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betrachtungen_zur_entwicklung_der_fischerei_in_eckernfoerde [2025/05/12 10:35] – martin | betrachtungen_zur_entwicklung_der_fischerei_in_eckernfoerde [2025/05/14 06:00] (current) – martin | ||
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==== Betrachtungen zur Entwicklung der Fischerei in Eckernförde ==== | ==== Betrachtungen zur Entwicklung der Fischerei in Eckernförde ==== | ||
== Aus Anlass des 150-jährigen Jubiläums des 1. Eckernförder Fischereivereins, | == Aus Anlass des 150-jährigen Jubiläums des 1. Eckernförder Fischereivereins, | ||
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=== Einleitung: | === Einleitung: | ||
- | == Über die geschichtliche Entwicklung des Fischereiwesens in Eckernförde sind in der Vergangenheit verschiedene Abhandlungen, | + | Über die geschichtliche Entwicklung des Fischereiwesens in Eckernförde sind in der Vergangenheit verschiedene Abhandlungen, |
- | Es ist daher nicht auszuschließen, | + | Es ist daher nicht auszuschließen, |
Bereits für die Urbevölkerung ist der Fischfang neben der Jagd eine der Hauptnahrungsquellen gewesen. Es ist daher nicht verwunderlich, | Bereits für die Urbevölkerung ist der Fischfang neben der Jagd eine der Hauptnahrungsquellen gewesen. Es ist daher nicht verwunderlich, | ||
- | Auch im Gebiet um Eckernförde deuten vorgeschichtliche Funde, z. B. die Muschelhaufen in der Gegend des Windebyer Noores, auf die Nutzung der Gewässer für die Ernährung hin. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zeigen auf, dass die Eckernförder Bucht etwa in den Jahren 4060 bis 2000 v. Chr. die heutige Grundform erhalten hat. Hierbei war das Windebyer Noor noch ein in voller Breite offener Bestandteil der Bucht. | + | Auch im Gebiet um Eckernförde deuten vorgeschichtliche Funde, z. B. die Muschelhaufen in der Gegend des Windebyer Noores, auf die Nutzung der Gewässer für die Ernährung hin. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zeigen auf, dass die Eckernförder Bucht etwa in den Jahren 4060 bis 2000 v. Chr. die heutige Grundform erhalten hat. Hierbei war das Windebyer Noor noch ein in voller Breite offener Bestandteil der Bucht. |
Erst in der Zeit bis etwa vor 2000 Jahren hat sich durch Sandablagerungen die Abschnürung des Noores und damit die Begründung der Halbinsel Alt-Eckernförde ergeben. Das eigentliche Noor als Süßwassersee ist erst durch die Errichtung eines Dammes Mitte des vorigen Jahrhunderts entstanden (siehe hierzu auch die Abhandlungen im Heimatbuch des Kreises Eckernförde – Ed. I/II v. 1972). | Erst in der Zeit bis etwa vor 2000 Jahren hat sich durch Sandablagerungen die Abschnürung des Noores und damit die Begründung der Halbinsel Alt-Eckernförde ergeben. Das eigentliche Noor als Süßwassersee ist erst durch die Errichtung eines Dammes Mitte des vorigen Jahrhunderts entstanden (siehe hierzu auch die Abhandlungen im Heimatbuch des Kreises Eckernförde – Ed. I/II v. 1972). | ||
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Über Fangergebnisse sowie über Zusammenschlüsse der Fischer (Zünfte) ist bis zu Beginn des 17. Jahrhunderts nichts bekannt. Dass die Fischerei und auch die Fischverarbeitung bereits Anfang des 18. Jahrhunderts der Reglementierung und Rechtsprechung der Obrigkeit (Magistrat, Bürgermeister) unterlagen, beweisen einige Protokollauszüge aus dieser Zeit, die ich während meiner Tätigkeit als 2. Vorsitzender des Eckernförder Fischereivereins zusammen mit anderen Unterlagen in der alten Bundeslade des Vereins vorfand. Ich habe mir damals Abschriften dieser Unterlagen gefertigt, da ich sie für bedeutend für die Entwicklungsgeschichte des Fischereiwesens in Eckernförde hielt. | Über Fangergebnisse sowie über Zusammenschlüsse der Fischer (Zünfte) ist bis zu Beginn des 17. Jahrhunderts nichts bekannt. Dass die Fischerei und auch die Fischverarbeitung bereits Anfang des 18. Jahrhunderts der Reglementierung und Rechtsprechung der Obrigkeit (Magistrat, Bürgermeister) unterlagen, beweisen einige Protokollauszüge aus dieser Zeit, die ich während meiner Tätigkeit als 2. Vorsitzender des Eckernförder Fischereivereins zusammen mit anderen Unterlagen in der alten Bundeslade des Vereins vorfand. Ich habe mir damals Abschriften dieser Unterlagen gefertigt, da ich sie für bedeutend für die Entwicklungsgeschichte des Fischereiwesens in Eckernförde hielt. | ||
- | Als sonstige Unterlagen | + | Als sonstige Unterlagen |
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+ | Die Protokollauszüge entstammen offensichtlich einem amtlichen Verhandlungsprotokoll (Stadtprotokoll? | ||
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+ | Ich möchte den Inhalt der vorgefundenen Protokollauszüge den Interessierten im Originaltext abschriftlich zur Kenntnis geben. Leider waren einige Stellen unleserlich, | ||
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+ | Die Niederschrift fängt mit Seite Nr. 354 an mit folgendem Wortlaut: | ||
+ | „mehr an Wall dem Verkäufern zu bieten, zu geben, oder durch Geschenkt und Gabe versuchen und sonstens die Heringe zu kriegen oder an sich zu bringen.“ | ||
+ | „3tens behalten die genannten Heringsräucherer wegen hierselbst gefangenen Heringe und Breitlinge (Anmerkung – Sprotten) die Freiheit, die sie vor diesem gehabt, womöglich solche nach Gefallen zu kaufen und zu verkaufen, jedoch mit der ausdrücklich beorderten Einschränkung und bei der in No 2 (Anternminier) der Strafe bei solcher Verkaufung, allemal wegen solche nach Hamburg und weiter gehen, die vor allen gesetzliche Taxe zu beachten und genauestens zu befolgen.“ | ||
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+ | „4tens in Ansetzung der Garn-Heringe soll die ordentliche Verteilung und Conjugation beliebte Taxe in Not angeführt, strikte beobachtet werden, und zwar bei vier Mark Kurant Bruche vor jedesmaligen Contravention, | ||
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+ | „5tens bleibt es wegen der in Wall fortgegebenen Auftrag, gelte als ?. Einfalls bei dem halten herkommen, dass solcher nämlich allzeit ferner bezahlt, sonst aber weiter nicht öffentlich oder heimlich gegeben werden soll und wie im Übrigen.“ | ||
+ | „6tens die von Eurem hochedlen Magistrat dieser Stadt in Ansetzung der zum Verkauf allhier ankommende Heringe und Breitlinge unterm 6ten November 1745 ergangene Verfügung in ihren Valeur verbleibt und derselben von deren Transigenten auf einiger Art und Weise ?? nicht entgegen gehandelt werden darf, hingegen war die hier immer beliebet und und überhaupt, oder einer anderen vertragt um und zu aller Zeit, von deren Transigentibus und deren Erben oder derjenigen welcher künftig die Heringsräucherei anzufangen gedenken und beginnen, auf das pünktlichste beobachtet und nachgelobet ?. Von letzteren deren ? dieses allemal von deren Anfängen ihrer Räucherei mit unterschrieben werden soll, so hoffen und bitten dieselben Euren hochedlen Stadt-Obrigkeit hierdurch gehorsamst anderen gültigen Approbation dieses Vergleichs unter anderen dahin mitzuteilen, | ||
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+ | Wir Betroffenen haben diesen Vergleich bei Verpfändung unserer Güter, und die ferner sich einfindenden Herings-Räucherer gleichfalls bei selbiger Verbindung eigenhändig unterschrieben. Jetzo ist solcher geschehen, Eckernförde, | ||
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+ | Auf Seite 356 Copie No. 8/1780 wird weiter ausgeführt: | ||
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+ | Als hat derselbigen von dieser Streitsache nicht nur ein sondern behufs einer zu machenden Regulativ eine hinlängliche Kenntnis zu erhalten, zu vorliegende Male nicht nur die Heringsräucherer sondern auch die Fischer mündlich vernommen und allendlich nach vielen langen gewordenen Bemühungen nach strenger Anordnung möglichst sowohl der Ersteren als Letzteren nicht zur Vermeidung nachdrücklicher Entscheidung genau zu erhalten, antworten sie, diesen zu folgen wollen. | ||
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+ | Die Waadenzüge, | ||
+ | 1. By de Kuhle | ||
+ | 2. De Keteltogg | ||
+ | 3. Luchskuhle | ||
+ | 4. Deeptog | ||
+ | 5. Schaar | ||
+ | 6. Bektog | ||
+ | 7. Fulbek | ||
+ | 8. Kronsort | ||
+ | 9. Steenacker | ||
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+ | So wie bisher im Besitze derselben gewesen und solche bisher bezogen haben, nach wie vor uneingeschränkt behalten, es sollen die Fischer mit ihren Fischernetzen im Geringsten nicht hinderlich sein. Weiteres fehlt leider von den Niederschriften. | ||
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+ | Zu den vorgenannten Waadenzügen eine Bemerkung, wo sie sich befanden. Erstaunlich ist, dass sie bis zum Ende der Waadenfischerei etwa Anfang der dreißiger Jahre (1930 ff.) ihre Namen und Standorte behielten. Merkwürdig in der vorstehenden Aufzählung ist, dass der Zug ‚Steenacker‘ als letzter genannt wird, obwohl er zwischen ‚Keteltog‘ und ‚Luchskuhle‘ lag. Es ist anzunehmen, dass dieser Zug erst später eingeführt wurde. | ||
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+ | Lage der benannten Waadenzüge: | ||
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+ | Dann kam der Bektog, der seinen Namen von dem etwas nördlich vom alten Schlachthof (heutiges Wellenbad) auslaufenden Bach hatte und meistens nur mit ‚Bek‘ benannt wurde. Später hinzugekommen sind in diesem Bereich die Züge ‚Neubek‘, | ||
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+ | Die vorgenannten Protokollauszüge beweisen, dass es zu dieser Zeit bereits 9 Fischräuchereien in Eckernförde gab, die auch das Privileg zur Waadenfischerei hatten. Die Rechte aus diesem Privileg nahmen sie auch wahr, wie der Streitfall aus 1780 gegen die besagten Kleinfischer beweist. Gerade über den Fangplatz ‚Steenacker‘ hat es auch in den späteren Jahren immer wieder Streitigkeiten zwischen den Waadfischern und den Kleinfischern gegeben. Der Fangplatz wurde dann später durch die Provinzialregierung den Kleinfischern zugesprochen. | ||
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+ | Es ergibt sich auch aus den Aufzeichnungen, | ||
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+ | An dieser Stelle noch einige Ausführungen zur Fischverarbeitung. Aus entsprechenden Unterlagen ist zu entnehmen, dass auch im Seehandel des 17. und 18. Jahrhunderts viele Salzheringe als auch Räucherware von Eckernförde aus ihren Weg nach außerhalb fanden. Hieraus ist zu schließen, dass hinsichtlich des Räucherverfahrens anders als heute verarbeitet wurde, denn nach der heutigen Räucherart hätten die Fische die langen Transportwege nicht überstanden. | ||
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+ | In diesem Zusammenhang erzählte mir Anfang der 20er-Jahre Joh. v. Soosen, zu der Zeit ein alter Eckernförder Fischer und Räucherer, einiges über den Fischversand von Eckernförde, | ||
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+ | Joh. v. Soosen erzählte auch von den „Karnern“, | ||
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+ | Der Name „Karner“ für Heringe ist sicherlich hieraus entstanden und galt für Heringe, die im Frühjahr zunächst leicht gesalzen und solange geräuchert wurden, bis sie dunkelbraun und hart waren wie Holz. Die so geräucherten Heringe waren sehr schmackhaft und konnten als Dauerware die wochenlangen Reisen bis zum Verzehr überstehen. Von einigen Räuchereien in Eckernförde wurden „Karner“ bis zum Krieg 1914/18 und in Kappeln auch noch später als Dauerware hergestellt. Es ist anzunehmen, dass die Heringe bereits im 17. Jahrhundert so geräuchert worden sind, da der Begriff „Karner“ zu dieser Zeit bereits auftaucht. Sonst hätten die Heringe, wie bereits gesagt, die langen Transportwege nicht überstanden. | ||
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+ | Auch Joh. v. Soosen berichtete von den „Karnern“, | ||
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+ | In Eckernförde war dem Vernehmen nach der 1716 in Eckernförde geborene Fischer Fredrich Hinkelmann der erste, der sich für das Räuchern von Fischen besondere Raucherkammern baute und somit die erste echte Räucherei in Eckernförde begründete. Vorher wurden die Fische zumeist von den Fischern über dem offenen Herd oder im Schornstein geräuchert. Diese Verfahren wurden noch lange von Fischern, die ihren eigenen Fang räucherten und verkauften, angewendet. | ||
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+ | Kehren wir nun wieder zurück zur Fischerei und den Fangmethoden. Durch die Zunahme der Bevölkerung vergrößerte sich zwangsläufig auch der Bedarf an Nahrungsmitteln und damit auch am Fisch. Mit verschiedenen Netzarten und der Ausweitung der Fanggründe vom Noor und Hafengebiet zu den weiteren Küstenstreifen der Bucht trug man der erhöhten Nachfrage Rechnung. Wie bereits erwähnt, wurden neue Waadenzüge gebildet. Diese Waadenzüge wurden entsprechend ihrer Lage benannt und unterstanden den Bestimmungen der Stadt bzw. dem königlichen Stadtvogt und später der Provinzialregierung. | ||
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+ | Die Waadenzüge wurden den Waadfischern durch die Behörden mit den entsprechenden Privilegien und Pflichten zugewiesen. Verstöße hiergegen wurden mit Strafen bzw. Bußen geahndet. Die alten Bestimmungen für die Waadenfischerei sind im Prinzip bis zum Ende der Waadenfischerei von 1920 bis 1930 als Grundlage für die Fischereiverordnungen gültig geblieben. | ||
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+ | Mit dem Wachsen der Fischerei und der damit verbundenen Ausweitung der Fanggründe außerhalb der Innenförde und Verlagerung auf Wassertiefen von 8 bis 10 Metern wurden auch die Waadnetze vergrößert. Die Flügel (Waadenarme) erhielten eine Länge bis zu 115 m, und die Tiefe der Flügel wurde bis zu 14 m erweitert. Auch der Hamen wurde vergrößert. Somit wurden die Waaden der größeren Wassertiefe und den hierdurch veränderten Strömungsverhältnissen angepasst. Ebenso wurden die Bestimmungen den Erfordernissen der Zeit angepasst. Wie bereits ausgeführt, | ||
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+ | Durch die sich Ende der 20er-Jahre rapide verschlechternden Fangergebnisse, | ||
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+ | Im Zweiten Weltkrieg sind noch einmal 3 Waaden im Betrieb gewesen, die sich auch rentierten, aber dann ebenfalls plötzlich wieder zugingen. Dasselbe Schicksal erlebte die um 1918 eingeführte Ringwaadenfischerei gegen Ende der 20er-Jahre. Diese lebte 1950 mit 3 Ringwaaden erneut auf und erzielte für eine kurze Periode auch gute Erfolge. Nach einem letzten großen Fang der 3 Ringwaaden ging diese Fischerei auch endgültig zu Ende. | ||
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+ | //**Der folgende Text war in demselben Dokument, scheint aber nicht dazuzugehören: | ||
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+ | Booten in Betrieb. Rechnet man pro Boot 3–4 Mann Besatzung, so waren alleine in diesem Zweig ca. 500 Mann beschäftigt. Daneben gab es dann noch die Fischer, welche mit ihren Booten oder Quasen die Fischerei mit Stellnetzen auf Hering, Sprotten und Butt betrieben. Auch hier waren in der Regel 3 Mann Besatzung je Boot notwendig, so dass nochmals an die 100 Mann in der Fischerei tätig waren. Rechnet man noch die große Anzahl der Arbeitskräfte in der Fischverarbeitung hinzu, kann man den enormen Wirtschaftsfaktor für die Stadt bemessen, die zu dieser Zeit ca. 5500 Einwohner hatte. In guten Fangsaisonen waren auch ein Teil der Kieler Fischer in Eckernförde tätig. | ||
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+ | Die große Zunahme des Fischereigewerbes ab etwa 1860 an ist wohl auch darauf zurückzuführen, | ||
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+ | In diesem Zusammenhang möchte ich einen kurzen Bericht aus eigener Erinnerung eintragen. Am Jungfernstieg, | ||
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+ | Aber auch für die Waadennetze, | ||
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+ | Ich möchte meinen Bericht nun zunächst der Fischerei auf Flattisch zuwenden. Der Fang von Plattisch befasste sich im Wesentlichen mit dem Goldbutt. | ||