Betrachtungen zur Entwicklung der Fischerei in Eckernförde

Aus Anlass des 150-jährigen Jubiläums des 1. Eckernförder Fischereivereins, der im Jahre 1833 gegründet wurde

Einleitung:

Über die geschichtliche Entwicklung des Fischereiwesens in Eckernförde sind in der Vergangenheit verschiedene Abhandlungen, wissenschaftliche Untersuchungen und dergleichen mehr veröffentlicht worden. Besonders in den Heimatbüchern des Kreises Eckernförde und den Jahrbüchern der Heimatgemeinschaft sind diese Dinge nachzulesen.

Es ist daher nicht auszuschließen, dass in meinen folgenden Ausführungen Wiederholungen enthalten sind. Dennoch soll dieser Bericht keine Zusammenfassung von bereits Bekanntem darstellen. Er soll vielmehr dazu dienen, den Werdegang des Eckernförder Fischereigewerbes aus der Sicht eines Beteiligten, der jahrzehntelang dem Berufsstand der Fischer angehörte, zu schildern.



Bereits für die Urbevölkerung ist der Fischfang neben der Jagd eine der Hauptnahrungsquellen gewesen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die ersten Ansiedlungen vielfach in der Nähe von Gewässern erfolgten, um den „Segen des Meeres“, bestehend aus Fischen, Muscheln und Schalentiere, zu nutzen.

Auch im Gebiet um Eckernförde deuten vorgeschichtliche Funde, z. B. die Muschelhaufen in der Gegend des Windebyer Noores, auf die Nutzung der Gewässer für die Ernährung hin. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse zeigen auf, dass die Eckernförder Bucht etwa in den Jahren 4060 bis 2000 v. Chr. die heutige Grundform erhalten hat. Hierbei war das Windebyer Noor noch ein in voller Breite offener Bestandteil der Bucht.

Erst in der Zeit bis etwa vor 2000 Jahren hat sich durch Sandablagerungen die Abschnürung des Noores und damit die Begründung der Halbinsel Alt-Eckernförde ergeben. Das eigentliche Noor als Süßwassersee ist erst durch die Errichtung eines Dammes Mitte des vorigen Jahrhunderts entstanden (siehe hierzu auch die Abhandlungen im Heimatbuch des Kreises Eckernförde – Ed. I/II v. 1972).

Leider ist aus den anfänglichen Besiedelungen dieser Halbinsel und damit aus der eigentlichen Gründerzeit von Eckernförde so gut wie nichts bekannt, zumal die entsprechenden Dokumente und Urkunden offensichtlich bei der Niederbrennung der Stadt aus Anlass des Rückzugs von König Ulrich von Pommern im Jahre 1416 vernichtet worden sind.

Bekanntlich datiert die erste noch vorhandene Urkunde mit einem Hinweis auf den Ort Eckernförde aus dem Jahr 1197, in der ein Mann namens „Godescalcus de Ekerenvorde“ genannt ist. Es ist daher der Phantasie des Einzelnen überlassen, sich vorzustellen, wie unsere Urahnen Fischfang und Fischverarbeitung durchgeführt haben.

Mit Sicherheit ist anzunehmen, dass auch in den ersten Jahrhunderten der Ansiedlung von Eckernförde die Fischerei und Seefahrt eine nicht unbedeutende Rolle eingenommen haben. Im Mittelalter dürfte das Fischereigewerbe bereits von Bedeutung für die Stadt gewesen sein. Anno 1587 wird als Straßenname bereits die Fischerstraße („Vysche Stratten“) genannt (siehe Ausführungen in „Egernförde bys historie“ – Ausgabe der Dansk Centralbibliotek).

Zu dieser Zeit wird man sich wohl auch schon mit der gewerbsmäßigen Weiterverarbeitung von Fischen befasst haben. Es ist anzunehmen, dass ebenfalls bereits ein überörtlicher Handel mit Fischprodukten, die durch Salzen, Trocknen und wahrscheinlich auch durch Räuchern haltbar gemacht wurden, betrieben worden ist.

Die Hauptfanggebiete im 16. Jahrhundert waren das heutige Noor, der Hafen und das Gebiet vor dem Weststrand (vom Hafen bis etwa Aschau). Wegen der Fangplätze vor dem Strand hat es bereits bis Mitte des 16. Jahrhunderts Streitigkeiten mit den Adeligen der Umgebung wegen der Strandbenutzung durch die Fischer gegeben.

Um 1554 wurde dieser Streit insofern beendet, als es den Fischern gegen Verpflichtung einer Abgabe gestattet wurde, den Strand zu benutzen. Diese Abgabe bestand in Form von Fisch, der als „Hattfisch“ bezeichnet wurde. Das heißt, dass jeder zwanzigste gefangene Fisch (in erster Linie Dorsch, Butt und Aal) an den jeweiligen Strandherrn abzuliefern war.

Es waren um 1600 etwa 20 Fischer, die sich dieser Vereinbarung angeschlossen und den sogenannten „Hattfischeid“ geleistet hatten. Der Eid musste jährlich vor dem Rat der Stadt neu beschworen werden. Fischer, die den Strand nicht benutzten oder befischten, waren von der Abgabe befreit.

Noch bis zu Beginn des Krieges 1714 haben die Gutsherren von Windeby und Marienthal auf ihre Rechte bestanden und entsprechende Schilder am Strand aufgestellt. Auch unterhalb von Gut Noer bestanden bis zu diesem Zeitpunkt noch Strandrechte. Wenn die Wadfischer mit Wadenzügen oder anderen Fanggeräten das Gebiet vor Noer befischten, kam vielfach der Fischer von Noer mit seinem Boot und verlangte den Tribut an Fischen für das fürstliche Gut. Bekam er keine Fische, wurde eine Anzeige beim Fischereiamt gemacht. Der betroffene Fischer wurde dann von diesem Amt mit einer Geldbuße belegt.

Nach Beendigung des Krieges 1918 hat man nie wieder etwas vom „Hattfisch“ gehört.

Als Fanggeräte waren im Mittelalter neben Stellnetzen, Reusen und Angeln auch schon die Waden im Einsatz. Die Wade ist ein Zugnetz, das von zwei Booten benutzt wurde. Es wurde im entsprechenden Fanggebiet (Wadenzug) ausgesetzt und von den zusammengekoppelten Booten in Richtung Strand eingeholt.

Über Fangergebnisse sowie über Zusammenschlüsse der Fischer (Zünfte) ist bis zu Beginn des 17. Jahrhunderts nichts bekannt. Dass die Fischerei und auch die Fischverarbeitung bereits Anfang des 18. Jahrhunderts der Reglementierung und Rechtsprechung der Obrigkeit (Magistrat, Bürgermeister) unterlagen, beweisen einige Protokollauszüge aus dieser Zeit, die ich während meiner Tätigkeit als 2. Vorsitzender des Eckernförder Fischereivereins zusammen mit anderen Unterlagen in der alten Bundeslade des Vereins vorfand. Ich habe mir damals Abschriften dieser Unterlagen gefertigt, da ich sie für bedeutend für die Entwicklungsgeschichte des Fischereiwesens in Eckernförde hielt.

Als sonstige Unterlagen waren u. a. eine Bedankungsurkunde vom Fürst Bismarck über die Namensgebung der marinierten Heringe (Bismarckheringe) sowie Unterlagen über die Grönlandfahrten von Flensburger Robbenfischern zu finden.

Die Protokollauszüge entstammen offensichtlich einem amtlichen Verhandlungsprotokoll (Stadtprotokoll?) zwischen Vertretern der Fischräucherer, der Fischer und der Stadt. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass die Verbindung des Fischereigewerbes zur städtischen Obrigkeit noch bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts sehr eng gewesen ist. Zeitweilig war der Bürgermeister der Amtspatron und nahm in dieser Eigenschaft persönlich an den Versammlungen des Fischereivereins teil oder ließ sich entsprechend vertreten. Das Protokoll wurde stets vom jeweiligen Stadtschreiber geführt. Dieses dauerte bis zum Beginn des Krieges 1914 an. Der letzte Schriftführer war, soweit mir bekannt ist, der Stadtssekretär Mumm. Ebenfalls wurden städtische Verfügungen teilweise eigenhändig vom Bürgermeister oder vom Stadtschreiber in das Vereinsprotokoll niedergelegt.

Ich möchte den Inhalt der vorgefundenen Protokollauszüge den Interessierten im Originaltext abschriftlich zur Kenntnis geben. Leider waren einige Stellen unleserlich, sodass Worte fehlen. Diese Stellen sind mit einem Fragezeichen versehen.

Die Niederschrift fängt mit Seite No 354 an mit folgendem Wortlaut:

“6tens die von Eurem hochedlen Magistrat dieser Stadt in Ansetzung der zum Verkauf allhier ankonmende Heringe und Breitlinge unterm 6ten November 1745 ergangene Vefügung in ihren Valeur verbleibt und der¬ selben von derenn Transigenten auf einiger Art und Weise ?? nicht ent¬ gegen gehandelt warden darf, hingegen war die hier immer beliebet und und überhaupt, oder einer anderen vertrakt um und zu aller Zeit, von deren Transegentibus und deren Erben oder derjenigen welcher künftig die Heringsräucherei anzufangen gedenken und beginnen, auf das punkt- lichste beobachtet und nachgelobet ?. Von letzteren deren ? dieses allemal von deren Anfängen ihrer Räucherei mit unterschrieben werden soll, so hoffen und bitten dieselben Euren Hochedlen Stadt-Obrigkeit hierdurch gehorsamst anderen gültigen Approbation dieses Vergleichs unter anderen dahin mitzuteilen, dass der solcher, sowohl der Commune als deren Heringsräucherer augenscheinlich zum Nutzen und Vorteil ge¬ rechnet, den Inhalt derselben strikte befolgt, die etwa verwirkende Brache, von deren königlichen Stadtvogt zur Berechnung losigiret und denjenigen welcher dieser Verfügung sich mit zu unterwerfen, nicht sofort entschließen sollte, die Räuchereien der Hering und Breitling gelagert und ihrer damit einigen Handel zu treiben, ferner nicht er¬ stattet und zugestanden werden soll. Wir Betroffenen haben diesen Vergleich bei Verpfändung unserer Güter, und die ferner sich einfindenen Herings-Räucherer gleichfalls bei sel¬ biger Verbindung eigenhändigt unterschrieben. Jetzo ist solcher geschehen, Eckernförde, den 26ten Oktober Anno 1766. (Unterschriften) Frantz Krantz, Daniel Hinrichsen, Elisabeth Meyeren, Friedrich Hinkelmann, Catarina Margaretha Petersen (mit geführter Hand) Frantz Hinrich Daniel, Nic.A.E. Schlotmann, Thomas Jürgen Holler, Friedrich Detlet Julius Kock.” Auf Seite 356 Copie No8/1780 wird weiter ausgeführt: “Wenn die hiesigen Bürger und Heringsräucherer Jürgen Dietrich Kock, Friedr. Detlef Julius Kock sich mittels einer wieder die Bürger und Fischer Michael Scheller und Lorenz Thomsen et Consorten unterm 26ten Oktober vorigen Jahres eingegangene Vorstellung darüber be- schwert, dass die Beklagten in ihren Revieren ihre Garn aussetzen und sie mithin in ihren Besitzen stolperten, letzere die Fischer aber ihnen die augenblicklichen Besitze der benannten Reviere und besonders des Zuges um Steenacker streitig machten, über diese Sache 'abs-que omistapsitte-judica' zu untersuchen erachtet, und die strittigen Fang- plätze nicht nur Auseinander zu reissen, sondern auch fürs künftige, ein fester Regulativ ausfindig zu machen, wo nach beide Kläger und Be¬ klagte sich zu richten. Als hat dergelbigen von dieser Streitsache nicht nur ein sondern behufs einer zu machenden Regulativ eine hinlängliche Kenntnis zu erhalten, zu vorliegende Male nicht nur die Heringsräucherer sondern auch die Fischer mündlich vernommen und allendlich naen vielen langen gewordenen Bemühungen nach strenger Anordnung möglichst sowohl der Ersteren als Letzteren nich zur Vermeidung nachdrücklicher Entscheidung genau zu erhalten, antworten sie, diesen zu folgen wollen.