Spektakuläres aus der Waadenfischerei
Nach Neujahr brachten wir unsere Handwaade in Betrieb, denn es wurden mit Handwaaden Tag für Tag gute Fänge gemacht. Ebenso hatte die Ringwaade, die 1917 von Schweden für die Schleswig-Holsteinische Fischhandelsgesellschaft durch den Oberfischmeister Dr. Fischer eingeführt wurde, an einzelnen Tagen wieder gute Fänge von 6000-7000 Pfund erzielt.
Den Motor aus unserer Quase hatten wir ausgebaut und zu Carl Lorenzen gebracht. Mittlerweile war der neue Zylinder in Arbeit, ein neuer Regulator wie auch eine Lenzpumpe sollten am Motor neu angebaut werden. Nach Zusage von Lorenzen sollte der Motor im Februar wieder eingebaut werden. So hatten wir uns auch eine vom Motor angetriebene Winde mit zwei Trommeln bestellt, die von Großkreuz und Fritz Gebhard konstruiert wurde. Davon waren ihre Holzmodelle für die einzelnen Großteile bereits zur Eisengießerei eingeschickt. Man hatte uns aber gleich gesagt, dass es mindestens noch einen Monat dauern würde, ehe die Gussteile fertig seien. Die Zeit machte uns jetzt nichts aus - wir hatten die Waade in Betrieb und die Fischerei damit war momentan gut. Wir hatten schon mehrere Fänge von 1.500 bis 3.500 Pfund erzielt. Wir waren acht Mann auf der Waade. Unter anderem Heinrich Brunstamp und Peter Scheller. Bei sonst allen Waaden, die in Betrieb waren, befanden sich zwei Mann mehr an Bord. Alles Leute, die erst vor Weihnachten vom Militär entlassen worden waren. Wenn wir Zeit hatten, waren wir drei an Bord unserer Quase und reinigten erstmal den Motorraum, da es die beste Gelegenheit dafür war, jetzt, da kein Motor vorhanden war. Selbiges machten wir mit dem Laderaum und der Kajüte.
Die einzelnen Quasen, die auf Goldbutt fischten, machten ganz gute Fänge von 1.000-1.500 Pfund als Tagesfang. Hauptsächlich in der Veisnitzer Rinne.
Sonntag, der 19.1.1919, war der Tag, an dem die Nationalversammlung gewählt wurde. Wir hatten Nachmittags auf dem Waadenzug „Apfelbaum 3” unseren ersten größeren Fang, nämlich beide Boote voll. Es waren 12.000 Pfund Heringe und Sielen. Fünf Tage später auf „Eichholz 4”, ein Waadenzug unterhalb Hohenstein ein Stück außerhalb von Bratberg, wieder einen Fang von gut 12.000 Pfund, wovon aber 9.600 Pfund Sprotten mit dem Rest Heringe und Sielen waren. Mir machte die Waadenfischerei Spaß. Es war doch eben was ganz anderes als die Goldbuttfischerei.
Von diesem letzten Fangtag möchte ich noch eine kleine Episode erzählen. Wir hatten also den Waadenzug „Eekholt 4”. Auf Eekholt 5 war die Waade von Johannes Dibbert ( „Dieselkopp” oder „Büddel”). Scheinbar hatten sie auch einen Fang wie wir. Dibbert fuhr selbst nicht mehr mit zum Fischen, dafür hatte er seine Leute. Die Verantwortung für die Waade trugen Detlef Börnau und Detlef Ewald. Wir waren gute 20 Minuten eher mit unserm Fang am Hafen als das Dibbertsche Waadengespann, das bloß mit 6 Mann fischte.
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Unser Fang sortierten wir an zwei Auszähltischen. Wir hatten uns noch 2 Mann angenommen. Nach kurzer Zeit kam Johannes Dibbert mit seinen Trinkkumpanen Stölting und Fick bei uns an den Auszähltisch und fragte, wo wir gewesen seien und ob wir etwas von seiner Waade gesehen hätten. Peter Kolls sagte zu ihm, dass seine Leute wohl bald kommen würden, sie seien bei uns längsseits gewesen und hätten, nachdem was wir gesehen, einen ähnlichen Fang. Als Dibbert das hörte, rief er seine Kumpane und rauf ging es nach Staaks Wirtschaft. Er meinte, wenn seine Leute auch solchen Fang hätten, so könnte er da ja einen drauf trinken. Nach einer Viertelstunde machte die Dibbertsche Waade im Hafen fest. Es wehte ein leichter Nordwest, aber ziemlich kalt. Es erhielt Luden Krus, der für Kisten sorgen musste, den Auftrag von uns, für jeden Mann, der hier beim Auszählen war, einen heißen Grog zu holen, wie auch einen für sich selbst. Als Kruse in die Wirschaft kam, sagte er Dibbert Bescheid, dass seine Leute mit dem Fang im Hafen lägen. Dibbert sagte zu seinen Kumpanen, dass er nun erst mal zu seinen Leuten müsse, um den Fang zu schätzen. Kruse brachte den Grog, der uns allen sehr wohl tat und gut wärmte. Gleich danach kam auch Dibbert, voll wie ein Tankwagen, zum Hafen getorkelt. Er stellte sich dort, wo seine Waadboote lagen, auf das Holzbollwerk hin und hielt eine Ansprache an seine Leute. Er gestikulierte dabei übertrieben stark, verlor plötzlich den Halt und fiel vom Bollwerk runter ins Boot, inmitten einen Berg von Heringen, in dem er verschwand und nicht mehr zu sehen war. Seine Männer hatten größte Mühe, ihn da wieder herauszufischen. Als sie es mit Hilfe der Umstehenden endlich geschafft hatten, war er über und über mit Schuppen voll und sah somit selber aus wie ein Hering. Es störte ihn aber nicht und er lud die gesamte Besatzung seiner Waade zu einem Grog ein. Alle sollten gleich mit ihm zur Wirtschaft kommen. Er selbst schwankte, als wäre nichts geschehen, auch wieder zur Wirschaft rauf. Seine Besatzung, bis auf den alten Detlef Ewald, folgte ihm nach. Ewald nahm sich seufzend ein paar Leute, um ihm beim Löschen zu helfen.
Wir hatten uns noch zwei mal für jeden Mann einen Grog holen lassen, doch auch bei uns ging es nicht ohne eine Havarie ab. Um 21:00 Uhr, als Kruse für uns alle noch einen Grog holte, stolperte er, angeduselt wie er war, über seine eigene Rollwagendeichsel. Er knallte aufs Brückenpflaster, unser schönes Tablett mit Grog ebenfalls. Da Kruse erst mal außer Gefecht gesetzt war, musste ich nun eine neue Runde Grog herbeiholen. In der Wirtschaft bot sich mir folgendes Bild: von Dibberts Besatzung lagen schon einige mit den Köpfen auf den Tischen, und wer noch nicht Schachmatt war, brüllte und sang wie ein Wilder. Ich war bannig froh, als ich mit meinen Grogs aus der Tür war und diese heil bei meinen Mackers abliefern konnte.
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Um 23:00 Uhr waren wir mit dem Sortieren und Löschen unseres Fanges fertig. Bei der Dibbertschen Waade, wo nur der alte Ewald mit den drei Leuten, die er sich genommen hatte, war noch nicht mal ein Boot gelöscht, denn von der Besatzung war noch keiner wieder aus der Wirtschaft zurückgekehrt. Wir beschlossen, um 5:30 Uhr zum Morgenzug wieder am Hafen zu sein und gingen nach Hause. Hatten 9.623 Pfund Sprotten, 2.245 Pfund Sielen und 276 Pfund Heringe gelöscht.
Als wir morgens wieder am Hafen waren, hatte die Dibbertsche Waade noch immer nicht ihren Fang gelöscht, obgleich sie jetzt 5 Mann waren. 2 Mann, sagte Ewald, seien um 3:30 Uhr aus der Wirtschaft zurückgekommen, die anderen seien immer noch drin.
Im Februar wurden die Fänge mit der Waade etwas weniger. Es folgten mehrere Schlechtwettertage, wo keine Waaden auf Fang gingen. Anscheinend hatte sich das Fischwark auch etwas nach der Außenförde herausgezogen. Die Fertigstellung unseres Motors hatte sich auch hinausgezögert. Für die Lenzpumpe war das aus Rotguss (Legierung auf Kupferbasis) bestehende Material noch nicht angeliefert, wie ebenso die Gußteile für die Motorwinde noch nicht geliefert waren. Großkreuz machte den Vorschlag, wenn wir Zeit hätten, und die Kalkkuhle frei wäre, unsere Quase aufzuslippen, so könnte er er die Schraubenwelle ausbauen und das Steuerrohr prüfen.
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Es sei jetzt die beste Gelegenheit dazu, weil der Motor ja eh nicht im Boot sei. Wir stimmten Großkreuz zu, dass wir unser Boot aufslippen, sobald die Kalkkuhle in den nächsten Tagen frei würde. Am Sonnabendnachmittag war das Wasser hoch aufgelaufen. Wir nahmen die Gelegenheit und slippten unser Boot auf und machten den Bilgen noch sauber. Da es schon dunkelte, wollten wir die Bünn am nächsten Morgen gleich sauber machen. Dann könnte unser Boot von Innen und außen erst mal richtig durchtrocknen. Am Boden auf den Planken war doch allerlei Bewuchs an kleinen Muscheln. Das Merkwürdige war, dass im Bünngebiet, wo die Löcher in den Planken waren, in und um die Löchern herum keine Muscheln saßen, wo sonst doch gerade dort besonders viele Muscheln waren, so dass sie beim Reinemachen mit einem Messer Loch für Loch herausgeschnitten werden mussten. Als wir am nächsten Morgen bei der Bünn beiwollten, stieg ich mit Ölrock und Südwester auf und mit den großen Waadstiefeln an ins vorderste Bünnloch rein, welches 4 Fuß groß war. Es war nirgends eine Muschel zu sehen. So war es auch im achtersten Loch, wo Macker Fiete drin stand. So stieg ich ins mittlere Loch ein, wo es aber genau so war: Keine Muscheln zu sehen. Es war doch merkwürdig, da sonst das Reinemachen in der Bünn eine schwierige Arbeit war. Diesmal brauchten wir die Bünn aber bloß mit Wasser auszuspülen. Mein Vater sagte: „Wisst ihr, woran es liegt, dass keine Muscheln in der Bünn sitzen? An den vielen Butt, die wir bald 5 Monate lang tagtäglich in der Bünn hatten. Die haben jeden Ansatz von Muscheln, die sich bildeten, als gute Mahlzeit verzehrt.” Wir sagten beide: „Kann es denn angehen?” „Das muss es wohl, sonst wäre doch wie immer überall außen wie innen Muschelbewuchs gewesen.”
Wir hatten für das Austrocknen ein wunderbares Wetter. Ein leichter Südost mit blanker Luft, der eine ganze Zeit anhielt. In den Mittagsstunden war es in der Sonne schon richtig warm. So teerten wir über Wasser die Planken um die Mittagszeit Stück für Stück mit schwedischem Teer mit Leinöl vermischt. Es hatte ja Zeit zum Trocknen. Ebenso wurden die Planken von Innen im Motorraum wie auch im Laderaum damit geteert, in der Kajüte wurde gemalt, was zu malen war. Wenn auch die Jahreszeit ziemlich früh dazu war. Für die Nacht stellten wir die Schotten vorne wie achtern vor. Ebenso wurden die Kappen und die Lukendeckel überdeckt, so dass die Kälte des Nachts nicht einziehen konnte. Nach der ersten Märzwoche waren wir mit allem fertig. Die Schraubenwelle war eingesetzt, die Ruderösen am Steuer erneuert. So konnten wir unser Boot, nachdem Boden wie Bünn mit Patentfarbe gestrichen war, wieder zu Wasser lassen. Unser Motor war fertig zum Einbauen. Er hatte schon ein paar Tage auf dem Prüfstand gelaufen, wo alles zum Besten ausgefallen war.
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Mit der Waade wurden auf den südlichen Waadenzügen von Kronsort bis Lindhöft wieder Fänge bis zu 3.000 Pfund erzielt mit allerlei Sprotten dazwischen. Mit der Ringwaade wurden auch wieder Hering- und Sielenfänge angelandet. Mit der Buttfischerei waren es nach dem lang anhaltenden Südost nicht besonders gewesen. 400-500 Pfund waren schon gute Erträge gewesen.
Unseren Nachmittagszug am 17.3. hatten wir auf „Noer 3” gemacht mit einem kleinen Fang von 700-800 Pfund Sielen und Heringen. Wir waren ganz allein auf dieser Station gewesen, wollen zum Morgenzug wider nach Noer, waren deshalb eine halbe Stunde früher zum Morgenzug am Hafen. Es lag die Waade Peter Mahrt und Otto Schmidt dort und waren bei zum Aussortieren ihres Fanges. Sie hatten den Abendzug auf „Steinwall 12” gemacht, waren alleine auf den Steinwallzügen gewesen, die auf der Nordseite der Förde lagen. Sie hatten dort einen Fang von 12.000 Pfund gemischter Ware gemacht von Sprotten, Sielen und Sekunda. Sie hatten auch die ganze Nacht ihren Fang sortiert. Mahrt und Schmidt sagten beide, dass Fritz Haß und Christian Lorenz schon vor dem Morgenzug ausgelaufen seien. Und wenn wir nach ihrem Zug „Steinwall 12” wollten, könnten wir da ruhig hinlaufen, denn sie würden bis zu der Zeit doch nicht fertig mit dem Löschen. Überhaupt, da der Nebel immer dichter wird. Um 3:00 Uhr sei die Luft noch blank gewesen. Dann habe es angefangen mit dem Nebel.
Wir machten seeklar und liefen aus nach dem Steinwall zu, es war so dicht von Nebel, dass man auch als es Tag wurde kein Land und nichts in Sicht bekam. Als wir nach Fahrzeit ungefähr am Steinwall sein mussten, gingen wir etwas näher zur Schaarkante ran, so dass wir mit unserem nördlichen Boot den weißen Grund sahen. Nach kurzer Zeit passierten wir die Steinwall-9-Tonne, denn alle drei Züge lag eine schwarze numerierte Tonne aus, so bekamen wir die Waade von Christian Lorenz in Sicht. Wir sprachen mit ihm. Er sagte zu uns, er lege hier bei der 12. Tonne und sie wollten auf 13 aussetzen. Fiete Mumm sagte, wir hatten mit Otto Schmidt gesprochen. Wir konnten seinen Zug Steinwall 12 benutzen, sie würden mit dem Löschen nicht fertig werden. Da sagte Christian Lorenz noch zu fiete Mumm, wenn sie noch kommen wollen, wird es aber auch Zeit, es ist noch eine Viertelstunde bis zum Ablaufen. Nach 10 Minuten kam plötzlich ein Waadengespann aus dem Nebel raus. Es war die Waade Mahrt und Schmidt. Sie riefen uns rüber, dass sie sich besonnen und selbst den Morgenzug machen wollten. So mussten wir ja weiter raus es versuchen, einen Platz zu bekommen. Auf Steinwall 14 war keine Waade, sichteten aber noch eine Waade. Es war Fritz Haß, der bei der 15. Tonne lag. So liefen wir etwas zurück, bis wir Hass noch so eben sehen konnten. Da es Zeit zum Ablaufen war, liefen wir mit Fritz Haß zusammen ab. Beim ungefähr 2. Knopp drehte Hass ab um auszsetzen, wir machten dasselbe, liefen dabei ein paar Bootslängen nach innen, da unser Mackerboot
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welches seinen Waadenflügel nach außen zu setzte, gerade klar kam mir Fritz Haß’ Motorboot, das seinen Waadenflügel nach innen ausgesetzt hatte. Da beide Boote dicht beieinander waren, nahm Fritz Haß unser Mackerboot mit auf Schlepp nach Land zu, so dass es eben nach uns vor Anker ging. So hatten wir nach außen ja Verbindung mit Fritz Haß, aber nach innen konnten wir nichts von einer Waade ausmachen. Danach musste diese Waade ja weiter nach innen ausgesetzt haben. Wir hatten schon eine ganze Zeit unsere Waade herangewinkt, als wir innerhalb von uns mit einmal ein Gebölk und ein Geschimpfe hörten. Es musste dort irgendetwas los sein. Da es aber dicht von Nebel und windstill war, konnte man es weit hören. Denn Fritz Haß, so konnten wir hören, sprach mit unserem Mackerboot drüber, das etwas vorgefallen war. Als wir unsere Waade eingezogen hatten, mit einem Fang von gut 2.000 Pfund Heringe und Sielen, kam Fritz Haß bei uns längsseits und fragte nach unserem Fang. Er sagte, dass ihr Fang auch bei 2.000 Pfund liege, so liefen wir mit beiden Waaden nach Hause. Beim Einlaufen lichtete sich der Nebel etwas auf, da eine leichte Brise von Nordwesten aufkam. Als wir im Hafen ankamen, war es ungefähr klar. Als wir anfingen zu löschen, kam Christian Lorenz wutentbrannt auf uns zu. Er sagte, dass er uns beim Verein gemeldet hatte, dass wir ihm beim Aussetzen der Waade gestört und ihn so weit einwärts gedrängt hätten, dass er über Peter Mahrts Waade hinweggesetzt habe.
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Sie beide hätten aufsammeln müssen. Unseren Fang wollte er in Beschlag nehmen. Gleich danach kam Otto Schmidt auch an. Er fragte, von wo wir abgelaufen waren zum Aussetzen. Beide bekamen aber gleich die richtige Antwort. Fiete Mumm fragte beide, wie weit sie denn abgesetzt hätten. Sie sagten beide zwischen dem ersten Knopp und Tamp. So erwiderte Fiete Mumm: „Denn seiht to dat ji verswinn un belästigt uns hier ni. Un wenn ji mehr weeten wüllt, denn gaht beid naa Fritz Haß hen, de kann ju Utkunft geven över uns, wo wi uns Tog utsett hefft un wie wied wie affsett hefft. Un du, mien leve Krischan Lorne, harrst mol'n beten mehr up dien Kompass kieken schalln. Un ünnerstah die, uns Fang in Beslaag to nehm, dat kann för di een heel düüre Saak warrn. Un nu seiht to, dat ji verswinn doht. Un dien Anmelln, dat schall uns nie störn. Gah naa Fritz Haß hen. Aver nu to di, Otto Schmidt. Di harr ick sowat nie totrut, dat du dat Märchen, wat he vertellt hett över sien Schnitzer, de he maakt hett, glövt hest!”
Nach kurzer Zeit hörten wir, dass Christian Lorenz sich mit Fritz Haß stritt. Otto Schmidt keem bi uns an un dee sick entschulligen:
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„Naa dat, wat Fritz Haß mi vun Christian Lorenz verteelt, könt ji dor gor nie mit in Verwicklung ween sien. Dor bünn ick nu fast vun övertügt. Dor is wohr, wat ji dor irst to Christian Lorenz seggt hefft mit sien Kompass. He wüll dat over ni insehen un dee ok noch bi Hass behaupten, dat ji de Schulligen sünd. Wi seggten all tosaam, he kann uns de Puckel daalrutschen un klaag'n so veel he wüll. Wi hefft mit de Saak nichts to kreeg’n, denn wenn ji dat Theater von 11te Knopp beed Tamp aff hatt harrn, un wi mit Fritz Haß blots bit tweede Knopp weern, denn stimmt dor doch wat ni. Deshalb bünn ick ok forts weggahn, as Fritz Haß de Saak schildern dee. Glieks darnaa keem P. Mahrt ok noch an, un segg, dat he glieks to Otto seggt harr, dat wat Christian Lorenz uns da verteel stimmt ni, dat geiht ni an. Dat köfft emm so licht keen aff. Un denn hett he de Frechheit un seggt, dat he uns Fang mit Beslaag nehmen wüll.
Wir sahen, dass Christian Lorenz von Fritz Haß wegging zu Hein Lorenzen rauf, gleich danach kam Fritz Haß bei uns an und dachte und meinte was mit dem Mann bloß passiert sei. „Is he besopen orrer hett de Mann een Vaagel kreeg'n, ick heff emm mien Meenung seggt, un emm mehrfach verklort, wie dat mit ju ween is. He dee mi blots antern, dat ward sick all rutstell'n, he will de Vörstand tosaamropen un een Lokalbesichtigung anfordern, un glieks juch Fang mit Beschlag belingn. Ick heff nochmals to emm seggt, he kann doon wat he wüll, over ick mit mien ganze Ploog staht as Tüüg ju to Verfögung un he leed sick up de grödst Blamaasch in, de dat bi de Waadfischerie je geb'n hett.”
Wir sagten nur: „Wir sehen dieser Geschichte mit Ruhe entgegen.” De heele Kraam weer mit eenmol lang de heele Brügg bekannt. Üm eben för Klock 11 güng Fiete Mumm naa de Eck vun Hein Lorenzen, ümm een Togg to losen, ok hier güng dat vun de Vörstandsmitglied Johannes Clausen los, he meen, dat weer emm dulles Ding. „Jo”, harr Fiete Mumm emm forts konter, „wenn ick op Steenwall 13 utsett un komm denn mit min Boot twischen Steenwall 11 un 12 an, denn is dat wull een dulles Ding, aver denn noch annere Lüüd to beschulligen de op Steenwall 14 mit Fritz Haß op Steenwall 15 tosaam up zweite Knopp utsett, un dat dat Mallör twischen 15te Knopp un Tamp aff passeert is, kann man doch wull vun een grood Blamaasch für de irst Vörsitzende vun de Vereen spreken. Fiete Mumm loste de Togg Steenwall 15. Wi maakten sick aff, Klock halbig dree för de Nachmiddagstogg an de Brück to stahn.
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Wir stellten auf dem Waaden-Zugzettel fest, dass Fritz Haß auf Steinwall 14 wieder unser Nachbar war. Auf Steinwall 16 war Adolf Petersen.
18.03.1919
Am Nachmittag um 15:00 Uhr wurde ausgesetzt, was waren 5 Waaden längst dem Steinwall, zwei Waaden auf Steinwall 4 und 5. Fritz Haß auf 14, wir auf 15 und Iron Pinn auf 17. Die anderen Waaden wollten jedenfalls erst alle zum Abendzug, weil Peter Mahrt seinen Fang im Abendzug gemacht hatte. Beim Aussetzen kam es wieder zu einer Auseinandersetzung. Diesmal mit Iron Pinn. Er hatte Steinwall 17. Es war der Waadenzug bei der Langhöft-Tonne. Weil Zug 16 nicht besetzt war, lief Pinn beim Aussetzen so weit nach innen, dass er unseren Zug auf 15 noch mit besetzte. Als er aufs zweite Knopp (120 Faden) seine Waade aussetze. Wir mussten deshalb weiter ablaufen. Wie auch die Waade von Fritz Haß. So setzen wir beide auf gut erste Knopp (180 Faden) aus. Unsere Mackers mussten ihren Waadenflügel schräge nach Land zu aussetzen um nicht mit ihrer Leine über Pinns Waade zu kommen. Wir setzten unseren Flügel wie es sich gehörte nach Innen zu, kamen ungefähr an Fritz Haß' Boot heran und nahmen sein Boot mit auf Schlepp nach Land zu. Wir waren mit beiden Waaden doch etwas weiter abgekommen, als wir meinten. Gut 200 Faden. Als wir unsere Waade bis aufs zweite Knopp herangewunden hatten, hatte Pinn seine Waade schon vorgewunden und ging Anker auf um weiter auf den flachen Grund zu kommen, um die Waade zusammenzuwinden und klar zum Einziehen zu machen.
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Als wir die letzte Marke auf der Leine hatten, war Pinn schon dabei, seine Waade einzuziehen. Es ging dort sehr rusig zu. Nach einem größeren Fang sah es nicht aus. Als wir unsere Waade am Boot hatten (vorgewunden), hatte Pinn seine Waade schon eingezogen und mit einem Fang von 80-100 Pfund aufs Achtersiddel übergenommen. Als wir anfingen, unsere Waade einzuziehen, saßen auf den Waadenarm (Flügel) vun uns Mackers gleich eine Menge Sprotten zu Bestick. Sie mussten es gleich überholen. Auf unserem Waadenarm war kein Bestick, es kam erst als wir die halbe Waade schon eingezogen hatten, dann aber gleich so dick, dass wir es überholen mussten. Als Pinn bemerkt hatte, dass wir so viel Bestick hatten, machte er seine Waade wieder klar und lief gleich ab zum Aussetzen, obgleich er nach den Vereinsbestimmungen erst wieder um 17 Uhr aussetzen durfte. Es kamen jetzt auch mehrere Waaden an, die zum 17:00-Uhr-Zug aussetzen wollten. Wir beobachteten, dass bei Fritz Haß ebenfalls etwas los war. Viel Bewegung und Hurra beim Ploog. Unser Fang von reinen Sprotten konnten wir gerade in unsren beiden Booten unterbringen. Genau so war es auch bei der Waade von Fritz Haß, beim Löschen vom Fang stellte sich raus, dass wir beide einen Fang von gut 13.000 Pfund hatten. Pinn wie auch die andere Waaden, die dem 17:00-Uhr-Zug gemacht hatten, kamen mit Fängen von 1-2 Zentnern an.
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Fritz Haß und wir hatten wahrscheinlich gerade noch Glück gehabt, beim Abwandern der Sprottenschwärme von der Küste noch einen Teil davon erwischten. So geht es oftmals zu bei der Waadenfischerei. Als wir noch beim Löschen waren, kam H. Schmidt, der mit Iron Pinn die Waade zusammen hatte, bei uns an und entschuldigte sich über das Aussetzen, er hätte mit Iron darüber geschimpft, solchen Blödsinn zu machen, aber er war ja so voll, dass er nicht mehr wusste, was er tat. Wenn er voll ist, lässt sich nichts mit ihm anfangen, meine alten Mackers „Jo Heinrich, wenn ji nu up uns Togg mit uns Afflopen weern, harrn ji bestimmt ok een god Fang maakt” Er sagte: „De Meenung bünn ick ok ween, aver hefft mol wat mit so’n Supbütt to doon.” Zum Morgenzug den nächsten Tag am 19.3. hatten alle Waaden auf den Steinwallzügen nach drauußen zu Fänge von 1.000-2.000 Pfund an Heringen und Sielen. Es war Freitagmorgen, für Sonnabend Nachmittag stand uns laut Waadenzugzettel der Steinwallzug 27 zu, der äußerste Zug an der Nordseite.
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Wer Sonnabend und Sonntags mit der Waade zum Fischen wollte, konnte es nach seinem Ermessen tun. Es war jedem freigestellt, da die Züge für diese Tage weiter liefen, wie die sonstigen Tage nach dem Waadenzugzettel. Es waren nur wenige Waaden, die Gebrauch davon machten. So war es auch an diesem Sonnabend des Nachmittags den 20.3. Es waren 3 Waaden auf den mittleren Zügen von Steinwall und wir die einzigen auf dem äußersten Zug Steinwall 27. Es wehte ein flauer Nordwind 2-3, aber es lief eine schwache Dünung. Wir setzten auf dem ersten Knopp (180 Faden) ab, die Luft war etwas trübe, so dass wir die Waaden, die mitten auf dem Steinwall waren, man eben so ausmachen konnten. Als wir beim Einziehen der Waade waren, auf beiden Armen (Flügel) etwas Bestick von Sprotten sich angaben, sich aber leider nicht vermehrten beim weiteren Einholen der Waade. Wir machten nur einen Fang von 1.100 Pfund Sprotten. Wollten erst noch einen Zug mehr machen, liefen dann aber ein. Wir schlugen unterwegs noch den Bestick ab, machten uns ab, lieber zum Morgenzug wieder herzufahren. Am Hafen war kein Mensch, als wir unseren kleinen Fang löschten. Am nächsten Morgen liefen wir um 4:30 Uhr nach dem Steinwallzug 27 wieder aus. Es waren noch ein paar andere Waaden mehr unterwegs. Es wollte gerade die Tagesdämmerung aufkommen, als wir um 6 Uhr abliefen um die Waade auf dem ersten Knopp (180 Faden) aussetzen.
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Beim zur Küste laufen sahen wir auf ungefähr zweite Knopp (120 Faden) 3-4 Tümmler auf und wieder wegtauchen, wie auch unsere Mackers mehrere Tümmler gesehen hatten. Wir sahen 2 Waaden innerhalb und eine Waade außerhalb der Langhöfter Tonne, die dort ausgesetzt hatten. Als die Sonne durchkam, sahen wir über unserer Waade viele Möwen immerzu ins Wasser tauchen. An unseren Leinen beobachteten wir, dass sie immer flacher hin standen, und die Waade im Hinterteil bloß noch 14-15 Meter staute. Unser Macker Gottfried Engelbrecht kam angelaufen. Er sah auch die vielen Möwen und hielt darauf zu. So sahen wir, dass sie plötzlich nach Steuerbord zu abdrehten und nach unserem Mackerboot zuliefen, als sie dicht bei waren, riefen sie uns Mackers zu, dass unsere ganze Waade von vorne nach achtern an der Oberfläche mitsamt dem Hamen voller Fische war. Wir hörten, wie unsere Mackers sagten, dass mache es wohl, dass unsere Leinen so flach im Wasser stünden. Engelbrecht rief, wenn ihr den Fang heran bekommt, können die Boote die hier draußen sind, den Fang nicht laden. Wir bleiben hier erst bei Euch liegen wenn ihr Hilfe braucht, stehen wir zur Verfügung. Als wir noch 60 Faden nachhatten zu winden, sahen wir selbst, dass die ganze
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Waade an der Oberfläche war und dort wo der Hamen ? war alles ein großer weißer Stiem, der sich immer bei einem Großfang zeigte. Je näher unsere Waade herankam, je schwerer ging das Winden. Wir hatten unsere Mühe, die Waade vorzuwinden. Als es soweit war und wir unseren Anker lichteten, war rundherum von unserem Boot alles voll von Heringen, die jedenfalls aus unsere Waade herausschwammen. Unsere Ankers hatten wir ausgeworfen. Die Taue belegt, beim Zusammenwinden kamen von Engelbrechts Leuten zwei Mann in jedes Boot, um uns zu helfen. Auf jedem Boot war ein Mann dabei zu pulsen, der Strom von Heringen aber, die aus der Waade zogen, blieb gleich. Es musste ein ungeheurer Fang in der Waade sein. Als wir anfingen, die Waade einzuziehen, mussten wir in beiden Booten ganze Quäste voll Hering und Sielen mit den Bössen (Netzgarn) übergenommen werden. Iron Pinn kam mit seiner Waade von angelaufen, als er all das Fischwark sah, was aus unserer Waade rauskam und ringsum von unseren Booten war, machte er seine Waade klar, lief etwas nach Land zu, setzte seine Waade von Land ab nach draußen, rund um unsere und Engelbrechst Boote aus. Obwohl wir die Waade so schnell wie möglich einzogen und in einer Tour gepulst wurde, konnten wir nicht verstehen, dass noch immer die Fische aus der Waade zogen, als wir die Waade soweit hatten, bis der Kehlstein kommen sollte, kam da eber kein Kehlstein. Nur die unbeschädigte Befestigungsleine.
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Jetzt wussten wir auch, woran es gelegen hatte, dass all das Fischwark aus der Waade herauskam. Die Kehle vom Hamen war durch den Auftrieb vom großen Fang die ganze Zeit vom Grund abgewesen. Nur so konnte es angehen, dass der größte Teil vom Fang, die in der Waade war, dadurch sich die Freiheit beschaffen konnte. Da der Kehlstein der schwerste Stein war von den 26 Steinen, die auf jedem Waadenflügel befestigt waren. Er wog 20 Pfund.
Trotz allem machten wir unsere beiden Boote wie auch Engelbrechts beiden Boote voll. Engelbrecht bekam eine Ladung auf den halben Part, der gesamte Fang war 26.000 Pfund, wovon 6.800 Pfund auf Engelbrechts Part fielen. Iron Pinn hatte 4.000 Pfund in seiner Waade, die aus unserer Waade herausgezogen waren. Der Fang bestand zur Hälfte aus Vollheringen, alles andere waren Sielen.
Es musste ein ungeheuer großer Fang in der Waade gewesen sein. Wenn eine Waade voller Fische auf dem tiefen Wasser von 26-27 Metern mit dem Hamen an der Oberfläche war. Es hat aber wohl auch der verlorene große Kehlstein dazu beigetragen. Wir spekulierten viel, wie der Kehlstein verloren gehen konnte, da der Befestigungstampen unbeschädigt war und beim Aussetzen der Kehlstein noch drangewesen war, wie auch am Abend zuvor. Unser Entschluss
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war, dass irgendeiner den Knoten gelöst hatte und so beim Überbordsetzen des Kehlsteins dieser durch sein Gewicht vom Tampen abgeslippt war. Es ist jedenfalls ein Racheakt gewesen.
Als wir bei herrlichem Wetter, blanker Luft und spiegelblankem Wasser mit unserem Fang einliefen, trafen wir am inneren Steinwall Christian Lorenz' sein Boot, wo der gesamte Vorstand vom Waadenverein mit Otto Schmidt und Fritz Haß als Zeugen an Bord waren, für eine Lokal-Begutachtung des Vorfalls zwischen den Waaden Lorenz und Mahrt-Schmidt, wobei Christian Lorenz uns als den Schuldigen dafür verantwortlich gemacht hatte und den Verein als Urteilssprecher gegen uns aufgefordert hatte. Für diese Aktion hatten sie mehrere Bojen mitgenommen, um die Liegeplätze der einzelnen Standorte der in Betracht kommenden Boote festzulegen. Bei dieser ganzen Aktion musste der Vorstand aber feststellen, dass die Behauptung von Christian Lorenz, wir hätten ihm beim Aussetzen seiner Waade gestört, und er dadurch mit der Waade von Mahrt und Schmidt in Kollision gekommen wäre, nicht stichhaltig war. Denn wenn wir dort gefischt hätte, wo Fritz Haß es uns bezeugte (am zweiten Knopp), und Lorenz-Schmidt dort, wo beide erklärt hatten, wo sie ausgesetzt hätten (zwischen Tamp und 11. Knopp), dann könne es nicht angehn.
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So klaffte hier eine Lücke von 90-100 Faden Abstand. Die Behauptung, dass wir sichtbar beim Aussetzen gestört und dadurch ihn nach innen gedrängt hätten, stimmte auch nicht und konnte niemals stattgefunden haben, da nach den ausgelegten Bojen lagen die Standorte der Boote von Lorenz und Schmidt und unseren Booten anderthalb Waadenzugsbreiten außeinander. So musste der Vorstand die Anklage gegen uns fallen lassen und bestätigen, dass der Schuldige Christian Lorenz sei, aus unerklärten Gründen. Er wollte seine Verurteilung noch dadurch entlasten, dass er mit dem Argument kam, da müsse noch eine andere Waade im Spiel gewesen sein. Das glaubte ihm die gesamte Kommission aber nicht mehr. Damit war für uns die Affaire zur Zufriedenheit beendet. Der große Fang war auch für uns der letzte, wie auch für die gesamte Waadenfischerei. Denn die großen Fischschwärme hatten unsere Förde verlassen. Wir brachten unsere Waade zur Waadkoppel zum Trocknen. Da die gesamte Waadenfischerei nur noch kleine Fänge von 300-500 Pfund an Land brachte mit der Kantenfischerei. So ließen wir unsere Waade auf der Koppel und machten gleich die Erneuerungen und Ausbesserungen, die nötig waren, für die neue Saison gleich fertig.