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===== Die technische Entwicklung der Fischerei und ihre Folgen ===== | ===== Die technische Entwicklung der Fischerei und ihre Folgen ===== | ||
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+ | Sonderberichte | ||
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+ | Das Schicksal der Fischerei und Fischindustrie in Eckernförde. | ||
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+ | In den letzten Jahren vor dem Ersten Weltkrieg, so wie in dem Krieg und die ersten Jahre danach, bis in die Inflation hinein, brachten es Fischerei und Fischindustrie auf einen Höhepunkt. | ||
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+ | Für die Fischerei hielten in allen Sparten die guten Fänge an, auch mit großen Fängen. So war das Jahr 1923 von allen das ertragreichste. Im März wurde an einem Tag eine Gesamtanlandung von 743.000 ℔ erzielt, wovon über 150.000 ℔ Sprotten waren, die größte Anlandung von Blankfischen, | ||
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+ | Es wurde in diesem Jahr für die Fischerei ein bargeldloser Verkehr eingeführt, | ||
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+ | Einige der großen Fischräuchereien hatten sich in einigen Großstädten von Sachsen bebaute Grundstücke zur Errichtung von Fischräuchereien gekauft, die man mit Grünfischen (Blankfisch) aus Eckernförde beliefert werden sollten. Da Sachsen ein großes Absatzgebiet für Räucherfische aus Eckernförde war, versprach man sich gute Geschäfte. Die Entwicklung solcher Möglichkeiten blieb aber aus. Statt Verdienst waren es Verluste, die man hinnehmen musste. Jedenfalls dadurch, dass die Räucherware aus Eckernförde, | ||
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+ | Es wurde auch davon gesprochen, dass es ein Fehlschlag gewesen war, englische Heringslogger direkt vom Fangplatz, wie deutsche Fischdampfer wie die „Kuhwarder“, | ||
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+ | Als die Inflation im November 1923 beendet war, stand die Fischerei wieder vor dem Nichts. All seine Mühe der letzten Jahre mit den großen Fangerträgen und Anlandungen, | ||
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+ | Am schlimmsten wurden die Altfischer betroffen, die ihr mühsam erspartes Goldgeld von vor und nach der Jahrhundertwende für ihr Alter gespart hatten. Eben weil die ganzen Fischer nirgendwo versichert waren, außer in der Seeunfallversicherung, | ||
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+ | Einige Fischer, die in den Nachkriegsjahren in der Inflationszeit in Verbindungen mit Kennern der Geldwirtschaft standen, hatten sich rechtzeitig mit ihrem Geld um feste Werte wie Grundstücke und sonstiges bemüht, mit und durch die Beratung von Kennern. | ||
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+ | Die Mehrzahl, wie alle Menschen, die unter dieser Inflation gelitten und betrogen wurden, waren wieder bettelarm und mussten wieder von vorne anfangen. Was aber gar nicht so einfach war, hauptsächlich nicht bei der Fischerei, denn hier taten sich Nachkriegsprobleme entwickeln, die man nicht voraussehen konnte – für die Fischerei wie für die Fischindustrie. | ||
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+ | In den an der Nordsee liegenden Fischereihäfen entwickelten sich nach dem Krieg immer mehr größere Fischindustrien, | ||
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+ | Alle Länder fingen wieder an, ihre überschüssigen Fänge nach Deutschland zu exportieren, | ||
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+ | Die Sprottenfischerei wurde vom 1. September bis zum letzten April mit Handwaaden und der Sprottnetzfischerei (Stellnetze) betrieben. Dagegen war die Goldbuttfischerei ganzjährig, | ||
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+ | Es stellten sich auch bei den anderen Fischarten mit den Jahren immer mehr Fangverminderungen ein. Dazu kam, wie schon erwähnt, die großen Einfuhren an alle Fischarten von den uns umgebenden Fischereiländern. Die Preise für unsere hiesige Ware wurden so herabgedrückt, | ||
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+ | Mit den eingeführten Fischen aller Art aus den skandinavischen Ländern konnte unsere Fischindustrie noch einigermaßen auf den Verbrauchermärkten mithalten. Als aber die große Sprottenschwemme aus Belgien und Holland auf dem deutschen Fischmarkt ankam, war es meistens so, dass die Sprotten hier bei uns ankamen, während die Sprotten vom selben Fang, größtenteils von der großen Fischindustrie aus den Nordseehäfen schon als geräucherte Ware auf dem Verbrauchermarkt waren. | ||
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+ | Ausgang der 20er Jahre war bei uns in Eckernförde die Handwaadenfischerei so schlecht wie noch nie. Nur wenige Waaden, die in Betrieb waren, versuchten es. Sie wurden vom Kreis unterstützt durch Notstandsgelder, | ||
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+ | Die Unkosten stiegen, der Materialbestand war meistens aufgebraucht und verschlissen. Die Jahre 1930-35 waren die Jahre der kümmerlichsten Preise für alle Fischarten. Wenn sich die Anlandungen einiger Fischarten in den Herbst- und Wintermonaten durch andere Fangmethoden auch etwas verbessert hatten, machten die Vereine und Verbände der Fischerei bei ihren Zusammenkünften immer wieder Eingaben an die zuständigen Gremien der Regierungen. Stets wurde darauf hingewiesen, | ||
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+ | 1936 stellte sich dann endlich die erhoffte Besserung ein durch die Einführung fester Fischpreise. So stabilisierte sich die Lage der verbliebenen Fischer zum Besseren. Die Festpreise für sämtliche Fischarten mit einzelnen Preisregelungen wurden bis über den Krieg hinaus noch einige Jahre beibehalten. Im Frühjahr 1949 wurde die Preisverordnung für alle Fischarten auf Anraten der gesamten Fischindustrie aufgehoben. Sie hoffte, dass hiermit für sie der Silberstreifen des Verdienens am Horizont gekommen sei. Doch für die Fischerei war hiermit die Sonne wieder untergegangen. Er musste sich mit dem begnügen, was ihm für seine Ware geboten wurde. Jeder Fischer war aus Erfahrung bekannt, was es für ihn bedeutete. | ||
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+ | Denn gleich nach der Aufhebung der Preisbindung konnten größere Fanganlandungen nicht mehr abgesetzt werden und mussten in die Fischmehlfabriken wandern, wo bis zum letzten Tag der Preisbindung die angelandeten Fänge für die Ernährung der Bevölkerung von Handel und Industrie aufgenommen wurden. Der Fischerei stand wieder das alte Dilemma bevor. | ||
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+ | As 1927 im Herbst von den Gebrüdern Meitmann aus Kiel die ersten Versuche mit einem engmaschigen Schleppnetz für die Blankfischfischerei (Heringe, Sprotten, Sielen) begannen, stellte sich bald heraus, dass sich diese Fischerei bewähren würde. Bei Fischerbooten mit einem starken Motor, obwohl für die westliche Ostsee nur Motoren bis zu 50 PS vorgesehen waren, die sich auch bei der Fischerei mit dem engen Geschirr bewährten, steigerten sich die PS-Zahlen von Jahr zu Jahr um das Doppelte und mehr. | ||
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+ | Im Herbst 1934 führten einige kleinere Fischerboote mit 20-25 PS Motoren die Gespannfischerei bei uns ein. Dabei schleppten 2 Boote ein größeres Schleppnetz hinter sich her. Die Art zu fischen hatten sie von Saßnitz auf Rügen mitgebracht, | ||
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+ | Mehrere Fischerfamilien von der Kieler Förde waren Anfang der 30er Jahre nach Saßnitz auf Rügen ausgewandert und hatten sich dort angesiedelt. Als sich im nächsten Jahr auch die größeren Boote mit ihren starken Motoren der Gespannfischerei zuwandten und sehr gute Erfolge erzielten, kam aber ein bedenkliches Problem auf die Fischerei zu, nämlich die unvermeidbare Vernichtung an Jungfischen aller Arten, die sich bei dieser Fischerei mit dem engmaschigen Schleppnetz einstellten und sich in den einzelnen Jahreszeiten ins Unermessliche steigerten. | ||
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+ | Zuerst wurde dieser Beifang nach der Aussortierung noch vielfach über Bord geworfen, dann aber mehr und mehr als Gammelware für die Fischmehlfabriken angelandet. Die Fangnetze wurden vergrößert und fangtechnisch verfeinert. Waren es erst Grundschleppnetze, | ||
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+ | Bisher waren alle Netze, die für Stellnetz- und Schleppnetzfischerei verwendet wurden, zu 90% aus Baumwolle hergestellt. Diese wurden stets nach Gebrauch getrocknet, gepflegt und oft geloht, um sie vor Verrottung zu schützen. Immer mehr wurden Versuche mit Kunststoffnetzen unternommen. | ||
+ | Nur noch diese Netze, die aus verschiedenen Materialien wie Perlon, Nylon usw. entstanden und leicht, stark und nicht verrottend waren, kamen in der ganzen Welt zur Verwendung. Die ganze Fangtechnik wurde nochmals durch die leichten Netze aus den verschiedenen Kunstfasern verfeinert. Bei den Stellnetzen für die Herings- und Buttnetzfischerei stiegen die Fangerträge gegenüber den Baumwollnetzen um beinahe das Doppelte. Die Schleppnetze aus Kunstfasern brachten auch höhere Erträge und waren vor allem leichter zu handhaben als die schweren Baumwoll-, Sisal- und Manila-Netze. | ||
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+ | Die Fangtechnik ging nicht alleine von den Netzen aus, sondern hauptsächlich davon, dass die Fischereifahrzeuge mit den feinsten echographischen Geräten ausgerüstet waren, die jeden Fischschwarm aufspürten und deutlich auf dem Bildschirm erkennbar machten, und somit in das Netz der Fischer brachten. | ||
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+ | Ich erkenne an, dass die moderne Fischerei mit ihrer hohen Fangtechnik über lange Jahre die Fischerei erhalten und manchen Fischern ertragreiche Verdienste eingebracht hat. Man darf aber auch nicht verschweigen, | ||
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+ | Man muss sich hier die Frage stellen, ob diese fangtechnischen Errungenschaften, | ||
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+ | Ich möchte hier einmal einen Vergleich anbringen (zum Beispiel): Wenn die heutige moderne Fischerei auf die Fanggeräte und Fischereimethoden zurückkehren müsste, die von der Jahrhundertwende bis an die 30er Jahre des letzten Jahrhunderts in der damaligen Fischerei gangbar waren und mit der sich die gesamte Fischerei ernährt hat – ob es bei der Blankfischfischerei oder der Plattfischfischerei war, wie auch bei weiteren Fischarten –, wenn die Saison für die einzelnen Fischereisparten da war, als große Fänge an Heringen und Sprotten von den einzelnen Fischereibetrieben, | ||
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+ | Fänge von 80-90.000 ℔ und mehr als Tagesfang mit einer Waade sowie auf den Stellnetzen, | ||
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+ | Hierzu stelle ich die Frage: Sollte heutzutage, bei dem aktuellen Fischbestand, | ||
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+ | Man braucht hier nicht allein an die Fischerei in der Ostsee zu denken, sondern auch an die Hochseefischerei in aller Welt. Wie sieht es dort aus? Denkt man zurück in die 20er Jahre an die Fischerei in der Nordsee, Doggerbank und Flaadengrund, | ||
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+ | Durch rücksichtslose Überfischung, | ||
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+ | Von vielen Fischern, ob alt oder jung, wurde auf die Folgen der Vernichtung von Jungfischen hingewiesen, | ||
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+ | Nach Kriegsende wurden bei uns an der Schleswig-Holsteinischen Ostseeküste, | ||
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+ | Dadurch entstanden nachträglich ungeheure Materrialverluste und Verschleiß an Netzen und Leinen der Fischerei durch das an vielen Stellen wahllos verstreute und versenkte Kriegsmaterial, | ||
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+ | Nachdem der Krieg beendet und die Fischerei von den Engländern nach langer Zeit wieder freigegeben wurde, wurden die sich im Krieg erholt habenden Fangplätze bis aufs Äußerste strapaziert, | ||
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+ | Nach ein paar Jahren machte sich die Erschöpfung der Fanggründe wieder mehr und mehr bemerkbar. Viele der größeren Kutter begaben sich zu den Fangplätzen um Rügen und westlich sowie östlich von Bornholm, meistens aufgrund der großen Dorschfänge, | ||
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+ | Wenn auf all diesen Fangplätzen die Saison vorbei war, wurden die heimischen Fanggründe wieder stärker belastet, auch durch die sich vergrößernde Gammelfischerei. Mehrere der großen K.F.K.-Kutter, | ||
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+ | Ich habe hiermit über viele Jahre hinweg in großen Zügen ein Bild über die Fischerei geschildert. Trotzdem erkenne ich an, dass mit der modernen Fischerei in den einzelnen Jahren zu gewissen Zeiten auch noch rentable Fänge erzielt wurden, aber dennoch viele Fänge den unrentablen näherstanden. | ||
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+ | So muss man sich doch die Frage stellen: Aus welchen Gründen hat die hochmoderne Fischereitechnik, | ||
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+ | Der größte Faktor für diese Misere ist aber doch wohl die von der Fischerei betriebene Vernichtungsfischerei der Jungfische sowie die ganze Gammelfischerei für die Fischmehlindustrie. Diese Fischerei trägt die größte Verantwortung für die Verminderung des gesamten Fischbestandes in allen Gewässern. | ||
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+ | Ein gewisser Beifang an Jungfischen ist mit den engmaschigen Schleppnetzen beim Fischen nach Hering und Sprotten wohl unvermeidbar, | ||
+ | Zum Beispiel, wenn im Netz ein Fang ist, bei dem die Hälfte oder auch ein Drittel marktfähige Ware ist, die andere Ware aber Gammelware, die bei der Sortierung auf See meistens über Bord geschüttet wird, man dann nicht noch einen Hohl macht mit demselben Ergebnis, um einen Fang an marktfähige Ware anzulanden, und dabei wissentlich zu übersehen, dass man doppelt so viele Jungfische vernichtet hat. Die Fischerei, die nur auf Gammel betrieben wird, ist doch wohl für einen Berufsfischer verachtenswert oder sollte es wenigstens sein. | ||
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+ | Hier bei uns in Eckernförde kann man sich wohl die Frage stellen, was aus dem einst größten Fischereiort mit der größten Fischindustrie an Schleswig-Holsteins Ostküste geworden ist, wo sich beide Betriebsarten bis auf ein paar einzelne Einheiten aufgelöst haben. | ||
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+ | Nach meiner Ansicht kann die Fischerei vor der Schleswig-Holsteinischen Ostküste sich wieder verbessern, wenn man den Mut hat, die Förden und Buchten von außen nach innen gesehen als Schongebiete zu erklären, mit dem Verbot der Schleppnetzfischerei aller Arten in diesen Gebieten. Auf diese Weise könnten sich die dort geborenen Jungfische, hauptsächlich für Blankfische, | ||
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+ | Eine kleine Bemerkung zu dem Gesamtbericht. | ||
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+ | Fr. Daniel | ||