Bau des neuen Bootes
Auf dem Bauplatz, auf dem das Boot unser Macker fertiggestellt worden ist, wurde anschließend der Kiel für unser Boot gelegt. Ehe der Kiel gelegt war, gab es zwischen dem alten Glasau und meinem Vater und Mumm noch eine große Auseinandersetzung, nachdem wir gesehen hatten, dass das Boot unser Macker ein Monstrum geworden war, das uns nicht gefiel. Wir wollten ein größeres Boot haben, worauf wir den alten Glasau von Anfang an aufmerksam gemacht und statt 4.000 gleich 5.000 Mark angezahlt hatten. Die Kiele für größere Boote lagen Im Wasser. Er fühlte sich anscheinend beleidigt, dass wir sein für unsere Macker gebautes Boot als Monstrum bezeichnet hatten. Mit einem größeren Boot würde es nichts. Er sagte einfach, entweder diesen Kiel oder gar keinen, obgleich sein Sohn Wilhelm und der Meister Lüder Probst auf unserer Seite standen bei unserem Anliegen. Wir befanden uns vor einem kritischen Augenblick. Was sollten wir machen? Zu einer anderen Werft gehen? So müssten wir noch ein halbes Jahr länger auf ein Boot warten.
Es tat uns Leid, dass wir nicht bei Paulsen Grauhöft bestellt hatten. Dann hätten wir bekommen, was wir haben wollten. Dann wären wir allen Schwierigkeiten mit dem alten Glasau aus dem Weg gegangen. Aber jetzt war es zu spät.
Nach dem Streit um den Kiel ging es los mit dem Aufsetzen der Steven. Wir wollten am Vordersteven etwas mehr Fall haben, als der Alte uns zudachte. Der Steven für vorne war in einer sehr guten Form ausgesägt, er würde bei etwas mehr Fall sich besonders gut auswirken. Dafür sprachen die Meinung vom Sohn des Alten, wie auch vom Meister Lüder Probst, aber der Alte war dagegen. Doch in der Mittagsstunde hatten wir die Talje, in der der Steven hing, einen Fuß mehr Fall gegeben, so wurde er von Lüder Probst angeschnitten und eingesetzt. So war es auch mit der runden Form des Achterstevens, der vom Sohn Glasau nach unser Meinung gesetzt wurde. So kam es, dass unser Boot einen halben Meter länger wurde als unserer Mackers ihre Krückente. Als der Alte des Nachmittags nach seiner Mittagsruhe ankam, waren Vorder- und Achtersteven mit dem Kiel verbunden. Er merkte es, und gleich machte er allerlei Palaver. Der Meister Lüder Probst wusste ihn aber zu beruhigen. Danach kam bald wieder Streit beim Setzen der Hauptschotten für die Bünn. Unsere Mackers hatten sich ein großes und ein kleines Bünnloch einbauen lassen in der Gesamtlänge von 7 Fuß. Wir wollten 2 gleichgroße Löcher von jedem mit 4 Fuß Länge, also 8 Fuß für die Bünn. Er aber wollte es nicht zulassen und sagte zu uns, er bestimme, wie das Boot gebaut würde und nicht wir, aber da kam er bei meinem Vater schlecht an.
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Er sagte: „Fritz Glasau, wir sollen mit dem Boot unser Geld verdienen und wollen es so haben, wie es für uns an zweckmäßigsten ist. Sie hätten uns ja ein größeres Boot bauen können - da das aber trotz ihres Versprechens nicht der Fall ist, müssen wir dieses Boot so gestalten, wie es uns passt.” Mein Vater sagte ihm gleich noch ein paar Wörter mehr, dass wir gleich 1.000 Mark angezahlt hätten, womit nun schon ein Dreivierteljahr gearbeitet hätte. Das sei ein Fall für den Rechtsanwalt und so ließen wir nicht mit uns umspringen. Der alte Glasau sagte kein Wort. Aber dann sagte er zu Lüder Probst: „Mach das so, wie die wollen, denn mit den Leuten ist nichts auzufangen.” So hatten wir ein paar Tage Ruhe vor dem Alten. Als wir aber mit einem Ballen Werg, wie mit Kupfernieten und feuerverzinkten Nägeln und großen Spickern ankamen, da wollte er uns vom Platz verweisen. Er könne es nicht zulassen, dass unser Boot mit Kupfernieten und feurerverzinkten Nägeln gebaut würde. Alle seine Boote vor und nach dem Krieg waren mit Zinknieten und Nägeln die ihm zur Verfügung standen ausgerüstet. Unser Boot aber mit einmal Kupfer? Dass könne er nicht zulassen. Nachher kommen alle und verlangten, dass ihre Boote auch damit bearbeitet wurden. Da sagte sein Sohn Wilhelm und Lüder Probst beide, das was er da erzähle, hätte mit der ganzen Sache nichts zu tun. Diese Leute haben sich Nieten und Nägel und Werg alles für ihr Boot selbst gekaugt und besorgt um ihr Boot damit auszustatten. Wenn Leute kommen, die ein Boot bestellten und wollen Kupfer und Zink für ihre Boote haben, müssen sie sich das selber besorgen, wie diese Leute das getan hatten.
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Der alte Glasau sagte: „Wenn die Kupfernieten und die feuerverzinkten Nägel und Spickers da rein sollen, sie selbst bohren und vernieten mussten, es kommt von meinen Leuten keiner dabei!” Dann haute er aus Wut ab vom Bauplatz. Also blieb für uns nichts anders übrig, als es selbst zu machen, nach Anweisung von Probst und seinem Sohn. Da wir reichlich Nieten hatten, konnten unsere Nieten noch dichter zusammen, als es sonst üblich war. Die großen 3½ zölligen Kupfernieten mit 2-Pfennig-Stück großen Platten wie auch die feuerverzinkten Nägel und Spiekers hatte mein Vater von einem Schiffshändler aus Hamburg-Altona erhalten wie auch den Ballen Werg. Alles Vorkriegsware. Er war mit meinem Vater zusammen beim Küstenschutz in Heiligenhafen gewesen. Auch bekamen wir bei Schütt und Sieck in Kiel noch einen großen Teil an Kupfernieten und verzinkten Nägeln dazu, so dass unser neues Boot reichlich damit verarztet werden konnte. Die großen, starken Nieten kamen alle unter der Wasserlinie in die Planken. Wir vermischten reinen schwedischen Glasteer mit reinem Leinöl, wovon wir noch eine 100-Liter-Kanne stehen hatten. Jede Planke und jedes Spannt wurde beim Anbringen damit eingepinselt wie auch jede Lannung.
Als die Aufplankung beendet und alles vernietet und vernagelt war, blieb mein Vater erstmal alleine beim Boot. Fiete Mumm und ich packten unser leichtes Schleppgeschirr mit den leichten Scherrbrettern ins Motorboot der Waade, fischten mehrere Touren bei gutem Wetter unter Nordhagen „De Mohl up de Tühn”, „De Mohl an de Foot” und „achter de Rüch” lang, naa de veerte Bark to, wo noch mehr der kleinen Boote aus Eckernförde nach Goldbutt fischten. Mit Fängen von 25-30 Stieg am Tag. Wenn es schlechtes Wetter war, blieben wir an Land
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und halfen beim Boot. Die Arbeiten gingen flott von statten. Heine Föhs Boot, das neben unserem gebaut wurde und bedeutend kleiner war, wurde fertiggestellt. Danach sollte Hermann Mohrs größeres Boot aufgelegt werden. So kamen die Gesellen, die bei Föh gearbeitet hatten, zu uns mit hin, um das Deck zu legen und die Schanzkleidung. So kam es, dass unser Boot 8 Tage früher, noch vor Ende August zu Wasser kam. Wir hatten von Bauer-Lage Bescheid bekommen, dass unser Motor nächste Woche auf den Prüfstand kam und wir Anfang September mit unserem Boot kommen sollten.
Das Boot unser Macker war von Laboe mit eingebautem Motor zurückgekehrt. Alles sei gut verlaufen. Sie ließen sich von Carl Lorenzen eine Winde einbauen. Dirken Mahrts Boot wurde in Laboe wurde der Motor eingebaut. Fiete Mumm und ich fuhren mit unserem Waadboot nach Laboe um unseren Motor auf dem Prüfstand zu sehen. Wir hatten gleichzeitig Geld für die Teuerungsrate von 1.500 Mark mitgenommen.
Hermann Mohr sollte für seinen 15-PS-Motor eine Rate von 2.000 Mark zahlen. Er weigerte sich und ging zum Rechtsanwalt, um zu klagen. Sein Erfolg waren vier Monate Verzögerung mit dem Einbau des Motors und am Ende musste er doch noch die 2.000 Mark zahlen.
Auf dem Prüfstand lief unser Motor wie eine Nähmaschine und Thiele, der Monteur, sagte, er glaube, wir hätten mit diesem Motor einen guten Griff getan, weil beim Anlauf gleich alles geklappt habe, was bei den vorigen Motoren nicht so gewesen war. Dort hätten sich doch allerlei Kleinigkeiten eingestellt.
Wilhelm Bauer stand selbst auf dem Prüfstand, wo der Motor schon den ganzen Tag vorher ohne Unterbrechung gelaufen hatte. In unserem Beisein wurde der Motor bis zum Äußersten strapaziert.
Als der Motor abgestellt war, bekam der Monteur Thiele den Auftrag, ihn abzubauen. Jede Kleinigkeit zu prüfen, zu reinigen und klar zum Anmalen zu machen. Bauer lud uns zum Büro ein. Vorher stellte er uns noch den Einbau-Monteur Paulsen vor, er war der Sohn von der Bootswerft Paulsen Grauhöft bei Kappeln. Im Kontor war Bauers Partner Ingenieur Lage, der uns begrüßte. Er erklärte uns die Teuerungsrate. Wir sahen es ein und hatten damit gerechnet. Bauer sagte, wenn es möglich sei, sollten wir unser Boot Sonntag den 29.10. bringen, damit wir Montagmorgen das Boot mit dem Kran aufs Land setzen und mit dem Stevenrohr beginnen könnten. Er versicherte uns, dass dann die nächste Woche der Motor eingebaut würde und man mit der Probefahrt beginnen könne, denn später würden sich die Termine für Einbau und Lieferungen häufen. Wir waren damit einverstanden. Wir wollten sehen, dass wir so weit fertig wurden und 2 Stück verzinkte 350-Liter-Fässer als Rohöltanks mitbrächten. Bauer war damit einverstanden und sagte, das spare ihm schon einen Tag Arbeit. Lage sprach noch über die letzte Rate. Fiete Mumm erklärte, dass, sobald der Motor übergeben und alles zur Zufriedenheit ausgefallen sei, würde die letzte Rate sofort bezahlt, dass wir gewillt sind, unseren Verpflichtung nachzukommen. Dass wir wir die Teuerungsrate gleich mitgebracht hätten, sei doch der beste Beweis. Sie bedankten sich. Um 16:30 Uhr liefen wir
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mit unserem Boot zurück nach Eckernförde.
Sämtliche Eisenbeschläge fürs Boot hatte Rüdiger Gerdau („Slagdruff”) gemacht. Bei Karl Rehbehn stand die fertige Winde, das Großsegel wurde von Frerichs in Flensburg gemacht. Es lag fertig bei uns auf dem Boden. Stag und Wanten für den Mast hatte mein Vater soweit fertig gespleißt. Die Grätings, Backskisten, Schrank, Regale, Tisch und Treppe baute der Sohn Wilhelm Glasau uns ein, obgleich sein Vater gesagt hatte, das gehöre nicht mehr zum Boot.
Die letzten 8 Tage hatten wir viel gearbeitet. Da es trockenes Wetter war, haben wir gemalt und geteert, innnen wie außen. Am 28. August waren wir mit allem fertig. Alles, was mit nach Laboe sollte, war an Bord. Mein ganzes Kojenzeug mit Matratze war fertig auf den Klapprahmen gezurrt. Ich sollte beim Boot in Laboe bleiben, beim Einbau des Motors. Mein Vater und Mumm wollten die Zeit mit dem Motorboot der Waade nach Goldbutt fischen. Wir hatten uns noch jeder 4 Heringsnetze gekauft mit 19½ mm Maschenweite 120/6 und 150 Maschentiefe. Ich hatte meine mit an Bord genommen, wollte sie Masche für Masche einknoten, wie ich es bei den Netzen von Wegner und Erich gesehen hatte, die von Apenrade nach Eckernförde zurückgekehrt waren. Am Sonntagmorgen um 6:00 Uhr schleppten wir unser schmuckes Fahrzeug mit unserem Motorboot nach Laboe. Das Wetter war gut. Um 9:30 Uhr liefen wir ein.
Wilhelm Bauer hatte uns von seiner Wohnung aus einlaufen sehen. Er war am Hafen und zeigte uns einen Platz beim Kran, wo wir unser Boot festmachten. Als er an Bord kam, sagte er gleich, dass unser Boot morgen früh mit dem Kran an Land gesetzt werden würde. „Wollen sehen, dass wir in ein paar Tagen mit dem Einbau des Stevenrohres fertig werden, denn dort liegt Krügers Boot aus Niendorf, der gleich nach euch an die Reihe kommt, aber doch noch etwas länger mit dem 15-PS-Motor warten muss, da noch einige Rohstoffteile fehlen.” Er sagte, Christian Mahrt würde diese Woche fertig und nächste Woche seien auch wir so weit. Die Fässer kämen morgen gleich zur Werkstatt und würden fertig gemacht und dann eingebaut werden. „Ich muss sagen, ihr habt ein schmuckes Boot bekommen, gegenüber denen von Zett, Kolls und Dankwardt.” Mein Vater sagte, dass ich die Zeit über an Bord bliebe. Bauer sagte, das sei gut. Um 12:00 Uhr liefen mein Vater und Mumm wieder nach Eckernförde zurück.
Am Nachmittag sah ich mir zum ersten Mal Laboe an. Traf dabei noch mehrere bekannte Fischers. Alle sagten, unser Boot sei ein schmuckes Fahrzeug. Sie lobten auch die Kraft des Bauer-Motors, der nach dem Randerschen System gebaut sei. Sie erzählten, dass mit den Heringsnetzen wie auch mit den Waaden gute Fänge am Steiner-Sand erzielt wurden.
Am Montagmorgen wurde unser Boot gleich mit dem Kran an Land gesetzt. Danach sah ich mir die Einbauarbeiten bei Dirken Mahrts Boot an. Am Mittwoch
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sollte die Probefahrt stattfinden. Am Nachmittag wurde Mahrts Motor in Gang gesetzt. Ich stand dabei an Deck und sah mir genau an, wie es gemacht wurde. Nach einer halben Stunde Blindlauf kam Bauer selbst an Bord und fuhr mit dem Boot zum Molenende. Hier wurde das Boot fest vertäut mit dem Heck der Einfahrt zu. Bauer koppelte die Schraube ein und ließ den Motor mit halber Kraft laufen. Es wurde alles am Motor laufend überprüft. Nach einer Stunde ließ Bauer ihn mit voller Kraft laufen. Als sich hierbei kein Fehler einstellte, wurden die Leinen lose gemacht. Dann ging es mit voller Kraft auf Probefahrt bis zum Friedrichsorter Feuerturm und wieder zurück. Nach der Uhrzeit, die Bauer genommen hatte, sagte er, das Boot mache seine 7 Seemeilen.
Im Hafen wurde der Motor abgestellt. Alles wurde überprüft. Bauer sagte, morgen Vormittag, wenn Mahrt hier sei, könne die Abnahmefahrt stattfinden. Nachmittags kam ein steifer Südost auf. Um 10:30 Uhr liefen sie mit Dirken Mahrts Boot zur Abnahmefahrt und kamen um 13:30 Uhr wieder. Alles, wie ich hörte, war zur Zurfriedenheit ausgefallen. Der Motor lief mit Belastung an der Mole bis halb fünf Uhr, dann lief Dirken Mahrt mit seinem Boot nach Eckernförde. Donnerstag Vormittag waren bei unserem Boot das Stevenrohr und das Seeventil eingebaut. Gleich nach Mittag wurde es zu Wasser gesetzt und anschließend die Ölfässer als Tanks eingebaut. Die Decksverschlüsse waren angebracht.
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Freitagmorgen ging das Einbauen des Motors vor sich. Das Aussparen des Holzfundamentes machte der Monteur Paulsen selbst. Er konnte mit der Holzbearbeitung genau so gut wie ein gelernter Schiffszimmermann umgehen. Sonnabend zu Mittag stand unser Motor eingepasst und so weit ausgerichtet, dass die Löcher für die Fundamentbolzen gebohrt werden konnten. Sonnabend Nachmittag fuhr ich mit dem Dampfer Prinz Heinrich nach Kiel und mir dem Zug nach Eckernförde. Dirken Mahrt war ohne Schwierigkeiten mit seinem Boot in Eckernförde angekommen. Am 6. September, Montagmorgen, fuhr ich mit dem 6 Uhr Zug nach Kiel. Anschließend mit dem Dampfer nach Laboe. Als ich dort ankam, hing unser Motor schon im Kran. Der Monteur war dabei für die Fundamentbolzen die Löcher zu bohren. Nach dem Frühstück wurden die Bolzen eingesetzt. Danach wurde der Motor fest eingebaut und mit der Schraubenwelle fest, nach genauer Ausrichtung, verbunden. Am Schwungrad des Motors hatte Bauer gleich die für die Winde bestimmte Riemenscheibe angebracht. So brauchten wir dies nicht erst beim Einbauen der Winde zu tun. Nachdem der Motor fest eingebaut war, ging das Verlegen der Wasser- und Brennstoffrohre sowie des Auspuffrohres vor sich, was ebenso viel Zeit in Anspruch nahm, wie das Ausrichten des Motors.
Wie ich von den Fischern hörte, war die Heringsfischerei mit dem Einsetzen des Südost plötzlich beendet, doch mit den Handwaaden wurden zu „Hohreef” gute Fänge erzielt, wie auch auf den Waadenzügen innerhalb von Friedrichsort.
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Donnerstag, den 9.9. nachmittags wurde unser Motor angewärmt und in Gang gesetzt. Er wurde dann ungefähr dreieinhalb Stunden laufen gelassen ohne irgendeine Störung. Freitag lief der Motor den ganzen Tag blind und mit Belastung. Nachmittags um 15:00 Uhr machten wir mit Bauer eine Probefahrt nach dem Feuerturm von Friedrichsort zu. Auf dieser Tour wurde der Motor bis aufs Äußerte strapaziert. Auch mit der zweiten Einspritzung. Der Motor lief wie eine Nähmaschine so ruhig und frei von Erschütterungen. Wenn der Motor im Leerlauf war, konnte man es in der Kajüte kaum vernehmen.
Am Nachmitttag hatte ich meinen Vater angerufen, dass sie morgen früh herkommen sollten zur Abnahme. Am 11.9., kamen beide mit dem 8-Uhr-Dampfer an. Unser Motor lief blind im Hafen. Beide waren verwundert über den ruhigen Lauf des Motors. Um 10:00 Uhr sollte die Probefahrt vor sich gehen. Bauer sprach mit meinem Vater und Fiete Mumm, dass er den Motor nach dem langen Lauf gestern nochmals zur Zufriedenheit geprüft hatte. Die Fahrt ging pünktlich vor sich, bis querab von Kitzeberg ließ Bauer den Motor mit voller Kraft laufen. Unser Boot machte sich gut und lief nach Bauers Zeitnahme noch etwas mehr als Dirken Mahrts Boot. Innerhalb von Kitzeberg wurde mit halber Fahrt gelaufen. Vor der Fischhalle an der Seegartenbrücke machten wir fest. Von hier gingen wir zum Flensburger Hof, wo wir zu Mittag von der Firma Bauer-Lage eingeladen waren. Lage war selbst mit anwesend. Es wurden uns die Papiere mit einem halben Jahr Garantie für den Motor überreicht.
Fiete Mumm hatte die Restsumme als Scheck von der städtischen Spar- und Leihkasse Eckernförde mitgebracht. Nach dem Essen wurde er Bauer und Lage übergeben. Beide bedankten sich mehrmals und erklärten, dass bei der geringsten Kleinigkeit wir anrufen oder mit dem Boot nach Laboe kommen sollten. Mir kam es vor, dass sie sich über unsere prompte Zahlung freuten. Sie sagten selbst, dass schwierige Geldangelegenheiten immer auftraten.
Um 14:00 Uhr ging die Fahrt zurück nach. Von Friedrichsort an strapazierte Bauer den Motor noch mal mit allem, was drin saß. In Laboe angekommen, wurde der Motor abgestellt und Bauer selbst überprüfte sämtliche Lagerteile, ob irgendetwas warm war oder sonst etwas mit irgendeinem Teil los war. Er sagte, es sei alles in Ordnung und ließ den Motor ohne Anwärmen wieder anlaufen. um eben nach 15:30 legten wir ab und liefen mit halber Fahrt nach Hause. Endlich hatten wir ein eigenes Boot unter unseren Füßen, nach 10 Monaten. Wir mussten zufrieden sein, wenn wir auch bedauerten, dass wir kein größeres Boot bekommen hatten. Unterwegs erzählten sie mir, dass wir mit unseren Mackers und dem alten Johannes Möller und dessen Söhnen Hans und Friedrich und Schwiegersohn Christian Vosgerau eine Kompagnie eingegangen waren, um sich eine Ringwaade zu beschaffen. Die sollte an die 100.000 Mark kosten. Das zugehörige Netzgarn und das sonstigen Zubehör hatten sie schon bestellt. Da wir zehn Mann waren, fiel auf jeden eine Summe von 10.000 Mark. Das war für mich ein Schock. Ich war betroffen und deprimiert. Die Freude über unser Boot
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war erst mal für mich dahin. Ich sagte auch gleich: „Als unser Boot verkauft werden sollte hab ich euch gesagt: Verkauft es mir. Eure Antwort aber war, ich sei noch zu jung und noch nicht mündig. Aber hier habt ihr mich ohne mein Wissen mit 10.000 Mark belastet und in eine Gemeinschaft mit hineingenommen!” Sie sagten zuerst kein Wort dazu, fingen aber immer wieder an, mir die Sache klar zu machen. Sie meinten, wir müssten uns halt damit abfinden, wie es jetzt war. Ich aber konnte mit diesem Geschehen nicht einfach von heute auf morgen zurechtkommen. Ich sprach die ganze Fahrt mit den beiden kein Wort mehr.
Zu Hause sprach ich mit meinem Vater über alles, was mit dem Verkauf unseres Bootes zu tun hatte, über die Ablehnung des Callesen-15-PS-Motors und darüber, wie sich der alte Glasau bemüht hatte, dass wir unser Boot behielten und mit einem stärkeren Motor ausrüsten sollten. Unser Boot hätte noch gelebt und wir hätten uns mit unseren Mackers eine Ringwaade beschaffen können mit einem Boot dazu, das wäre ein Fortschritt gewesen. Aber was er und Fiete Mumm da zusammengebraut hätten, sei ein von anderen Leuten abhängiger Rückschritt. Hätten sie davon abgesehen, könnten wir uns jetzt ganz unserem neuen Boot widmen und hätten keine weiteren Schulden und unser Lebensunterhalt wäre gesichert.
Ich hatte eine unruhige Nacht. Alles, was ich beim alten Boot erlebt hatte, kam mir wieder in den Sinn. Die Zeit auf Fehmarn. Die Hamstertouren und was ich alles zusammengeschleppt hatte.
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Das viele Geld, das ich in der Zeit verdient hatte. Fiete Schwemm, die Marinefischers, die Travemünder Boote. Und unsere Verbindung mit Callesen Apenrade wegen eines stärkeren Motors. Die ganze Zeit stand wieder vor meinen Augen.
Um halb 18:30 Uhr waren wir mit unserem neuen Boot im Hafen hinter der Holzbrücke an der Glasau-Werft fest. Wir wollten am nächsten Tag Mast und Gaffel, welche wir dort liegen hatten, an Bord nehmen und den Mast gleich aufriggen, wenn wir uns durch die Holzbrücke verholt hatten.