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von_sprotten_schmulltang_und_stuermischer_see_2024 [2024/12/04 20:01] martinvon_sprotten_schmulltang_und_stuermischer_see_2024 [2025/04/28 08:41] (current) – external edit 127.0.0.1
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 Krisensitzung? Was war denn vorgefallen? Und wer waren überhaupt die besagten drei Männer? Der eine, Jens Daniel, war der Enkel des legendären Eckernförder Fischers und mein Onkel dritten Grades – der einzige des Trios, der Fiete noch persönlich kannte. Der zweite, Dr. Rüdiger Voss vom Kieler Center for Ocean and Society, beschäftigte sich wissenschaftlich mit Fiete Daniels Werk. Ich selbst, als Dritter im Bunde, hatte Fietes sämtliche handschriftlichen Aufzeichnungen abgeschrieben, in leserliche Form gebracht und aufbereitet. Seitdem fühle ich mich in der Pflicht, gelegentlich Artikel über ihn zu verfassen, um die Öffentlichkeit am Schatz seines schriftlichen Nachlasses teilhaben zu lassen. Doch an jenem Abend herrschte Anspannung. Die ernsten Mienen der drei Männer, die ihre Köpfe dort über Biergläsern zusammensteckten, ließen Schlimmes erahnen. Was war nur geschehen, was ein solches Treffen erforderte? Krisensitzung? Was war denn vorgefallen? Und wer waren überhaupt die besagten drei Männer? Der eine, Jens Daniel, war der Enkel des legendären Eckernförder Fischers und mein Onkel dritten Grades – der einzige des Trios, der Fiete noch persönlich kannte. Der zweite, Dr. Rüdiger Voss vom Kieler Center for Ocean and Society, beschäftigte sich wissenschaftlich mit Fiete Daniels Werk. Ich selbst, als Dritter im Bunde, hatte Fietes sämtliche handschriftlichen Aufzeichnungen abgeschrieben, in leserliche Form gebracht und aufbereitet. Seitdem fühle ich mich in der Pflicht, gelegentlich Artikel über ihn zu verfassen, um die Öffentlichkeit am Schatz seines schriftlichen Nachlasses teilhaben zu lassen. Doch an jenem Abend herrschte Anspannung. Die ernsten Mienen der drei Männer, die ihre Köpfe dort über Biergläsern zusammensteckten, ließen Schlimmes erahnen. Was war nur geschehen, was ein solches Treffen erforderte?
  
-Die Aufzeichnungen von Fiete hatten schon länger das wissenschaftliche Interesse von Dr. Voss geweckt, da es sich dabei um sehr detaillierte Zeitzeugenberichte über die Ostseefischerei ab dem Jahr 1918 handelt. Sie ermöglichen Einblicke in die kleinskalige Fischerei der damaligen Zeit, wie sie sonst nicht zu finden sind. Dr. Voss hatte bereits bestimmte Passagen daraus mit seiner Arbeitsgruppe ausgewertet und einige Vorträge darüber gehalten, auch auf größeren Fachkonferenzen. Da er nun aber seine Vorträge auch in wissenschaftlichen Fachjournalen veröffentlichen wollte, mussten Fietes Aufzeichnungen, wenn sie als Quelle dienen sollten, nach bestimmten Kriterien überprüft werden. Hierbei fiel einem seiner Mitarbeiter etwas auf, mit dem er sich an mich per E-Mail wandte. Der Betreff seiner Mail ließ meine Kinnlade herunterklappen:+Die Aufzeichnungen von Fiete hatten schon länger das wissenschaftliche Interesse von Dr. Voss geweckt, da es sich dabei um sehr detaillierte Zeitzeugenberichte über die Ostseefischerei ab dem Jahr 1918 handelt. Sie ermöglichen Einblicke in die kleinskalige Fischerei der damaligen Zeit, wie sie sonst nicht zu finden sind. Dr. Voss hatte bereits einige Passagen daraus mit seiner Arbeitsgruppe ausgewertet und einige Vorträge darüber gehalten, auch auf größeren Fachkonferenzen. Da er nun aber seine Vorträge auch in Fachjournalen veröffentlichen wollte, mussten Fietes Aufzeichnungen, wenn sie als Quelle dienen sollten, nach bestimmten Kriterien überprüft werden.  
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 +Dabei fiel einem seiner Mitarbeiter etwas auf, mit dem er sich an mich wandte. Der Betreff seiner Mail ließ meine Kinnlade herunterklappen:
  
 „Fiete Daniels Tagebuch - eine Fälschung"  „Fiete Daniels Tagebuch - eine Fälschung" 
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 Ach ja, das Noor. Für mich ein besonderes Thema, schließlich befischt meine Familie diesen See seit nunmehr siebzig Jahren – beinahe die Hälfte der Zeit seit dessen Umwandlung zu einem Binnengewässer.  Ach ja, das Noor. Für mich ein besonderes Thema, schließlich befischt meine Familie diesen See seit nunmehr siebzig Jahren – beinahe die Hälfte der Zeit seit dessen Umwandlung zu einem Binnengewässer. 
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 +{{ :franz_und_schalle_1.png?direct&600 |}}
 +==Mein Großvater Franz Mahrt und sein Bruder Walter Mahrt (Schalle) beim Befischen des Noores in den 1950er Jahren==
  
 Als das Noor Mitte der 1870er Jahre als der äußerste Zipfel der Förde durch den Steindamm von dieser abgetrennt wurde, erhoben die Fischer lauten Protest – hatten sie doch zuvor die Zusage erhalten, es würde ein Kanal angelegt, breit genug für zwei nebeneinander fahrende Fischerboote. Stattdessen wurde nur ein kleiner Ablauf gebaut, und die Fischer fühlten sich, wie Fiete es ausdrückt, „verschaukelt“. Noch ein halbes Jahrhundert später nährten die Fischer ihren Groll über diesen Zustand. Und als wäre das nicht schon schlimm genug gewesen, wohnte im ersten Haus der Gäthjestraße, direkt am Steindamm, ein uralter Fischer namens Peter Frank (Ökelname „Sternkieker“), der es liebte, bei schlechtem Wetter die am Hafen herumlungernden Fischer aufzusuchen und sie deswegen auch noch zu verhöhnen: „Nu staht jie hier un luurt op anner Witterung. Dat harrn wie fröer, as de Luus Damm dor noch nie weer, nie nödie, wie kunn to jede Tied, ok wenn de Ost stürm de, naa'd Noor tofischen!” Als das Noor Mitte der 1870er Jahre als der äußerste Zipfel der Förde durch den Steindamm von dieser abgetrennt wurde, erhoben die Fischer lauten Protest – hatten sie doch zuvor die Zusage erhalten, es würde ein Kanal angelegt, breit genug für zwei nebeneinander fahrende Fischerboote. Stattdessen wurde nur ein kleiner Ablauf gebaut, und die Fischer fühlten sich, wie Fiete es ausdrückt, „verschaukelt“. Noch ein halbes Jahrhundert später nährten die Fischer ihren Groll über diesen Zustand. Und als wäre das nicht schon schlimm genug gewesen, wohnte im ersten Haus der Gäthjestraße, direkt am Steindamm, ein uralter Fischer namens Peter Frank (Ökelname „Sternkieker“), der es liebte, bei schlechtem Wetter die am Hafen herumlungernden Fischer aufzusuchen und sie deswegen auch noch zu verhöhnen: „Nu staht jie hier un luurt op anner Witterung. Dat harrn wie fröer, as de Luus Damm dor noch nie weer, nie nödie, wie kunn to jede Tied, ok wenn de Ost stürm de, naa'd Noor tofischen!”
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 Das Noor wurde nicht wieder geöffnet. Stattdessen wurde das „Kleine Noor“, der ehemalige östlichste Teil des Noores zwischen Bahndamm und Steindamm, auf Betreiben des Stadtrats Ringer zugeschüttet. Damit war das Schicksal des Noores nun endgültig besiegelt.  Das Noor wurde nicht wieder geöffnet. Stattdessen wurde das „Kleine Noor“, der ehemalige östlichste Teil des Noores zwischen Bahndamm und Steindamm, auf Betreiben des Stadtrats Ringer zugeschüttet. Damit war das Schicksal des Noores nun endgültig besiegelt. 
  
-{{ :franz_und_schalle_1.png?direct&600 |}} + {{ :eckernfoerde_ausschnitt.png?direct |}} 
-==Mein Großvater Franz Mahrt und sein Bruder Walter Mahrt (Schalle) beim Befischen des Noores in den 1950er Jahren==+//**Als die Ostseefischer noch das Noor befahren konnten**// 
  
 === Der Aufstand der Fischer === === Der Aufstand der Fischer ===

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