Zug hier ja nicht die Rede sein; uns seien keine Schiffe zu nahe gekommen. Und dann bei dieser Sicht. Sie meinten, es könnten in dieser Jahreszeit ja immer plötzliche Veränderungen mit Dies und Nebel auftreten, deshalb würden sie uns den Rat geben, uns mit der Ringwaade außerhalb der Hauptfahrwasser zu begeben, und es als eine Verwarnung aufzufassen. Denn sobald eine Beschwerde durch die Schifffahrt eingehe, müssten sie eingreifen und dann gäbe es Ärger mit einem Strafmandat. Als wir unsern Fang übernahmen, bekamen sie ein paar Pützen voller Heringe und so sagten sie, ein gesetzliches Verbot liege nicht vor, aber wir müssten doch einsehen, dass wenn zum Beispiel mehrere Ringwaaden hier fischten, wie es dann die Schifffahrt stören wurde. Wir antworteten, dass wir uns darüber klar waren und es selbst unter uns besprochen hatten, dass es unmöglich sei, mit mehreren Ringwaaden hier zu fischen. Der Zug brachte uns einen Fang von weit über
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3.000 Pfund, es war unser größter Fang, den wir hier auf diesem Fanggebiet gemacht hatten. Wir liefen zurück nach Eckernförde zu. Wir löschten einen Fang von 5.940 Pfund. Von den Ringwaadenfischers, die zu uns kamen, sagten wir, dass ein Wasserschutzboot bei uns gewesen und uns über das Fischen mit der Ringwaade im Fahrwasser der Schifffahrt erklärt hatte. Wir machten unter uns ab, dass wir morgen um 6:30 Uhr an Bord sein wollten, um es bei uns in der Förde noch mal zu versuchen.
Dienstagmorgen, den 21.11., liefen wir um 7:00 Uhr aus, zum Hegenwohld zu. Der Wind kam flau aus Südost. Es war wieder etwas diesig, außerhalb der Handwaadengrenze stiegen wir in die Jolle. Wir suchten nach der Nordseite der Ringwaadengrenze zu. So hatten wir ein paar Mal, als wir im Mittel der Förde waren, einzelne Fische am Lot, da der Strom hat nach innen setzte, rollte ich außergewöhnlich viel Suchdraht ab und spürte die Fische nur sehr fein, wogegen in der Kieler Förde alle Tage die Fische hart anschlugen. Wir waren wohl 500 Meter vom der nördlichen Grenzweedt entfernt und peilten es an der Ostkante von Eichholz 15, als ich plötzlich einen
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größeren Dutt am Suchlot hatte. Ich ließ aussetzen und zeigte an, dass sie hinter der Jolle aussetzen sollten. Da ein harter Strom einlief. Es wurde so gemacht und alles lief klar. Ich sagte zu Fiete Mumm, nach dem, was ich in der Kieler Förde am Lot gehabt hatte, müssten es bei 6.000-7.000 Pfund sein. Er sagte noch „Hoffentlich macht der harte Strom uns keinen Strich durch die Rechnung.” Ich sagte: „Deshalb habe ich ja auch hinter der Jolle aussetzen lassen.” Als wir ausgesetzt hatten und anfingen, den Ringdraht einzuhieven, merkten wir erst richtig, wie hart der Strom nach Innen setzte. Ich sagte zuversichtlich: „Wir sind hier ja immer noch gut 150 Meter außerhalb der Grenze.” Alle sagten, dass sei doch wohl klar. Doch plötzlich: „Seht mal nach der Süd rüber, da kommt ein einzelnes Boot längst der Grenze auf uns zugelaufen. Das ist doch der Fischmeister Heine Brunstamp!” „Laad em man kaam, dat kann he jo sölbst seihn, dat wie buten de Grenz sünd.” Ich sagte aber: „Der Strom setzt uns immer weiter nach Innen zu, seht bloß das Grenzweedt an, wie es nach draußen wandert.” Als H. Brunstamp bei uns war, sagte er, unsere Waade läge innerhalb der Grenze, wir sagten: „Das sehen wir selbt, wenn Du eine Viertelstunde wartest, sind wir 70-80 Meter innerhalb Deiner Grenze. Wir haben 200 Meter außerhalb der Grenze ausgesetzt. Der Strom setzt uns immer weiter nach Innen zu, wenn Du die Grenze genau abgelaufen hast, so musst Du bemerkt haben, wie sich Deine Peilung zu uns immer mehr verändert hat. Wirf man eine Boje aus wo wir jetzt sind, damit Du die Meter hast, die der harte Strom uns weiter nach Innen zu setzt!” Ich sagte zu meinen Mackers: ich mache eine Boje klar und setze sie dort aus, wo wir mit der Jolle lagen als wir die Waade aussetzten. So ruderte ich mit der Jolle zu diesem Punkt hin und warf die Boje aus.
Da durch die harte Strömung die Oberdelle an einigen Stellen auf einem Dutt zusammenlag, stand überall viel Fischwark am Netzgarn. Beim Einholen des Netzgarns mussten wir in einer Tour Sprotten als Bestick daraus herausschütteln. Als wir die Waade etwas mehr eingeholt hatten, bekam der ausliegende Teil der Waade etwas mehr Rundung wodurch das Einholen vom Netzgarn sich besserte. Nach dem Fischwark, was im losen
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Netzgarn war, musste ein guter Fang im Netz sein, was sich dann auch so herausstellte. Als wir die Waade bis zum Fischstück eingeholt hatten, in der Zeit, während der wir die Waade einholten, waren wir schon über 300 Meter innerhalb der Grenze getrieben. Als wir den Fang im Boot hatten, waren es bereits 600 oder 700 Meter. Gleich danach kam H. Brunstamp bei uns längsseits gelaufen und er sagte: „Ich sehe ein, dass der harte Strom Euch so weit rein setzte und ihr beim Aussetzen ein ziemliches Stück außerhalb der Grenze gewesen seid. Ich habe nach der Uhrzeit abgelesen, wie viel ihr in einer halben Stunde getrieben seid. Es sind über 200 Meter gewesen.” Somit war der Missverstand ausgeräumt und erledigt.
Wir hatten nach unserer Schätzung einen Fang von 8.000 Pfund im Boot, worunter ein ganzer Teil Sprotten war. Als wir mit dem Fang im Hafen waren und die Ringwaadenleute erfuhren, dass wir den Fang bei uns in der Förde gemacht hatten, liefen an diesem Tag noch vier Ringwaaden mehr aus, da sie die Boote schon die Tage zuvor dazu ausgerüstet hatten.
Mittwochmorgens, den 22.11., liefen wir mit fünf Ringwaaden zum Fang aus. Das Wetter war kalt, es wehte ein steifer Südost.
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Alle Boote liefen nahe Noerswik zu und setzten außerhalb der Ringwaadengrenze ihre Jollen zum Suchen aus. Gesucht wurde bis zur Ringwaadengrenze hin, ohne dass irgendeiner, einen Dutt an Fischen am Lot gehabt hätte. Alle stiegen aus ihren Jollen in die Ringwaadenboote über. Wir liefen ungefähr eine Seemeile nach Ost-Südosten zu, stiegen wieder zum Suchen in die Jolle, suchten vorm Wind nach der Nordecke der Ringwaadengrenze, wo wir gestern den Fang hatten, aber ohne dass etwas am Lot gespürt wurde. Da der Südost noch mehr zugenommen hatte, war es schon ziemlich ruppig und meine Mackers an Bord meinten, es sei keine Witterung mehr, wir sollten man ausscheiden. Zwei Boote waren nach der Süd gelaufen und zwei Boote bis querab von Langholz und suchten von dort einwärts bis zur Grenze. Wir liefen von der Grenze aus nach Hause, da es keinen Zweck hatte. Wir liefen gleich hinter die Holzbrücke. Nach kurzer Zeit kamen auch die anderen vier Boote eingelaufen und legten sich auch hinter die Holzbrücke.
Einige von den Ringwaadenleuten kamen zu uns. Sie fragten, wo wir tatsächlich unsern Fang gehabt hätten, oder ob wir ihnen einen Bären aufgebunden hätten, das sie alle heute keine Spur von Fischen am Lot gehabt hätten.
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Da sagte der alte Johannes Möller „Denn gaht man naa Hein Bummel hen un snack mit emm. He ward ju genau seggen, wo wi dat Fischwark hatt hefft!” Ein paar sind denn auch tatsächlich zu ihm hin gewesen, und haben sich erkundigt. Brunstamp hatte sie dann auch ausführlich über das, was sie wissen wollten, aufgeklärt. So bekamen wie es am Nachmittag am Hafen zu hören. Der Südost wehte mit 6-7, aber wir machten uns gleich ab für morgen früh mit Spaten und Brechstange zur Ringwaadenkoppel zu gehen, um unsere Stöcken einzusetzen, wofür ja die beste Gelegenheit war.
Mein Vater und Peter Kolls hatten mit der Handwaade auch ganz gut gefischt und brachten die Waade auch zum Trocknen zur Koppel. Die ganze Woche über stürmte es auf Südosten, bis Sonnabendmittag, als der Wind anfing, abzuflauen und gegen Abend auf Süd drehte. Am Sonntagmorgen, den 26.11., liefen alle fünf Ringwaaden aus. Es war kalt und ein flauer Südwest. Alle fünf setzten ihre Jollen an der Grenze zum Suchen aus. Es wurde bis in die Nordkehle reingesucht, ohne dass einer an seinem Lot eine Spur von Fischen gehabt hatte. Alle Boote
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liefern wieder bis zur Grenze zurück und suchten nach der Südkehle zu, auch wieder ohne Erfolg. Da liefen zwei Boote nach innerhalb der Ringwaadengrenze und fingen dort an zu suchen. Ungefähr eine halbe Seemeile innerhalb der Grenze hatten sie die ersten Dutts von Fischen am Lot gehabt und weiter nach drinnen auch einige größere Dutts, die sich lohnten, danach auszusetzen. Sie wollten es aber nicht riskieren, da H. Brunstamp mit seiner „Wacht” unterhalb Lindhöft vor Anker lag. Wir ließen uns erst mal treiben, wollten um die Mittagszeit aber mit dem Suchen anfangen. Wir besprachen auch, ob wir noch mal zum Kieler Deep laufen sollten. Die anderen 4 Boote liefen eins nach dem anderen zum Hafen ab.
Um die Mittagszeit liefen wir zur Nordecke der Ringwaadengrenze, Fiete Mumm und ich stiegen zum suchen in die Jolle. Wir wollten längst der Handwaadengrenze noch mal bis zur Langhöft-Tonne die Strecke absuchen. Es war mittlerweile von der Sonne noch einmal richtig warm geworden, aber am Lot ließ sich kein Fisch merken. Als wir Mitte der Steinwallzüge waren, sagte ich zu Mumm: „Eben hatte ich etwas am Lot, aber ganz fein. Und an Bord ist kein Mensch zu sehen, nur Hans steht im Ruderhaus, wenn etwas ans Lot kommt, ist nichts bereit!” Ich hatte es noch nicht mal
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ausgesprochen, da bekam ich einen ziemlichen Dutt ans Lot. Beide riefen wir, dass sie aussetzen sollten, keiner rührte sich. Dann sahen wir Hans Möller, wie er aus dem Ruderhaus nach vorne lief und die Besatzung aus der Kajüte rief. So kamen sie einer nach dem anderen an Deck gestürzt und für wild setzten sie die Waade aus. Ich sagte, dass sei doch Blödsinn, was sie da machten, wir hätten doch zurück suchen können, deshalb schrien wir auch, als das Boot hinter uns herum lief, sie sollten doch so hoch wie möglich aussetzen. Wir in der Jolle waren beide zornig; als wir beide an Bord stiegen, gab es eine tüchtige Auseinandersetzung. Hans Möller sagte, dass er gleich, als ich anzeigte, geschrien habe, sie sollten herauskommen. Sie sagten, das Rufen hätten sie gehört, aber es nur für einen guten Jux gehalten. Hans Möller, Fiete Mumm und ich sagten streng, dass so etwas nicht wieder vorkommen dürfe. Wenn die Jolle ausgesetzt wäre zum Suchen hätte jeder an Deck zu sein und nicht unter Deck, um dann auch noch zu sagen, es sei nur ein Jux, wenn sie an Deck gerufen würden!
Beim Einhieven der Ringe war nirgends ein Anzeichen von Fischen zu sehen und die Beschuldigten fingen an zu meckern, und sagten, was ich wohl am Lot gehabt hätte, da sagte Fiete Mumm: „Nu halt aber mal
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die Schnauze, hat er jemals, so lange er sucht, uns enttäuscht? Ich habe es bemerkt, als er die Fische ans Lot bekam. Er wurde weiß wie die Wand, so plötzlich und viel muss er am Lot gehabt haben!”
Als wir die Waade anfingen einzuziehen, gab es kein Anzeichen von Fischen, aber als wir anderthalb Stücke vorne und achtern eingeholt hatten, kam es achtern im unteren Drittel von der Tiefe des Netzgarns es weiß wie ein Bettlaken aus dem Grund. Alles reine Sprotten, die als Bestick von drinnen und draußen im Netzgarn saßen. Wir mussten es in einer Tour abschütteln. Das Bestick reichte von zwei Metern von der Unterdelle bis vier Meter höher rauf und ein gutes halbes Stück in der Länge, da wurde es weniger. Fiete Mumm und Hans Möller sagten: „Das ist ein teuer Jux geworden. Hätten wir gleich ausgesetzt, wäre es womöglich ein Großfang geworden und kein Jux!” Der Beweis war ja da. Wir hetten nur noch eben den Rand vom Dutt erwischt. Wir hatten über 800 Pfund Sprotten an Besteckfisch auf eine halbe Netzlänge, sonst nichts. Ein Zeichen, dass wir mit dem äußersten Teil der Waade in den Rand des Schwarms hineingekommen waren, weil von draußen im Netzgarn ebensoviel an Bestick saß wie drinnen. Der alte Möller hetzte, dass die Waade wieder klar gemacht wurde.
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Fiete Mumm sagte, das wir nicht wieder in die Jolle gingen, denn hier sei aus Unachtsamkeit womöglich ein Großfang verbummelt worden. Hans Möller pflichtete uns bei, und sagte: „So etwas kommt hier an Bord nicht wieder vor, und jetzt laufen wir nach Hause!” Es gab noch allerlei Quängeleien.
Am Montagmorgen, den 27.11., liefen alle fünf Ringwaaden zum Fang aus. Es war sehr gutes Wetter, leichter Westwind, alle fingen an der Grenze an zu suchen, nach einer Viertelstunde setzte die erste Ringwaade aus. In kurzer Zeit hatten alle fünf Waaden ausgesetzt. Wir waren mit unserer Waade am nördlichsten, die Fänge beliefen sich auf 4000-5000 Pfund, meistens Sielen mit einigen Vollheringen dazwischen. Nachdem die Waaden wieder klargemacht waren, suchten alle Waaden von der Grenze nach draußen zu, aber keine Waade kam wieder zum Aussetzen. Es wurde bis zur Nordkehle gesucht, dann wieder südlicher, mit keiner Spur von Fischen.
Um Mittag liefen alle fünf Boote ein. Es wurden noch mehr Ringwaaden eingebracht, da die Handwaaden sehr gute Fänge innerhalb der Ringwaadengrenze auf Nord und Südseite der Förde erzielten. Mit der Ringwaade wurden an einzelnen Tagen bis Weihnachten hin Tagesfänge bis zu 10.000 Pfund gemacht.
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Aber an einigen Tagen wurde auch wieder nichts gefangen, es lag aber auch an schlechtem Wetter. Es waren vier Travemünder Ringwaaden hier bei uns mit tätig. Die Blankfischfischerei fiel aber doch für alle daran Beteiligten günstig aus. Ob Handwaaden oder Ringwaaden, denn es standen große Mengen an Fischen in unserer Förde.
Die letzte Zeit waren zwischen den Fängen allerlei kleine ,fingerlange Schellfische. Es kam auch einmal vor, dass eine Ringwaade nach einem angeloteten Fischschwarm nur kleine Schellfische in der Waade hatte, wohl nach Schätzung bei 3.000 Pfund. Mit dem Schellfischnachwuchs war es eine Begebenheit, die für unsere Gewässer noch nie vorgekommen war. Zwischen Weihnachten und Neujahr herrschten mehrere Tage lang stürmischer Ostwind mit Kälte, so dass die Fischerei nicht ausgeführt wurde. Friedrich Daniel