Betrachtungen zur Entwicklung der Fischerei in Eckernförde
Aus Anlass des 150-jährigen Jubiläums des 1. Eckernförder Fischereivereins, der im Jahre 1833 gegründet wurde
Einleitung:
Über die geschichtliche Entwicklung des Fischereiwesens in Eckernförde sind in der Vergangenheit verschiedene Abhandlungen, wissenschaftliche Untersuchungen und dergleichen mehr veröffentlicht worden. Besonders in den Heimatbüchern des Kreises Eckernförde und den Jahrbüchern der Heimatgemeinschaft sind diese Dinge nachzulesen.
Es ist daher nicht auszuschließen, dass in meinen folgenden Ausführungen Wiederholungen enthalten sind. Dennoch soll dieser Bericht keine Zusammenfassung von bereits Bekanntem darstellen. Er soll vielmehr dazu dienen, den Werdegang des Eckernförder Fischereigewerbes aus der Sicht eines Beteiligten, der jahrzehntelang dem Berufsstand der Fischer angehörte, zu schildern.
Bereits für die Urbevölkerung ist der Fischfang neben der Jagd eine der Hauptnahrungsquellen gewesen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die ersten Ansiedlungen vielfach in der Nähe von Gewässern erfolgten, um den „Segen des Meeres“, bestehend aus Fischen, Muscheln und Schalentiere, zu nutzen.
Auch im Gebiet um Eckernförde deuten vorgeschichtliche Funde, z. B. die Muschelhaufen in der Gegend des Windebyer Noores, auf die Nutzung der Gewässer für die Ernährung hin. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zeigen auf, dass die Eckernförder Bucht etwa in den Jahren 4060 bis 2000 v. Chr. die heutige Grundform erhalten hat. Hierbei war das Windebyer Noor noch ein in voller Breite offener Bestandteil der Bucht.
Erst in der Zeit bis etwa vor 2000 Jahren hat sich durch Sandablagerungen die Abschnürung des Noores und damit die Begründung der Halbinsel Alt-Eckernförde ergeben. Das eigentliche Noor als Süßwassersee ist erst durch die Errichtung eines Dammes Mitte des vorigen Jahrhunderts entstanden (siehe hierzu auch die Abhandlungen im Heimatbuch des Kreises Eckernförde – Ed. I/II v. 1972).
Leider ist aus den anfänglichen Besiedelungen dieser Halbinsel und damit aus der eigentlichen Gründerzeit von Eckernförde so gut wie nichts bekannt, zumal die entsprechenden Dokumente und Urkunden offensichtlich bei der Niederbrennung der Stadt aus Anlass des Rückzugs von König Ulrich von Pommern im Jahre 1416 vernichtet worden sind.
Bekanntlich datiert die erste noch vorhandene Urkunde mit einem Hinweis auf den Ort Eckernförde aus dem Jahr 1197, in der ein Mann namens „Godescalcus de Ekerenvorde“ genannt ist. Es ist daher der Phantasie des Einzelnen überlassen, sich vorzustellen, wie unsere Urahnen Fischfang und Fischverarbeitung durchgeführt haben.
Mit Sicherheit ist anzunehmen, dass auch in den ersten Jahrhunderten der Ansiedlung von Eckernförde die Fischerei und Seefahrt eine nicht unbedeutende Rolle eingenommen haben. Im Mittelalter dürfte das Fischereigewerbe bereits von Bedeutung für die Stadt gewesen sein. Anno 1587 wird als Straßenname bereits die Fischerstraße („Vysche Stratten“) genannt (siehe Ausführungen in „Egernförde bys historie“ – Ausgabe der Dansk Centralbibliotek).
Zu dieser Zeit wird man sich wohl auch schon mit der gewerbsmäßigen Weiterverarbeitung von Fischen befasst haben. Es ist anzunehmen, dass ebenfalls bereits ein überörtlicher Handel mit Fischprodukten, die durch Salzen, Trocknen und wahrscheinlich auch durch Räuchern haltbar gemacht wurden, betrieben worden ist.
Die Hauptfanggebiete im 16. Jahrhundert waren das heutige Noor, der Hafen und das Gebiet vor dem Weststrand (vom Hafen bis etwa Aschau). Wegen der Fangplätze vor dem Strand hat es bereits bis Mitte des 16. Jahrhunderts Streitigkeiten mit den Adeligen der Umgebung wegen der Strandbenutzung durch die Fischer gegeben.
Um 1554 wurde dieser Streit insofern beendet, als es den Fischern gegen Verpflichtung einer Abgabe gestattet wurde, den Strand zu benutzen. Diese Abgabe bestand in Form von Fisch, der als „Hattfisch“ bezeichnet wurde. Das heißt, dass jeder zwanzigste gefangene Fisch (in erster Linie Dorsch, Butt und Aal) an den jeweiligen Strandherrn abzuliefern war.
Es waren um 1600 etwa 20 Fischer, die sich dieser Vereinbarung angeschlossen und den sogenannten „Hattfischeid“ geleistet hatten. Der Eid musste jährlich vor dem Rat der Stadt neu beschworen werden. Fischer, die den Strand nicht benutzten oder befischten, waren von der Abgabe befreit.
Noch bis zu Beginn des Krieges 1714 haben die Gutsherren von Windeby und Marienthal auf ihre Rechte bestanden und entsprechende Schilder am Strand aufgestellt. Auch unterhalb von Gut Noer bestanden bis zu diesem Zeitpunkt noch Strandrechte. Wenn die Wadfischer mit Wadenzügen oder anderen Fanggeräten das Gebiet vor Noer befischten, kam vielfach der Fischer von Noer mit seinem Boot und verlangte den Tribut an Fischen für das fürstliche Gut. Bekam er keine Fische, wurde eine Anzeige beim Fischereiamt gemacht. Der betroffene Fischer wurde dann von diesem Amt mit einer Geldbuße belegt.
Nach Beendigung des Krieges 1918 hat man nie wieder etwas vom „Hattfisch“ gehört.
Als Fanggeräte waren im Mittelalter neben Stellnetzen, Reusen und Angeln auch schon die Waden im Einsatz. Die Wade ist ein Zugnetz, das von zwei Booten benutzt wurde. Es wurde im entsprechenden Fanggebiet (Wadenzug) ausgesetzt und von den zusammengekoppelten Booten in Richtung Strand eingeholt.
Über Fangergebnisse sowie über Zusammenschlüsse der Fischer (Zünfte) ist bis zu Beginn des 17. Jahrhunderts nichts bekannt. Dass die Fischerei und auch die Fischverarbeitung bereits Anfang des 18. Jahrhunderts der Reglementierung und Rechtsprechung der Obrigkeit (Magistrat, Bürgermeister) unterlagen, beweisen einige Protokollauszüge aus dieser Zeit, die ich während meiner Tätigkeit als 2. Vorsitzender des Eckernförder Fischereivereins zusammen mit anderen Unterlagen in der alten Bundeslade des Vereins vorfand. Ich habe mir damals Abschriften dieser Unterlagen gefertigt, da ich sie für bedeutend für die Entwicklungsgeschichte des Fischereiwesens in Eckernförde hielt.
Als sonstige Unterlagen waren u. a. eine Bedankungsurkunde vom Fürst Bismarck über die Namensgebung der marinierten Heringe (Bismarckheringe) sowie Unterlagen über die Grönlandfahrten von Flensburger Robbenfischern zu finden.
Die Protokollauszüge entstammen offensichtlich einem amtlichen Verhandlungsprotokoll (Stadtprotokoll?) zwischen Vertretern der Fischräucherer, der Fischer und der Stadt. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die Verbindung des Fischereigewerbes zur städtischen Obrigkeit noch bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts sehr eng gewesen ist. Zeitweilig war der Bürgermeister der Amtspatron und nahm in dieser Eigenschaft persönlich an den Versammlungen des Fischereivereins teil oder ließ sich entsprechend vertreten. Das Protokoll wurde stets vom jeweiligen Stadtschreiber geführt. Dieses dauerte bis zum Beginn des Krieges 1914 an. Der letzte Schriftführer war, soweit mir bekannt ist, der Stadtsekretär Mumm. Ebenfalls wurden städtische Verfügungen teilweise eigenhändig vom Bürgermeister oder vom Stadtschreiber in das Vereinsprotokoll niedergelegt.
Ich möchte den Inhalt der vorgefundenen Protokollauszüge den Interessierten im Originaltext abschriftlich zur Kenntnis geben. Leider waren einige Stellen unleserlich, sodass Worte fehlen. Diese Stellen sind mit einem Fragezeichen versehen.
Die Niederschrift fängt mit Seite Nr. 354 an mit folgendem Wortlaut: „mehr an Wall dem Verkäufern zu bieten, zu geben, oder durch Geschenkt und Gabe versuchen und sonstens die Heringe zu kriegen oder an sich zu bringen.“ „3tens behalten die genannten Heringsräucherer wegen hierselbst gefangenen Heringe und Breitlinge (Anmerkung – Sprotten) die Freiheit, die sie vor diesem gehabt, womöglich solche nach Gefallen zu kaufen und zu verkaufen, jedoch mit der ausdrücklich beorderten Einschränkung und bei der in No 2 (Anternminier) der Strafe bei solcher Verkaufung, allemal wegen solche nach Hamburg und weiter gehen, die vor allen gesetzliche Taxe zu beachten und genauestens zu befolgen.“
„4tens in Ansetzung der Garn-Heringe soll die ordentliche Verteilung und Conjugation beliebte Taxe in Not angeführt, strikte beobachtet werden, und zwar bei vier Mark Kurant Bruche vor jedesmaligen Contravention, auch allenhalb Verdopplung derselben.“
„5tens bleibt es wegen der in Wall fortgegebenen Auftrag, gelte als ?. Einfalls bei dem halten herkommen, dass solcher nämlich allzeit ferner bezahlt, sonst aber weiter nicht öffentlich oder heimlich gegeben werden soll und wie im Übrigen.“ „6tens die von Eurem hochedlen Magistrat dieser Stadt in Ansetzung der zum Verkauf allhier ankommende Heringe und Breitlinge unterm 6ten November 1745 ergangene Verfügung in ihren Valeur verbleibt und derselben von deren Transigenten auf einiger Art und Weise ?? nicht entgegen gehandelt werden darf, hingegen war die hier immer beliebet und und überhaupt, oder einer anderen vertragt um und zu aller Zeit, von deren Transigentibus und deren Erben oder derjenigen welcher künftig die Heringsräucherei anzufangen gedenken und beginnen, auf das pünktlichste beobachtet und nachgelobet ?. Von letzteren deren ? dieses allemal von deren Anfängen ihrer Räucherei mit unterschrieben werden soll, so hoffen und bitten dieselben Euren hochedlen Stadt-Obrigkeit hierdurch gehorsamst anderen gültigen Approbation dieses Vergleichs unter anderen dahin mitzuteilen, dass der solcher, sowohl der Commune als deren Heringsräucherer augenscheinlich zum Nutzen und Vorteil gerechnet, den Inhalt derselben strikte befolgt, die etwa verwirkende Brache, von deren königlichen Stadtvogt zur Berechnung losigiret und denjenigen welcher dieser Verfügung sich mit zu unterwerfen, nicht sofort entschließen sollte, die Räuchereien der Hering und Breitling gelagert und ihrer damit einigen Handel zu treiben, ferner nicht erstattet und zugestanden werden soll.
Wir Betroffenen haben diesen Vergleich bei Verpfändung unserer Güter, und die ferner sich einfindenden Herings-Räucherer gleichfalls bei selbiger Verbindung eigenhändig unterschrieben. Jetzo ist solcher geschehen, Eckernförde, den 26ten Oktober Anno 1766. (Unterschriften) Frantz Krantz, Daniel Hinrichsen, Elisabeth Meyeren, Friedrich Hinkelmann, Catarina Margaretha Petersen (mit geführter Hand) Frantz Hinrich Daniel, Nic. A. E. Schlotmann, Thomas Jürgen Holler, Friedrich Detlef Julius Kock.“
Auf Seite 356 Copie No. 8/1780 wird weiter ausgeführt: „Wenn die hiesigen Bürger und Heringsräucherer Jürgen Dietrich Kock, Friedr. Detlef Julius Kock sich mittels einer wieder die Bürger und Fischer Michael Scheller und Lorenz Thomsen et Consorten unterm 26ten Oktober vorigen Jahres eingegangene Vorstellung darüber beschwert, dass die Beklagten in ihren Revieren ihre Garn aussetzen und sie mithin in ihren Besitzen stolperten, letztere die Fischer aber ihnen die augenblicklichen Besitze der benannten Reviere und besonders des Zuges um Steenacker streitig machten, über diese Sache ‚abs-que omistapsitte-judica‘ zu untersuchen erachtet, und die strittigen Fangplätze nicht nur auseinanderzureißen, sondern auch fürs künftige, ein fester Regulativ ausfindig zu machen, wonach beide Kläger und Beklagte sich zu richten.
Als hat derselbigen von dieser Streitsache nicht nur ein sondern behufs einer zu machenden Regulativ eine hinlängliche Kenntnis zu erhalten, zu vorliegende Male nicht nur die Heringsräucherer sondern auch die Fischer mündlich vernommen und allendlich nach vielen langen gewordenen Bemühungen nach strenger Anordnung möglichst sowohl der Ersteren als Letzteren nicht zur Vermeidung nachdrücklicher Entscheidung genau zu erhalten, antworten sie, diesen zu folgen wollen.
Die Waadenzüge, die ihre beikommenden Neuen-Züge, Steenacker mit einbegriffen, als namentlich: 1. By de Kuhle 2. De Keteltogg 3. Luchskuhle 4. Deeptog 5. Schaar 6. Bektog 7. Fulbek 8. Kronsort 9. Steenacker
So wie bisher im Besitze derselben gewesen und solche bisher bezogen haben, nach wie vor uneingeschränkt behalten, es sollen die Fischer mit ihren Fischernetzen im Geringsten nicht hinderlich sein. Weiteres fehlt leider von den Niederschriften.
Zu den vorgenannten Waadenzügen eine Bemerkung, wo sie sich befanden. Erstaunlich ist, dass sie bis zum Ende der Waadenfischerei etwa Anfang der dreißiger Jahre (1930 ff.) ihre Namen und Standorte behielten. Merkwürdig in der vorstehenden Aufzählung ist, dass der Zug ‚Steenacker‘ als letzter genannt wird, obwohl er zwischen ‚Keteltog‘ und ‚Luchskuhle‘ lag. Es ist anzunehmen, dass dieser Zug erst später eingeführt wurde.
Lage der benannten Waadenzüge: Der Zug ‚By de Kuhle‘ war bis 1914 (wurde damals aufgegeben wegen Behinderung der Hafeneinfahrt) von der Brückenhake (jetziger Hafenanfang) bis zum alten Steinwellenbrecher. Ausgesetzt wurde die Waade in Richtung Logenhaus (ehemals Krull’s Hotel). Bei der Mole ist die alte 1936 entstandene Mole gemeint. Der Zug ‚De Keteltog‘ war unterhalb des früheren Holzlagers von Timm südlich von der heute noch stehenden Mole bis etwa zum heutigen Gasthaus ‚Aurora‘. Der nächste Zug ‚Steenacker‘ war bis zum Platz, an dem heute die Firmen Langefeldt und Hofacker Anlieger sind. Hieran schloss sich der Zug ‚Luchs-Kuhle‘ an, der etwa bis zum Strandzugang beim heutigen Ruderclub ging. Dies war nördlich der Seebadeanstalt vom Fischer Lorenz Neumann. Dieser Waadenzug konnte auch südlicher ausgesetzt werden. Der nächste Zug war der ‚Deeptog‘ unterhalb der Mitte von Exer. Dieser Waadenzug wurde später aufgegeben, wahrscheinlich um mehr Platz für die weiteren Züge zu haben. Es folgte der Zug ‚Schaar‘, etwa unterhalb der heutigen Gastwirtschaft ‚Kiek in de See‘ und etwas nördlich von einem Anlegesteg von Christoph Marquardt.
Dann kam der Bektog, der seinen Namen von dem etwas nördlich vom alten Schlachthof (heutiges Wellenbad) auslaufenden Bach hatte und meistens nur mit ‚Bek‘ benannt wurde. Später hinzugekommen sind in diesem Bereich die Züge ‚Neubek‘, ‚Hut‘ und ‚Mütze‘. Der weiter im Protokoll benannte Zug ‚Fuhlbek‘ war auf der nördlichen Strandseite am ‚Ort‘ (etwa heutiger Segelhafen) und der Zug ‚Kronsort‘ befand sich auf der Südseite vor Kronsort (in der Nähe von Aschau). Mit der Ausweitung der Fangplätze entlang der Bucht entstanden in den Folgejahren weitere Waadenzüge, hiervon 73 auf der Nordseite und 64 an der Südseite. Auf die Waadenfischerei werde ich an anderer Stelle noch weitere Ausführungen machen.
Die vorgenannten Protokollauszüge beweisen, dass es zu dieser Zeit bereits 9 Fischräuchereien in Eckernförde gab, die auch das Privileg zur Waadenfischerei hatten. Die Rechte aus diesem Privileg nahmen sie auch wahr, wie der Streitfall aus 1780 gegen die besagten Kleinfischer beweist. Gerade über den Fangplatz ‚Steenacker‘ hat es auch in den späteren Jahren immer wieder Streitigkeiten zwischen den Waadfischern und den Kleinfischern gegeben. Der Fangplatz wurde dann später durch die Provinzialregierung den Kleinfischern zugesprochen.
Es ergibt sich auch aus den Aufzeichnungen, dass es zu dieser Zeit auch unter den Fischräucherern und den Fischern schwarze Schafe gegeben hat, die sich nicht an die Bestimmungen der Stadt richteten und eine Art Schwarzhandel betrieben. Es ist hierdurch ebenfalls erwiesen, dass die Fischwaren bis Hamburg und darüber hinaus verkauft wurden.
An dieser Stelle noch einige Ausführungen zur Fischverarbeitung. Aus entsprechenden Unterlagen ist zu entnehmen, dass auch im Seehandel des 17. und 18. Jahrhunderts viele Salzheringe als auch Räucherware von Eckernförde aus ihren Weg nach außerhalb fanden. Hieraus ist zu schließen, dass hinsichtlich des Räucherverfahrens anders als heute verarbeitet wurde, denn nach der heutigen Räucherart hätten die Fische die langen Transportwege nicht überstanden.
In diesem Zusammenhang erzählte mir Anfang der 20er-Jahre Joh. v. Soosen, zu der Zeit ein alter Eckernförder Fischer und Räucherer, einiges über den Fischversand von Eckernförde, bevor die Eisenbahn existierte. Hiernach wurden die vielen in Eckernförde angelandeten Fische, grüne Heringe, Dorsch oder Plattfische, wie geräucherte Ware mit Pferdefuhrwerken aus Hamburg und anderen Städten abgeholt bzw. mit Eckernförder Fuhrwerken nach anderen Orten gebracht. Als dann die Eisenbahn bis Kiel ging, sind diese Waren per Fuhrwerk nach Kiel gebracht und von dort weiterbefördert worden. Wie Soosen sagte, ist danach die Kundschaft für alle Räuchereien rapide angestiegen. Besonders die geräucherten Sprotten galten als Delikatesse und der Versand nahm in diesem Bereich einen großen Umfang an. Da als Versandort Kiel galt, entstand der Begriff „Kieler Sprotten“, der noch heute als Markenbegriff seine Gültigkeit hat.
Joh. v. Soosen erzählte auch von den „Karnern“, von denen er in jungen Jahren viel gehört hatte. Hierbei handelte es sich um einen besonders hart geräucherten Hering, der als Dauerware haltbar war und besonders von den Bauern in der Schleigegend hergestellt wurde. Die Abnehmer dieser Heringe sowie von gedörrten und gesalzenen Heringen waren zum großen Teil Händler aus Thüringen, Sachsen und anderen Südlanden. Diese Leute wurden im Volksmund „Kaerners“ oder „Karner“ genannt. In jedem Frühjahr kamen diese Händler mit ihren von 2 bis 3 Pferden gezogenen Karren in unser Gebiet, um Erzeugnisse ihrer Heimat zu verkaufen. Für den Rückweg erstanden sie dafür Produkte des Nordens. Hierzu gehörten vor allem auch die haltbar geräucherten Heringe, die sie verhältnismäßig billig erstanden, sich jedoch durch die vielen Zölle unterwegs verteuerten, dem Vernehmen nach soll der Hering jedoch daheim nicht mehr als 4 p (Schilling) gekostet haben, sodass sich u. a. die Frauen an den Spinnrädern diese Heringe kauften.
Der Name „Karner“ für Heringe ist sicherlich hieraus entstanden und galt für Heringe, die im Frühjahr zunächst leicht gesalzen und solange geräuchert wurden, bis sie dunkelbraun und hart waren wie Holz. Die so geräucherten Heringe waren sehr schmackhaft und konnten als Dauerware die wochenlangen Reisen bis zum Verzehr überstehen. Von einigen Räuchereien in Eckernförde wurden „Karner“ bis zum Krieg 1914/18 und in Kappeln auch noch später als Dauerware hergestellt. Es ist anzunehmen, dass die Heringe bereits im 17. Jahrhundert so geräuchert worden sind, da der Begriff „Karner“ zu dieser Zeit bereits auftaucht. Sonst hätten die Heringe, wie bereits gesagt, die langen Transportwege nicht überstanden.
Auch Joh. v. Soosen berichtete von den „Karnern“, die nach seinen Angaben Händler aus Kärnten in Österreich waren und die Räucherheringe aufkauften. Nach seinen Angaben hat v. Soosen, der vormals Besitzer von 2 Waaden war und nach dem Verkauf als Räuchermeister in Eckernförde und später in Kappeln gearbeitet hat, in Kappeln bei der Räucherei Fr. Föh jedes Frühjahr noch mehrere Jahre lang die dieser Zeit reichhaltigen Schleiheringe zu „Karners“ geräuchert. Diese wurden jedoch nicht mehr mit Fuhrwerken abgeholt, sondern mit der Post oder als Eilgut mit der Bahn in den Süden versandt.
In Eckernförde war dem Vernehmen nach der 1716 in Eckernförde geborene Fischer Fredrich Hinkelmann der erste, der sich für das Räuchern von Fischen besondere Raucherkammern baute und somit die erste echte Räucherei in Eckernförde begründete. Vorher wurden die Fische zumeist von den Fischern über dem offenen Herd oder im Schornstein geräuchert. Diese Verfahren wurden noch lange von Fischern, die ihren eigenen Fang räucherten und verkauften, angewendet.
Kehren wir nun wieder zurück zur Fischerei und den Fangmethoden. Durch die Zunahme der Bevölkerung vergrößerte sich zwangsläufig auch der Bedarf an Nahrungsmitteln und damit auch am Fisch. Mit verschiedenen Netzarten und der Ausweitung der Fanggründe vom Noor und Hafengebiet zu den weiteren Küstenstreifen der Bucht trug man der erhöhten Nachfrage Rechnung. Wie bereits erwähnt, wurden neue Waadenzüge gebildet. Diese Waadenzüge wurden entsprechend ihrer Lage benannt und unterstanden den Bestimmungen der Stadt bzw. dem königlichen Stadtvogt und später der Provinzialregierung.
Die Waadenzüge wurden den Waadfischern durch die Behörden mit den entsprechenden Privilegien und Pflichten zugewiesen. Verstöße hiergegen wurden mit Strafen bzw. Bußen geahndet. Die alten Bestimmungen für die Waadenfischerei sind im Prinzip bis zum Ende der Waadenfischerei von 1920 bis 1930 als Grundlage für die Fischereiverordnungen gültig geblieben.
Mit dem Wachsen der Fischerei und der damit verbundenen Ausweitung der Fanggründe außerhalb der Innenförde und Verlagerung auf Wassertiefen von 8 bis 10 Metern wurden auch die Waadnetze vergrößert. Die Flügel (Waadenarme) erhielten eine Länge bis zu 115 m, und die Tiefe der Flügel wurde bis zu 14 m erweitert. Auch der Hamen wurde vergrößert. Somit wurden die Waaden der größeren Wassertiefe und den hierdurch veränderten Strömungsverhältnissen angepasst. Ebenso wurden die Bestimmungen den Erfordernissen der Zeit angepasst. Wie bereits ausgeführt, bestanden zuletzt 144 von der Provinzialregierung in Schleswig anerkannte Waadenzüge in der Eckernförder Bucht, die in der Zeit vom 1. September bis Ende April den Waadenfischern vorbehalten waren.
Durch die sich Ende der 20er-Jahre rapide verschlechternden Fangergebnisse, aber auch durch den Preisverfall, ging diese Art der Fischerei zu Ende, da sie den Fischern keine ausreichende Existenz mehr bot. Für die über Jahrhunderte alte Waadenfischerei, die um 1900 herum ihren Höhepunkt mit 72 Waaden erreichte und noch im Ersten Weltkrieg und danach mit 50 Waaden bestehen blieb, war es eine Tragödie und ein bitteres sowie trauriges Ende.
Im Zweiten Weltkrieg sind noch einmal 3 Waaden im Betrieb gewesen, die sich auch rentierten, aber dann ebenfalls plötzlich wieder zugingen. Dasselbe Schicksal erlebte die um 1918 eingeführte Ringwaadenfischerei gegen Ende der 20er-Jahre. Diese lebte 1950 mit 3 Ringwaaden erneut auf und erzielte für eine kurze Periode auch gute Erfolge. Nach einem letzten großen Fang der 3 Ringwaaden ging diese Fischerei auch endgültig zu Ende.
Der folgende Text war in demselben Dokument, scheint aber nicht dazuzugehören:
Booten in Betrieb. Rechnet man pro Boot 3–4 Mann Besatzung, so waren alleine in diesem Zweig ca. 500 Mann beschäftigt. Daneben gab es dann noch die Fischer, welche mit ihren Booten oder Quasen die Fischerei mit Stellnetzen auf Hering, Sprotten und Butt betrieben. Auch hier waren in der Regel 3 Mann Besatzung je Boot notwendig, so dass nochmals an die 100 Mann in der Fischerei tätig waren. Rechnet man noch die große Anzahl der Arbeitskräfte in der Fischverarbeitung hinzu, kann man den enormen Wirtschaftsfaktor für die Stadt bemessen, die zu dieser Zeit ca. 5500 Einwohner hatte. In guten Fangsaisonen waren auch ein Teil der Kieler Fischer in Eckernförde tätig.
Die große Zunahme des Fischereigewerbes ab etwa 1860 an ist wohl auch darauf zurückzuführen, dass ab 1862 mechanisch hergestellte Netze als Rohware aus Schottland eingeführt wurden und auf den Markt kamen. Ab 1873 wurden auch in Deutschland Netze aller Art mechanisch, d. h. fabrikmäßig hergestellt. Vorher musste der Fischer seine Netze selbst knoten. Dies geschah meistens in der Familie oder die Netze wurden zum Knoten in Auftrag gegeben. Es gab mehrere Einwohner, die sich mit der Herstellung von Netzen in allen Maschenweiten beschäftigten.
In diesem Zusammenhang möchte ich einen kurzen Bericht aus eigener Erinnerung eintragen. Am Jungfernstieg, wo heute das Gebäude von Johs. Hanss (Klempnermeister) steht, wohnten die Geschwister Lorenzen (Bruder mit zwei Schwestern), die noch nach 1910 viele Netze und Netzbahnen für die Fischer geknotet haben. Sie hatten sich vor allen Dingen darauf spezialisiert, die maschinell hergestellten Buttstellnetze mit einer verstärkten Sohlmasche (Umknotenmasche) zu versehen. Dies geschah je Buttnetz mit einer Länge von 70 m je oben und unten. Ich bin ein paar Mal mit meinem Vater dort gewesen, wenn er Buttnetze zum Umknoten hinbrachte. Jedes Mal lagen da eine ganze Menge von Netzen, jeweils mit Namen des zugehörigen Fischers versehen, die noch zu bearbeiten waren.
Aber auch für die Waadennetze, und zwar für die Unter- und Obertücher (als „Tücher“ wurden die langen Netzbahnen genannt), haben die Lorenzens eine große Menge der erforderlichen Sohlmaschen geknotet. Als später die Fabriken dazu übergingen, die Netze endgültig fertigzustellen, ging für diese Familie die Tätigkeit zu Ende. Sie haben danach mit der Herstellung (Nagelung) von Fischkisten für die Räuchereien begonnen. Auch dies war eine typische Tätigkeit in Zusammenhang mit der Eckernförder Fischerei, die heute leider auch in Vergessenheit geraten ist.
Ich möchte meinen Bericht nun zunächst der Fischerei auf Flattisch zuwenden. Der Fang von Plattisch befasste sich im Wesentlichen mit dem Goldbutt.